Hans Keilson – Versuch einer Erinnerung

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Foto: © Psychosozial Verlag Gießen

Es sind genau zwei Begegnungen mit Hans Keilson, die sich mir eingeprägt haben. Es war zugleich die erste und die letzte Begegnung mit unserem seinerzeit bereits sehr betagtem Ehrenvorsitzenden Hans Keilson…

Von Peter Finkelgruen

Die Erste war in den frühen neunziger Jahren. Ich hatte schon das Eine oder Andere von ihm gelesen. Dann begegneten wir uns in Wuppertal bei einer Tagung der Else Lasker Schüler Gesellschaft. Ich hielt einen  meiner ersten Vorträge über den Skandal um die Nichtververfolgung des NS-Täters und Mörders meines Großvaters Martin, Anton Malloths, durch die Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen. Ich zeigte auf, warum die Nichtverfolgung des Mörders für mich ein ungeheuerlicher Skandal war, vor dem Hintergrund meiner eigenen sowie meiner Familienbiographie. In meinen beiden autobiografischen Büchern (1992, 1999) habe ich hierüber geschrieben. Zu einem ersten kurzen Gespräch mit Hans Keilson kam es bereits in der dann folgenden Pause. Ich sprach ihn auf das Thema Sequentielle Retraumatisierung an, seiner großen, 1979 erschienenen Studie. Wir tauschten uns, am Büchertisch stehend, ein wenig hierüber aus – und am Schluss sprachen wir noch kurz über unser PEN-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland https://exilpen.org, dem ehemaligen Exil-Pen https://www.deutschlandfunkkultur.de/vom-hilfsverein-zum-virtuellen-zentrum.954.de.html?dram:article_id=144345, dessen Präsident er kurz zuvor, von 1985 bis 1988, gewesen war.

Die zweite und letzte Erinnerung an Hans Keilson fand dann auch im Zusammenhang mit dem PEN statt. Wir, vom Förderverein des Exil-PEN – Zentrums, hatten eine Veranstaltung in Amsterdam organisiert, eine Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung, bei der Hans Keilson der zentrale Teilnehmer und Diskutant war. Gemeinsam mit Nadine Engelhart fuhren wir mit dem Wagen von Köln nach Busum in Holland, um Prof. Keilson und seine Frau Marita abzuholen. Die Veranstaltung selber ist mir sehr im Gedächtnis haften geblieben, erlebte ich doch wie der Professor mit Tücken des Alters umging. Irgendwann wurde ihm aus den Reihen des Publikums eine Frage gestellt. Auf diese Frage folgte eine längere Pause, in der Hans Keilson schwieg als ob er in die Ferne blickte; bis er dann sagte, er habe das vergessen – aber er sei doch inzwischen so alt, er dürfe das.

Foto: © Psychosozial Verlag Gießen