Karikaturen als Zeichen der Verachtung

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Der Direktor des Cartoon- und Karikaturenhauses in Teheran, Massoud Tabatabai, hat am 16.12. verkündet, dass der Iran einmal mehr einen internationalen Karikaturenwettbewerb abhalten wird, der den Holocaust verspottet…

Von Hillel Newman

Das i-Tüpfelchen des Wettbewerbs ist eine neue Kategorie, deren Hauptzweck die Verhöhnung des israelischen Ministerpräsidenten ist. Er soll im Juni 2016 mit der Hilfe und Unterstützung der Stadtverwaltung Teherans stattfinden. Der Wettbewerb ist hoch dotiert. Für den Sonderpreis sind 50.000 US-Dollar versprochen – für den ersten Platz 12.000 US-Dollar, für den zweiten Platz 8000 US-Dollar und für den dritten Platz 5000 US-Dollar.

Es kann davon ausgegangen werden, dass der Iran wegen der versprochenen Aufhebung der Sanktionen – das Ergebnis der gemeinsamen Nuklearvereinbarung (JCPOA) – volle Kassen erwartet. Also haben die Mächtigen etwas „Sinnvolles“ gefunden, das sie mit ihrem Geldsegen anstellen können.

Dies ist nicht das erste Mal, dass sie so einen Wettbewerb veranstalten. Sie haben das auch im April 2015 getan und nach Angaben der Internetseite der Veranstaltung haben sich damals 300 Menschen aus ungefähr 50 Ländern daran beteiligt. Bezugnehmend auf den damaligen Stichtag für die Einsendungen erklärte der Direktor des Karikaturenhauses: „Da der erste Tag im April der Tag der Lügen ist, ist es angemessen einen Karikaturenwettbewerb durchzuführen, der sich über den Holocaust lustig macht, der eine der größten Lügen ist.“ Also ist der Wettbewerb keine reine Spaßveranstaltung, sondern er verbreitet absichtlich auch politische und ideologische Untertöne. Die Holocaustleugnung und Verspottung des israelischen Ministerpräsidenten sind wesentlicher Bestandteil der politischen und ideologischen Konnotationen.

Der Iran weiß sehr genau, wie Karikaturen für politische Nachrichten genutzt werden können. Atena Farghadani, eine Iranerin, wurde im Mai 2015 zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Als Beweise gegen sie wurden unter anderem satirische Karikaturen, die sie gezeichnet hatte, angeführt, auf denen iranische Offizielle mit Geringschätzung dargestellt wurden. Amnesty International bezeichnet sie als „Gefangene des Gewissens“. Medienberichten zufolge wurde sie kürzlich wegen unrechtmäßiger sexueller Beziehungen angeklagt und gezwungen, sich einem „Jungfräulichkeits- und Schwangerschaftstest“ zu unterziehen, weil sie ihrem Anwalt die Hand gegeben hatte. Said Boumedouha, stellvertretender Leiter der Abteilung Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International, wurde zitiert mit den Worten: „Es ist schockierend, dass die iranischen Behörden zusätzlich zu der aberwitzigen Anklage gegen Atena Farghadani wegen des ‚Verbrechens‘, ihrem Anwalt die Hand geschüttelt zu haben, sie gezwungen haben, einen Jungfräulichkeits- und Schwangerschaftstest durchzuführen.“

Der Fall unterstreicht die Scheinheiligkeit des iranischen Regimes. Es fördert auf der einen Seite Karikaturen gegen den Holocaust, aber auf der anderen Seite verhaftet es iranische Bürger für oppositionelle Karikaturen. Dies unterstreicht auch, mit welcher Ernsthaftigkeit iranische Behörden Karikaturen behandeln: Sie sind schwerwiegend genug für eine 12-jährige Haftstrafe. Eindeutig gibt es zwischen den zwei Fällen bedeutende Unterschiede. Atenas Karikatur war die private Initiative einer Oppositionellen, mit der sie gegen die abscheulichen Taten des iranischen Regimes protestiert hat. Der Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb ist staatlich, institutionell, international und eine eindeutige Verletzung internationaler Ankommen. Es ist auch eine Beleidigung gegenüber den unschuldigen Opfern des Holocaust.

Irans Gnadenlosigkeit gegenüber oppositionellen Karikaturen lässt Zweifel an den Entschuldigungsversuchen der iranischen Führung aufkommen, sie verstünden die Bedeutsamkeit der Durchführung dieses abscheulichen Wettbewerbs nicht.

Diese Angelegenheit ist keine israelische oder jüdische, oder es sollte zumindest keine sein. Dieser Akt der Unverfrorenheit sollte die Verhandlungsführer der P5+1 und die Führer der toleranten Welt aufrütteln und ihnen den wahren Charakter des iranischen Regimes zeigen.  Er ist nur ein weiteres Zeichen der Verachtung von vielen.

Im Laufe der vergangenen Monate hat der Iran verschiedene dreiste Aktionen gestartet, um auszutesten, wie weit er gehen kann und wie die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft sind. Bislang laufen die Dinge gut für den Iran. Die internationale Gemeinschaft hat sich in eine Position totaler Schwäche manövriert aus Angst, eine Reaktion auf diese verachtenden Aktionen könnte das Nuklearabkommen (JCPOA) in Gefahr bringen, das sie so viele Mühen gekostet hat.

Im Oktober führte der Iran einen provokanten Raketentest durch, der zweite in dem Jahr, der entschieden gegen die UN-Sanktionen verstieß. Die Iraner schmuggeln auch weiterhin Waffen und unterstützen Handlanger-Terrororganisationen in Verletzung der Resolutionen des Sicherheitsrats. Sie exekutieren auch weiterhin jugendliche Straftäter in Verletzung des Internationalen Abkommens für zivile und politische Rechte (ICCPR). Sie halten auch weiterhin amerikanische Doppelstaatler fest auf Grundlage erfundener Spionageanklagen, wie Beobachter meinen. Sie fahren mit ihren subversiven Aktivitäten unvermindert fort. Im Hinblick auf die Nuklearfrage stellten Michael Singh und Simond de Galbert in ihrem Bericht im Wall Street Journal vom 14. Dezember 2015 fest: „Iran hat sich geweigert, auch nur einen der zwei Schritte zu gehen, der eine echte Versicherung böte, dass er sein Verlangen nach Nuklearwaffen aufgegeben hat: die Aufgabe jeglicher Urananreicherung und eine vollständige Offenlegung der vergangenen Nuklearaktivitäten.“

Tatenlosigkeit angesichts der iranischen Verstöße und Verfehlungen wird nur zu weiterer Unverfrorenheit, Verachtung und Dreistigkeit führen. Es wird auch zu einer weiteren Untergrabung der Integrität und Glaubwürdigkeit der internationalen Gemeinschaft führen. Es höhlt den Kern der Abschreckung aus und macht den Weg frei für eine stärkere Verachtung der internationalen Normen und UN-Sanktionen.

Sinnvolle Antworten auf die iranischen Provokationen sind vonnöten. Lasst uns damit beginnen, die moralische Seite des Holocaust-Karikaturen-Wettbewerbs anzugehen, der nur ein  Symbol der tiefgreifenden iranischen Missachtung unserer Werte ist.

Hillel Newman ist Diplomat des israelischen Außenministeriums. Er war Botschafter Israels in Usbekistan und Vizekonsul im israelischen Konsulat in Neuengland (USA).

Times of Israel, 1.2.2016, Newsletter der Botschaft des Staates Israel

1 Kommentar

  1. Die iranischen Karikaturen bauen auf auf europäischen, vor allem auf deutschen, Vorbildern.
    Dem „Jüdische Lexikon“ von 1927 war dieses Thema einen eigenen Lexikonartikel wert. Der bezieht sich noch allein auf europäische, antisemitische Karikaturen.
    http://www.hagalil.com/2014/01/judennasen/

    Ein ganz besonders übler heimischer antisemitischer Karikaturist ist Albert Reich gewesen, ein gebürtiger Oberpfälzer. Reichs Werke tauchen heute immer wieder auf Kunstauktionen auf und finden ihre Kunden. haGalil brachte vor nicht allzu langer Zeit Kostproben aus Reichs ‚Werk‘:
    http://www.hagalil.com/2013/11/zoeberlein/

    Wie stets, wenn es darum geht an Schlechtem festzuhalten, tat sich in Reichs Heimatstadt Neumarkt die CSU als Beschützerin des „ehrenden Andenkens“ an diesen ‚Künstler‘ hervor. Geradezu fanatisch wollten viele Neumarkter konservative Bürger an ihrer Albert-Reich-Straße festhalten, http://antifanm.blogsport.de/2010/11/20/albert-reich-strasse-wird-endlich-umbenannt/ bis es dann 2010 gelang (aufgrund veränderter Stimmverhältnisse) die Straße doch noch umzubenennen.
    Bis dahin hatten bayerische konservative Antisemiten nichts gegen einen Namenspatron einzuwenden gehabt, über den Wiki schreibt: „Reich war ein Nationalsozialist der ersten Stunde. Mit dem befreundeten Dietrich Eckart fertigte er Umschlagentwürfe für die Erstausgabe von Adolf Hitlers politisch-ideologische Programmschrift Mein Kampf an… Adolf Hitler verlieh ihm 1942 kurz nach seinem Tod in Anerkennung seines Schaffens den Professorentitel.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Reich_(Maler)

    Wer mit aller Berechtigung der Vernunft die antisemitischen Karikaturen des Iran kritisiert, sollte sich dessen bewusst sein, dass im Lande der Vorbilder der iranischen Karikaturen noch immer sehr viele Menschen leben (die CSU ist die große, seit ca. 60 Jahren mit Stimmenmehrheit regierende, Volkspartei der Bayern!), denen der Holocaust mindestens ebenso ‚wurscht‘ ist wie dem Mullah-Regime in Teheran.
    Bayern gilt als das antisemitischste Bundesland der BRD, gemäß einer Studie der Leipziger Universität von 2015
    http://www.sueddeutsche.de/bayern/mitte-studie-auslaenderfeindliche-einstellungen-in-bayern-weit-verbreitet-1.2423644
    sowie früherer Erhebungen der Friederich Ebert Stiftung (FES) aus den Jahren 2006 bis 2010.

    Leider sieht es bei den anderen deutschen Parteien in Sachen Judenhass ebenfalls schlecht aus, bedenkt man die (NS-)Vorgeschichte der Deutschen:

    Zitat:
    Von den wenigen NPD-Anhängern waren 85 Prozent unserer Gruppe der „Rechten“ zuzuordnen – was zeigt, dass diese Klassifizierung auch passend ist–, 15 Prozent den „Israelfreunden“ und kein einziger den „Palästinafreunden“.

    Die CDU-Anhänger teilten sich zu je einem Drittel in „Rechte“, „Israelfreunde“ und „Palästinafreunde“. Und bei den vier anderen hier vertretenen Parteien – SPD, FDP, Grüne, Linke –waren die „Palästinafreunde“ in der Mehrheit, am deutlichsten bei den Grünen mit 57 Prozent, gefolgt von der Linken mit 51 Prozent und dann der SPD und FDP mit je 45 Prozent.

    „Rechte“ gab es überdies mit 13 Prozent am wenigsten bei den Grünen-Wählern und mit 36 Prozent am meisten bei der CDU, bei den anderen jeweils um 20 Prozent. „Israelfreunde“ gibt es bei allen Parteien um die 30 Prozent.
    http://www.nachdenkseiten.de/?p=24581

    Iran und Deutschland in einem Boot. Wie lange noch?

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