Neues Denkmal in Würzburg

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Ende November wurde im Innenhof des Juliusspitals in Würzburg ein Denkmal enthüllt, das auch an die Existenz des Friedhofes der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde in Würzburg erinnert…

Von Israel Schwierz

Die Skulptur, vom Kleinrinderfelder Künstler Josef Grimm geschaffen, besteht aus drei ineinander gehenden Teilen: einem Quader, der das Juliusspital symbolisieren soll, einem Ring, der auf dessen Gründer, den Fürstbischof von Würzburg und Herzog von Franken, Julius Echter von Mespelbrunn hinweisen soll und einem jüdischen Grabstein, der an einen Friedhof erinnern soll. Auf dem Grabstein kann der Betrachter die folgende Inschrift erkennen:

„AB 1147 JÜDISCHER FRIEDHOF
1576-80 BAU DES JULIUSSPITALS DURCH JULIUS ECHTER
HEUTE GROSSE SOZIALE STIFTUNG“

NEUES DENKMAL ERINNERT AUCH AN DEN MITTELALTERLICHEN JÜDISCHEN FRIEDHOF DER STADT WÜRZBURG

Wer die Skulptur jetzt betrachtet erkennt, dass durch sie ganz offensichtlich auf einen Widerspruch hingewiesen werden soll. Dies ist in der Tat auch der Fall. Der Widerspruch besteht in der Person des Fürstbischofs, nach dem heute noch in ganz Franken Straßen, Plätze, ja sogar ein Gymnasium benannt sind , ebenso wie eine Vielzahl von Türmen katholischer Kirchen – die sog. „Echtertürme“. Für viele Menschen war und ist der hohe geistliche Adelige ein großer Bischof, Bauherr und Verwaltungsreformer, in dessen Regierungszeit neben zahlreichen Renaissancebauten auch das an der jetzigen Juliuspromenade (mit einem Denkmal des Bischofs in der Mitte) liegende Juliusspital, ein Hospital für seine kranken (katholischen) Armen und Waisen von 1576 bis 1580 erbaut wurde – das heute eine ganz bedeutende soziale Stiftung in der Stadt Würzburg ist. Sein Grabmal ist im Würzburger Dom zu finden.

Aber es gibt auch eine sehr negative Seite des Fürstbischofs: er ging im Laufe seiner Regierungszeit unbarmherzig und mit größter Härte und Brutalität gegen alles vor, was nicht in sein von fanatischem Katholizismus geprägtes Weltbild passte. Dazu gehörten in erster Linie die in seinem Staat lebenden Juden: Er vertrieb sie aus Würzburg, zerstörte damit die jüdische Gemeinde und konfiszierte den gesamten jüdischen Grundbesitz, auch das Terrain des 1126 rechtmäßig erworbenen jüdischen Friedhofs an der Pleich. Die Grabsteine des 1126 – 1346 genutzten Friedhofs waren zwar bereits Mitte des 14. Jahrhunderts abgeräumt und zum Bau des nahegelegenen Markusklosters verwendet worden, die Toten ließ man aber offensichtlich in Ruhe, denn noch 1450 zahlte die damalige jüdische Gemeinde 300 Goldgulden, um „den Judengarten“, wie der abgeräumte Friedhof hieß, als Kultstätte zu erhalten. Obwohl das Land „auf ewige Zeiten“ gekauft worden war, enteignete es der Fürstbischof 1576, ließ den Friedhof zerstören und auf seinem Grund das heutige Juliusspital errichten. So kann man feststellen, dass die Gründung des Juliusspitals eigentlich – heute gesehen – eine herzlose, schändliche und zutiefst unchristliche Tat des Fürstbischofs war.

Aber nicht nur gegen die Juden ging der hohe Geistliche erbarmungslos vor: er führte im Hochstift Würzburg auch die Gegenreformation mit großer Härte durch und vertrieb fast alle konversionsunwilligen Protestanten aus seinem Herrschaftsbereich. Unter seiner Herrschaft erlebten auch die Hexenprozesse in Würzburg einen ersten sehr üblen Höhepunkt.

Das neue eiserne Denkmal ist tatsächlich ein Novum in Würzburg: es zeigt den einstigen Fürstbischof von Würzburg und Herzog in Franken nicht nur von seiner guten Seite – als Gründer einer heute sehr segensreichen großen sozialen Stiftung, sondern auch von seiner total anderen – als unbarmherzigen, die religiösen Gefühle von Menschen anderer Religionszugehörigkeit total missachtenden Despoten, für den Toleranz ein Fremdwort war. Dafür, dass sich die für das Denkmal Verantwortlichen zu diesem mutigen Schritt entschlossen haben gebührt ihnen Dank und Anerkennung aller, denen der ehrliche Umgang mit der Geschichte ihrer Heimat etwas bedeutet.

1 Kommentar

  1. Danke für diesen Beitrag.

    Es sei mir gestattet nicht ganz der Meinung des Autors zu sein. Es ist einfach zu wenig, was die Verantwortlichen hier zur Richtigstellung der bayerischen Judengeschichte leisten.

    Wie wenige Franken werden die Denkmals-Inschrift lesen und noch weniger sie deuten bzw. in ihrem höchstpersönlichen Geschichtsbild korrekt einordnen können!

    Sämtliche bayerische Geschichts- und Schulbücher gehören einer Revision durch echte Fachleute und nicht durch verblendete Regionalpatrioten (wie bisher) unterzogen und die Minderheitengeschichte (Protestanten, Juden, Sinti, Homosexuelle, Hexen) nachgetragen. Bestes Negativ-Beispiel wäre das aktuellste und populärste bayerische Geschichtsbuch der Gegenwart „Geschichte Bayerns“ von Wilhelm Volkert, C.H.Beck Verlag, München 2001.

    Die höchst intolerante Judengeschichte Bayerns von vor dem 19. Jh. wird vollkommen ausgeblendet, Bayerns Schuld am Dritten Reich nur kryptisch angedeutet, Sinti und Roma werden nur als Opfer des Dritten Reiches und als Einzugliedernde nach 1945 genannt, kein Wort über die einzigartige, sechs Jahrhunderte währende, bayerische Intoleranz gegenüber Sinti (später auch Roma), kein Wort über die von der Kirche gedeckte oder sogar geförderte Verfolgung von Lesben und Schwulen, kein Wort davon, dass Bayern besonders viele Frauen als Hexen hingerichtet hat bzw. noch bis in die zweite Hälfte des 18. Jh. (!) hinrichten ließ, viel zu wenig zur grausamen und blutigen Verfolgung der Protestanten im katholischen Bayern, nicht ein Wort über die ungeheure Schuld, die die katholische Kirche auf sich geladen hat, indem sie, stets im Sinne der Mächtigen, nicht mäßigend, sondern hetzerisch, gewirkt hat.

    Wie sollen Bayern je aus ihren Verbrechen der letzten 1000 Jahre lernen, wenn sie keine Gelegenheit bekommen diese in ihrem gesamten Umfang kennen zu lernen?

    Herr Schwierz hat mit seinen hochwertigen Publikationen bereits sein Möglichstes getan zur Aufklärung der Bayern über die einheimische Judengeschichte. Das erkenne ich auch dankbarst an.

    Aber, gehen Sie doch mal aufs Land, egal ob nach Lauf bei Nürnberg, oder nach Landshut/Ndb., oder nach Berchtesgaden/Obb.! Reden Sie mit den Menschen (nicht mit den Akademikern, obwohl auch die…) und Sie werden feststellen, dass immer noch Opas und Omas Erzählungen aus dem Krieg, vom eigenen Leid, von der eigenen Not, vom Unrecht durch andere (amerikanische und britische Bombenangriffe), von der Schuld der anderen („ja, des muass ma scho sogn, auch vo dene Juddn, de warn vielleicht bees, wias vo de Kazets ausse kemma han…“), das Basiswissen der dortigen Menschen darstellen und dass echtes Wissen gegen Null tendiert.

    Gefragt ist der Staat (lächerliche Selbstdarsteller-Politiker sollten aufhören den Menschen nur populistischen Kram zu servieren, sondern besser die Bürger ernst nehmen!), die Kirchen (vor allem die katholische hat noch so viele unbestattete Leichen in ihrem Keller), die Schulen, die Medien, jeder einsichtige Einzelne von uns…

    Danke an haGalil, für die Möglichkeit Bildung zu erwerben und Raum für Diskussionen zur Verfügung zu stellen!

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