Die Entdeckung von hochgiftigem radioaktiven Polonium in Arafats Wäsche wirft zunehmend Fragen auf…
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 6. Juli 2012
Der israelische Experte Ely Karmon für chemischen, biologischen und radiologischen Terror beim Interdisciplinary Center in Herzliya behauptet, dass die Halbwertzeit von Polonium bei 138 Tagen liege. Doch Suha Arafat hat Kleidungsstücke Arafats vor acht Jahren mitgenommen und im Tresor ihres Rechtsanwalts aufheben lassen. Nach so langer Zeit könnten unter keinen Umstände so hohe Polonium-Spuren erhalten geblieben sein, wie das Schweizer Labor in Lausanne gefunden habe: 54 millibecquerel (mBq) und sogar 180 millibecquerel auf seiner Unterhose.
Karmon sagt, dass jemand in jüngerer Zeit die Wäschestücke Arafats mit dem Gift versetzt haben müsse. Zudem wäre Suha selber zu Tode gekommen, wenn sie damals Arafats Kleidungstücke mit derart hohen Poloniumwerte berührt hätte.
Eine französische Zeitung, Le Figaro, hatte in dieser Woche zudem veröffentlicht, dass die Krankheitssymptome bei Arafat kurz vor seinem Tod in einem Pariser Krankenhaus nicht zu einer Polonium-Vergiftung passten.
Genaueres lässt sich dazu allerdings nicht sagen, solange der 558 Seiten lange Krankenbericht der Ärzte, die Arafat 2004 in Paris behandelt hatten, auf Bitten der Witwe und der palästinensischen Autonomiebehörde unter Verschluss gehalten wird. Und weil es keine Klarheit über die wahre Todesursache Arafats gibt, kommen seitdem immer wieder Gerüchte auf.
Einerseits wird behauptet, dass die Israelis ihn vergiftet hätten. Das wäre im Falle einer Polonium-Vergiftung „erwiesen“, weil dieses Gift nur zugänglich sei für Staaten mit Atomreaktoren. Dann wieder heißt es, dass seine Todesursache geheim gehalten werde, weil er unter AIDS gelitten habe.
Die Möglichkeit, dass er eines natürlichen Todes, etwa wegen Leukämie verstorben sei, diene der palästinensischen Seite nicht, weil sich so sein Tod nicht politisch nutzen lasse.
Arafat lebte bis kurz vor seinem Tod in der von den Israelis umzingelten und belagerten Mukata, seinem Hauptquartier in Ramallah. Mitarbeiter des damaligen Ministerpräsidenten Ariel Scharon wurden zuerst vom spanischen Regierungschef Javier Solana über den kritischen Gesundheitszustand informiert. Doch der israelische Premierminister entschied, Arafat nicht ins Ausland entkommen zu lassen, auch nicht zwecks ärztlicher Behandlung. Dann erhielten die Israelis einen weiteren Anruf, von einem hochrangigen palästinensischen Beamten: „Arafat hat nur noch wenige Wochen zu leben.
Falls er in der Mukata stirbt, werden Sie (die Israelis) dafür verantwortlich gemacht, und sein Tod wird Sie verfolgen, so wie die Christen Sie 2000 Jahre lang für das Töten von Jesus beschuldigt haben.“ Gemäß einem Bericht bei Arutz Scheva habe diese Nachricht die Israelis bewogen, Arafat mit einem jordanischen Hubschrauber nach Amman und von dort nach Paris ausfliegen zu lassen.
Gemäß israelischen Quellen habe sich Arafats Zustand im Percy Hospital in Paris zunächst gebessert, bis die französischen Ärzte beschlossen hätten, Arafats Blut mit Spenderblut völlig auszutauschen. Arafat sei ins Koma gefallen, nie wieder aufgewacht und am 11. November 2004 gestorben. Gemäß dem Bericht bei Arutz Scheva hätte der israelische Mossad keine Einwände gegen eine Veröffentlichung des Krankenberichts, weil es die Angst in der arabischen Welt vor dem Mossad, also seine Abschreckung nur stärke.
Allerdings dementieren sämtliche israelische Sprecher, auch nur die geringste Verantwortung für Arafats Tod zu tragen. Die Franzosen hätten jedoch Bedenken, weil ihren Ärzten eine falsche Behandlung Arafats vorgeworfen werden könnte.
Es mangelt nicht an Verschwörungstheorien rund um Arafats Tod und seiner vermeintlichen „Vergiftung“. Dabei war es damals überhaupt kein Problem, sich Arafat zu nähern oder ihm gar Gift in die Suppe zu schütten. Seine Personenschützer baten Journalisten nur, ihr Handy abzuliefern, nachdem der israelische Mossad den Erzterroristen Jehie Ajasch im Gazastreifen mit einem Sprengstoff gefüllten Handy gezielt getötet hatte. Arafats Leibwächter warfen keinen Blick in mitgebrachte große Taschen, in denen man unbemerkt sogar Handgranaten oder eine Pistole in den Saal bringen können, in dem das Treffen mit Arafat stattfand. Der Palästinenserführer hatte zudem die eigentümliche Angewohnheit, seine Speisen und sogar seine Suppe mit Gästen zu teilen.
Die Autonomiebehörde hat inzwischen erklärt, dass sie die Überreste Arafats zwecks Autopsie exhuminieren wolle. Chefverhandler Saeb Ereket sagte, dass das nur Sinn mache, wenn eine internationale Kommission an den Untersuchungen beteiligt werde. Die Hamas in Gaza hat eine Untersuchung der Leiche Arafats gefordert, weil sich dann herausstellen werde, dass er von seinen eigenen Leuten, also der heute von Mahmoud Abbas geleiteten Autonomiebehörde ermordet worden sei. Denn die habe die Verantwortung für die Sicherheit Arafats getragen.
Arafats Sarg aus seinem Grab zu holen, dürfte kein großes Problem sein, denn zur Zeit wird sein Mausoleum wieder einmal umgebaut. Das Grabmal war zunächst ein Glaskasten, ein Holzverhau und dann ein Monument mit Wasserteich. Zur Zeit ist sein Grabmal wieder eingerüstet und für Pilger nicht zugänglich. Die Umbauten von Arafats Grabmal wurden zeitweilig mit EU-Geldern finanziert.
(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com