Was macht eine Stadt zur Hauptstadt des Tanzes? Darüber grübelt Jean-Paul Montanari in der Einleitung zum Programm des internationalen Tanzfestivals in Montpellier, das heute eröffnet wird…
Der Festivalleiter, der in den letzten drei Jahrzehnten das Festival zu einem der wichtigsten Tanzereignisse im jährlichen Tanz-Kalender gemacht hat, nennt eine Reihe von Kriterien, die zur Beantwortung der Frage herangezogen werden sollen und dekliniert sie an den Beispielen New York, Paris und Brüssel in den verschiedenen Perioden der Geschichte durch, um am Ende zu einem Ergebnis für die Gegenwart zu kommen: Tel Aviv.
Er führt aus: „Ein wichtiger Künstler mit internationaler Reputation (Ohad Naharin), eine Stätte, wo Tanz unterstützt und bekannt gemacht wird (das Suzanne Dellal-Zentrum mit seinem Leiter Yair Vardi) und verschiedene Companies, die dort tätig sind.“ Montanari, der Wert darauf gelegt hat, die „International Exposure“ zu besuchen, die jedes Jahr in Tel Aviv stattfindet, hat sich also entschlossen, dem diesjährigen Festival einen Israel-Schwerpunkt zu geben.
Foto: Tully Chen
Drei im Ausland lebende Israelis nehmen am Festival teil. Emanuel Gat ist in Istres tätig, nicht weit von Montpellier entfernt. Er wird seine neue Arbeit „Brilliant Corners“ vorstellen, ein Stück für zehn Tänzer, dessen Name sich auf den Namen eines Albums der Jazz-Legende Thelonious Monk von 1957 bezieht. Die Musik Monks kommt in dem Stück nicht vor, Gat betont jedoch, dass vieler ihrer Aspekte indirekt in die Choreographie eingeflossen sind.
Hofesh Shechter, der mit seiner Company in Großbritannien sehr erfolgreich ist, wird das Festival mit seiner letzten Arbeit „Political Mother“ beschließen. Die Arbeit wurde hochgelobt, im Daily Telegraph wurde er als „audio-visuelles Wunder“ bezeichnet. Das Stück, zwölf Tänzer, die von zwanzig Trommlern und Gitarristen begleitet werden, wurde bereits überall auf der Welt gezeigt.
Auch Yuval Pick, der bereits seit fünfzehn Jahren im Ausland tätig ist, ist dabei. Pick wurde vor kurzem vom französischen Kulturminister zum Direktor des Centre Choregraphique National in Rillieux-la-Pape bei Lion ernannt. Beim Festival stellt er seine Arbeit „Score“ vor, ein Stück für drei Tänzer, das von Sound-Schnipseln in verschiedenen Sprachen begleitet wird, die Pick bei einem Aufenthalt in Israel aufgezeichnet hat.
Ein weiterer herausragender Teilnehmer ist Barak Marshall. Der in Los Angeles geborene Sohn der bekannten Tänzerin Margalit Oved kam erst in Israel zum Tanz. Von 1999 bis 2001 war er Hauschoreograph der Batsheva Dance Company, bevor seine Karriere durch eine Verletzung für viele Jahre unterbrochen wurde. Das Festival zeigt zwei Arbeiten, die nach seiner Rückkehr zum Tanz vom Suzanne Dellal-Zentrum produziert wurden.
Auch unabhängige israelische Künstler präsentieren ihre Arbeiten auf dem Festival, so z.B. die Performance-Künstlerin Tamar Borer, die nach einem Verkehrsunfall querschnittsgelähmt ist und einen einzigartigen Tanzstil entwickelt hat. Sie stellt ihre vielbeachtete Arbeit „Ana“ vor.
Haaretz, 22.06.11, Newsletter der Botschaft des Staates Israel