Knapp 300 Menschen haben am vergangenen Donnerstag an einem speziellen Seder-Mahl in Tel Aviv teilgenommen. Bei der Veranstaltung unter dem Motto „Jenseits von Ägypten“ handelte es sich um eine Pessach-Feier für die Bewohner des Viertels Shapira, bei dem afrikanische Migranten bewirtet wurden, deren Lebensgeschichte oft an die Situation der Israeliten unter dem Pharao erinnert…
„Der Seder ist wichtig, da wir uns an etwas erinnern, was einer unterdrückten Nation widerfahren ist. Durch das Erzählen der Exodus-Geschichte können wir eine Verbindung zu unserer eigenen Lebensgeschichte herstellen. Es gibt mir Hoffnung, dass wir der Schwierigkeiten Herr werden und die nächste Generation in meinem Land ihre brutalen Erfahrungen als eine Geschichte und nicht eine frische Erinnerung erinnern wird“, sagte Abdel Man An, ein Flüchtling aus der Zentralafrikanischen Republik.
Man An überquerte vor drei Jahren die grenze zwischen Ägypten und Israel. Wie einst das Volk Israel beim Exodus floh er für seine Freiheit und sein Überleben. Einer Ausweisung aus Ägypten zurück in sein Heimatland, die den sicheren Tod bedeutet hätte, entzog er sich durch seine Flucht nach Israel, wo er bald von einer Einheit der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (ZAHAL) aufgegriffen wurde.
„Ich hatte Angst vor den israelischen Soldaten. Nach dem, was ich von Israel gehört hatte und was man im Fernsehen sieht, dachte ich, sie würden uns etwas antun, aber anders als die ägyptischen Soldaten, die schießen, um zu töten, schossen die Israelis nur in die Luft, um uns zu warnen“, erinnert sich Man An. „Ich war überrascht, dass sie, als sie uns verhafteten, nicht aggressiv oder grausam waren. Stattdessen hielt mir einer der Soldaten eine Flasche Wasser hin und fragte mich, ob es mir körperlich gut ginge.“
„Ich bin immer berührt von den Geschichten der Flüchtlinge, die hierher kommen“, erzählt Ilan Lorai Weiner, der für das African Refugee Development Center arbeitet, einen der Organisatoren des Seders. „Die Haggadah-Geschichte ist so weit von uns entfernt. Es passierte vor Tausenden von Jahren. Aber wenn sie uns ihre Geschichten erzählen, wird die Exodus-Geschichte plötzlich relevant. Unterdrückung, Gewalt, Streben nach Freiheit – dies sind Dinge, die die Flüchtlinge ganz aktuell erfahren haben. Die geteilte Vergangenheit bringt die Leute zusammen.“
Dieses Jahr ist es bereits das dritte Mal, dass der Flüchtlings-Seder abgehalten wird. Er wird von mehr als einem Dutzend von Organisationen finanziert.
The Jerusalem Post, 26.03.10