„Die Basis“ – eine Alternative für Pandemie-Leugner*innen?

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Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 tritt auch die „Basisdemokratische Partei Deutschlands“, kurz „die Basis“, an. Die im Juli 2020 gegründete Partei gilt Kritiker*innen als „Querdenken-Partei“. Für diese Einschätzung gibt es gute Gründe.

Von Lucius Teidelbaum

Die Partei hat nur ein dünnes Parteiprogramm aus dem Oktober 2020 und ein Konsensprogramm aus dem Juli 2021, welche sich auf den ersten Blick eher harmlos ausnehmen. In ihrem Programmen versucht sich „die Basis“ in bestimmten Bereichen als Alternative zu inszenieren. So macht sie sich stark für alternative Schulformen oder Alternativmedizin. Konkret heißt es: 

„Aus diesem Grund bekennt sich die Partei dieBasis auch klar zum Heilpraktikerberuf, der Homöopathie und zu anderen traditionellen Therapieverfahren.“[1]

Manche Programm-Punkte enthalten auch Behauptungen. Etwa wenn es heißt:  

„Leitbild: dieBasis steht für eine zensurfreie, aus Steuermitteln finanzierte und demokratisch kontrollierte Medienlandschaft, die umfassend informiert.“

In dieser Aussage steckt die implizite Behauptung, es gäbe eine Zensur der Medien. 

Ansonsten wird eher mit Schlagworten gearbeitet. Leitbild der Partei sind vier Säulen: „die Säule der Freiheit, die Säule der Machtbegrenzung, die Säule der Achtsamkeit und die Säule der Schwarmintelligenz“.[2]

Teilweise muten die Schlagworte naiv an, etwa die Forderung nach „mehr Achtsamkeit“.

Der Freiheits-Begriff der Partei scheint eher ein individuell-egoistischer zu sein. Freiheit wird nicht in der Konstellation zu der Freiheit der Mitmenschen verhandelt, sondern nur als absolute Selbstbestimmung, etwa Masken abzulehnen. Diese Freiheit ist im schlimmsten Fall die Freiheit, die Gesundheit Dritter zu beeinträchtigen.

Wenig verwunderlich werden auch außerhalb der Corona-Pandemie verschwörungsideologische Inhalte verbreitet.

Pünktlich zum 20. Jahrestags des islamistischen Anschlags auf das World-Trade-Center in New York wurde der Gastbeitrag „Und noch immer sind viele Fragen nicht beantwortet“ des Schweizer Verschwörungspredigers Daniele Ganser auf der Homepage der Bundespartei veröffentlicht.[3]

Das „Basis“-Personal

Die Partei hatte im September 2021 laut Eigenangabe 27.197 Mitglieder. Die Verweigerung sich in einem Link-Rechts-Spektrum zu positionieren, kann man als postideologischen Anspruch verstehen. Dieser Anspruch macht die junge Partei anfällig für das Andocken von Rechten. Eine Lektion, die die Grünen in ihrer Gründungszeit genauso lernen mussten wie die Piratenpartei nach ihrer Gründung.

Tatsächlich finden sich auch Personen mit rechter Biografie bei „die Basis“. Im Folgenden drei Beispiele zur Illustration:

* Der Rechtsanwalt Dr. Harald von Herget aus Starnberg in Bayern. Er ist seit März 2021 Beauftragter für Medien bei „die Basis“. Gleichzeitig ist er Kuratoriumsmitglied der rechten Hausner-Stiftung, die im Vertríebenen-Milieu aktiv ist. Im Dezember 2017 verlieh sie z.B. einen Preis an den Geschichtsrevisionisten Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof. Schultze-Rhonhof verfasste u.a. ein Buch mit dem vielsagenden Titel „1939 – Der Krieg, der viele Väter hatte – Der lange Anlauf zum Zweiten Weltkrieg“.  

* Martin Heipertz, Direktkandidat von „die Basis“ für Frankfurt-West zur Bundestagswahl 2021. Er ist seit April 2021 Partei-Mitglied und war davor bei der CDU aktiv. Ironischerweise gründete er im Mai 2019 die CDU-Mitglieder-Initiative „Die Basis“. Außerdem war er Mitglied im Bundesvorstand der Werte-Union. Er machte am 20. März 2021 bei einer Querdenken-Demonstration in Kassel mit einer Rede Stimmung gegen das Impfen.

* In Niedersachsen kandidierte zu den Kommunalwahlen der Ex-NPD-Stadtrat Michael Triebel in Bad Lauterberg im Harz (Landkreis Göttingen) für „die Basis“.

Trotzdem ist dem Großteil der Kandidat*innen kein rechtes Vorleben nachzuweisen. Das gilt auch für die meisten Personen mit parteipolitischer Erfahrung. Zwar gibt es auch Personalien mit AfD-Vergangenheit bei „die Basis“, aber häufiger anzutreffen sind ehemalige Grünen-Mitglieder. Diese scheinen vor allem aus der Homöopathie- und Impfablehnungs-Fraktion der Grünen zu kommen.

Bei der Beobachtung von Info-Ständen und Kundgebungen der Partei scheinen größere Teile der Aktivist*innen augenscheinlich dem alternativen Milieu zu entstammen. Dessen Anfälligkeit für Verschwörungsideologie und Irrationalismus allgemein hat erst kürzlich der Autor Andreas Speit in seinem lesenswerten Buch „Verqueres Denken: Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus“ herausgearbeitet.

Eine Basis für Antisemitismus?  

Zwar sind Holocaust-Relativierungen kein offizieller Programm-Inhalt, aber die Partei-Prominenz äußerte sich immer wieder in diesem Sinne.

Spitzenkandidat von „die Basis“ in NRW bei der Bundestagswahl ist Sucharit Bhakdi, der als emeritierter Mikrobiologie-Professor eine wichtige Bezugsperson für Pandemie-Leugner*innen war.

In einem Interview äußerte sich Bhakdi eindeutig antisemitisch über Juden bzw. Israel:

„Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land, aus diesem Land, wo das Erzböse war, und haben ihr Land gefunden, haben ihr eigenes Land in etwas verwandelt, was noch schlimmer ist, als Deutschland war. […] Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt – und umgesetzt. Deshalb ist Israel jetzt living hell – die lebende Hölle.“[4]

Seine Partei stellte sich in einer Pressemitteilung explizit hinter Bhakdi:

„Gezeigt wurde ein etwa zwei Minuten langer Ausschnitt aus einem insgesamt anderthalbstündigen Interview aus dem Frühjahr 2021. Dieser Ausschnitt und der Bericht lassen den Eindruck entstehen, dass Prof. Dr. Bhakdi Antisemit sei. Dieser Eindruck ist falsch.“

Angeblich wurde Bhakdi nur falsch verstanden: 

„Aus einer unglücklichen Wortwahl, die der Sorge um die Menschen in Israel entsprang, wurde durch diesen Ausschnitt ein Zerrbild inszeniert. Ein friedfertiger Mensch wie Prof. Dr. Bhakdi wurde in den öffentlich-rechtlichen Medien denunziert und diskreditiert.“

Das geschah laut der Pressemitteilung mit einem Ziel:

„Durch die Antisemitismus-Behauptung soll davon abgelenkt werden, dass man zu Recht die Einschränkungen der individuellen Freiheitsrechte kritisieren kann.“[5]

Bhakdi ist nicht das einzige Beispiel für die Relativierung des Holocaust per falscher Analogie-Setzung. Der Rechtsanwalt Reiner Fuellmich etwa tritt für „die Basis“ in Sachsen-Anhalt an und ist der frisch gekürte Kanzlerkandidat von „die Basis“ zur Bundestagswahl. Er war aktiv in der „Anwälte für Aufklärung“, einer Gruppe von Anwält/innen im Umfeld der Pandemie-Leugner*innen.  Fuellmich warnte laut Tagesspiegel, die Regierung plane „eine Art KZ“ für Nichtgeimpfte und „Schlimmeres“ als den Holocaust.[6] Es stellt sich darüber hinaus auch die Frage, wie stark antisemitische Verschwörungserzählungen wie Qanon bei „die Basis“ sind.

Bewegungspartei der Pandemie-Leugner*innen

„Die Basis“ ist die Partei-Entsprechung der Bewegung der Pandemie-Leugner*innen. Als am 28. und 29. August 2021 die Pandemie-Leugner*innen erneut nach Berlin mobilisierten, hatte die Partei auf dem Potsdamer Platz eine vorgebliche Wahl-Veranstaltung angemeldet, die aber eher Teil der angekündigten Proteste sein sollte.

Obwohl Parteien und ihre Veranstaltungen in Deutschland mehr Privilegien genießen, wurde auch diese Veranstaltung von den Behörden verboten. 

Eine ähnliche Situation herrschte bereits am 1. August vor. Als die Proteste trotzdem unangemeldet stattfanden, verstarb ein Demonstrant infolge von Polizei-Maßnahmen an Herzversagen.

Da dieser Gründungsmitglied von „die Basis“ in NRW war, veranstaltete die Partei einen Trauermarsch.

Inzwischen werden Aufmärsche und Kundgebungen der Pandemie-Leugner*innen und Impf-Gegner*innen häufiger unter dem Partei-Label „die Basis“ angemeldet.

Streit an und in der Basis

Ähnlich wie in der Bewegung auf der Straße gibt es auch Streit in den Reihen der Partei. Die viel beschworene Achtsamkeit und die gerne verwendeten Gandhi-Zitate haben die innerparteilichen Streitereien nicht verhindert.

So werden einzelne Mitglieder mit verschwörungsideologischen Vorwürfen angegriffen, etwa für den Inlandsgeheimdienst zu arbeiten.

Andere Kritikpunkte sind rationaler. Der bekannte Querdenken-Anwalt und -Aktivist Markus Haintz erklärte ebenso wie die Ex-Zeitsoldatin Vicky Richter am 1. September 2021 ihren Austritt.[7] Beide begründeten diesen Schritt damit dass die Partei sich nicht auf die Ablehnung der Corona-Maßnahmen konzentrieren würde.

Fazit: parteipolitischer Arm der Querdenken-Bewegung  

Die Partei ist der parteipolitische Arm der Querdenken-Bewegung, was sich schon allein daran zeigt das die die Prominenz der Querdenken-Bewegung als Kandidat*innen für sie kandidiert.    

Sie ist damit eine Erscheinung der Corona-Krise. Häufig sind Personen für die Partei aktiv, die schon vorher irrationalen Weltbildern zuneigten: Anthroposoph*innen, Esoteriker*innen oder Heilpraktiker*innen. 

Auch als Ausdruck von Ängsten infolge der Corona-Krise scheinen ihr viele Selbstständige mit eigenen Praxen, Studios etc. der Partei angeschlossen zu haben.

Unklar ist, wie es nach dem Auslaufen der Krise mit der Partei weiter gehen wird. Als Organisations-Angebot für Pandemie-Leugner*innen, Impf-Gegner*innen, Verschwörungsideolog*innen und von den Corona-Krise-Folgeschäden Betroffene wird die Partei möglicherweise länger existieren. 

Für erste Erfolge reicht es auf jeden Fall. Nach der Recherchen des Wahl- und Parteienforscher Tilo Giesbers hat „die Basis“ bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen am 12. September 2021 45 Mandate errungen. Hier zeigt sich das die junge Partei beim Wegfall der 5%-Hürde genügend Stimmen für sich sammeln kann um in kommunale Vertretungen einzuziehen.

Fotos: L. Teidelbaum

[1]          Themen & Anliegen, Stand: Juli 2021, https://diebasis-partei.de/wahlen/themen-und-anliegen/

[2]          Themen & Anliegen, Stand: Juli 2021, https://diebasis-partei.de/wahlen/themen-und-anliegen/

[3]          Daniele Ganser: 20 Jahre 9/11. Und noch immer sind viele Fragen nicht beantwortet, 11.09.21, https://diebasis-partei.de/2021/09/20-jahre-9-11/

[4]          Wulf Rohwedder: Bhakdi, die Juden und das „Erzböse“, tagesschau.de, 14.07.2021, https://www.tagesschau.de/investigativ/bhakdi-antisemitismus-101.html

[5]          Redaktion: Die Behauptungen auf tagesschau.de über Prof. Dr. Bhakdi, 20. Juli 2021, https://diebasis-partei.de/2021/07/die-behauptungen-auf-tagesschau-de-ueber-prof-dr-bhakdi/

[6]          Sebastian Leber: Wie viel Querdenken steckt in „Die Basis“? Partei für Energetiker, Aidsleugner und Holocaustverharmloser, 06.05.2021, https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/wie-viel-querdenken-steckt-in-die-basis-partei-fuer-energetiker-aidsleugner-und-holocaustverharmloser/27163810.html

[7]          Hans-Uli Mayer: Markus Haintz verlässt Die Basis, 02.09.2021, https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Markus-Haintz-verlaesst-Die-Basis-514855.html