Zum 100. Geburtstag von Hans Leipelt

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Foto: Hans Leipelt in Uniform, (c) Privatarchiv Klaus Möller

Der junge Chemiestudent Hans Leipelt spielte für die weitere Verbreitung der Flugblätter der Weißen Rose eine entscheidende Rolle…

Weiße Rose Stiftung e. V.
https://www.weisse-rose-stiftung.de

Hans Leipelt stammte aus einer weltoffenen, wohlhabenden Hamburger Familie. Da er als „Halbjude“ galt, wurde er im Sommer 1940 trotz seiner militärischen Auszeichnung aus der Wehrmacht entlassen. Ab dem Wintersemester 1941/42 führte Hans Leipelt sein in Hamburg begonnenes Studium in München am Chemischen Institut der LMU fort. Der Institutsleiter Nobelpreisträger Prof. Heinrich Wieland setzte sich über die verordnete Diskriminierung „halbjüdischer“ Studenten hinweg. Hier, am Institut traf er Gleichgesinnte, so auch seine Freundin, die Chemiestudentin Marie-Luise Jahn, die sich seinem Widerstand anschloss. Marie-Luise (Schultze-) Jahn war später Mitbegründerin der Weiße Rose Stiftung.

Hans Leipelt erhielt das VI. Flugblatt der Weißen Rose am 18. Februar 1943; an dem Tag, an dem Hans und Sophie Scholl im Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität München beim Verteilen der Flugblätter vom Hausschlosser Jakob Schmid festgehalten und der Gestapo übergeben wurden. Als Leipelt – so berichtete Marie-Luise Schultze-Jahn nach dem Krieg – von den Todesurteilen für die Geschwister Scholl und Christoph Probst erfahren hatte, entschied er sich, das Flugblatt weiter zu verbreiten. Gemeinsam tippten sie das VI. Flugblatt auf einer Reiseschreibmaschine mehrfach ab und gaben ihm die zusätzliche Überschrift: „…und ihr Geist lebt trotzdem weiter!“ Sie fuhren nach Hamburg, um es Leipelts Schwester Maria und befreundeten Regimegegnern zu zeigen. Auch diese schrieben das Flugblatt ab und verteilten es unter Gleichgesinnten. Die Freunde in Hamburg und am Chemischen Institut in München gaben Hans Leipelt Geld für Clara Huber, die nach der Verhaftung am 27. Februar 1943 und späteren Hinrichtung ihres Mannes Prof. Kurt Huber völlig mittellos wurde. Clara Huber erhielt die Spenden anonym.

Die Geldsammlung wurde verraten, worauf ab Oktober 1943 Hans Leipelt, Marie-Luise Jahn und weitere Personen in München festgenommen wurden. Anschließend verschärfte die Gestapo die Ermittlungen in Hamburg gegen Verwandte und Freunde von Hans Leipelt, zahlreiche Verhaftungen erfolgten auch dort. Nach einjähriger Haft wurde Hans Leipelt am 13. Oktober 1944 vom Volksgerichtshof in Donauwörth wegen „Wehrkraftzersetzung und Volksverhetzung“ zum Tode, seine Freundin Marie-Luise Jahn zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt. Fünf weitere am Widerstand Beteiligte wurden angeklagt: Lieselotte Dreyfeldt, Wolfgang Erlenbach, Valentin Freise, Hedwig Schulz, Franz Treppesch. Gegen die „halbjüdischen“ Angeklagten Mirjam David und Ernst Holzer wurde nicht verhandelt, sie waren bereits in Konzentrationslager verschleppt worden.

Am 29. Januar 1945 wurde Hans Leipelt im Alter von nur 23 Jahren im Gefängnis München-Stadelheim hingerichtet. Auf dem Friedhof am Perlacher Forst, wo auch Hans und Sophie Scholl, Christoph Probst, Alexander Schmorell und Willi Graf begraben wurden, wurde er anonym bestattet. Seine Mutter war am 9. Dezember 1943 im Polizeigefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. Seine jüngere Schwester Maria war von November 1943 bis Kriegsende in Haft. Sie wurde am 14. April 1945 zusammen mit Traute Lafrenz, die sich in München und Hamburg an der Flugblattverteilung beteiligt hatte, und weiteren Freundinnen im Frauengefängnis Bayreuth befreit. Marie-Luise Jahn konnte dank amerikanischer Truppen Ende April 1945 das Zuchthaus Aichach verlassen. Ihre Erinnerungen veröffentlichte sie unter dem Titel „… und ihr Geist lebt trotzdem weiter!“

Anlässlich seines 100. Geburtstags wird Hans Leipelt am 18. Juli 2021 an der Fakultät für Chemie und Pharmazie der LMU mit dem virtuellen Vortrag „Gedenken der Fakultät für Chemie und Pharmazie zum 100. Geburtstag ihres Chemiestudenten Hans Konrad Leipelt“ von Angela Bottin geehrt. Frau Bottin ist die kenntnisreiche Historikerin zu Leipelt und dessen Familie. Die Weiße Rose Stiftung zeigt aus diesem Anlass ihre Ausstellung „Hans Leipelt und die Weiße Rose“ an der Fakultät.

Der virtuelle Vortrag „Gedenken der Fakultät für Chemie und Pharmazie zum 100. Geburtstag ihres Chemiestudenten Hans Konrad Leipelt“ von Angela Bottin kann online gehört werden: https://cast.itunes.uni-muenchen.de/clips/bzPvfoWHOj/vod/online.html

Einen Online-Vortrag zu Hans Leipelt und zur Weiße Rose Hamburg wird es ebenso von Prof. Peter Fischer-Appelt geben, übertragen wird dieser im Rahmen der Zoom-Konferenz “Widerstand im Nationalsozialismus” der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste bei in Salzburg am 18. Juli um 11 Uhr. Weitere Informationen dazu unter: Events | European Academy of Sciences and Arts (euro-acad.eu)

Am Donnerstag, 18. Juli 2021, wird die VVN/BdA Hamburg am Weiße-Rose-Mahnmal in HH-Volksdorf Hans Leipelt und seinen Widerstand gegen das NS-Regime würdigen.

Wir verweisen auf den mit QR-Codes und GPS-Daten versehenen digitalen Rundgang auf den Spuren der Familie Leipelt durch Hamburg Wilhelmsburg, der im vergangenen Jahr von einer 9. Klasse der Stadtteilschule Wilhelmsburg erarbeitet wurde und am Haupteingang ihrer Schule in der Rotenhäuser Straße 47 beginnt: http://weristhans.com/

In der DenkStätte Weiße Rose am Lichthof Ludwig-Maximilians-Universität wird der Widerstand von Hans Leipelt und seiner Freunde in einem eigenen Abschnitt gewürdigt; ein Video mit Berichten von Zeitzeugen, so mit Leipelts Schwester Maria und deren Freundin Ilse Ledien steht zur Ansicht bereit.

Foto: Hans Leipelt in Uniform, (c) Privatarchiv Klaus Möller