„Gemeinsam Feiern, Gemeinsam Siegen“

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Jüdische Musiktage in Südthüringen…

Judith Bar-Or

Am letzten Maiwochenende fand in den südthüringischen Orten Berkach und Meiningen eine Veranstaltung statt, an die sich alle Beteiligten – egal ob Aktive oder Gäste – noch lange tief beeindruckt erinnern werden: die jüdischen Musiktage. Eigeladen dazu hatten der Förderverein der Max-Reger-Musikschule Meiningen, der Freundeskreis jüdischer Musik mit der Hermann-Ehrlich-Stiftung i. Grabfeld in Kooperation mit der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen in Erfurt.

Der erste Teil der Festveranstaltung fand am Sabbath in der Berkacher Synagoge statt. Hier begrüßte einer der Organisatoren, Dr. Damian Stephan alle Anwesenden ganz herzlich. Er erläuterte eindrucksvoll das Motto des Festes: „Gemeinsam Feiern, Gemeinsam Siegen“. Es gehe bei der Feier nicht nur darum, des Endes des Zweiten Weltkrieges und damit auch der Schoah würdevoll zu gedenken, sondern auch darum, durch die Vorstellung der jüdischen Kultur und Religion, den Menschen der Region einen besseren Zugang zum Judentum zu ermöglichen, damit sie es kennen, begreifen und schätzen lernen imstande wären – der Weg über die Musik und das Gebet schien den Veranstaltern hierfür besonders angemessen zu sein.

Nach der Begrüßung stellte der ehemalige Lay Leader der US-amerikanischen Militärgemeinde in Franken, Rektor i.R. Israel Schwierz für alle Anwesenden einen jüdischen Morgengottesdienst vor. Da kein Minjan vor Ort war, machte er die Veranstaltungsteilnehmer mit dem Verlauf des Morgengebets bekannt, indem er die wichtigsten Gebete in Iwrith vortrug, die danach durch andere Beter in Deutsch gelesen wurden. Eine Thoravorlesung konnte auch nicht stattfinden, deshalb trug Schwierz in einer Predigt die Inhalte des Wochenabschnittes und der Haftara für alle gut verständlich vor, auch ging er kurz auf das am Abend des gleichen Tages beginnende Wochenfest (Schawuot) ein. Musikalisch umrahmt wurde das Morgengebet durch das Lied „Schalom Alejchem“, von Marcella Cagnetta-Stephan beeindruckend mit einer wunderbaren Stimme gesungen, während Kinder der Max-Reger-Musikschule mit Geige und Flöten die Lieder „Vihuda Leolam Teschev“ und „Beschouv Haschem“ spielten und damit das Publikum verzauberten.

Nach dem Gottesdienst und einem kleinen Imbiss fand dann ein mehrstündiges Konzert statt, geleitet und auf dem Klavier begleitet vom Direktor der Max-Reger-Musikschule Meiningen, Heiko Denner. Schüler, Lehrer, Eltern und Freunde der Musikschule bildeten Ensembles mit wechselnder Zusammensetzung und Instrumentalisierung, spielten gemeinsam ausgewählte weltliche sowie religiöse Stücke und gaben so ihren Gästen eine Kostprobe der Schönheit und Vielfalt jüdischer Musik. Zu hören war Samuel Barbers „Adagio for strings“ als Beispiel für ein klassisches Stück eines Komponisten mit jüdischen Wurzeln, das jedoch nicht als Beispiel für jüdische Musik gelten kann. Im Kontrast dazu Klassiker wie „Hevenu Shalom“, „Tumbalalaika“, „Wu is dos gessele“ und vieles mehr. Natürlich konnte Hava Nagila nicht fehlen, das sogar in zwei Versionen: „klassisch-jüdisch“ und „jazz-jüdisch“ in 7/8 Takt gespielt von der Jazzband der Musikschule. Hervorzuheben ist die große Hingabe und Begeisterung mit der musiziert wurde. Eine junge Cellistin sagte unmittelbar nach dem Konzert „Mama, ich vermisse jetzt schon das jüdische Konzert“. Ein Gefühl, dass sicherlich die meisten Anwesenden mit ihr teilten.

Jüdische Musiktage

Der zweite Tag der Musiktage war am Vormittag der Besichtigung steinerner Zeugnisse jüdischer Vergangenheit der Gegend – durchgeführt und erläutert durch Karl Tränhardt und Christoph Gann – gewidmet. Am Nachmittag in der Max-Reger-Musikschule in Meinigen waren dann wieder „Jüdische Kompositionen“ zu hören, meisterhaft gesungen und gespielt von den Künstlern Norico Kimura (Gesang), Elena Iossifova (Violine) und Heiko Denner (Klavier). Auch dieses Mal wurden die Besucher durch die Musik verzaubert.

Am darauf folgendem Montag in Berkach konnten dann Interessierte in zahlreichenden Veranstaltungen unter der wissenschaftlichen Leitung von Torsten Lieberenz einen tieferen Einblick in das Leben der Grabfelder Landjuden im 19. Jahrhundert gewinnen und am Abend – sozusagen zum Abschluss der Jüdischen Musiktage – in einem Konzert des Gesangs- und Instrumentalensembles unter der Leitung der langjährigen Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Fulda Frau Lealinde Weiland, die musikalisch-synagogalen Werke des ehemaligen Kantors Hermann Ehrlich in seiner früheren Wirkungsstätte, der Synagoge in Berkach, kennenlernen.

Drei Tage lang bemühten sich alle Aktiven der Jüdischen Musiktage in Südthüringen mit Herzblut, das Motto der Veranstaltung – Gemeinsam Feiern – Gemeinsam Siegen“ zu verwirklichen. Es ist bewundernswert, welche Anstrengungen sie auf sich genommen und wie sehr sie sich engagiert haben. Höchste Anerkennung gebührt allen Beteiligten, darunter Singh Khalsa für seine Gastfreundschaft, der Familie Stephan für ihre Organisationsarbeit, Heiko Denner und der Max-Reger-Musikschule, Frau Lealinde Weiland samt Ensemble, sowie allen Sponsoren, die sich um die Vorbereitung und Durchführung der Musiktage verdient gemacht haben. Es ist sehr zu hoffen, dass sie das sich gesetzte Ziel – durch Einsatz von Musik die Menschen mit dem Judentum bekannt zu machen – damit sie es schätzen und achten – erreichen werden. Es wäre wünschenswert, wenn eine solch‘ exzellente Veranstaltung irgendwann wieder stattfinden würde.