David Grossman und der israelische Präsident Schimon Peres haben etwas gemeinsam: Dass man sie im Ausland mehr (oder überhaupt) schätzt als im eigenen Land…
Europa liebt Schriftsteller wie Grossman – sein Heimatland nicht
Israelis sind ein nachrichtensüchtiges Volk. Eines, das negative Nachrichten gewöhnt ist und mit positiven wenig anzufangen weiß. Alle halbe Stunde wurden am Donnerstag im Radio Meldungen verlesen. Man konnte erfahren, dass Russland den geplanten Verkauf von Flugabwehrraketen an Iran vorerst stoppen werde und dass die Hamas-Herrscher im Gaza-Streifen selbst dann den vor vier Jahren entführten israelischen Soldaten Gilad Schallt nicht freilassen würden, sollte Jerusalem die Gaza-Blockade ganz aufheben. Doch die gute Nachricht über den Preis für David Grossman, der am Abend in Salzburg eine Lesung halten sollte, erfuhr man nicht.
Es ist ein bezeichnender Zufall, dass die Nachricht vom Friedenspreis an den unfriedlichen, streitlustigen Grossman ausgerechnet dann bekannt wird, während er in Österreich tourt. Europa schmückt sich mit Grossman, Israel tut es nicht. Amos Oz, der 1992 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels bekam, geht es genauso. Ihm und Grossman wirft eine Mehrheit in Israel vor, „links“ zu sein, weil sie nicht in allen Palästinensern Terroristen sehen. Und Linkssein ist in Israel nicht in. Es wird gerne mit Vaterlandsverrat gleichgesetzt.
In Israel kennt man den Schriftsteller Grossman, dessen Sohn Uri vor vier Jahren im Libanonkrieg ums Leben kam. Aber man liebt ihn nicht, wie er in Europa geliebt wird. Ein Blick auf die Blogs der drei großen israelischen Tageszeitungen zeigt, dass Grossmans Fangemeinde klein ist. Wie unwichtig den Online-Zeitungen übrigens die Friedenspreisnachricht erschien, zeigte sich darin, dass Jediot Achronot, Maariv und Haaretz und das Web-Portal Walla fast gleichlautende Agenturmeldungen brachten und keine Texte, die über bloße Vita-Angaben und Preisverleihungsbegründungen hinausgingen.
…“Schlecht über Israel zu reden
wird in Europa mit 25 000 Euro belohnt.
Hut ab, Herr Grossman.“…
Die Leser selbst ließen ihrem Zynismus freien Lauf. Einer schrieb: „Schlecht über Israel zu reden, wird in Europa mit 25.000 Euro belohnt, das ist doch ein schönes Einkommen. Hut ab, Herr Grossman“.
Vor allem Grossmans jüngste Äußerungen zum Angriff der israelischen Marine auf eine Solidaritätsflotte stoßen in Israel auf wenig Verständnis. Grossman hatte in einem Artikel, der gleichzeitig in europäischen Zeitungen und in Haaretz veröffentlicht wurde, Israel eine „rigide Machtpolitik“ und „exzessive Gewalt“ vorgeworfen und von einer „Wahnsinnsaktion“ gesprochen, die zeige, „wie tief Israel gesunken ist“. Im Online-Portal Walla ätzte ein Israeli, man müsste Grossman in den Gaza-Streifen schicken, dann würde man sehen, ob er „dann noch immer linkes Geschwafel“ von sich gebe.
Gideon Levy, der wie Grossman in Europa beliebter ist als in Israel, hat eine Erklärung für das Desinteresse der israelischen Medien an Grossmans Friedenspreis. „Grossman firmiert bei uns nicht als prominent“, sagt der Haaretz-Reporter: „Prominent sind bei uns keine Menschen, die traurige Bücher über traurige Themen schreiben, sondern Menschen, die uns aus der hässlichen Gegenwart entführen.“
Offenbar trifft das nicht auf alle zu. Am Abend entdeckt man immerhin den Internet-Eintrag eines Israelis, der Grossmans Verdienst in einem (positiven) Satz zusammenfasst: „Die Welt ist durch Grossmans Bücher eine bessere.“
THORSTEN SCHMITZ, Sueddeutsche Zeitung, 11-06-2010, Feuilleton, p.13.
Werden die Kibbuze in Israel etwa als Bastionen des Vaterlandsverrats gehandelt? Wird die Haganah als Vaterlandsverräterin betrachtet? Wir die Arbeiterpartei als Vaterlandsverräterin bezeichnet?
Was ein schwachsinn. Nicht mal Netanyahu hält alle Araber für Terroristen. Da ist jemand einspuriger als die Stimmung, die er malen möchte.
Mal nebenbei: Wen interessiert der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels? Und woran erkennt man, dass Europa David Grossman mehr mag als Israel? An der Presse? An einem Beschluss des EU-Pralaments? Also, ich lebe in Europa und ich habe noch nie von David Grossman gehört und erst recht nicht vom Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der anscheinend, wie die Europäische Presse, ein Musterkind an Neutralität und Vernunft ist. Stimmt: Die israelischen Zeitungen verbreiten ja nur Regierungsmitteilungen und sind rechts; deswegen interessieren sie Preise des Deutschen Buchhandels – äää, ich mein natürlich „deswegen interessiert sie David Grossman…“ – nicht. . Wenn ich die Kommentarspalte von Stern oder ähnlichem nehme, hasst man in Deutschland übrigens Israel. Und wenn ich an die jüngsten Ereignisse Denke, dann weiß ich sogar ganz genau, dass man sich in den Journalen der Nation nicht davor scheut Israel weniger Vorzuverurteilen als die AKP. Würde auch erklären warum der Deutsche Buchhandel seiner Kundschaft ein paar Freuden bereitet und die Deutsche Presse ihrer Kundschaft treu bleibt.
Hier soll Stimmung gemacht werden. Ein wahres Musterexemplar, dass als Grund angesehen werde kann, weshalb Europäische Medien bestimmte Menschen mehr lieben als andere Medien; ihnen auch noch ihren Geschmack zu Grunde legen und einen Liebsmangel verfolgen.
Gut das Europa so sehr aus der Geschichte gelernt hat. Manch andere lernen es ja nie. Pazifismus ist im übrigen historisch nichts Linkes. Orwell hatte den schönen Spitznamen „Fascifists“ für sie. Man muss bedenken, dass die Pazifisten in England damals nicht besonders feindlich gegenüber Deutschland standen und man muss bedenken, dass auch Nazideutschland pazifistische Propaganda betrieben hat; vorrangig für die Bevölkerung der Länder, die es bald überrennen wollte. War and Peace nennt sich der Artikel von Orwell. In Deutschland wurde der Pazifismus da zu mainstream, als die ersten Drückerkolonnen der Parteikommunisten in den Schuldienst kamen. Die haben nämlich zuvor, wie auch Gerhard Schröder bei seiner Antikriegswahl, die Affinität der Deutschen zum Pazifismus entdeckt und da Hammer und Sichel nicht so toll waren, eine Friedenstaube für ihre Agitation genutzt.
Unabhängig davon, dass nicht jeder Araber Terrorist ist, ist jeder Palästinenser gegen Israel. Das ist keine Kollektivhaft: Wer nicht gegen Israel ist, ist dort nämlich ein Vaterlandsverräter. Das interessiert Europäische Medien aber nicht. Dann stimmt es wohl auch gar nicht.
Also die Aussendung der israelischen Botschaft in Wien ging detailliert auf diese Ehrung von Grossman ein.
Und ich würde Gideon Levy nicht mit David Grossman vergleichen. David Grossman ist ein bedeutender Schriftsteller und das wird auch in Israel anerkannt.
„Und Linkssein ist in Israel nicht in. Es wird gerne mit Vaterlandsverrat gleichgesetzt.“
Ist es ja schliesslich auch! Bei den linken in Österreich und ihren islamistischen Friedenstauben in Wien wird Grossman sich bestimmt wohlfühlen… und wahrscheinlich massenhaft Preise abräumen. Wer ist eigentlich am übelsten – die linken, die NeoNazis oder der Islam,was den Israelhass betrifft?
Die drei genannten Parteien verschmelzen langsam aber sicher zu einer undurchdringlichen Nebelwand. Es lohnt sich nicht für eine Zukunft zu kämpfen, es gibt keine. Hatte euch das niemand gesagt?
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