Am 1. November 2017 wurde die Konferenz „Geteilte Erinnerung. Gedenken in der deutschen Gesellschaft – Erinnern in der jüdischen Gemeinschaft“ im Kaisersaal des Frankfurter Römers feierlich eröffnet. Zur Eröffnung hatten der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main, Peter Feldmann und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster eingeladen. Die Konferenz wird von der Bildungsabteilung im Zentralrat der Juden in Deutschland, dem Jüdischen Museum Frankfurt am Main und dem Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk organisiert. Im Rahmen der Tagung diskutieren 200 Teilnehmer über bestehende und neue Formen des Gedenkens an die Schoa…
Oberbürgermeister Peter Feldmann dankte den Organisatoren der Veranstaltung und machte deutlich, „dass wir in einer Zeit leben, in der immer dreister „Schlussstrich-Debatten“ gefordert werden und das Gedenken an die Schoa auf schändliche Weise beleidigt wird. Einer Zeit, in der Tabubrüche auf Kosten von Minderheiten Publizität und politischen Erfolg versprechen. In dieser Zeit ist es wichtig, daran zu erinnern, dass es großer Konflikte und gesellschaftlicher Auseinandersetzung bedurfte, um das Erinnern an die Verbrechen der Nationalsozialisten im Gedächtnis der Stadt wach zu rufen. Zugleich öffnet diese Erinnerung den Blick auf die stolze jüdische Tradition unserer Stadt, die mit dem Beginn des Nazi-Regimes Stück für Stück planmäßig und brutal beendet wurde. Für Frankfurt hat der Konflikt um den Börneplatz weiten Teilen der Stadtgesellschaft überhaupt erst bewusst gemacht, dass Frankfurt eine jahrhundertealte jüdische Tradition hat, dass diese Tradition selbstverständlich zur Stadtgeschichte gehört, dass Frankfurts Gemeinwesen entscheidend durch jüdische Bürgerinnen und Bürger geprägt wurde. Mehr noch: Der „Börneplatz-Konflikt“ stellte auch einen Wandel in der Erinnerungspolitik dar. So gedachte unser Frankfurt 1990 erstmals überhaupt in einer eigenen Veranstaltung der Pogromnacht 1938. Ein Gedenken, das heute zum städtischen Selbstverständnis gehört, bis zu dem Zeitpunkt aber allein von der Jüdischen Gemeinde initiiert worden war. Auch wenn es noch immer viele Leerstellen gibt – vor allem zur Frankfurter Täterforschung während der NS-Zeit – so hat sich seither im Umgang mit der Stadtgeschichte – unserer Erinnerungspolitik einiges verändert.“
Darum komme die Konferenz genau zur richtigen Zeit, „denn wir brauchen auch angesichts der immer weniger werdenden Zeitzeugen neue Formen des Erinnerns und wir brauchen eine Gedenkkultur, die sich noch stärker gegenüber der Stadt öffnet.“
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, sagte: „Die Forderung nach einem Schlussstrich unter der Schoa ist nicht neu. Heute wird das Gedenken an die Schoa jedoch zunehmend und offen in Frage gestellt – von Teilen der Bevölkerung, aber auch von Politikern. Hinzu kommt, dass das Wissen über die Schoa abnimmt: Mehr als jeder dritte Schüler weiß nicht, dass Auschwitz-Birkenau ein Konzentrations- und Vernichtungslager war. Die Konferenz „Geteilte Erinnerung“ soll die verschiedenen Formen des Gedenkens beleuchten und der Frage nachgehen, wie eine moderne Erinnerungskultur aussehen kann. Angesichts der schwindenden Zahl an Zeitzeugen, dem Wandel unserer Gesellschaft und der Digitalisierung ist diese Debatte unerlässlich. Denn die Erinnerung an die Schoa und deren Opfer geht die gesamte Gesellschaft an. Das „Nie wieder!“ darf nicht zu einer leeren Worthülse verkommen.“
Die Konferenz „Geteilte Erinnerung“ findet vom 1. bis 3. November 2017 in Frankfurt am Main statt und ist Teil des Bildungsprogramms des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Frankfurt am Main / Berlin, 2. November 2017 / 13. Cheschwan 5778