Am 23. April 2009 läuft in den deutschen Kinos der Film „UNBEUGSAM – Defiance“ an. Er zeigt die größte jüdische Widerstandsaktion in der Geschichte der nationalsozialistischen Judenverfolgung. Ein spannender Actionthriller von tragischer Tiefe…
Von Asta Hemmerlein
Wie du dich in extremen Situationen verhältst und wer du dann wohl wirklich bist, der, der deinen Namen trägt, erfährst du am ehesten in dem wohl schwierigsten Moment im Leben eines Menschen, dem graumsamen, mörderischen, ungerechten Verlust deiner dir Liebsten.
Der Film „UNBEUGSAM Defiance“ in Gestalt der historische Figuren Brüder Tuvia und Zus Bielski liefert zweierlei Antworten.
Ein Massaker – eine Kamera filmt und ihr ratterndes Geräusch lässt den Zuschauer fühlen, dass alles, was jetzt kommt, voll und ganz der Wahrheit entspricht. Die ersten Bilder sind grobkörnig und schwarz-weiß. Schreiende Frauen und Kinder und Kugelhagel verleihen dem Grauen den Ton. Schrei und Tod. Dann Farbe. Die Geschichte kann beginnen. Die Berührbarkeit des Zuschauers ist hergestellt. Kein aufgeblähtes Maiskorn knackt im Kinosaal. Noch nicht.
Im Sommer 1941 tobt der Zweite Weltkrieg in ganz Europa. Auch in der Sowjetrepublik Weißrussland sind die Nazis auf dem Vormarsch, überziehen das Land mit ihrem Terror-Regime aus Erschießungen und Deportationen. Bei einer Massenexekution im jüdischen Ghetto der Stadt Novogrudok werden nahe Familienangehörige von Tuvia Bielski ermordet, darunter seine Eltern und seine junge Frau. Die Bielskis sind eine jüdische Bauernfamilie gewesen. Die drei Söhne Tuvia, Zus und der jüngste Asael überleben.
Die beiden älteren Söhne Tuvia und Zus entscheiden, wie sie auf den Verlust ihrer Liebsten reagieren. Es ist Tuvia, der Rache an dem Mord seiner Eltern nimmt, und zwar am örtlichen Polizeichef, der die Bielskis an die Deutschen verraten hat: jüdische Bauern, verwoben und verwachsen über Jahrzehnte hinweg mit der nichtjüdischen weißrussischen Bevölkerung. Die beiden Bielskis gelten als Hitzköpfe, unangepasst und scheren sich nicht um Wildereigesetze, wenn es um den eigenen Magen oder einen guten Nebenverdienst geht.
Zurückgezogen in den Wäldern von Naliboki, versteckt vor den mörderischen deutschen Verfolgern, verarbeiten Tuvia und Zus die Zäsur des Verlusts ihrer Angehörigen und die Angst vor dem eigenen Tod. Während in Zus‘ Seele das Credo heranwächst, den Feind anzugreifen und die deutsche Besatzungsmacht und ihre Vasallen, die weißrussische Miliz, zu erschießen, wo immer man ihrer habhaft werden kann, entscheidet sich Tuvia nach seiner persönlichen Rache für den Tod seiner Eltern für jüdische Waffengewalt ausschließlich im Falle eines feindlichen Angriffs und einzig und allein aus dem Grund, Leben zu retten und zu schützen.
An dieser Frage, welche Form jüdischer Waffengewalt angemessen sei, entzündet sich ein Konflikt, der bis zur Mitte des Films auf Hochtouren fährt. Zus bricht mit Tuvia, merkt aber schnell, nachdem er sich Freischärlern der Roten Armee angeschlossen hat, um Deutschen den Partisanenkrieg zu erklären, dass Antisemitismus keine deutsche Erfindung ist. Tuvia wird zum Häuptling eines Camps jüdischer Flüchtlinge, die rasch vom Widerstand der Bielskis und ihrer Anwesenheit in den Wäldern erfahren haben. In einem riesigen, dicht bewachsenen Areal, das Tuvia seit seiner Kindheit kennt, verstecken sich die Verfolgten.
Was als reiner Überlebenskampf beginnt, entwickelt sich jedoch schnell zu etwas, das die ursprüngliche Zielsetzung bei Weitem übertrifft: zur Aufgabe, so viele Juden wie möglich zu retten, junge und alte, reiche und arme. Unter Tuvias Führung wird diese Mission erfolgreicher als in ihren kühnsten Träumen.
Eine behelfsmäßige Partisanentruppe entsteht, die die Gemeinschaft schonungslos verteidigt und feindliche Dörfer plündert, um an Lebensmittel, Vorräte und Waffen zu gelangen. Schnell wird sie als „Bielski Otriade“ bekannt und entwickelt sich nicht nur zur größten jüdischen Partisanengruppe in der Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Sie fügt den Deutschen auch größere Verluste zu und rettet mehr Juden als jede andere Gruppe, 1200 Menschen. Besonders hervorzuheben sind die Befreiungsaktionen von Juden aus Ghettos, wo sie auf ihre Deportation oder Erschießung warteten.
Die Camps waren zunächst äußerst mobil. Monatelang mussten die Menschen von einer Sekunde zur anderen ihre Sachen packen, um sich andernorts in Sicherheit zu bringen. Schließlich errichteten sie jedoch eine Siedlung im Wald von Naliboki, lebten in Erdbunkern (sogenannten „Ziemlankas“) und bauten dort ein Krankenhaus, eine Mühle, eine Metallwerkstatt, eine Bäckerei, ein Badehaus, ja sogar ein Theater und eine Synagoge. Trotz des Grauens, das sie umgab, nannten die Bewohner ihre Siedlung „Jerusalem im Wald“, weil es darin so vital und betriebsam zuging.
In den Waldsiedlungen lebt das zionistische Ideal des jüdischen Kämpfers, das das Ethos vom Leiden ohne Gegengewalt in den Hintergrund treten lässt. Rabbis, Intellektuelle, Lehrer, Philosophen, Frauen lernen zu schießen und andere Talente für den jüdischen Widerstand und aggressiv verstandenen Überlebenswillen zu verwenden. Damit nahmen sie den Staat Israel um Jahre vorweg.
Doch damit ist Tuvias Erfolgsstory noch längst nicht zu Ende. Er erhält seinen Bruder Zus im Showdown des Films zurück. Aus zweierlei Antworten auf die Frage zu Beginn des Films reift eine einzige und für beide Brüder dauerhaft gültige heran: Folge dem Weg deines Herzens. Die Liebe ist das Einzige, was zählt.
Der britische Schauspieler Daniel Craig spielt nicht nur, sondern „lebt“ die wölfische List und Instinktsicherheit des Tuvia Bielski, die den bürgerlichen Gesetzmäßigkeiten trotzt – der miserable Schüler trifft im Camp seinen ehemaligen Lehrer – und der nur ein Tabu kennt: die Liebe. Die Liebe zu seinem Volk, seinen Brüdern und – zu einer ganz bestimmten Frau. Wölfische Wendigkeit und aufmerksame Körperlichkeit des James-Bond-Darstellers, Verletzlichkeit, aus der sich ein brutales Alphatiergebaren ergibt, das auch vor der Erschießung eines aufmüpfigen Camp-Insassen nicht haltmacht, zeichnen den Typus des jüdischen Widerstandshelden der weißrussischen Wälder aus.
Dieser Stoff, aus dem Helden gemacht sind, lockt ein Kinopublikum an, das ab den bunten Filmbildern wieder laut krachend hineinbeißt, zu einem Thema, das mitunter als „abgelutscht“ gilt – sei es aus Ignoranz, Intoleranz oder Lethargie. Diesmal wird das Thema „Drittes Reich und ach! die Juden“ anders erzählt.
Edward Zwick, von der Kritik gefeierter Regisseur von Filmen wie GLORY und BLOOD DIAMOND hat ein Thema bebildert, das im Kino bislang so gut wie ignoriert wurde: den mutigen Widerstand jener Juden, die nicht kampflos untergehen wollten. Ähnliches hatte Zwick mit seinem Oscar®-prämierten Film GLORY geleistet, als er darin ein unbekanntes Kapitel des US-Bürgerkriegs über ein ausschließlich aus Schwarzen bestehendes Regiment aufschlug. „Die herkömmliche Ikonografie des Holocaust“, sagt Edward Zwick, „zeigt Juden als Opfer. Für mich war es wichtig, dieses Bild vielschichtiger zu zeichnen – zu verdeutlichen, dass es einen Unterschied gab zwischen Passivität und Ohnmacht, dass der Impuls zum Widerstand immer vorhanden war. „UNBEUGSAM Defiance“ handelt von denen, die zurückschlagen konnten, aber er handelt auch vom ewigen Konflikt zwischen Rachedurst und dem Wunsch, Leben zu retten. Er erzählt eine Geschichte, die uns veranlasst zu fragen: ‚Was hätte ich unter diesen Umständen getan?‘ So wird der Film für jeden Zuschauer zu einer sehr persönlichen Erfahrung.“
UNBEUGSAM Defiance
Darsteller: Daniel Craig, Liev Schreiber, Jamie Bell, Alexa Davalos, Allan Corduner, Mark Feuerstein
Produzenten: Edward Zwick, Pieter Jan Brugge
Regie: Edward Zwick
@Dimitri
Es geht aber nicht um Polen, sondern um Weißrussland und da gab es im Großen und Ganzen nur jüdischen und roten Widerstand.
Sorry, Sie verbreiten hier falsche Informationen. Ich weiß nicht warum tun Sie das und ich möchte Ihnen keinen Vorsatz unterstellen. Aber das was Sie geschrieben haben entspricht nicht den historischen Tatsachen.
Die Gebiete auf deren die Bielski Gebrüder operierten gehörten bis zum 17.September 1939 einige Jahrhunderte zu Polen. Tewje Bielski hat 1927-1929 sein Wehrdienst in der polnischen Armee abgeleistet und hat im September 1939 an dem Krieg gegen Nazideutschland als polnischer Soldat teilgenommen. Sein Foto im Uniform der polnischen Streitkräfte (aus dem Jahr 1927) ist im Abspan des Filmes zu sehen.
Am 17. September 1939 in Rahmen des Paktes Stalin/Hitler, wurden die Gebiete des Ostpolens durch die Rote Armee mit Gewalt besetzt. Die dort lebenden Polen, die nicht nach Sibirien deportiert wurden, haben die Widerstandbewegung (Heimat Armee/Armia Krajowa) organisiert, die der polnischen Exilregierung in London unterstellt wurden. Diese Partisanen haben Widerstand gegen die russischen Okkupation geleistet und wurden von NKWD verfolgt.
Nach dem 22. Juni 1941 (Barbarossa) operierten auf diesen Gebieten hauptsächlich die sowjetischen Partisanen, die sich aus den gesprengten Soldaten der Roten Armee gebildet haben, die polnische Regierungstreue Partisanen der Heimat Armee, die unabhängige polnische Partisanengruppen der Organisation NSZ (Nationale Streitkräfte), und nach 1942/43 auch die kommunistischen Moskautreue polnische Partisanengruppen sog. Volksgarde (Gwardia Ludowa).
Die verschiedenen Partisanengruppen haben teilweise und zeitweise zwischen 1941-1944 gemeinsam gegen die Deutschen und ihren Verbündeten gekämpft, teilweise haben sich auch gegenseitig bekämpft. Die sowjetischen Partisanen haben sich schwere Gefechte mit den polnischen Partisanen von der Heimat Armee, bzw. von den Nationalen Streitkräften (NSZ) geliefert. Zu schwarzen Karten der sowjetischen Widerstandbewegung auf diesen Gebieten gehört die Ermordung von über 100 Männern des Städtchen Naliboki, die ein Stützpunkt der polnischen Heimat Armee war und teilweise mit Wehrmacht bei der Bekämpfung der sowjetischen Partisanen kooperierte (in Rahmen sog. Selbstschutzes)
In der Tat, war die Gruppe Bielskis zeitweise in die Strukturen der sowjetischen Partisanenverbände integriert, und die polnischen Partisanen von AK und NSZ waren der Bielskigruppe feindlich eingestellt (sie wurde von ihnen als jüdisch-kommunistische bewaffnete Bande bezeichnet, die die polnischen Gutshöfe und polnischen Bauern ausraubte). Die Polen haben bekannterweise mit Juden großenteils nicht sympathisiert. Sie waren entweder den Juden feindlich oder im besten Fall neutral eingestellt. Nur die Minderheit der Polen hat sich um die jüdischen Belangen gekümmert und ihren Mitbürgern aktiv geholfen.
Sie schreiben weiter:
Und selbst diejenigen Partisanen, die nichts mit dem Sowjetregime gemein hatten, entwickelten sich während des Kriegs zu Sowjetpatrioten,
Das ist Unsinn. Es ist bekannt, dass die Feindschaft zwischen den Polen und Sowjets bis zum Kriegsende immer größer wurde. Als die Rote Armee die Deutschen aus diesem Gebiet verdrängt hatte, und die sowjetischen Partisanen wieder in die reguläre Einheiten eingegliedert wurde, eskalierten die Kämpfen zwischen der polnischen Heimat Armee und sowjetischen Streitkräften. Auf Stalins Befehl sollen die polnischen Partisanen entwaffnet werden und aufgelöst, was sie keinenwegs wollten. Es kam zur Massendeportationen der polnischen Partisanen nach Zentralasien oder Sibirien, wo manche erst nach dem Stalins Tod wieder nach Polen (diesmal schon ohne polnischen Ostgebieten) zurückkehren dürften. Die letzten kamen aus den sowjetischen Straflagern erst 1956 raus.
Daher informieren Sie sich Herr Dimitri wie die Geschichte auf den in die Sowjetunion eingegliederten polnischen Ostgebieten in Wirklichkeit aussah, bevor Sie wieder solchen Unsinn verbreiten. Es gibt genug Literatur darüber. Einer von den Historikers, der sich mit der Geschichte der Partisanen in diesen Gebieten beschäftigte ist ein bekannter polnisch-deutscher Historiker Dr. Bogdan Musial. Recherchieren Sie bitte, bevor Sie Unwahrheit schreiben. Sonst ist es unerträglich diese pro sowjetischen Kommentaren zu lesen.
Es geht aber nicht um Polen, sondern um Weißrussland und da gab es im Großen und Ganzen nur jüdischen und roten Widerstand. Und selbst diejenigen Partisanen, die nichts mit dem Sowjetregime gemein hatten, entwickelten sich während des Kriegs zu Sowjetpatrioten, anders als in der Ukraine, wo es auch antisowjetischen (und zugleich antisemitischen) nationalistischen Widerstand gegen die Deutschen gab.
Ganz okayer Actionfilm…im englischen Original spricht natürlich jeder in Polen Englisch mit vage slavischem Akzent. Was ich etwas eigenartig fand war, daß es in Polen offensichtlich nur jüdische und rotarmistische Resistance gab. Aber insgesamt denke ich, man sollte hier nicht zu viel Willen zur Abbildung von Geschichte reinlesen. Es ist halt ein Actionfilm, und wie gesagt ein ganz guter, den kann man sich auf jeden Fall ansehen.
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