HDJ verboten

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Der Bundesinnenminister hat mit sofortiger Wirkung die neonazistische „Heimatttreue Deutsche Jugend“ (HDJ) verboten. Seit dem Morgen laufen in mehreren Bundesländern Durchsuchungen; das Vermögen des Vereins wird beschlagnahmt…

redok v. 31.03.2009

Von Experten und Politikern wurde das Verbot der HDJ bereits seit langem gefordert. Sie galt als Nachfolge-Organisation der verbotenen „Wiking-Jugend“ und als die wichtigste Nachwuchsorganisation der Neonazi-Szene. Ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren war 2008 vom Bundesinnenministerium eingeleitet worden, in dessen Rahmen wurden am 9. Oktober 2008 nahezu 100 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Dabei waren zahlreiche Beweismittel beschlagnahmt worden, die offenbar Beweismaterial für ein Vereinsverbot lieferten.

Das Vereinsverbot ist sofort wirksam, der Besitz des Vereins wird beschlagnahmt. Hausdurchsuchungen fanden heute nach Angaben des Bundesinnenministeriums in Niedersachsen, Berlin, Brandenburg und Sachsen statt. In Berlin war auch die NPD-Zentrale in Köpenick Ziel einer Durchsuchung, denn der Berliner HDJ-Aktivist Jörg Hähnel, zugleich Partei-Landesvorsitzender, gibt als Meldeadresse die Parteizentrale an. In Niedersachsen fanden Durchsuchungen in Lüneburg, Georgsmarienhütte und Bad Salzdetfurth statt. Zwei Objekte wurden in Sachsen durchsucht, davon eines in Zwickau sowie nach Informationen von Recherche Ost die Wohnung des 33-jährigen Thomas Eichler, Schatzmeister der HDJ, in Lichtensee bei Riesa.

Laut dem Bundesinnenministerium wurden Durchsuchungen nur in den genannten Bundesländern durchgeführt, weil dabei „nur das HDJ-Vermögen beschlagnahmt worden sei“, so das Portal Endstation Rechts. Die HDJ war auch in anderen Bundesländern aktiv und unterhielt verschiedene Stützpunkte, so etwa die „Leitstelle West“ und die „Einheit Hermannsland“ in Detmold-Berlebeck (NRW). Laut einem örtlichen Radiosender sollen auch zwei Wohnungen in Detmold und Bad Salzuflen durchsucht worden sein. Ein bekannter HDJ-Akteur in Süddeutschland war der NPD-„Liedermacher“ Frank Rennicke im fränkischen Schillingsfürst-Altengreuth.

Der Verein ist im Vereinsregister in Kiel mit Sitz in Plön (Schleswig-Holstein) eingetragen; als Kontaktadresse wurde ein Postfach in Berlin angegeben, wo auch die HDJ-„Bundesführung“ ansässig sein soll.

Die Verbotsverfügung wurde dem Verein um kurz nach 6 Uhr morgens übergeben. Das Verbot kann beim Bundesverwaltungsgericht binnen eines Monats nach dessen Zustellung angefochten werden, andernfalls ist es nach Ablauf dieser Frist rechtsgültig. Wegen der sofortigen Vollziehbarkeit darf sich der Verein nicht mehr betätigen, jede Zuwiderhandlung kann ab sofort bestraft werden.

Die HDJ soll bundesweit etwa 400 Mitglieder gehabt haben. In die Schlagzeilen geriet sie immer wieder durch „Ferienlager“, bei denen teilweise sogar mit scharfen Waffen hantiert wurde und „Rasseschulungen“ veranstaltet wurden. Im Dezember 2008 war Sebastian Räbiger, HDJ-Bundesführer, im Zusammenhang eines Angriffs auf eine Journalistin wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Die HDJ war 1990 gegründet worden und galt als eine der wichtigsten Organisationen zur Ausbildung neonazistischen Nachwuchses. Zahlreiche Rechtsextremisten sowohl aus partei-unabhängigen Gruppen wie auch aus der NPD schickten ihre Kinder zu HDJ-Veranstaltungen, bei denen sie mit militär-ähnlichem Drill und ideologischer Indoktrination zu gläubigen Nationalsozialisten herangezogen werden sollten. Der Tagesspiegel zitiert aus einer internen Anweisung der HDJ: „Es ist jeweils die Methode die Beste, die unsere jungen Mitstreiter zu fanatischen nationalsozialistischen Freiheitskämpfern erzieht“.

Reaktionen aus der rechtsextremen Szene ließen nicht lange auf sich warten. Das Portal Altermedia tönte: „Jetzt erst recht!“, während die NPD verbreitete, die HDJ habe der Jugend „Lebenssinn und Zukunftsperspektive“ geben können. „Schäuble und seine Lakaien“ könnten Organisationen verbieten, doch „die Idee lebt in den Menschen weiter“, hieß es aus der gerade durchsuchten Parteizentrale.

Ein Verbot der HDJ war bereits seit längerer Zeit gefordert worden. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass die HDJ faktisch eine Nachfolgeorganisation der im Jahr 1994 verbotenen „Wiking-Jugend“ (WJ) sei. Der letzte HDJ-Bundeführer Sebastian Räbiger hatte schon bei der WJ als „Gauleiter Sachsen“ fungiert. Doch das Bundesinnenministerium hatte lange gezögert, bis die Durchsuchungen im Oktober 2008 offenbar genügend Beweismaterial erbrachten. Bei diesen Durchsuchungen soll unter anderem auch ein Archiv der 15 Jahre zuvor verbotenen WJ gefunden worden sein, berichtet Spiegel online. Dieses WJ-Archiv war offenbar bei einem langjährigen Kader sowohl der WJ wie auch der HDJ ans Tageslicht gekommen, nämlich beim Szene-Rechtsanwalt Wolfram Nahrath aus Birkenwerder (Brandenburg).

© redok

1 Kommentar

  1. Ich wundere mich nur über diese Langmut!! Was muß denn alles passieren, ehe etwas passiert!
    Wenn man sich die Hassparolen anhört, die man dort von sich gibt, zweifelt man am Verstand der Menschen. Taten folgen, wie man weiß immer öfter und dann wartet man vergeblich auf eine Reaktion des States!
    Mit Autofahrern geht man ganz anders um, eine schnelle Justiz ist eine wirkungsvolle Justiz! Mal sehen, wer jetzt sich um die Nachfolge kümmert!

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