„Umweltschutz ist nicht grün“

0
20

Das rechtsextreme Magazin »Umwelt & Aktiv« versucht, Ökologie und Heimatschutz zu verbinden, und beruft sich dabei unter anderem auf den ehemaligen Grünen Baldur Springmann…

Von Andreas Speit
Jungle World v. 19. Mai 2011

»E10 Boykott – Agrosprit schadet Mensch und Klima« oder »In den USA verboten – in Deutschland erlaubt: der Anbau von genmanipulierten Zuckerüben«. So und ähnlich lauten die Überschriften, unter denen sich die Zeitschrift Umwelt & Aktiv mit ökologischen Themen auseinandersetzt. Ein gewöhnliches Magazin für Umwelt- und Tierschutz? Auf der Website der Redaktion heißt es: »Wir werden nicht länger jenen Menschen das Thema Umweltschutz und Naturschutz überlassen, denen gar nichts an der Heimat liegt«, denn »Umweltschutz ist nicht grün«. Christoph Hofer, Redakteur der Zeitschrift, war früher NPD-Bezirksvorsitzender in Niederbayern und Kreisvorsitzender in Rottal-Inn.

2007 ist das im bayerischen Traunstein produzierte Magazin erstmals erschienen. Im Interview mit der NPD-Monatszeitung Deutsche Stimme fasste die leitende Redakteurin Laura Horn die Intentionen zusammen: »Es stimmt, dass es eine Vielzahl von Umweltmagazinen gibt, doch mit Sicherheit derzeit nur eine Zeitschrift wie U&A.« Diese sei »die einzige Umweltzeitschrift aus dem konservativen (…) Spektrum«. Der »Schutz der Natur«, mahnte Horn, beginne »vor Ort, in den heimischen Wäldern, Bergen, Seen und Stränden, kurz: in der Heimat«. Im Interview mit der National-Zeitung des DVU-Gründers Gerhard Frey klagte sie außerdem darüber, dass diverse Tierschutzorganisationen »in linksradikale Gefilde abgedriftet« seien, und unterstrich ihre Absicht, »endlich eine Umweltzeitschrift aus dem rechtskonservativen Lager« auf dem Markt zu etablieren. Mittlerweile hat sich das Heft, das vom Verein Midgard e.V. getragen wird, zu einem einflussreichen rechtsextremen Öko-Magazin entwickelt, das Umwelt- und Tierschutzthemen mit der Forderung nach Brauchtumspflege und Heimatschutz verbindet.

Gleich in der ersten Ausgabe des vierteljährlich erscheinenden Magazins hat sich Horn über das Schächten geäußert. Mit Blick auf Juden und Muslime fragte sie: »Darf man das betäubungslose Töten in der BRD nicht strikt verbieten, weil man sonst unter Rassismusverdacht gerät?« Der Orient kenne schließlich auch andere »religiöse Bräuche«, die in die Bundesrepublik »importiert« werden könnten, »damit sich alle Migranten wie zu Hause fühlen«: die »Genitalverstümmelung«, den »Schleierzwang«, das »Auspeitschen« oder das »Steinigen«. Es sei an der Zeit, »diesen als Religionsfreiheit deklarierten Diaspora-Romantik-Reibach abzuschaffen«. Diese Aussagen zeugen nicht einfach von dem »Konservatismus«, den Horn für sich in Anspruch nimmt. Vielmehr nehmen sie die Kritik der völkischen Bewegung am Schächten wieder auf, die sich schon um 1871 für Umweltschutz, gesunde Ernähung, artgerechte Tierhaltung und Brauchtumspflege im Dienste des »deutschen Volkes« eingesetzt hatte.

Nicht in allen Artikeln von Umwelt & Aktiv klingen solche völkisch-rassistischen Töne an. Das Magazin bemüht sich, seine ideologische Orientierung nicht allzu offensichtlich werden zu lassen. Interne Mails der NPD offenbaren jedoch zur Genüge, dass nicht nur Christoph Hofer ein ehemaliger Funktionär der Partei ist. Sie belegen auch, dass »Laura Horn« das Pseudonym von Berthild Haese ist, der Frau des langjährigen NPD-Kaders Peter Haese. Am 28. Oktober 2000 kündigte sie gegenüber der sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Gitta Schüßler an, ihre Artikel »mit dem Pseudonym ›Laura Horn‹« zu unterzeichnen. Auch Peter Haese ist eng in die redaktionelle Arbeit eingebunden. Mehrfach bat ihn seine Frau in Mails, ihre Texte zu überarbeiten. Im Haus der Haeses in Eggenfelden fand überdies am 14. Januar 2011 ein Redaktionstreffen statt.

Auch eine andere Mitarbeiterin von Umwelt & Aktiv zieht es vor, im Hintergrund zu bleiben: Bente Strauch. Sie betreibt den Versand des Magazins vom schleswig-holsteinischen Martensrade aus. Im Angebot sind Ökoprodukte und szenetypische Literatur wie Baldur Springmanns Buch »Bauer mit Leib und Seele«. Der 2003 verstorbene Landwirt, der 1978 Mitbegründer der »Grünen Liste Schleswig-Holstein« war, avancierte zur rechten Öko-Ikone, nachdem er die Partei wegen »Blut-und-Boden-Positionen« hatte verlassen müssen. Schon in der zweiten Ausgabe von Umwelt & Aktiv wurde Springmann als »Urvater der grünen Bewegung« gefeiert, der sich für die »Art­erhaltung von Flora und Fauna« und die »Vielfalt der Menschen und Völker« eingesetzt habe. »Er wollte keine Vermengung, keine Überfremdung«, hieß es dort: »Es kann nur Unglück bringen, wenn wir uns von fremdartigen Ideologen nomadische Verhaltensweisen aufschwatzen lassen.« Strauch, die bei der inzwischen verbotenen »Heimattreuen Deutschen Jugend« aktiv war, hat beim Versand von Umwelt & Aktiv auch Bücher wie »Die Nahkampfschule«, eine »praxisbewährte Ausbildungsanleitung« für den militärischen Nahkampf, im Angebot. Für ihren Versandhandel soll die mehrfache Mutter und Krankenschwester sogar an ihrer Arbeitsstelle im Kieler Lubinus-Clinicum geworben haben. Betriebsrat und Klinikleitung wurden informiert, Strauch tat ihre politische Tätigkeit jedoch als »Jugendsünde« ab. Bis heute verantwortet sie den Versand von Umwelt & Aktiv.

Ende 2010 offenbarte die Titelseite des Magazins, dass die Redaktion Heimatschutz auch als geschlechterpolitische Aufgabe versteht. Auf schwarzem Untergrund prangten in Weiß die Symbole für Mann und Frau, ergänzt um die Worte: »MenschenInnen – das neue Geschlecht«. Auf der Website wurde zugleich vor dem »Umerziehungsprogramm ›Gender Mainstreaming‹« gewarnt. In der Ausgabe schreibt Bettina Rauch: »Das Gros der Frauen fühlt sich zu ›weiblichen‹ Berufen und Aufgaben naturgemäß stärker hingezogen. Ebenso verhält es sich natürlich umgekehrt. Die über Jahrtausende hinweg im Erbgut verankerten Verhaltensmuster werden von ›GM‹-Befür­wor­tern komplett ignoriert.«

Mit Umwelt & Aktiv, so heißt es in der Satzung von Midgard e.V., solle auf bestehende Umweltorganisationen Einfluss genommen werden. Die angemessene Skepsis löst das Magazin in der Umwelt- und Tierschutzszene offensichtlich wirklich nicht immer aus. Längst nicht alle Interviewpartner kommen aus der rechten Ökoszene.