Gekoschertes Schwein und deutsche Speisegesetze

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Eli Landau, Kardiologe und bekannter Koch, hat erstmals ein hebräisches Kochbuch veröffentlicht, das allein dem Schwein gewidmet ist. Eigentlich – so könnte man meinen – ist das eine ziemliche Schweinerei. Denn das Borstentier ist frommen Juden sowie Moslems ein Abscheu…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 9. Februar 2010

Genauso käme ein Germane kaum auf die Idee, auf der Speisekarte eines deutschen Restaurants ein Rossfilet zu suchen. „Pferdefleisch ist in Deutschland verpönt, weil es als Arme-Leute-Essen galt“, sagt Frau Dohrmann, Inhaberin einer Pferdemetzgerei in Bremen und Autorin von „Gut Kochen mit Rossfleisch!“, 1999 erschienen. Ein Jahr später veröffentlichte der Pferdemetzger Beerwardt aus Waiblingen „Kulinarisches vom Pferd und Fohlen“. Beerwardt sagt: „Mein Großvater erzählte mir, dass Pferdefleisch so verpönt war, dass die Kunden darum baten, es in Tüten ohne den Namen unserer Metzgerei zu verpacken.“ Weder Dohrmann noch Beerwardt wussten freilich, dass die alten Germanen glaubten, durch Pferdefleisch in den Genuss der Kräfte der Gottheit gelangen, der das Pferdeopfer galt. In der frühchristlichen Kirche galt Pferdefleisch als Zeichen des Verharrens im Heidentum. Bonifatius fragte im Jahr 732 bei Papst Gregor III an, ob Christen Pferdefleisch essen dürften. Der Papst verbot es, da die Kirche Reste heidnischer Opferkulte ausrotten wollte. Das Verbot geht auf Karl den Großen zurück. Das Wort “Pferdefresser” war ein christliches Schimpfwort für heidnische Volksgenossen. Hexen wurde nachgesagt, Pferdefleisch zu essen und zu verehren.

Anders als in Frankreich oder Italien entwickelte sich unter deutschen Christen eine religiös motivierte Aversion gegen Pferdefleisch. Anton Freithofnig aus dem österreichischen Moosburg, Autor von „Kochen mit Pferdefleisch“ hat die Kulturgeschichte erforscht. Einerseits sei das Pferd ein „heiliges Tier“ gewesen und andererseits entstand eine Abscheu gegen den Verzehr seines Fleisches infolge der Kriege, als hungernde Menschen gezwungen waren, Pferdefleisch zu essen.

Christen in Mitteleuropa pflegen also aus religiösen und ethischen Gründen gedankenlos bis heute ähnliche „Speisegesetze“ wie Moslems oder Juden. Unter den 613 Geboten und Verboten in der Tora (5 Bücher Moses), wird das Schwein als „unkoscher“ bezeichnet. Wer „gottesfürchtig“ ist, rührt es nicht an.

„Weißes Fleisch“ ist jedoch in Israel beliebter, als manche vielleicht denken. In Tel Aviv muss man suchen, wenn man koscher essen will. Denn die meisten Juden halten sich nicht an die biblischen Gesetze, wie etwa das Verbot, am Sabbat kein „Feuer“ zu machen und deshalb kein Auto zu fahren. Neben Schweinefleisch verbieten die Koscher-Gesetze auch ein Vermischen von Fleisch und Milch oder den Genuss von Meeresgetier, außer Fischen mit Schuppen und Flossen.

Eli Landau sagt, mit seinem Kochbuch „Das Weißbuch“ zum ersten Mal in der Geschichte Israels ein Buch „von Deckel zu Deckel nur mit Schwein“ gefüllt zu haben. Der weiße Deckel ist schmucklos, ohne provozierendes Bild. Landau sagt, „allein typische Rezepte für das Land Israel“ entwickelt und keine Vorlagen aus Osteuropa oder Asien kopiert zu haben. Den eigentlichen „Tabubruch“, jüdischen Israelis Schwein aufzutischen, vollbrachte schon in den siebziger Jahren der Schriftsteller Amos Keinan mit seinem „Buch der Gelüste“. Der aus Buchara stammende und in Taiwan ausgebildete Chefkoch Israel Aharoni institutionalisierte den Tabubruch mit „Chinesische Küche“.

Unter dem Titel stand selbstverständlich „koscher“. Doch dazu gab es einen separaten Band, worin er Rezepte zu Spareribs (Schweinerippchen), Kalamari und Shrimps lieferte. Aharoni revolutionierte Israels Küche. Seitdem wagen auch andere Autoren, ihre Kochbücher in zwei Ausgaben zu veröffentlichen. So wurde Madhur Jaffreys „Indische Küche“ in einer koscheren Ausgabe mit vegetarischem Milchersatz für „fleischige“ Speisen veröffentlicht. Gleichzeitig gab es eine nicht-koschere Ausgabe mit Originalrezepten, die kein Rabbi durchgehen lassen würde.

Christen im Heiligen Land haben immer schon Schweine gezüchtet und ihr Fleisch verkauft. In Bethlehem und Jerusalem wurden allerdings Schweine-Fleisch-Läden des Hana Seniora schon während der ersten Intifada ab 1987 unter dem Druck von Islamisten geschlossen. In Israel produziert seit 1959 Kibbuz Mizraa Schweinefleisch und vermarktet es landesweit in unkoscheren Supermärkten. Mosche Tajar von Kibbuz Lahav, wo ebenfalls Schweine gezüchtet werden, erklärte: „Wir betreiben ein offizielles Forschungsinstitut zum Testen von Medikamenten. Per Gerichtsurteil dürfen wir für die Tests ungeeignete Schweine zu Wurst verarbeiten.“ Denn laut israelischem Gesetz dürfen ansonsten Schweine nur in „christlichen Gegenden“ gezüchtet werden. Seit der Masseneinwanderung sowjetischer Juden 1990 sind russische Supermärkte mit unkoscheren Fleischprodukten nicht mehr wegzudenken. Sogar Blutwurst vom Schwein findet man dort: für fromme Juden wohl die abscheulichste aller Kombinationen.

Umgekehrt gibt es auch „politisch korrekte“ Kochbücher. Nawal Abu Gosch aus Abu Gosch nahe Jerusalem war der erste Araber, der dem jüdischen Publikum die „Arabische Küche im Lande Israel“ vorstellte, koscher und auf Hebräisch. Hätte er sein Kochbuch „Palästinensische Küche in Palästina“ genannt, wäre es zu einen Ladenhüter geworden. Vor allem vegetarische Gerichte und süße Nachspeisen, virtuose Spezialitäten der arabischen Küche, sind unproblematisch und so koscher, dass man keinen Rabbi befragen muss. Aber es gibt ein uraltes, aus biblischer Zeit stammendes Festmahl, das Palästinenser bis heute bei Hochzeiten bereiten. Einst war es eine Götterspeise: Zicklein in der Milch seiner Mutter. Der Bibelvers dazu ist die Ursache für das strikte Verbot für Juden, Milch und Fleisch zu vermengen. Das Rezept für „Mansaf“, wie es heute heißt, fällt in koscheren arabischen Kochbüchern unter den Tisch.

Eine Weltsensation ist ein großformatiges Kochbuch des kleinsten Volkes der Welt mit 650 Seelen. Samaritaner leben nur noch in Holon südlich von Tel Aviv und im palästinensischen Nablus, dem biblischen Sichem. „Die Küche des guten Samariters“ nennt Pnina Zedaka ihr Kochbuch. Sie sammelte Bilder und Erzählungen zu fast so vielen Rezepten, wie es Mitglieder des einstigen Millionenvolkes der Zeit Jesu gibt. Die Samariter betrachten sich als Urjuden und verwenden noch die alt-hebräische Schrift wie in der Zeit Davids und Salomons. Sie verwerfen die Propheten der Bibel und alle späteren jüdischen Schriften. Juden verachteten die Samaritaner als Feinde, ähnlich wie heute die Palästinenser. Jesu Begegnungen mit Samaritanern sind nur auf diesem Hintergrund zu verstehen. Seine Kontakte mit dem schlimmsten Feind waren eine Rebellion gegen die Ansichten des damaligen jüdischen Establishments.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

9 Kommentare

  1. Es gibt eben nicht nur religiöse Juden,
    auch unter Germanen soll es Juden geben 😉
    die weder Schwein noch Pferd verspeisen 🙂

  2. Wow, sehr beeindruckend, wie viel faschistoiden Unfug, der mit dem Artikel nichts zu tun hat, man schreiben kann. Mir würde es nicht mal einfallen, wenn ich darauf aus wäre.

    Zum Artikel: Ich habe leider noch nirgendwo lesen können, woher diese Camouflagebezeichnung „Weißes Fleisch“ fürs Schweinefleisch kommt. Das wäre interessant.

  3. Als Kardiologe sollte Eli Landau wissen, dass Schweinefett ungesund ist und als Jude sollte er wissen, dass die Gebote der Tora zur Stärke führen. Israel muss stark sein, unsere Truppen müssen stark sein. Es stehen uns Zeiten der Entscheidung bevor. Was soll dieses seichte Larifari? Solche Dekadenz schwächt Volk und Staat.

  4. Einfach köstlich!
    Ein toller Artikel! Sehr informativ und humorvoll geschrieben. Weiter so!

    Sicher, unser Starkorrespondent hat es schwer, sehr schwer sogar. In Tel Aviv findet er kaum ein koscheres Restaurant. Für alle, die sich um sein leibliches Wohl sorgen, mögen ihm bitte ein koscheres GPS als Geschenk senden (Spende via Hagalil):
    http://www.israel-catalog.com/product.asp?product=13252

    Auch in Deutschland hat man bereits die Gefahren, die von Schweinefleisch ausgehen, erkannt. Die Bundeszentrale für politische Bildung klärt auf:
    http://www.fluter.de/cgi-bin/get_img?NrArticle=8205&NrImage=2

    Selbst an der katholischen Grundschule (wir hatten keine große Auswahl) unserer nichtgetauften Tochter wird, aus Rücksicht auf die Kinder islamischen Glaubens, prinzipiell auf Schweinefleisch zum Mittagessen verzichtet. An der internationalen Friedensschule in Köln ist man seit 2007 schon einen Schritt weiter: vegetarisch und koscher (s. Sendung „Tag für Tag“ vom 3.2. im Deutschlandfunk). Wir sind also auf dem besten Weg, die Schweine aus unserer Gesellschaft zu verbannen.

    Guten Appetit!

  5. Irgendwas läuft da verkehrt. Wenn sich die Moslems auf den Koran berufen, dieses Werk eines faschistischen Propheten, (der zu Recht annahm, dass Schweinefleisch zu seiner Zeit zu leicht verderblich war – aber eben nur zu seiner Zeit), dann können sie aber heute nicht behaupten, dass die gesamten Gewaltsuren gegen Christen und Juden im Koran „aus dem Zusammenhang gerissen sind“ und man dies im damaligen Kontext sehen müsse…

  6. Na ja, Schweinefleisch fördert Gicht und Athrose und erhöhten Harnsäurespiegel.
    Das wissen normalerweise die Ärzte hier.

  7. @ Admin,
    erklären sie doch mal, wozu sie immer Silberlinge brauchen? Schämen sie sich nicht?

    Es ist überhaupt nicht ersichtlich, wofür haGalil eigentlich Geld braucht. Aber wenn sie schon Geld wollen, warum nehmen sie keine Shekel. Sind die nix wert?? Haha!!!!
    Aber wer so schroff ablehnend zu Religion und Staat Israel und distanziert bis kritisch gegenübersteht, der soll wohl erst lernen wie man ordentlich arbeitet. Wer nicht ihren ideologischen Richtlinien entspricht wird zensiert. Das haben sie wohl von Trotzki und Konsorten.

  8. Bei Hagalil wundert mich nichts mehr. Jedoch man hört von verschiedener Stelle, das es hier wohl in den Fugen kracht.
    Wie kann man einer Person wie diesem Landau eine Plattform bieten, der ins eigene Nest spuckt.

    Das macht kein Schwein, wie man jetzt wohl sagen darf. Wenn Israel sich so benimmt, ist es kein Wunder, wenn es Freunde verliert.

    Da hilft es auch nicht, wenn zwischenzeitlich der Druck auf die Leser um Spenden erhöht wurde. Sogar bei der Serie “Ask the Rabbi”!

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