Der Mord in der Züricher Erika-Straße

0
151

Erinnerung an einen ungeklärten Mord mit möglichem antisemitischen Hintergrund…

Lucius Teidelbaum

Erikastrasse Zürich

Die Aufdeckung der Mord-Serie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) und der daraus resultierende Gerichts-Prozess in München spült einige ungeklärte Mordfläche wieder an die Oberfläche der öffentlichen Aufmerksamkeit. Ob tatsächlich für jeden Mordfall mit möglichen rechten Hintergrund der NSU oder dessen späteren Mitglieder verantwortlich gemacht werden können ist fraglich. Trotzdem ist es sinnvoll bei ungeklärten Fällen noch einmal genauer hinzusehen. Als es um Spuren des NSU in die Schweiz ging, wurde in einigen Berichten auch an den bis heute ungeklärten Mord an Rabbiner Abraham Grünbaum 2001 in Zürich erinnert.

Der israelische Rabbiner Abraham Grünbaum war am 7. Juni 2001 in Zürich zu Fuß unterwegs in die Synagoge der orthodoxen Gemeinde „Agudas Achim“ an der Erikastrasse. In der Schweiz hielt sich der 70-Jährige auf, um hier Spenden für seine Talmudschule in Israel zu sammeln. Der Mörder schoss aus ein bis zwei Meter Entfernung zweimal in den Oberkörper des Rabbiners und traf ihn damit tödlich. Anschließend flüchtete der Täter, wurde dabei von einer Überwachungskamera gefilmt, doch die Qualität der Bilder reichte für eine Fahndung nicht aus. Außer zwei Patronenhülsen und Zigarettenstummeln fand die Polizei keine Spuren am Tatort. Die Hintergründe sind bis heute ungeklärt. Ein Raubmord scheidet aber aus, denn mehr als tausend Franken in bar steckten noch in der Tasche des Opfers.

Eine Begehung des Tatortes, verstärkt die Annahme, dass der Mord geplant war. Die Erika-Straße dürfte nicht länger als 300 Meter sein. Sie ist klein und grenzt sowohl an die Synagoge der orthodoxen Gemeinde „Agudas Achim“, als auch an einen koscheren Supermarkt. Es dürfte somit bekannt gewesen sein, dass sich in dieser Gegend viele Juden aufhalten.

Zuerich.Erikastrasse.Googlemps.Screenshot

Zurück bleiben viele Fragen. Spielte Antisemitismus eine Rolle? War der Rabbiner ein gezieltes Opfer oder wurde er ausgewählt, weil er als Jude äußerlich erkennbar war?

Das in Zürich Juden nachweisbar aus antisemitischen Motiven schon auf offener Straße angegriffen wurden, zeigt ein Fall aus dem Jahr 2008, der in der Chronologie „Rassismus in der Schweiz“ Ausgabe 2008 der „Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz“ (GMS) und „Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus“ (GRA) aufgeführt wird. Dort heißt es:

„Zürich ZH, 12. Februar 2008

Ein 60-jähriger Jude wird von einem unbekannten jungen Mann auf offener Straße mit dem Messer angegriffen, dies mit den Worten »I have to kill Jews« (Ich muss Juden töten). Das Opfer erleidet leichte Verletzungen am Hals und kann den Angriff abwehren.“

Ein antisemitisches Mordmotiv liegt nahe, ist aber bisher nicht beweisbar. Spekuliert man unter der Annahme eines antisemitischen Motivs weiter, dann kämen als Täter vor allem zwei Gruppen in Frage: Extrem rechte Antisemiten und islamistische Antisemiten. Zur letztgenannten Kategorie gehörten auch die Täter des Vierfach-Mordes in Toulouse im März 2012 und im Mai diesen Jahres in Brüssel…