Galiläa 2009: Nicht ‚judisieren‘ – entwickeln

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Fast 30 Jahre sind vergangen, seit ich mein Schicksal mit dem von Galiläa verknüpft habe. Als ich zum ersten Mal die kahlen Hügel bestieg, auf denen die Fabriken von Iscar und der Industriepark Tefen errichtet wurden, begriff ich gar nicht, wie notwendig diese Region für die Zukunft des Staates Israel ist. Heute ist mir klar, dass ohne der Entwicklung dieses Landstrichs, der zionistische Traum keine Zukunft hat…

Von Steff Wertheimer

Galiläa muss sich entwickeln und bevölkert werden, und man muss das natürlich mit umweltbedingter Sensibilität und ökologischer Rücksicht durchführen. Doch den größten Teil der Sensibilität und Rücksichtsnahme müssen wir mit unseren drusischen und arabischen Partnern leisten, unseren echten Kollegen in dem Wunsch und dem Bedürfnis, Galiläa zu entwickeln.

Damals, als ich nach Galiläa kam, dachte ich in Begriffen, die zu dieser Zeit als „Judisierung“ von Galiläa verbreitet waren, aus der Auffassung heraus, dass man die Entwicklung des arabischen Sektors einbremsen muss. Ich denke nicht mehr so. Jahre des Lebens im Norden haben meine Meinung geändert. Die jüdische Besiedlung von Galiläa muss verstärkt werden – aber auf keinen Fall darf man das auf Kosten des arabischen Sektors machen. (…)

Es stimmt, es gibt Spannungen zwischen Juden und Arabern, aber ich sehe auch das Potential und die Schönheit, die in der menschlichen Vielfalt in der Region und der Verknüpfung der verschiedenen Sektoren verborgen sind. (…) Wir alle müssen begreifen, dass echte Zusammenarbeit alle Seiten stärken wird.

Wenn ein palästinensischer Staat in den Gebieten entsteht, wird es sehr wichtig sein, zwei Punkte zu diesem Thema zu betonen. Der eine, dass Galiläa ein Teil des deutlich als jüdischen anerkannten Bereichs des Staates Israel ist. Dazu muss die Region in einen Schwung der Entwicklung und jüdischen Besiedlung kommen. Der zweite Punkt ist die Bedingung dafür: Um Frieden auch mit den Arabern zu erzielen, die keine
nationale Verwirklichung erzielen werden – die Araber, die innerhalb der Grünen Linie leben – muss man ihnen wirklich, nicht nur mit Erklärungen und Verkündungen, wirtschaftliche, zivile und kulturelle Gleichberechtigung liefern, voll und echt. Dazu muss Galiläa, als großes arabisches Bevölkerungszentrum, in einen Schwung arabischer Entwicklung kommen. Hand in Hand müssen wir diesen optimistischen Zug
machen, ich glaube mit ganzem Herzen daran.

Wie man diesen Plan in die Tat umsetzt? (…) Wir müssen in zwei Bereiche investieren – in die Industrie und die Erziehung. (…) Moderne Industrie fordert fortschrittliche professionelle Ausbildung, die sich auf
einen qualitativ hochwertigen Erziehungsapparat stützt.

(…) Galiläa ist fähig, die wachsende Bevölkerung Israel, die sich entwickelt, aufzunehmen, und unsere Pflicht ist es, die Bedingungen dafür zu erzeugen, damit es tatsächlich geschieht. Dann wird Galiläa neue Bewohner anziehen, dann werden Dienstleistungen im Bereich der Erziehung, der Kultur, der Kunst und des Sozialen auch von alleine entstehen, die ihren Dienst der starken Bevölkerung anbieten werden,
die sich dann im Norden ansiedeln wird.

Der Verfasser nimmt an der Konferenz Galiläa 2009 teil, die am 13. Oktober in Kfar Blum stattfinden wird.

Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv

>> Steff Wertheimer: Kapitalistischer Kibbuz als Friedensrezept