Die Synagoge in Hermannstadt/Sibiu in Siebenbürgen/Transsilvanien

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Abgase umnebeln alltäglich die Synagoge von 1899 in der Salzgasse, heute Strada Constututiei in Hermannstadt/Sibiu. Außerhalb der Stadtmauer durften die Juden ihr Gotteshaus bauen. Ein noch immer prächtiges ist es…

Von Christel Wollmann-Fiedler

Im 12. Jahrhundert kamen Kolonisten aus dem Luxemburger Raum, dem Moselgebiet und anderen Teilen des westlichen Reichs in diese Region inmitten der Karpaten,  rodeten die Landschaft, machten sie urbar und bauten ihre Dörfer, ihre Hütten und Kirchen anfangs aus Holz, später aus Stein. Das Siedlungsgebiet nannten sie Siebenbürgen. König Geysa II., der König der Ungarn und Kroaten, holte sie in sein Land. Prächtige Dörfer und Städte entstanden in den Jahrhunderten. Nach der Reformation nahmen die Siebenbürger Sachsen den evangelischen lutherischen Glauben an. Zu Wehrkirchen oder Kirchenburgen wurden die romanischen und gotischen Kirchen im Laufe der Jahre, bekamen Ringe aus Mauern, um Menschen und Tiere unterzubringen, wenn Feinde über die Karpaten zu ihnen unterwegs waren. Gegen einfallende Mongolen und Türken mussten sie sich schützen. 850 Jahre haben die Sachsen durchgehalten, ihre Gemeinschaft gepflegt bis zur Öffnung der Grenzen 1989 als der große Exodus in den Westen begann. Haus und Hof von einst haben sie stehen und liegen gelassen. Schon zuvor hatte Ceausescu, der Diktator, für Kopfgeld Deutsche an die Bundesrepublik Deutschland verkauft.

Bereits im 15. Jahrhundert soll es in Hermannstadt, dem Städtchen am Zibin, den einen oder anderen deutschsprachige Juden gegeben haben, als Handwerker und Kaufleute lebten sie außerhalb der Stadtmauer, erst ab dem 19. Jahrhundert durften auch sie in die Innere Stadt ziehen. In der Unterstadt außerhalb der Mauern, im Lazarettviertel, gibt es einen alten Jüdischen Friedhof, der bereits 1905 die Tore schloss, der neue auf dem Zentralfriedhof am Rande der Stadt wurde ihre Beerdigungsstätte bis heute. Der evangelische Teil, der katholische und der rumänisch-orthodoxe sind Nachbarn. Ein Bethaus soll es ebenfalls in der Unterstadt gegeben haben. Die Siebenbürger Juden waren sehr orthodox, vor allem im Norden des Landes, dem ungarischen Teil Siebenbürgens, der Heimat von Elie Wiesel. Orthodoxer als im heutigen Israel, heißt es. Seit dem 17. Jahrhundert bis 1918 gehörten Siebenbürgen, das Banat, die Bukowina, Bessarabien, die Dobrudscha an der Donau zur Donaumonarchie und Kaiser Franz Josef I. in Wien war der Regent, nach dem 1. Weltkrieg kamen die Landesteile zu Rumänien und Großrumänien entstand. Franz Josef I. räumte den Juden in seinen Ländern Freiheiten ein, die sie zuvor nicht hatten, doch stand Vieles nur auf dem Papier und wurde nicht umgesetzt. Der Kaiser wollte, dass die Hermannstädter Juden ein Gotteshaus, ein imposantes, bekommen.

Geld war offenbar in der Gemeinde vorhanden. Der Rabbiner von Karlsburg/ Alba Iulia musste seine Zustimmung geben. Karlsburg/Alba Iulia, wurde den Juden im 17. Jahrhundert „landesgesetzlich“ als Wohnort zugewiesen und bekam zwei Synagogen, eine deutsche und eine türkische für die sephardischen Juden. Recht und schlecht lebten Christen und Juden in Hermannstadt zusammen, dass eine oder andere jüdische Kind soll auch die Deutsche Schule besucht haben.

Nun sollte auch Hermannstadt eine zeitgemäße Synagoge bekommen. Der Ungarische Architekt Ference Szalay bekam den Auftrag, entwarf ein Gotteshaus, ein prachtvolles, steht heute umgeben von weniger schönen Bauten in einer sehr verkehrsreichen Straße in der Unterstadt von Hermannstadt, der Hauptstadt des Sachsenlandes, die im Jahr  2007 zusammen mit Luxemburg „Europäische Kulturhauptstadt“ war. Wunderbar saniert steht die Synagoge mit ihrer Front aus rotbraunen Ziegeln heute da, kaum 20 jüdische Mitglieder gibt es noch, der Rabbiner kommt aus Bukarest, wenn er gebraucht wird.

1899 wurde das Gotteshaus eröffnet. Sämtliche Baustile vieler Jahrhunderte sind im Gebäude zu erkennen bis hin zum orientalischen Stil, basilikaähnlich ist oft zu lesen. Girlanden mit verspielten fantasievollen Pflanzenornamenten sind zu sehen, Blüten an der Kastendecke und den Wänden, Ranken in feinem Pastell. Die obere Galerie ist für die Frauen bestimmt, Gardinen sind wie eh und je gespannt. Die alten Holzbänke von damals sind geblieben und tragen Namen von Gemeindemitgliedern. In deutscher, ungarischer und hebräischer Schrift sind die Namen eingraviert worden in die Metallschildchen. Mor. Helfmann hatte die Platznummer 61, 99 steht bei Rosenbaum Lajos, Schikler Izsak, gehörte die Nr. 88,  Platz 35  für Löwy David, Simon Goldmann saß beim Gottesdienst auf Platz 115, und viele andere Namen der Gemeindemitglieder von damals sind zu lesen. Auf der Frauenempore sind die Namen der Jüdinnen eingraviert. So hatte Frau Jaques Rieger die Nr. 25 und Zimermann Rosa die 17. Die Bänke sind leer, schon seit Jahrzehnten, wo gingen die Menschen hin, wo haben sie ein besseres Leben gefunden, wo sind sie begraben? Hermannstädter Juden sollen nicht systematisch nach Transnistrien deportiert worden sein, doch die kommunistische Zeit konnte auch keine Juden gebrauchen, ließ Denkmäler ihrer Kultur abreißen und verkaufte die Menschen zu gegebener Zeit gegen hohe Dollarsummen an den Staat Israel mit amerikanischer Hilfe, Geld pro Kopf. Das gleiche Schema wie bei den Siebenbürger Sachsen. Der Diktator Nicolea Ceausescu brauchte Devisen.

In der Zwischenkriegszeit hatte Rumänien die zweitgrößte jüdische Gemeinschaft in Europa, ungefähr 800.000 Bürger, nach dem 2. Weltkrieg waren es nur noch die Hälfte. In Hermannstadt ist in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts von 1300 die Rede, jetzt gehören noch 20 Mitlieder zur Jüdischen Gemeinde. Eine der 18 anerkannten Minderheiten in der Republik Rumänien ist die jüdische und wird im Parlament in Bukarest von einem Abgeordneten vertreten.

Die prächtige Hermannstädter Synagoge gibt es noch und gehört inzwischen zum geschützten Kulturdenkmal in der Hauptstadt Siebenbürgens!

Alle Fotos: (c) C. Wollmann-Fiedler