Antiziganismus bekämpfen

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Vor der kommenden Konstituierung der Unabhängigen Expertenkommission Antiziganismus am 27. März 2019 im Bundesministerium des Innern befaßte sich der Deutsche Bundestag in seiner gestrigen Debatte mit dem zunehmend massiven Antiziganismus in Deutschland und in Europa. Studien des Bundes oder wie zuletzt Umfragen der Universität Leipzig zeigen, daß die Ablehnung von Sinti und Roma in der Bevölkerung extrem hoch ist. Hier sei es Aufgabe insbesondere der Politik, für den notwendigen Zusammenhalt in einer demokratischen Gesellschaft gerade auch durch den Schutz von Minderheiten zu sorgen, erklärte Romani Rose vor der Debatte…

In einer ersten Reaktion bezeichnete der Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, die Tatsache, daß sich der Deutsche Bundestag endlich mit dem Thema Antiziganismus befaßt, als wichtigen Schritt für die Minderheit und ebenso für die demokratische Verfaßtheit unserer Gesellschaft:
„Es gibt in Deutschland und in Europa einen zunehmend gewaltbereiten Antiziganismus, der sich vordergründig gegen die Minderheit richtet, der aber im Kern auf unsere demokratischen Werte zielt. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn es einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag gegeben hätte, der die Verpflichtung des Deutschen Bundestages zum Schutz und zur Förderung der Minderheit der Sinti und Roma klar zum Ausdruck gebracht hätte“, so Rose. Die Bekämpfung des Antiziganismus sei zu wichtig, als daß parteipolitischen Überlegungen die Entschließungen des Bundestages abschwächen dürften, so Rose.

Alle Redner der demokratischen Parteien waren sich einig darin, daß die Bekämpfung des Antiziganismus eine Verpflichtung des Deutschen Bundestages sein müsse. Fünf Fraktionen, alle außer der AfD, hatten im Vorfeld an dem Entschließungsantrag „Antiziganismus bekämpfen“ mitgewirkt. Redner aller demokratischen Fraktionen bedauerten, daß obwohl es keine inhaltlichen Differenzen gab, es dennoch zu keinem gemeinsamen Antrag kam.

Für den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma würdigte Romani Rose die Debattenbeiträge aller demokratischen Parteien, die sowohl die historische Dimension des Antiziganismus als auch die wichtigen Beiträge der Minderheit zur deutschen und zur europäischen Kultur benannten. Hier sei viel zu wenig Wissen in Wissenschaft und Politik wie in der gesamten Gesellschaft vorhanden.

Von besonderer Bedeutung ist es für den Zentralrat, daß die Arbeit der Selbstorganisationen durch den Bundestag ausdrücklich als notwendiger Beitrag zur demokratischen Kultur in Deutschland anerkannt wurde. Alle Redner der demokratischen Parteien unterstrichen, daß die Förderung von Einrichtungen der Minderheit, wie des Dokumentationszentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg, wichtig sind für die politische Kultur in Deutschland.

In gleicher Weise müsse in den Schulen und Hochschulen des Landes die Geschichte von Sinti und Roma in die Curricula der Länder aufgenommen wie auch die Beiträge von Sinti und Roma zur deutschen und europäischen Kultur dokumentiert und verbreitet werden.

In der Debatte wurde zu Beginn ausgeführt, daß „Antisemitismus ein bekannter Begriff“ sei, der Antiziganismus als die rassistische Ablehnung von Sinti und Roma aber noch immer weitgehend unbekannt sei. Auch deshalb sei die Expertenkommission Antiziganismus von großer Bedeutung, um dem Deutschen Bundestag klar Maßnahmen und Programme zu empfehlen.

Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma die Einrichtung einer solchen Expertenkommission gefordert. Die Kommissionsmitglieder sollen der Bundesregierung einmal pro Legislaturperiode einen Bericht vorlegen, der auch konkrete Maßnahmen und Programme zur Bekämpfung des Antiziganismus enthalten soll. Am 27. März 2019 wird Innenminister Horst Seehofer die Expertenkommission berufen.

Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, 22.03.2019

Bild oben: Denkmal, Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas 1935 von Dani Karavan, 2012, Simsonweg, Berlin-Tiergarten, Deutschland, (c) OTFW, Berlin