Ein Gespräch mit Max Brym…
Interview von Reinhard Jellen und Georg Koch
Herr Brym, warum sind Sie Kommunist geworden?
Ich wurde als Sohn jüdischer Eltern geboren, was von Anfang an Konfliktpotentiale beinhaltete. Als ich mit 7 Jahren mit meiner Mutter von Altötting nach Waldkraiburg zog, dämmerte es mir, dass die Strukturen, die den Faschismus hervorgebracht haben, immer noch intakt waren. In Altötting war das nicht so deutlich. Bis 1970 pendelte ich zwischen Vater und Mutter zwischen Altötting und Waldkraiburg hin und her.
Sie wurden in Waldkraiburg mit Antisemitismus konfrontiert?
Ja. Das bereits in der Schule, als mich bestimmte Lehrer plötzlich nicht mehr mit Max, sondern mit Jenkerle angeredet haben. Als ich in der dritten oder vierten Klasse an der Tafel eine Aufgabe nicht lösen konnte, packte mich der Lehrer am Kopf und donnerte mich gegen die Wand. Als ich mir dann eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte, war sein Kommentar, dass die Juden wohl doch nicht so gescheit wären, wie es immer hieße.
Sie hatten also bereits in der Kindheit mehrfach Anlass, an der Verfasstheit der deutschen Gesellschaft zu zweifeln?
Ich hatte einen Vater, der zwar die Shoa überlebt, aber seine ganze Familie bis auf einen Bruder verloren hatte. Der hatte ein bis zweimal in der Woche Albträume, bei denen er das ganze Haus zusammen schrie. Später habe ich erfahren, dass er immer von Auschwitz träumte. Er konnte mir kaum etwas darüber erzählen, aber ich habe mich dann mit Literatur darüber beschäftigt. Das las ich neben der Kinder- und Jugendliteratur. Neben Robin Hood und Winnetou kam ich dann aus einem eher seltsamen Grund zu Rudi Dutschke. Ich war damals Muhammad Ali-Fan, der plötzlich nicht mehr boxen durfte und als ich meine Mutter fragte, woher das kam, erzählte mir meine Mutter, das sei so, weil er gegen den Vietnamkrieg wäre und verwies mich darauf, dass es in Deutschland leider keine Boxer gebe, die dagegen wären, aber Rudi Dutschke. Also habe ich angefangen, mir die Nachrichten etwas kritischer anzusehen und mir diese schwierigen marxistischen Wälzer beschafft, von denen ich erst einmal gar nicht viel verstanden habe. Was mir dann mehr geholfen hat, war eine Einführung in die marxistische Wirtschaftstheorie von Ernest Mandel.
Wie alt waren Sie damals?
Ich habe angefangen, solche Sachen mit 13 Jahren zu lesen, wobei ich nur sehr teilweise den Inhalt verstanden habe. Mit 15 habe ich dann einen über sechzig Jahre alten Mann in Burghausen kennen gelernt, der ehemaliger Widerstandskämpfer und damals DKP-Kreisvorsitzender war und mir sehr viel erzählen konnte. Er konnte mir auch erklären, was der Kapitalismus mit dem Faschismus zu tun hat.
Hat sich das bei Ihnen in einer politischen Praxis niedergeschlagen?
Zwei Tage nach meinem sechzehnten Geburtstag, das war 1973, bin ich in die DKP eingetreten. Für mich stand damals die DKP wie die DDR für ein anderes, besseres Gesellschaftssystem.
Gibt es ein Motiv bei Ihnen, nach dem Sie sich in ihrer politischen Praxis orientieren?
Was mich tief beeindruckt hat und was sich durch mein ganzes politisches Leben durchzieht ist der Satz von Marx, man solle „alle Verhältnisse umwerfen, in denen der Mensch ein unterdrücktes, beleidigtes, erniedrigtes, verlassenes und verächtliches Wesen ist“. Das ist ein Grundmotiv bei mir bis zum heutigen Tag geblieben. Dazwischen habe ich immer wieder versucht, an den verschiedensten Orten in verschiedenen Gruppen sozialistische Politik zu machen, wobei ich auch verschiedene Fehler gemacht habe. Aber das gehört eben zum Leben dazu.
Ich finde, dass Ihr Buch eine unterhaltsame Monographie des Scheiterns ist. Liegt dieses Scheitern an Ihnen oder an der politischen Situation in Deutschland?
Die Siebziger Jahre waren geprägt von einer Stimmung des revolutionären Optimismus. Es gab die verschiedensten linken Gruppierungen, die das unmittelbare Bevorstehen der Revolution weissagten. Da gab es z.B. die DKP, welche die DDR und Sowjetunion von Erfolg zu Erfolg schreiten sahen und die DDR – die sozialen Errungenschaften will ich nicht leugnen – einfach schön redeten. Dann aber lösten sich Ende der Siebziger Jahre beispielsweise die maoistischen Gruppen auf, weil die chinesische Führung so viele politische Kehrtwenden veranstalteten, dass sie mit den theoretischen Legitimationen jeweils gar nicht mehr hinterher kamen. Ende der Siebziger Jahre kam es zu einem Rückgang von dem, was man Klassenbewusstsein nennt. Es kam zu einem Rückgang der Streiks und seitdem gibt es eigentlich nur noch Konterreformen.
Haben sie eine Erklärung für diese Entwicklung?
Die Studentenrevolte war 1968, dann kam Willy Brandt aber um das Jahr 1975 ebbte die lange Welle des Aufschwungs innerhalb des Kapitalismus während der Kanzlerschaft Helmut Schmidts ab. Bis dahin hatte sich aber nicht nur die Konsumhaltung verändert, sondern auch die Haltung der Arbeiter: Bei vollen Auftragsbüchern mit Massenaktionen etwas durchzusetzen, ist halt etwas anderes als mit halbleeren. Mit der Wiederkehr der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus war diese rebellische Haltung weitgehend verschwunden. Und 1989, als der Real-Sozialismus kapitulierte, war dies eine Niederlage für die gesamte Linke, weil das Bewusstsein der Massen nicht mehr nach links tendierte, sondern sich einfach mit den Umständen abfand.
Hängt diese Entwicklung mit gewerkschaftlichen Fehlern zusammen?
Bis Mitte der Siebziger Jahre, also bis zum Einbruch der ersteren größeren Wirtschaftskrise, hat es oft bereits gereicht, wenn die Arbeiter mit Streik gedroht haben. Ende der Siebziger hätte man dann wirklich streiken müssen, aber die Gewerkschaften hatten zu diesem Zeitpunkt bereits den Grundirrtum der sozialen Partnerschaft ausgebaut, obwohl der Bildungsschwerpunkt der IG-Metall bis 1993 darin bestand, den Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital als prägend für die Gesellschaft nachzuzeichnen. Das wurde 1993 geschliffen, was fatal war, denn ohne diese Einsicht und Haltung macht man die Gewerkschaftler zu einer Abart von Versicherungsvertretern.
Das nächste Fiasko für die Linke war die rot-grüne Koalition der Regierung Schröder und Fischer…
Die Agenda 2010 konnte Schröder deshalb durchziehen, weil er Sozialdemokrat war. Er ging einfach auf den Gewerkschaftskongress und als Kritik gegen seine Politik aufkam, sagte er basta. Man stelle sich vor ein konservativer Bundeskanzler hätte so reagiert! Die Hartz IV-Gesetze konnten ohne großen gesellschaftlichen Widerstand nur die Sozialdemokraten durchsetzen. Das andere Fiasko war der Krieg im Balkan: Ein Joschka Fischer hatte es als ehemaliger Sponti doch viel leichter, den Kosovokrieg zu propagieren als ein konservativer Außenminister.
Der Kosovokrieg wurde mit falschen Rechtfertigungen geführt…
Hier gibt es Folgendes zu unterscheiden: Tatsächlich gab es in Jugoslawien eine Jahrzehnte währende Unterdrückung der Kosovo-Albaner. Dagegen begehrten die Kosovaren auf und dieser Widerstand wurde von der NATO instrumentalisiert. Dies aber nicht nur gegen die jugoslawische, sondern auch die kosovarische Seite, denn der Westen bemühte sich sofort, die UCK von linken Mitgliedern zu säubern, die vor dem Krieg innerhalb der UCK eine relevante Gruppierung darstellten. Der einzig reale Grund für die militärische Intervention war die Stabilität: Man traute es Milosevic einfach nicht mehr zu, in dieser Region für wirtschaftliche Stabilität zu sorgen, was hieß, die neoliberalen Reformen weiter durchzuführen, die er als Clinton des Balkans begonnen hatte.
Die serbischen Parteien waren nach Ihrer Darstellung nicht einheitlich. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, trifft das auch auf die UCK zu?
Die UCK hat als ausgesprochen linke Bewegung angefangen: Bis 1998 wusste die USA überhaupt nicht, um wen es sich bei der UCK eigentlich handelt. In dem Buch (Kosova-Kosovo) des damaligen EU-Beauftragten für den Balkan Wolfgang Petrisch beschreibt er folgende Szene: Der amerikanische Botschafter Hoolbroke kommt zu einem UCK-Kommandanten, von dem er annimmt er wäre ein islamischer Fundamentalist, stellt aber nachdem er sich die Schuhe ausgezogen hatte fest, dass sein Gegenüber Stiefel trägt und ein Enver Hodscha-Bild an der Wand hängt, weswegen es ihm erst einmal schwer fällt innerhalb der UCK eine verhandlungsbereite Gruppe zu identifizieren. Dazu musste aber erst die andere Gruppe ausgeschaltet werden. Dies wurde dann auch durchgezogen: Hunderte UCK-Kommandanten sind vor und während der NATO-Intervention verschwunden, aber nicht unbedingt deswegen, weil sie in militärische Einsätze gegen die serbische Armee eingebunden waren.
Zu dieser Zeit wurde Hashim Thaci auf die politische Bühne gehoben, der eigentlich in Den Haag als Kriegsverbrecher hätte angeklagt werden müssen, wo aber alle bis auf eine Person, die gegen ihn ausgesagt hätten, umgebracht wurden, weswegen der letzte verbliebene Zeuge die Aussage verweigerte und es zu keiner Verhandlung kam. Können Sie uns darüber etwas erzählen?
Die UCK-Repräsentanten um Hashim Thaci mutierten zu absoluten Kriminellen: Thaci war zu Beginn seiner politischen Karriere noch ziemlich jung und keiner in der albanischen Bewegung kannte ihn. Dann wurde im Kosovo mit Organen gehandelt und die Familie Thaci hat sich im Wesentlichen den Öl- und Benzinhandel im Kosovo unter den Nagel gerissen. Von der Normalbevölkerung wird die politische Landschaft im Kosovo bis auf eine Partei wie folgt charakterisiert: Die Thaci-Partei besitzt Öl und Benzin und der LDK gehören die Immobilien- und Bauwirtschaft. Von dramatischen Unterschieden braucht man hier also nicht zu reden, allerdings gibt es im Kosovo eine Opposition, die sich selbst als links definiert und eine Jugendbewegung darstellt.
Das Kosovo stellt sich mir dar als ein Pulverfass, wo der politische Gegner nicht unbedingt mit Glacéhandschuhen angefasst wird. Wie kommen Sie da rein?
Ich habe so etwas brotloses wie Philosophie studiert, konnte aber die albanische Sprache und als im Kosovo eine Stelle für internationale Gast-Dozenten ausgeschrieben wurde, war ich relativ konkurrenzlos, denn wer außer den Albanern spricht schon albanisch? So gab ich 8 Jahre dort Unterricht und stellte dabei fest, dass das Bedürfnis für Marxismus, einer alternativen Gesellschaftsform zu den gegebenen Realitäten höher ist als in Deutschland. Das Kosovo hat ja die jüngste Bevölkerung in ganz Europa, jeder Zweite ist unter 25 Jahren und diese jungen Leute politisieren sich jetzt, weil sie mit einem absolut neoliberalen Regime konfrontiert sind. Die Zwei-Klassen-Gesellschaft kann man dort mit dem bloßen Auge wahrnehmen: Hier ein Luxuslokal, ein teurer Wagen fährt vor, ein Mann mit einem Armani-Anzug steigt aus und fünf Meter weiter hängen einem bettelnde Kinder an der Hose. Die deutsche Politik, die EU und EULEX interessieren sich aber nicht für das soziale Gefälle, sondern für die Stabilität. Für sie ist die Welt in Ordnung, solange von dort aus keine Massenflucht einsetzt und nebenbei arbeiten sie auch mit den dortigen Kriminellen eng zusammen. Die beiden Großparteien sind eine große Koalition eingegangen und seitdem – im Dezember 2014 – setzte die Massenfluchtbewegung aus dem Kosovo ein, weil die Leute jegliche Hoffnungen auf soziale Veränderungen verloren haben. Ich glaube, dass es darum gehen muss, die einfachen Leute im Balkanraum wieder zusammen zu bringen, weil die Probleme in Serbien und im Kosovo die gleichen sind.
Ich nehme nicht nur im Nahen Osten ein stetige Verreligiösierung sozialer politischer Konflikte wahr, mit dem Aufkommen des Islam als reaktionäre Kraft, wie sehen Sie das?
Als Marxist bin ich Gegner jeglicher Religion und der Marxismus war immer auch religionskritisch. Religionskritik ist aber nicht nur gegen das Christentum gerechtfertigt und jüdische Fundamentalisten gerechtfertigt, sondern auch gegen islamische Fundamentalisten und den Koran in seiner Gesamtheit. Das ist für mich kein fortschrittliches und progressives Werk, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Das spiegelt sich auch in den Gesellschaften wider, in denen nach den Normen und Lehren des Islam geherrscht wird. Nicht umsonst hat man in Europa einmal eine bürgerliche Revolution gehabt, die in Teilbereichen den Einfluss der Religion zurückdrängte. Hier erleben wir im arabischen Raum soeben eine Art Konterrevolution oder ein konterrevolutionäres Produkt der Verzweiflung, in dem der Islam eine Renaissance erlebt, was ich nicht für gut befinden kann. Dessen Friedfertigkeit und Toleranz können z.B. Linksoppositionelle, die aus dem Iran kommen, überhaupt nicht bestätigen. Jede Art von Islamverteidigung trifft bei mir deswegen auf äußerstes Unverständnis.
Ist es möglich, dass eine in Deutschland doch recht marginalisierte Linke in Deutschland als Degenerationsmuster semantisch auf religiöse Formen zurückgreift, wenn sie die Welt in „gut“ und „böse“ unterteilt und meint, dass der Feind des Feindes ein Freund wäre?
Ein Linker lebt in einer bürgerlichen Gesellschaft nicht unter einer Käseglocke, sondern ist diversesten Einflüssen ausgeliefert. Ich habe kürzlich ein Buch eines französischen Soziologen gelesen, der die Wege des französischen Maoismus und Trotzkismus der 60er und Siebziger beschreibt und der Autor kam darauf, dass die Masse der Maoisten gewesene Jesuiten-Schüler waren, während sich die Führerschaft der trotzkistischen Gruppen in aller Regel aus ehemaligen Juden und Talmud-Schülern rekrutierte. Der Soziologe kommt zu dem Urteil dass die Loslösung der Maoisten vom Katholizismus nur sehr bedingt war, weil eben der relativ einfach gestrickte Maoismus religiöse Strukturen aufweist. Für den halbwegs gelehrten ehemaligen Talmud-Schüler, der mit dem Judentum nichts mehr zu tun haben wollte, war hingegen Trotzki attraktiver, weil er komplizierter als Mao war.
Ihre Autobiographie ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie sich ein Mensch immer ein richtiges Real-Ziel aussucht und immer wieder scheitert. Wo sehen Sie die Gründe für Ihr Scheitern? Liegt das an der deutschen Mentalität.
Nein. Hier liegt eine Realität vor. Die Menschheit hat über Jahrhunderte versucht, sich in die Lüfte zu heben und zu fliegen. Das Schneiderlein von Ulm galt dann bestimmten Theologen als der absolute Beweis, dass der Mensch nie fliegen können wird. Heutzutage haben wir eher das Problem, dass die Menschen zu viel fliegen. Bei sozialistischen Bewegungen sehe ich das ähnlich.
Sie blicken also nicht unoptimistisch in die Zukunft?
Meine Frau meint immer, ich wäre Berufsoptimist, womit sie auch recht hat. Andererseits hat Rosa Luxemburg 1900 geschrieben: Sozialismus oder Barbarei. Wenn ich mir die heutige kapitalistische Realität ansehe, erblicke ich mehrere apokalyptische Reiter: Die ökologische Krise auf dem gesamten Globus, die enorme Zunahme von Massenelend und man sieht Kriege immer näher kommen. Die Fragestellung ist also aktueller denn je.
Auch als Kommunist war Ihnen bewußt daß die Besonderheit der „jüdischen Frage“ darin nicht aufgehoben ist. Sie haben sich sowohl mit dem Antisemitismus und dem Umgang mit dem Holocaust in der postnazistischen deutschen Gesellschaft, aber auch mit dem Antizionismus und der Israelkritik der Linken kontrovers auseinandergesetzt, was Ihnen manche Anfeindung eingebracht hat. Schon früh verwenden Sie auch den heute geläufigen Begriff „Querfront“. Welche Erfahrungen haben Sie als Jude innerhalb der sozialistischen Bewegung gemacht und wie beurteilen Sie die linken Positionen beim Israel-Palästina-Konflikt?
Zunächst bleibt festzuhalten: Kritik an der israelischen Bourgeoisie und den verschiedenen bürgerlichen Regierungen Israels ist aus sozialistischer Sicht gerechtfertigt. Was allerdings schon lange auffällt ist, dass es eine seltsame Obsession innerhalb weiter Teile der deutschen Linken bezüglich Israel gibt. Internationalismus besteht bei vielen darin, nur Israel zu kritisieren. Was im Sudan oder in den Gebieten des IS passiert wird weitgehend ausgeblendet. Da stimmt doch etwas nicht. Es gibt auch jede Menge Rechtfertigungen für die antisemitische islamistische HAMAS. Völlig ausgeblendet wird die reaktionäre Deformation des palästinensischen Widerstands. Es ist absolut inakzeptabel wenn deutsche Linke, wie besonders im Jahr 2014 zu beobachten war mit deutschen und palästinensischen Antisemiten gegen den Staat Israel demonstrieren. Grundsätzlich lehne ich auch den erklärten Antizionismus ab. Die Frage des Zionismus „ Schaffung eines jüdischen Nationalstaates“ hat sich nach der Shoa erledigt. Wer nur Israel das Existenzrecht abspricht ist zumindest ein peripherer Antisemit. Zudem jeder halbwegs gebildete Antisemit, ist Antizionist. Im Antizionismus ist die Querfront angelegt. Die Querfront ist eine Strategie deutscher Nationalisten aus der Weimarer Republik. Die Strategie wurde von der neuen Rechten aktualisiert, um Linke nach Rechts zu ziehen. Aktuell ist diese Strategie ziemlich erfolgreich. In weiten Teilen der Linken wird eine reduzierte Kapitalismuskritik akzeptiert. Es ist bei vielen Linken gang und gäbe nur im spekulativen Finanzkapital und in den USA den Hauptfeind zu sehen. Der deutsche Imperialismus wird als tatsächlicher Hauptfeind ausgeblendet. Es ist Mode geworden Deutschland als Kolonie der USA zu betrachten. In der Konsequenz heißt dieser Ansatz eine Querfront mit rechten deutschen Nationalisten zu bilden. Diese Entwicklung war schon in den neunziger Jahren zu beobachten. Das Fallbeispiel war die Regierung Milosevic in Jugoslawien. Milosevic bildete Koalitionen mit den ehemaligen Nazikollaborateuren den serbischen Tschetniks sowie mit Königsanhängern. Ein Herr Elsässer befand schon damals diese Querfront in Serbien in linken Organen „ toll“. Das elementare Problem in der deutschen Linken ist oft das Fehlen von genauen Analysen. Es dominiert die katastrophale Logik: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“. Zudem wurde ich schon öfter zum UCK Agenten und Mossad Agenten in diversen linken Foren erklärt. Als Grund kann ich nur nennen, dass ich die Milosevic Begeisterung nicht mitmachte und gleichzeitig auf eine sozialistische Haltung zu Israel bestand, welche nicht automatisch die Hamas schönredet. Vielleicht genügt aber auch schon eine jüdische Abstammung um Mossad-Phantasien zu produzieren. Ich weiß es nicht.
Wenn es innerhalb der Linken mehr Menschen wie Max Brym geben würde, wäre diese nicht so nachhaltig politisch und moralisch verkommen, wie es seit mindestens den Siebzigern der Fall ist. Das heißt nicht, dass ich mich mit MB nicht über etliche seiner Aussagen und seiner politischen Position fetzen könnte, doch es stünden wenigstens keine unüberwindbaren Abgründe dazwischen.
Ein sympathisches Interview.
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