Aus der Budge-Stiftung: Das Jahr 5770 hat gut angefangen

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Das Angebot für die Bewohner und Gäste der Frankfurter Budge-Stiftung bleibt auch im neuen Jahr 5770 interessant, kulturell wie kulinarisch…

Schanah towah, wünschten sich Bewohner und Gäste am Freitag, dem 18. September, nach dem Gottesdienst in der Synagoge.

Abb.: In der Synagoge der Frankfurter Budge-Stiftung leitete Rabbiner Andrew Steiman das Gebet. Es war der erste Abend Rosch haSchanah und zugleich Schabbat.

Abb.: Der Geschäftsführer der Budge-Stiftung, Heinz Rauber, begrüßte die Bewohner und Gäste, neben ihm von rechts Rabbiner Steimann, der Maschgiach Imre Moscovic mit seiner Frau.

Doch auch nach den Hohen Feiertagen, ist das Angebot vielseitig, kulinarisch, wie kulturell. So wurde am Laubhüttenfest zu einer jüdischen Zeitreise gebeten.
Für seinen Vortrag „Eine Jüdische Zeitreise“ hat Dany Bober die in der Zeit der Weimarer Republik auf deutschen Kleinkunstbühnen beliebte Form des „Features“ gewählt. Hierbei tragen die unterschiedlichsten Stilelemente wie Lieder, Berichte, Mundartgedichte und Humor zu einem kurzweiligen und doch informativen Programm bei.
Die „Frankfurter Rundschau“ schrieb: „…Bober zeigt, dass Unterhaltung durchaus was mit Haltung zu tun hat und nicht seicht zu sein braucht …“

Eine Jüdische Zeitreise

Von teilweise eigenen Vertonungen der Psalmen König David und Salomo führt sein Programm über das babylonische Exil, die hellenistisch-römische Zeit und das mittelalterliche Spanien zu den jiddischen Volksweisen Osteuropas. Zwischen den Liedern erzählt Dany Bober die Geschichte, die den Rahmen zu seinen Liedern bildet.
Anekdoten, Prosa und Gedichte aus dem jüdischen Frankfurt am Main und Berlin des 18ten und 19ten Jahrhunderts runden das Feature liebevoll-ironisch ab.

Bertha Pappenheim

Eine Woche später geht es in einer Lesung mit Esther Ellrodt-Freiman um Bertha Pappenheim. Bertha Pappenheim kam am 27. Februar 1859 in Wien als dritte Tochter von Siegmund und Recha Pappenheim zur Welt. Ihre Mutter entstammte der alten Frankfurter Familie Goldschmidt, verwandt mit den Rothschilds.
Bekannt wurde sie u.a. als Patientin Anna O. Die von Josef Breuer zusammen mit Sigmund Freud in den Studien über Hysterie veröffentlichte Fallgeschichte war für Freud Ausgangspunkt für die Entwicklung seiner Theorie der Hysterie und damit der Psychoanalyse. Nach dem Tod des Vaters, der sie seelisch schwer erkranken lies, zog sie mit ihrer Mutter nach Frankfurt am Main und engagierte sich zunächst als Mitarbeiterin in einer Armenküche sowie im Jüdischen Waisenhaus, dessen Leitung ihr bald übertragen wurde.
Sie war eine jüdische Sozialpionierin für die Frauenrechte, engagierte sich im Deutschen Frauenbund und war 1904 eine der Gründerinnen des nationalen Jüdischen Frauenbundes. In diesem Umfeld begann Bertha Pappenheim mit intensiven schriftstellerischen Arbeiten.

Ein Thema lag ihr besonders am Herzen: die Zwangsprostitution und der Mädchenhandel von jungen jüdischen Frauen aus Osteuropa, die Diskriminierung dieser Frauen und deren unehelicher Kinder.
Am 25. November 1907 wurde vom Jüdischen Frauenbund in Neu-Isenburg bei Frankfurt ein Haus für „Gefallene Mädchen und deren Kinder“ gegründet, dessen Vorsitzende, Herz und Seele Bertha Pappenheim war. Bis zu ihrem Tode im Mai 1936 engagierte sie sich im Mädchenwohnheim Neu-Isenburg – ihrem Haupt- und Lebenswerk.

Sie musste nicht mehr erleben, wie das Hauptgebäude in der Pogromnacht 1938 durch die Gestapo völlig verwüstet und niedergebrannt wurde, die Kinder nicht mehr öffentliche Schulen besuchen durften, das Heim schließlich 1942 aufgelöst wurde und die noch verbliebenen Bewohner deportiert und ermordet wurden.

Esther Ellrodt-Freiman hat bis zu ihrer Pensionierung im August 2003 die Kindergärten der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt geleitet. Seit vielen Jahren ist sie Redakteurin der Gemeindezeitung und Dozentin an der Jüdischen Volkshochschule in Frankfurt, wo sie jüdische Feste und Feiertage unterrichtet. Bekannt ist sie durch viele Vorträge über jüdische Geschichte und Kultur in Kirchengemeinden, Frauenkreisen und Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, sowie in jüdischen Institutionen.
Mit der Teilnahme an interreligiösen Podiumsgesprächen und Gesprächskreisen versucht sie, einen Dialog zwischen den Religionen herzustellen und Verständnis für die eigene Religion zu vermitteln. Auch den vielen unterschiedlichen Gruppen, die an Synagogenführungen in der Westendsynagoge in Frankfurt teilnehmen, vermittelt sie interessante Fakten über das Judentum, die Liturgie, und die Geschichte des Hauses.
Bei Lesungen und Projekttagen, auch interreligiösen, gewährt sie Einblick in die faszinierende Welt des Judentums. Seit November 2007 ist sie Beauftragte für interreligiösen Dialog der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main., seit April 2009 Delegierte für die Jüdische Gemeinde im neu gegründeten Rat der Religionen.

100 Jahre Tel Aviv

Interessant dürfte auch der Vortrag von Jigal Avidan zum 100-jährigen Jubiläum der Stadt Tel Aviv werden. Igal Avidan ist Korrespondent für israelische Zeitungen und Rundfunk in Berlin. In Deutschland kennt man ihn als sachkundigen Referenten (im Fernsehen u.a. beim „Presseclub“) und Buchautor („Israel- Ein Staat sucht sich selbst“).
Nach dem Vortrag am letzten Freitag des Monats lädt Rabbi Steiman zum Gottesdienst. Im Anschluss daran findet ein feierlicher Kidusch (Imbiß nach dem Gottesdienst mit Wein und
Brotsegen) statt, zu dem ebenfalls alle eingeladen sind.

Womit wir wieder beim Kulinarischen angelangt sind…

Abb.: Festlich gedeckt war der Paul-Arnsberg-Saal zum Rosch haSchanah. Die Vorspeise gefüllter Karpfen mit Sulz und rotem Meerrettich. Danach gab es doppelte Kraftbrühe mit Kräuternockeln, das Hauptgericht war gebratenes Entenbrustfilet auf Honig, Balsamicojus und gebratenes Kalbskotelette mit frischem Pilzragout und Herzoginkartoffel.

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