Vorwort aus dem Begleitheft zu Edelweißpiratenfestival 2005…
Natürlich hatten wir schon von den Edelweißpiraten gehört, zumindest von jener handvoll Ehrenfelder Jugendlicher, deren tragische Geschichte alle Jahre wieder zu verbissenen Diskussionen führte. Als wir dann aber die Fotos im NS-Dokumentationszentrum sahen – dutzende fröhlicher, adrett gekleideter Naturburschen und -mädels, die sich in malerischer Umgebung zumeist um Gitarren scharten – spürten wir: Hier klafft eine mekwürdige Lücke in unserem Geschichtsbild.
Wenig später bekommen wir im Rahmen des Edelweißpiraten-Musikprojekts die Gelegenheit, einige dieser Jugendlichen kennen zu lernen, gut 60 Jahre älter, aber scheinbar ebenso fröhlich, kämpferisch und sangesfreudig wie auf den alten Fotos. In die Gespräche über Ihre Lieder mischen sich immer wieder Anekdoten, romantische und freche, dann zunehmend dramatischere, verzweifelte. Sie wollen keine Helden gewesen sein, sie hätten nur getan, was normale Jugendliche eben so tun: Singen, flirten, raus in die Natur ein bisschen Freiheit genießen. Und sich wehren, wenn sie angegriffen wurden von den Hitlerjugendbanden.
Nicht wenige zahlten einen hohen Preis für ihre jugendliche Zivilcourage: Gestapohaft, Folter, Arbeitslager. Und nach dem Krieg, statt Dank und Trost, pauschale Diffamierung und kollektive Verdrängung.
Doch die Geschichte der Edelweißpiraten und anderer naziresistenter Jugendgruppen ist noch nicht zu Ende. Immer noch sind viele Überlebende unter uns und freuen sich, wenn ihr Bild endlich zurechtgerückt wird: Raus aus dem Orkus der Geschichte, rein in die Parks und in die Herzen all jener, die lieber freche Lieder singen als mit dem Strom zu schwimmen.
So hat sich denn im Jahre 2005 nach und nach ein Festivalensemble formiert, um nach Edelweißpiratenart in lauschigen Parkwinkeln zu musizieren. In seiner Vielfalt – Musikanten von Mexiko bis Bulgarien, vom Kindergartenchor bis zur Latin Combo – steht es auch für die Ideale jener friedliebenden Piraten, für ihr Fernweh und ihre Sehnsucht nach einer offeneren, gerechteren Heimat.
Jan Ü. Krauthäuser für das Festival-Team
Film zum Thema: Edelweißpiraten in Köln-Ehrenfeld
Os „Piratas“ da resistência
Von Navajos und Edelweißpiraten – Unangepasstes Jugendverhalten in Köln 1933 – 1945
[…] Freischar), Jörg Seyffarth („plauder“, vom Zugvogel) und Jan Krauthäuser (aus dem Team des „Edelweißpiraten-Festivals“, das seit 2005 jedes Jahr in Köln stattfindet). Viel Arbeit steckt in dem Buch, aber die Mühe […]
Kommentarfunktion ist geschlossen.