Weiterhin großer Unterstützungsbedarf für Überlebende der Shoah

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Unterstützungsleistungen für Überlebende des Holocaust bleiben auch 76 Jahre nach der Befreiung eine fundamentale Notwendigkeit. Mit Psychotherapien, sozialen Aktivitäten und Hausbesuchen durch die Selbsthilfeorganisation AMCHA werden die Überlebenden unterstützt. Die COVID-19-Pandemie stellt die Behandlung indes vor große Herausforderungen.

Unterstützungsleistungen für Überlebende des Holocaust bleiben auch 76 Jahre nach der Befreiung eine fundamentale Notwendigkeit. Mit Psychotherapien, sozialen Aktivitäten und Hausbesuchen durch die Selbsthilfeorganisation AMCHA werden die Überlebenden unterstützt. Die COVID-19-Pandemie stellt die Behandlung indes vor große Herausforderungen.

„Gerade im Alter werden die traumatisierenden Erinnerungen zur Belastung, wenn das soziale Netz schwächer wird, die Einsamkeit zunimmt, Partner und Freunde sterben. Die Folgen können schwere Depressionen, soziale Isolation und Angstzustände sein,“ erklärt Lukas Welz, Vorsitzender von AMCHA Deutschland e. V. „Die Befreiung war für die Überlebenden eine Rettung vor dem Tod. Die langfristigen Folgen der Verfolgung aber bleiben ein Leben lang.“

Angesichts der Beschränkungen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie verstärkt sich das Grundgefühl des Verlassenseins, die Erinnerungen an traumatisierende Erfahrungen während der Shoah werden noch präsenter. So erklärt sich auch die Zunahme an Unterstützungsbedarf: Die Zahl von 127.972 Therapiestunden im Jahr 2010 ist innerhalb von zehn Jahren auf 242.489 Stunden angestiegen und hat auch während der Pandemiebeschränkungen weiter zugenommen. So wurden therapeutische Online-Angebots stark ausgebaut, was viele der hoch betagten Menschen sehr fordert.

Die psychosoziale Unterstützung, außerhalb der Therapiestunden, hingegen Hilfe ist angesichts der COVID-19-Krise erstmals weitgehend zum Stillstand gekommen. So durften die 15 Sozialklubs im vergangenen Jahr zeitweise von den Überlebenden nicht mehr aufgesucht werden. „Seit den ersten Ausgangsbeschränkungen haben wir mit Hochdruck daran gearbeitet, neue Wege der telefonischen und online-basierten Seelsorge, Therapie und Unterstützung auf Distanz zu unterstützen und damit die Kommunikationswege zu Überlebenden aufrechtzuhalten. Denn die Therapeuten sind oft die einzigen Bezugspersonen der Überlebender,“ so Welz.

Zunehmend rücken auch Kinder von Überlebenden in den Blick. Manche von ihnen sind selbst bereits 75 Jahre alt. Das Ausscheiden aus dem Berufsleben oder der Tod der Eltern sind Faktoren, die psychosoziale Herausforderungen wachsen lassen,“ so Welz. Hinzu kämen Erfahrungen wie Gewalt- und Kriegserfahrungen, die zusätzlich belastend auf die transgenerationalen Traumata einwirkten.

Bundesregierung sichert Hilfe für die Nachkommen von Überlebenden des Holocaust zu
Die Bundesregierung wird 2021 die psychosoziale Hilfe für besonders betroffene Angehörige der Nachkommen von Überlebenden des Holocaust unterstützen. „Damit wird ein lang ersehntes Zeichen der Anerkennung ihrer historischen Verantwortung, die über Generationen hinweg reicht, gesendet. Die Bearbeitung oft schwerster Traumata des Holocaust ist eine Gegenwartsfrage und wird es bleiben, zumal diese innerhalb ihrer Familien oft über Generationen hinweg spürbar bleiben“ so Welz.

AMCHA – Zahlen und Fakten 2020

– 1987 als Selbsthilfeorganisation von Überlebenden des Holocaust in Israel gegründet, die erkannten, dass sie und ihre Familien spezialisierte Hilfsangebote benötigen, die in der Gesundheitsversorgung bis dahin nicht beachtet wurden.
¾ Amcha (Hebräisch: Dein Volk, sinngemäß: eine/r von uns) Der Begriff wurde schon zur Zeit der NS-Verfolgung von Juden als Codename benutzt, um sich untereinander zu erkennen zu geben.
– 15.646 Menschen wurden 2020 durch AMCHA in Psychotherapien und sozialen Aktivitäten in Israel unterstützt, um trotz ihrer teils schweren Traumatisierungen ein würdevolles Leben führen zu können. Das sind fast doppelt so viele Betreute, wie noch vor zehn Jahren.
– Von ihnen sind 8.623 Menschen Überlebende des Holocaust und 440 Menschen Angehörige der Folgegenerationen. Die übrigen Klientengruppen sind traumatisierte Hilfesuchende anderer Kontexte (7.140 Menschen).
– Die Zahl der Therapiestunden stieg von 127.972 Stunden (2010) auf 242.998 Stunden (2020).
– Der Anteil der Therapien, die bei den Klienten stattfinden muss (zu Hause, in Krankenhäusern, Altenheimen, Hospizen) sank entgegen dem Jahresvergleich aufgrund der Besuchsbeschränkungen auf etwa 19% (2019: 28%).
– AMCHA ist eine der größten Hilfsorganisationen zur Förderung seelischer Gesundheit für traumatisierte Überlebende kollektiver Gewalt weltweit.
– AMCHA Deutschland e. V. unterstützt die Arbeit von AMCHA Israel

עמך AMCHA Deutschland e.V.
Zentrum für psychosoziale Hilfe für Überlebende des Holocaust in Israel