Die Faszination der Anführer/innen des französischen Front National (FN) für die derzeitigen Machthaber Russlands ist bekannt[1][2]. Dabei vermengen sich sicherlich Bewunderung für das machtpolitisch selbstbewusste Auftreten etwa gegenüber den USA, Begeisterung für die autoritäre Innenpolitik der russischen Machthaber – und für die Art und Weise, wie diese seit 1994 das „Moslemproblem“ in Tschetschenien ihrer ganz eigenen „Lösung“ zuführten…
Von Bernard Schmid, Paris
Nun kommt zu der Sache jedoch auch noch eine finanzielle Komponente hinzu. Denn wie sich in den letzten Tagen herausstellte, erhielt der Front National auch eine Finanzierung mit russischem Hintergrund. Allerdings nicht von den politischen Machthabern selbst und direkt, sondern mittels einer russischen Bank, und zwar der First Czech Russian Bank (FCRB), die heute durch den russischen Geschäftsmann Yakubowisch Popow kontrolliert wird. Es handelt sich um einen Bankier mit politischen Verbindungen, so hatte er bspw. im Jahr 2011 den Co-Vorsitz bei den offiziellen Feierlichkeiten zum fünfzigsten Jahrestag des sowjetischen Weltraumflugs von Yuri Gagarin inne – neben dem amtierenden Premierminister.
Diese Bank gewährte der französischen Partei nun einen Kredit in Höhe von neun Millionen Euro, von denen dem Vernehmen nach ein Anteil von zwei Millionen bereits ausbezahlt worden ist. Die Chose wurde durch einen Artikel des eher linken Online-Nachrichtenmagazins Mediapart vom Samstag, den 22. November 14[3] öffentlich und ging danach durch die ganze französische Presse. Marine Le Pen beruft sich darauf, sämtliche französischen Banken hätten ihrer Partei eben einen Kredit verweigert, und da habe man sich frisches Geld eben im Ausland gesucht. Die Vorsitzende des FN rechtfertigte sich daraufhin am Sonntag[4]. Und stellt die Dinge so dar, als handele es sich um ein rein finanzielles Kreditgeschäft und einen im Kern unpolitischen Vorgang.
Dabei wurde der Vorgang jedoch anlässlich eines hochpolitischen Besuchs der rechtsextremen Politikerin in Russland eingefädelt. Marine Le Pen hielt sich in jüngster Zeit zwei mal offiziell in dessen Hauptstadt Moskau auf, im Juni 2013 und im April 2014. Bei beiden Malen traf sie dabei (u.a.) mit dem amtierenden Parlamentspräsidenten Sergei Naryschkin zusammen, welcher ihr am 12. April 2014 ausdrücklich zum „guten Abschneiden“ der extremen Rechten bei den französischen Rathauswahlen von Ende März d.J. gratulierte. Doch wie Mediapart enthüllt, absolvierte sie noch eine weitere Reise, die nicht offiziell angekündigt wurde, im Februar dieses Jahres. Dabei traf sie mit dem Duma-Abgeordneten Alexander Michaoliwitsch Babakow zusammen – und in der Folge, schreibt das Nachrichtenmagazin, auch mit Wladimir Putin selbst. Aus diesem Anlass, so fährt der Bericht fort, sei das Kreditgeschäft eingefädelt worden. Also tatsächlich auf höchster Ebene.
Babakow ist als Berater von Russlands Präsident Putin für die Beziehungen zu den russischen Auslandsorganisationen befasst, und als Kommissionspräsident mit der Entwicklung der russischen Militärindustrie befasst. Er steht auf der Sanktionsliste der Europäischen Union.
Als französischer Mittelsmann diente dabei der elsässische FN-Funktionär Jean-Luc Schaffhauser, früherer Berater beim Rüstungsunternehmen Dassault (und ehemaliger Aktiver der bürgerlichen Rechten), welcher daraufhin auf den dritten Listenplatz des FN im Raum Paris bei den Europaparlamentswahlen vom 25. Mai d.J. gehievt wurde und nunmehr dem Europäischen Parlament angehört. Schaffhauser ist in jüngerer Zeit vielfach als Lobbyist der russischen Machthaber unterwegs gewesen. Er hat als Beobachter an der so genannten Volksabstimmung – unter russischer Kontrolle – auf der Halbinsel Krim am 16. März 14 sowie bei den Pseudo-Wahlen der Milizen „pro-russischer“ Separatisten in der Ostukraine am 02. November d.J. teilgenommen. Unabhängige Beobachter/innen oder internationale Presse waren dort nicht vertreten.
Beim Referendum auf der Krim im März dieses Jahres war noch ein anderer FN-Politiker mit dabei, Aymeric Chauprade, der nun seit Mai d.J. die Gruppe französischer FN-Abgeordneter im Europaparlament (die bislang fraktionslos bleiben) anführt. Chauprade ließ am Wochenende in der französischen Presse verlautbaren, er habe mit der Einfädelung des Kreditgeschäfts über neun Millionen Euro nichts zu tun, und die Kontakte Schaffhausers in Russland seien „nicht die seinen“. Was bedeutet – sofern es denn zutrifft -, schlussfolgert Le Monde, dass es mindestens zwei paralle und eventuell konkurrierende „pro-russische Netzwerke“ beim FN gebe.
[1] Siehe unter: http://www.antifaschistische-nachrichten.de/archiv/2014/ausgabe_8_2014/detail/artikel/putin-schlaegt-swoboda/
[2] Siehe hier: http://www.antifaschistische-nachrichten.de/archiv/2014/ausgabe_12_13_2014/detail/artikel/europaeische-rechtsextreme-versammeln-sich-mit-russischen-nationalideologen-fn-fpoe-ataka/
[3] Vgl. http://www.mediapart.fr/journal/france/221114/marine-le-pen-decroche-les-millions-russes
[4] Vgl. etwa http://www.lemonde.fr/politique/article/2014/11/23/marine-le-pen-justifie-le-pret-russe-du-fn_4528041_823448.html