Gegen die Finanziers der Hisbollah

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Der Nationalratsbeschluss muss auf das iranische Regime ausgeweitet werden…

Von Stephan Grigat
Zuerst erschienen in: Der Standard v. 4. Juni 2020

Manche Dinge brauchen Zeit: Bereits 2013 hat der Autor dieser Zeilen im Gastkommentar ein Verbot der gesamten Hisbollah gefordert und auf die Unsinnigkeit der Trennung in einen militärischen und einen politischen Flügel der antisemitischen Terrortruppe hingewiesen. Letzte Woche hat nun der Nationalrat einen Entschließungsantrag verabschiedet, über dessen einstimmige Annahme der Pressedienst des Parlaments schreibt: „Die Unterscheidung zwischen militärischem und politischem Arm sei nicht gerechtfertigt, die Hisbollah sei eine terroristische Organisation, sind sich die Abgeordneten einig.“ Der von Grünen und ÖVP eingebrachte Antrag formuliert es zwar nicht so deutlich, und der weitergehende Antrag der Neos, die bereits im Dezember ein Verbot der gesamten Organisation in Österreich und der EU gefordert haben, ist leider nicht durchgegangen. Aber auch die einstimmige Aufforderung an die Regierung zu einer „Neubeurteilung der Hisbollah“ zielt darauf ab, die libanesische Miliz endlich als Ganzes zu verbieten.

Wichtiger Schritt

Es ist absurd, dass die Terrortruppe, deren Generalsekretär Hassan Nasrallah Juden als die „Nachfahren von Affen und Schweinen“ bezeichnet hat, in Österreich und vielen anderen EU-Ländern weiterhin weitgehend ungehindert agieren und Spenden sammeln kann. Der Nationalratsantrag ist ein wichtiger Schritt, um diese skandalöse Situation endlich zu beenden. Allerdings: Was werden die Abgeordneten nun hinsichtlich des Irans unternehmen? Es war das Regime in Teheran, das die Hisbollah im Libanon aufgebaut hat. Bis heute finanziert es die Terrormiliz und hat sie mit über 100.000 Raketen aufgerüstet, die ausnahmslos auf Israel gerichtet sind.

Die Abgeordneten betonen, das „Existenzrecht Israels“ dürfe „nicht infrage gestellt werden“. Vor zwei Wochen hat anlässlich des „Quds-Tags“, an dem seit vier Jahrzehnten am Ende des Ramadan für die Vernichtung Israels demonstriert wird, aber nicht nur der Hisbollah-Chef abermals zur Zerstörung des Staates der Shoah-Überlebenden und deren Nachkommen aufgerufen, sondern vor allem Ali Khamenei, der „Oberste Führer“ im Iran, der bezüglich des von ihm ebenso wie von Nasrallah erneut als „Krebsgeschwür“ attackierten Israel mittlerweile von einer „Endlösung“ fantasiert.

Wende in Iran-Politik

Wenn die Nationalratsabgeordneten ihre Kampfansage an den schiitischen Islamismus ernst meinen, müssten sie als Nächstes die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zum iranischen Regime ins Visier nehmen und sich für die Listung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation aussprechen. Wenn Kanzler Sebastian Kurz seine betont proisraelische Haltung nicht nur als Attitüde vor sich hertragen will, müsste er nicht nur die Forderungen der Nationalratsabgeordneten hinsichtlich der Hisbollah schnellstmöglich umsetzen, sondern endlich eine grundlegende Wende in der österreichischen Iran-Politik einleiten: keinerlei Unterstützung mehr für das Ajatollah-Regime – stattdessen offene Unterstützung für jene Menschen, die sich nach einer Zukunft jenseits des iranischen Terrorstaats und der Hisbollah sehnen. Und wenn die Linke sich doch noch einmal an ihre historischen Ziele von Emanzipation, Aufklärung und Freiheit erinnern würde, müsste sie endlich Schluss machen mit dem elenden Kulturrelativismus und sich an die Spitze des Kampfes gegen die islamische Gegenaufklärung in Gestalt nicht nur der Hisbollah, sondern insbesondere ihrer iranischen Finanziers stellen. (Stephan Grigat, 4.6.2020)

Stephan Grigat ist Politikwissenschafter an den Universitäten Wien und Passau, Fellow am Moses-Mendelssohn-Zentrum Potsdam und der Universität Haifa sowie Autor von „Die Einsamkeit Israels: Zionismus, die israelische Linke und die iranische Bedrohung“.

Bild oben: Am Vorabend des Quds-Tag auf der Webseite von Khamenei veröffentlichte Vision