Keine Heimat. Nirgends

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Von Shanghai über Prag und Israel nach Köln – Peter Finkelgruen wird 70…

„Als ich Bamberg und seinen jüdischen Friedhof im Winter 1991 besuchte, stand ich plötzlich und vollkommen unverhofft vor einem Grabstein mit meinem Familiennamen. In diesem Moment ergriff mich ein Schrecken. Wieso stand mein Name auf einem Grabstein? (…) Das entsprach nicht meiner Erfahrung. Martin hatte kein Grab. Esti hatte lange keines mehr. Hans, mein Vater, der im Getto von Shanghai starb, hat auch keines.“
Peter Finkelgruen (1997, S. 175)

Von Roland Kaufhold

Peter Finkelgruen, der am 9. März 2012 in Köln 70 Jahre alt wird, blickt auf ein außergewöhnliches, schwieriges Leben zurück. In einem kürzlich verfassten autobiografischen Beitrag (Finkelgruen, 2012) formuliert er einführend:

„In Shanghai im Jahre 1942 geboren, habe  ich dort im Getto meine ersten Lebensjahre durchlebt. Danach, als Kind in Prag, habe ich die Grundschule besucht und meine ersten Erfahrungen mit dem Kommunismus gemacht. Anschließend habe ich in Israel gelebt. In diesem Jahrzehnt, es waren die fünfziger Jahre,  bin ich dem damals real existierenden Zionismus begegnet. Ich erlebte am eigenen Leib sozusagen, wie schwer es der Gründergeneration Israels fiel, mit den Holocaustüberlebenden einen passenden Umgang zu finden. Eine Folge davon war zweifellos, dass meine Identifikation mit Israel eher unterkühlt war.“

Ich stelle in dieser biografischen Studie wesentliche Phasen aus Peter Finkelgruens Vita vor, die jeweils in die sie bedingenden historischen Zeitumstände eingebettet werden. Dies ist aus verschiedenen Gründen ein schwieriges Unterfangen: Menschen suchen zeitlebens nach einer Identität. Peter Finkelgruen hingegen leidet daran, dass er gleich mehrere Identitäten hat. Als Kind einer christlichen Mutter und eines jüdischen Vaters besitzt er einen israelischen, einen deutschen und einen tschechischen Pass. In all diesen Ländern hat er als Kind und Jugendlicher gelebt – und doch war keiner dieser Orte ein Zuhause.

Ich habe verschiedentlich Biografien verfasst. Diese Studie hat sich, wegen der familiären Ambivalenzen und Widersprüche sowie der historischen Rahmenbedingungen, als die Schwierigste erwiesen.

Ein jüdisches Flüchtlingskind in Shanghai

Als Kind einer jüdischen Flüchtlingsfamilie wurde Peter Finkelgruen am 9.3.1942 in Shanghai geboren. Dorthin waren seine Mutter Ernestine mit ihm geflohen. Sein Vater Hans Leo Finkelgruen (1908 – 1943) war, in Folge der nationalsozialistischen Verfolgung kurz nach Peters Geburt verstorben; Peter lernte ihn nie kennen.

Seine Mutter Ernestine Finkelgrün, geb. Barth (1.7.1913 – 31.5.1950) verstarb acht Jahre nach seiner Geburt in Prag, in Folge von Krankheit und Entbehrung, erlitten im Ghetto von Shanghai.

Dorthin, nach Prag, war sie im Dezember 1946 gemeinsam mit Peter und ihrer Schwiegermutter gegangen. Es gab nicht viele Möglichkeiten für jüdische Flüchtlinge, den Zufluchtsort Shanghai nach dem Ende der Nazizeit wieder zu verlassen.


Peters erster Nachrkiegskindergarten Shanghai 1946, Reihe 2, 4.v.l.

Peter Finkelgruen hat nur einige wenig konkrete Erinnerungen an seine schwer traumatisierte Mutter. Auch an seinen Großvater Martin Finkelgruen (1876 – 1942) hat er keine Erinnerungen. Er lernte ihn nie kennen. Dennoch wurde sein Leben – Martin Finkelgruen wurde am 10.12.1942 in der Kleinen Festung Theresienstadt von dem SS-Mann Anton Mallot im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet, neun Monate nach seiner eigenen Geburt – von der Ermordung seines Großvaters geprägt: Peter Finkelgruen sollte zehn Jahre seines Lebens damit verbringen, den Mörder seines Großvaters hinter Gitter zu bringen: Ein zermürbender Kampf mit der bundesdeutschen Justiz, über den in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit recht viel publiziert wurde, ((So ist u.a. im Spiegel mehrfach über Finkelgruens Vita und diesen Gerichtsprozess berichtet worden: Der Spiegel 28.12.1992: Der Mörder und sein Opfer http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13683069.html Der Spiegel 13.10.1997: Bewegte Familienbande www.spiegel.de/spiegel/print/d-8800076.html ; Der Spiegel 1.6.1998: Der schöne Toni http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-7897530.html Der Spiegel 26.6.2000: SS-Verbrechen: Aus Langeweile getötet http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-16748307.html)) der jedoch nicht ohne seelische Folgen für Peter Finkelgruen blieb. 2009 kulminierte er in einem Hungerstreik Finkelgruens gegen die Berliner Entschädigungsbehörde (s.u.) (vgl. Kaufhold, 2009).

Seine Eltern eröffneten in Shanghai einen kleinen Laden, für Handschuhe und Lederwaren. Esti hatte dies so in Bamberg im Kaufhaus Finkelgrün gelernt. Nach dem Tod ihres Ehemannes, 1943, lebte sie mit Peter und einer weiteren Frau eine Weile zusammen. Einige Erinnerungen sind zurück gekehrt: „Heute ist manches in mir zurückgekommen, wir drei in einem kleinen Zimmer, Gerüche, Laute, fette, große Ratten. Ich habe eine wahnsinnige Rattenphobie“ (Finkelgruen, 2002a, S. 208). Von Shanghai aus schreibt sie, schwer krank, an die in Palästina lebende Schwester ihres toten Mannes Dora Briefe, äußert darin eine dringende Bitte: „… Euch Peterle nochmals ans Herz legen. Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, dass er dann zu Euch soll“ (ebda.).

Seine Eltern Hans und Esti Finkelgruen.
Oder: Stationen einer gescheiterten Flucht

Peter Finkelgruen hat kaum Erinnerungen an seine Eltern. Lange war ihm auch nichts Konkretes über deren Leben bekannt. Alles musste er selbst herausfinden.

Sein Vater Hans starb kurz nach seiner Geburt in Folge der nationalsozialistischen Verfolgung, seine Mutter Esti  überlebte die Konzentrationslagerhaft schwer geschädigt. Nach dem Krieg musste sie in Prag in Lazaretten behandelt werden, Peter erlebte sie nur als schwer kranke Frau, besuchte sie in einem Sanatorium im tschechischen Podebrady. Eine Erinnerung des knapp 50-Jährigen: „Wie lange hatte ich eine Mutter? Erst sehr spät habe ich angefangen, mich mit meiner Mutter zu beschäftigen. Nach unserer Ankunft in Prag habe ich sie nur noch wenig gesehen. Mutter war selten zu Hause. Dann lag sie im Bett. Mit großen Kissen im Rücken auf einer großen Couch in Großmutters Wohnzimmer“ (Finkelgruen, 1992, S. 120). Als er gerade acht Jahre geworden war starb sie, in Prag.

Foto rechts: Peter an der Hand seiner Mutter Esti (Prag 1947/48)

Seine Großmutter Anna (1891 – 1968), die ihn großzog, erzählte ihm nur wenig von seinen Eltern – wohl auch bedingt durch die familiären Geheimnisse, welche sie zeitlebens vor Peter zu verbergen trachtete: „Großmutter hat mir davon wenig erzählt. Sie hat mir überhaupt wenig über meinen Vater erzählt. Ich glaube, dass sie ihren Schwiegersohn nicht besonders schätzte. So vermittelte sie mir den Eindruck, mein Vater habe auf Kosten seines Vaters klavierspielenderweise ein oder zwei Semester seines Studiums in Paris verbummelt. Negermusik hat er gespielt. Negermusik mochte sie nicht. Selten hat sie etwas Freundliches über ihn erzählt. Etwas, das sein Bild in meiner Vorstellung hätte ausschmücken können“ (Finkelgruen, 1992, S.  69).

Hans Finkelgruen hatte als Kind lange in Bamberg gelebt, zog dann zum Studium ins bayrische Würzburg, wo er 1930 das 1. juristische Staatsexamen abschloss. 1933, als sich die Lawine der antisemitischen Verbote und Diskriminierungen für Juden beschleunigte, war er Referendar. In den wenigen Unterlagen, die Peter Finkelgruen bei seinen Recherchen erlangte, finden sich die Berufsbezeichnungen Stenotypist, Kontorist sowie, 1938, Kaufmännischer Angestellter. Am 12.4.1938 gab dieser als Anschrift an: Haus Deutschland, Lutherstraße 308, Karlsbad, CSR. Die Adresse wurde titelgebend für Finkelgruens erste autobiografische Familienerzählung (Finkelgruen, 1992). Karlsbad war zugleich ein Ort, in dem sich Hitlers destruktiver Wahn früh zeigte: Am 4.10.1938 zog er unter gewaltigen Freudenkundgebungen der Bevölkerung in Karlsbad ein.

Peter Finkelgruen fand bei seinen Recherchen einige Fotos seiner Eltern und Großeltern: Wir sehen würdevolle, elegante Personen, stilvoll gekleidet, in den Zeiten der Not. Lange konnten sie nicht im tschechischen Karlsbad bleiben, die lange Geschichte einer Flucht begann, die für seine Eltern mit dem Tod endete. „Martin Finkelgruen, sein Sohn Hans, Anna Bartl und ihre Tochter Esti (…) flohen nach Prag. Dort war es für sie noch nicht strafbar, miteinander zu leben. Es war der Beginn ihrer gemeinsamen Flucht. Jetzt waren sie alle auf Reisen“, bemerkt Finkelgruen (1992, S.  66).

Für den Juden Hans Finkelgruen begann ein langer, verzweifelter Kampf um eine Emigrationsmöglichkeit in ein „sicheres“ Land. Er bemühte sich um Papiere, Dokumente, reiste illegal nach Paris, nach Deutschland, in die Tschechoslowakei. Kleine Erfolge ließen ihm die Hoffnung auf eine Emigration, auf ein Überleben aufrecht erhalten: Am 12.4.1938 erbat er eine Ausreisegenehmigung für die Tschechoslowakei. Seine Bemühungen waren lebensgefährlich, ständig musste er die Verleumdung durch Spitzel befürchten, was er wohl ahnte. Peter Finkelgruen fand bei seinen Recherchen zahlreiche Belege für die Berechtigung dieser Sorge. Sein Vater wurde denunziert, das Reichssicherheitshauptamt fertigte – von Finkelgruen in seinem Buch (1992, u.a. S. 155-160) publizierte – Dokumente über ihn an.

Am 11.6.1938 hatte Dr. Otto Bräutigam, Leiter der Konsularabteilung der Deutschen Botschaft in Paris, sein Bemühen um eine Aufdeckung und Festnahme möglichst vieler jüdischer Flüchtlinge in einem offiziellen Schreiben dokumentiert:

„In der Anlage beehre ich mich eine Liste deutscher Emigranten vorzulegen, die einen französischen Flüchtlingspaß beantragt haben bezw. sich sonst deutschfeindlich betätigten. Ich darf ergebenst anheim stellen, diese Liste auch dem Geheimen Staatspolizeiamt in Berlin zur Kenntnis zu bringen“ (Finkelgruen, 1992, S. 70), schrieb er an das Auswärtige Amt – und fügte die seinerzeitige Anschrift Hans Finkelgruens bei.

In Prag, im Jahr 1938, kam die Familie wieder zusammen, dort heiratete er Esti, die Nicht-Jüdin. Dort suchte er auch „weiter nach Hilfe und Rettung“ (Finkelgruen, 1992, S. 77) – mit zunehmender Verzweiflung.

Hans Finkelgruen stand in brieflichem Kontakt zu einer Bekannten, Tilly Cohn. Hans´ an Tilly Cohn gerichteten Briefe – sie stammen aus der Sowjetunion, Japan und Shanghai, Stationen einer „langen Reise“ (Finkelgruen, 1992, S. 59) – erhielt Peter Finkelgruen 1977 bei seinen Recherchen. Die im Buch (1992) publizierten Briefe seines Vaters sind erschütternde Dokumente. So schreibt Hans Finkelgruen am 11.11.1939 aus Prag nach Zürich an Tilly Cohn:

„… Ihnen nun unsere Lage hier schildern zu wollen, ist ein müßiges Beginnen. Unsere alte Existenz ist zerstört; die neue, die uns vor Augen schwebte, in unsicherste Ferne gerückt; und dazu leben wir nun, während man vorher sich immer noch zu geduldigem Warten ermahnen konnte, in der schrecklichsten Ungewissheit. Es ist unmöglich, sich hier in Prag selbst weiterhelfen zu wollen. Jedes Konsulat ist einem verschlossen, wenn man nicht Dollar- oder Pfundmillionär ist. (…) Das einzige, das arbeitet, ordentlich und regelmäßig, ist die polizeiliche Auswanderungsstelle. (…) Wie Menschen, die so in der Falle sitzen, zumute ist, können sich wahrscheinlich die wenigsten vorstellen…“ (Finkelgruen, 1992, S. 78).

Tante Dora: Flucht nach Palästina

Die gesamte Familie Finkelgruen wurde unmittelbar durch den mörderischen Antisemitismus bedroht, zur Flucht gezwungen. Einer der familiären Fluchtwege führte in das damalige Palästina – eine familiäre Entscheidung, die sich wiederum prägend auf Peter Finkelgruens späteren Lebensweg und sein berufliches Engagement auswirken sollte.

Sein Vater hatte eine fünf Jahre jüngere Schwester, Dora, geboren 1918. Früh traf sie eine lebensrettende Entscheidung: Sie schloss sich der zionistischen Bewegung an, ging auf Hachschara. „Es sollte ihr das Überleben sichern“ (Finkelgruen, 1992, S. 67). Diese Identifikation mit dem Judentum, mit dem jüdischen Volk, war zugleich mit einer Entfremdung verbunden – einer Entfremdung von den eigenen Eltern; eine Erfahrung, die sie mit vielen in das damalige Palästina emigrierten Juden teilte. Viele dieser zionistischen Pioniere, dieser Flüchtlinge, waren maßgeblich am Aufbau des demokratischen Staates Israel beteiligt. Viele „deutschen Juden“ waren überzeugt davon, dass „ihr“ Land – das Deutsche Reich – ihnen Schutz bot. Dieser Glaube, dieses Vertrauen führte sie in den Tod.

Die Hinwendung vieler Juden zum Zionismus war auch und vor allem eine Reaktion auf den allgegenwärtigen Antisemitismus. Der mörderische Antisemitismus machte sie zu Zionisten. Deshalb betont Peter Finkelgruen: „Sie spürten die Gefahr. Auf der Flucht waren sie alle“ (Finkelgruen, 1992, S. 68).

Seine Tante Dora war rechtzeitig mit ihrem Ehemann Gerhard nach Israel emigriert; dort nahm sie den hebräischen Namen Rachel an. Nach seiner eigenen Emigration nach Israel, 1951, erleichterte ihm seine Tante den Neuanfang im jungen jüdischen Staat (s.u.).

Kindheit in Prag (1946-1951)

An seine ersten vier Lebensjahre in Shanghai hat Peter Finkelgruen nur sehr wenige Erinnerungen. Am 5. Dezember 1946 reiste der Viereinhalbjährige mit seiner Mutter von Shanghai aus auf dem Dampfer Smolny nach Wladiwostok. Von dort aus ging es in einer mehrtägigen Fahrt mit dem Transsibirien-Expreß nach Moskau, und von dort nach Prag. Es war eine Reise, die ihn auch seelisch weg trug, ihn von seinen Ursprüngen und Erinnerungen entfremdete.

Foto: Peter zwischen Mutter und Großmutter, Prag 1947/48

In Moskau hatte der kleine Peter eine Begegnung, die ihm wenig später im kommunistischen Prag ein außergewöhnliches Renommee einbringen sollte: Seine Mutter besuchte mit ihm den Roten Platz, ging von dort aus zum gläsernen Totensarg Lenins. Einer der soldatischen Bewacher Lenins war von dem kleinen Jungen wohl gerührt: Er löste sich kurzzeitig von der ihm zugeschriebenen Rolle, ergriff den kleinen Peter, „hob mich hoch, so dass ich von oben in den Glaskasten sehen konnte. Darin lag, von einem warmen Licht beleuchtet, ein glatzköpfiger Mann mit einem kleinen Bart und geschlossenen Augen. Es schien, als schliefe er. Deswegen war alles so ruhig und still, damit er ja nicht geweckt würde. Ich hatte noch nie gesehen, dass jemand in einem Glaskasten schlief. (…) Ich aber hatte den Mann im Glaskasten gesehen. Ich habe Lenin gesehen. Es hat ihn wirklich gegeben“ (1997, S. 30). Von diesem Erlebnis berichtete Peter seinen neuen Freunden und Schulkameraden in Prag, was bei diesen einen nachdrücklichen Eindruck hinterließ.

Ein biografischer Einschub, zum Verständnis dieser verwirrenden Biografie: Erst Ende 1938 oder Anfang 1939 war Peters Großmutter Anna von Karlsbad nach Prag gezogen, aus Liebe zu ihrem jüdischen Lebenspartner, Peters Großvater.

Dass sich seine Großmutter mit Peter wirklich in Prag – und anschließend in Israel –  niederlassen würde war keineswegs sicher – wie er erst bei seinen Recherchen entdeckte. Seine Großmutter hatte wohl auch den ambivalenten Wunsch gehabt, vielleicht doch nach Wien bzw. nach Deutschland zurück zu kehren. Teile ihrer Seele blieben für die Christin, die Siebenbürger Sächsin Anna – die wegen ihrer Solidarität mit ihrem jüdischen Lebenspartner ins KZ gekommen war – wohl mit dem Land der ehemaligen Nazis verbunden: „Großmutters Wunsch, in Wien auszusteigen, muß groß, die Versuchung, es zu riskieren, muß ganz stark gewesen sein. Ich hatte es gespürt. Großmutters Wunsch war stark genug gewesen, um sich auf mich zu übertragen, ihn sofort als meinen zu übernehmen“ (Finkelgruen, 1997, S. 32)

Im kommunistischen Prag weiß Peter nur wenig über Westdeutschland – den Ort, der seine „Heimat“ hätte sein können, wenn „die Deutschen“ dies zugelassen hätten. Der historisch-kulturelle Ort, in dem seine Eltern lange glücklich gelebt hatten, der wenig später die Vertreibung und Ermordung seines Vaters systematisch betrieb: „West-Deutschland, das hatte ich erfahren, war der Quell alles Bösen. Überhaupt war alles, was westlich war, gefährlich, dunkel und drohend“ erinnert sich der knapp 50-Jährige an die Gefühle und Vorstellungen seiner Kindheit (Finkelgruen, 1997, S. 28).

Bei seinen Recherchen hat Finkelgruen frühe Briefe seiner Eltern wiederentdeckt. Am 24.1.1949 schrieb seine Mutter an ihre Schwägerin Dora und deren Mann Gerhard in den Kibbuz Kfar Hammakabi über das Engagement ihres Sohnes bei den Jungen Pionieren: „Peterle geht zur Schule und hält mir politische Vorträge über Lenin. Zweimal mußte er schon Gedichtchen vortragen, zur Feier des Revolutionstages und zur Verbrüderung, das heißt zur Befreiung der Republik durch die Armeen“ (Finkelgruen, 1997, S. 29).

Prag (1946 – 1951): Die Kinderärztin Zdenka und Tante Bela – eine Berührung mit dem Schrecken

Bei seinen Recherchen zu den Umständen der Ermordung seines Großvaters erinnerte sich Peter Finkelgruen Zdenka Nedvedova-Nejedlas aus Prag. In Prag, im Stadtteil Podolni, hatte sie „nur wenige Schritte von jener Schule entfernt“ gewohnt, „in der ich die ersten und beinahe einzigen ordentlichen Schuljahre meines Lebens verbracht habe“ (Finkelgruen, 1992, S. 13).

Vom Dezember 1946 bis Juni 1951, also bis zum Alter von neun Jahren, hatte Peter in Prag gelebt, anschließend siedelte er mit seiner Großmutter nach Israel über.

Tante Zdenka arbeitete in Prag als Kinderärztin. Einige Jahre zuvor war sie gemeinsam mit seiner Großmutter Anna sowie Tante Bela – ein weiterer Bezugspunkt für den kleinen Peter in Prag – Häftling im Konzentrationslager Ravensbrück. Dort half sie ihren Mithäftlingen medizinisch, so gut es ging, auch seiner Großmutter Anna.

1989 besuchte Peter Finkelgruen die betagte Dame in Prag; sie war die einzige Zeitzeugin, von der er Näheres über die Ermordung seines Großvaters zu erfahren hoffte. Ihr Vater Prof. Zdenek Nejedli wurde nach der kommunistischen Machtübernahme 1948 Kultusminister in Prag.

Im Winter 1946 kümmerte sich Zdenka um den gesundheitlich geschwächten, an einer Amöbenruhr laborierenden vierjährigen Peter. Drei Jahre später nahm sie ihn zu einem ersten Opernbesuch in das am Moldauufer gelegene Nationaltheater mit. Das Stück „Die verkaufte Braut“ von Smetana sowie der prachtvolle Neurenaissancebau machten „einen überwältigenden Eindruck“ auf den Siebenjährigen.

Und Zdenka rief in ihm durch ihre Erzählungen Erinnerungen an seine Tante Bela wach. Bela wohnte in Prag in der Nähe des Altstädter Rings, in der Nähe des jüdischen Viertels gelegen. Dieses Viertel hatte Peter häufig durchstreift, meist alleine, immer wieder einige Bekannte besuchend, die er in der Wohnung seiner Großmutter kennen gelernt hatte. Sein kindlicher Aktionsradius in Prag vergrößerte sich zunehmend. Tante Bela verwöhnte Peter, im Gegensatz zu anderen Erwachsenen, nicht ununterbrochen. Sie freute sich über seine Besuche, bei denen er dennoch ihre Traurigkeit spürte – eine Traurigkeit, die wohl aus ihrer Gefangenschaft in Ravensbrück erwuchs, von der er nichts wusste, aber manches spürte. So verweilte er jeweils nur kürzer bei Tante Bela, als Zwischenstation während seiner Erkundungen durch die Stadt.

Die Wiederbegegnung mit Tante Zdenka im Jahre 1989, nach 38 Jahren, rief in Finkelgruen starke Erinnerungen an seine Zeit als Kind in Prag wach:

„In der Nähe von Tante Bela wohnte Maruska. Sie besuchte ich lieber. Dort bekam ich etwas zu essen oder zu naschen. Maruska war nicht traurig, ihre Wohnung wirkte belebter, das Radio war häufig an, und ein Mann war auch immer anwesend. Beide Straßen waren nahe dem jüdischen Viertel, das mich besonders anzog. Immer wieder streifte ich dort durch die Straßen, ging auch in einzelne Häuser, als suchte ich etwas“ (Finkelgruen, 1992, S. 18).

Peter streifte auch immer mal wieder über den jüdischen Friedhof, mit seinen zahlreichen Treppen, Biegungen und Fluren. Ein Irrgarten. Verworren wie seine eigene Biografie. Bei einer dieser abenteuerlichen Erkundungsgänge geriet er in eine jüdische Zeremonie, die feierliche Beschneidung eines Kleinkindes. Peter – das Kind eines jüdischen Vaters und einer katholischen Mutter – fühlte sich verunsichert, fremd, verängstigt. Er wurde, ungewollt, Zeuge etwas „Verbotenes“; das bei der Beschneidung verwendete Messer macht ihm Angst. Einer der Anwesenden richtet die Frage an den Jungen, ob er selbst auch Jude sei. Peter ist verwirrt, vermag die Frage nicht zu beantworten. Diese Szene bleibt ein Mythos, ungeklärt, unbesprochen, beängstigend: “Wie ich aus dem Raum und aus dem Haus herauskam, weiß ich nicht mehr. Ich war in einer anderen Welt gewesen“ (Finkelgruen, 1992, S. 23).

1989 besucht Finkelgruen auch die 90-jährige Tante Bela. Rasch vermag sich die betagte Dame an ihre Begegnungen mit Peter zu erinnern. Sie erzählt von ihrer 47 Jahre zurückliegenden Verhaftung, von der Ermordung ihres Mannes und ihres Sohnes in der Kleinen Festung, ihrer Bekanntschaft mit Anna Bartlova im Lager – und sie erinnert sich, als Zeitzeugin, an die Ermordung seines Großvaters Martin Finkelgruen, neun Monate und einen Tag nach seiner eigenen Geburt. Peter Finkelgruen ist erschüttert, wie gelähmt:
“Sie redet ununterbrochen, erwähnt Details, von denen ich nichts gewusst habe. Was sie mir zu sagen hat, macht mich stumm. Die gerade 90 Jahre alt gewordene Frau schildert, unterbrochen von Schwäche- und Weinanfällen, die Ermordung von Martin Finkelgruen. Großmutter hatte mir all die Jahre über erzählt, dass er in der Kleinen Festung umgebracht worden war. Aber nicht, von wem und auf welche Weise.

Sie wusste es nicht. Ich weiß es jetzt. Dieser Malloth hat ihn erschlagen“ (Finkelgruen, 1992, S. 25).

Großmutter Anna, die Peter vor allem als starke und kämpferische Frau in Erinnerung hat, hatte nie auch nur Anzeichen von Trauer, von Schwäche gezeigt. Sie musste und wollte stark sein, sich von ihren grausamen Erfahrungen nicht zerstören lassen. Platz für Erinnerungen, für Trauer über das Verlorene, schien nicht vorhanden. Voller Stolz hatte Anna ihm von ihrem Überlebenskampf, aber auch von den Auszeichnungen ihres Partners, des geachteten deutschen Bürgers, berichtet. „Von ihrer Trauer und ihrem Leid“ (Finkelgruen, 1992, S. 31) erfuhr er erst viele Jahre nach ihrem Tod, von der betagten Tante Bela. Nun erst hörte er von dem tiefen Weinen, der Verzweiflung seiner Großmutter wegen der Ermordung ihres Mannes durch den SS-Mann Malloth. Dieses Gespräch mit Bela trug Peter Finkelgruen wieder zurück in seine Kindheit in Shanghai, zurück zu seinem jüdischen Großvater:

„Ich war auf dem Weg zurück – zurück von der letzten Station auf dem Lebensweg meines Großvaters Martin“ (ebda.), bemerkt er. Zugleich war dies die Geburt seiner beiden autobiografischen Erzählungen (Finkelgruen, 1992, 1997).

Nach diesem Gespräch besuchen Peter Finkelgruen und seine Frau Gertrud Seehaus gemeinsam Theresienstadt, die Kleine Festung. Den Ort, an dem Martin Finkelgruen am 10.12.1942 vom „schönen Toni“ – wie Malloth seinerzeit genannt wurde – totgeschlagen wurde: „`Mit diesem Juden werden wir auch noch fertig. den werden wir erledigen,´ soll der Mörder gesagt haben, während er Martin Finkelgruen zu Tode prügelte und auf ihm herumtrampelte“ (Finkelgruen, 1992, S. 25).

Jugend in Israel (1951-1959)

Israel war und bleibt eine zentrale emotionale und politische Orientierung für Peter Finkelgruen. Hierhin kam er im Alter von neun Jahren – drei Jahre nach der Staatsgründung Israels – , gemeinsam mit seiner Großmutter Anna, hier lebten seine Tante Rachel (ehemals Dora) und sein Onkel Israel (ehemals Gerhard). Acht Jahre lebte Peter in Israel, lernte hebräisch – welches er auch heute noch fehlerfrei spricht. Vom Frühjahr 1951 bis 1959 lebte er in Israel, besuchte dort eine schottische Schule und ein englisches Internat, 1959 legte er ein englisches Abitur ab. Er war – und ist – mit Israel identifiziert – und war in dem jungen jüdischen Staat doch in einer gewissen Weise ein Fremder. Immer wieder ist er dorthin zurück gekehrt, auch beruflich, so von 1981 – 1988 als Israel – Korrespondent der Deutschen Welle sowie als Vertreter der Friedrich Naumann Stiftung in Jerusalem. Seine Tante und seinen Onkel konnten Kinobesucher in Schuberts autobiografischem Film über Finkelgruen erleben. Dem Filmemacher Dietrich Schubert gegenüber empfindet er heute noch Dankbarkeit für seine Feinfühligkeit.

1951 reiste Peter mit Anna an Bord des Dampfers Negba von Prag mit dem Zug über Wien, Bozen und Verona nach Venedig, und von dort aus mit dem Schiff nach Israel. Mittellos. Wohl 30 Jahre später erinnert er sich bei einem Wiederbesuch in Piräus an seine damalige abenteuerliche Reise in das „Gelobte Land“: „Neben anderen Passagierschiffen im Hafen von Piräus wirkt die Sea Wave wie ein museales Relikt aus der Zeit, als noch abenteuerliche kleine Dampfer jene Flüchtlinge  an die Küsten des Gelobten Landes brachten, die Europa als nicht bewohnbaren Kontinent erlebt und ihm den Rücken gekehrt hatten“ (Finkelgruen, 1997, S. 21).

Die Reise symbolisierte für ihn einen Übergang, von einer Lebensstation zu einer anderen, immer auf der Suche nach Sicherheit, nach „Heimat“ – die es für ihn emotional nicht gab und wohl auch nicht gibt. Sicherheit, Freiheit von Ängsten, erlebte er auf dem Meer, auf der Reise: „Ich aber fühle mich sicher. Reisen und Aufenthalte auf Schiffen sind für mich immer eine Zuflucht. Alle Ängste und Gefahren, die mich an Land bedrängen, werden zurückgelassen, scheinen sogar zu verschwinden. Unterwegs ist ein sicherer Ort“ (Finkelgruen, 1997, S. 23f.).

Als er in Israel ankam hatte er vielerlei ungeordnete, nicht verstehbare Erinnerungen bei sich, Erinnerungen an fremde Orte, familiäre Geheimnisse, an Verluste. Dabei hatte er nur einen kleinen Koffer, mit den wenigen Dingen, die ihm gehören und mit denen er seine Erinnerungen emotional zu verknüpfen vermochte. 30 Jahre später erinnert er sich: „Auch der kleine Koffer mit Erinnerungen wird wohlbehalten in Haifa an Land kommen. So wie beim ersten Mal – vor über 40 Jahren“ (Finkelgruen, 1997, S. 24).

Bereits auf der Schiffsreise wird dem Neunjährige, der immerhin bereits vier Sprachen spricht – „Ich konnte in jeder dieser Sprachen ziemlich akzentfrei reden“  (Finkelgruen, 2002a, S. 210) – , seine eigene Fremdheit in dem jungen jüdischen Staat bewusst. Die hebräische Sprache, in der sich viele seiner Mitreisenden unterhalten, ist ihm vollständig unvertraut. Er erlebt erstmals israelische Lieder und Tänze, die ihm fremd sind.

Der Empfang am Hafen von Haifa durch Tante Dora und Onkel Israel, misslingt: Sie verfehlen sich, treffen sich erst im Kibbuz

Hammakabi wieder, wo seine Verwandten leben. Der Kibbuz Kfar Hammakabi liegt im Norden Israels, südwestlich von Haifa gelegen, in unmittelbarer Nähe zum bekannten Kibbuz Ramat Yohanan. Ramat Yohanan wurde durch Bruno Bettelheims Kibbuz – Studie „Die Kinder der Zukunft“ (1973) international bekannt; diese Studie basierte auf einem siebenwöchigen Studienaufenthalt im Kibbuz Ramat Yohanan. ((Siehe den Beitrag von Ran Edelist (2003): Die Kinder des Traums. Bruno Bettelheim und die aktuelle Bestandskrise der Kibbuzbewegung. In: Kaufhold et. al. (Hg., 2003): Bruno Bettelheim (1903 – 2003): “So können sie nicht leben”. Zeitschrift für Politische Psychologie 1-3/2003, S. 245-267.))

Peter wohnte gemeinsam mit seiner Großmutter für einige Monate in diesem Kibbuz, im dortigen Kinderhaus, gemeinsam mit seinem Neffen Michel und einigen weiteren Jungen. Eine Kommunikation gelingt jedoch nicht, er muss erst das ihm sehr fremde Hebräisch lernen. Der Leiter der Schule, Gad, gibt ihm vormittags Hebräischunterricht: „Nach dem Unterricht (…) wanderte ich allein im Kibbuz herum. Es gab so vieles, was für mich neu, unbekannt und unverständlich war, aber niemanden, der es mir erklärt hätte“ (Finkelgruen, 1997, S. 40).

Ein kleiner zeitlicher Sprung: Viele Jahre später erlebte der jugendliche Peter im Kibbutz Ein Harod – der sich anfangs als ein kommunistischer Kibbutz verstand – eine Spaltung zwischen Stalinisten und anderen sozialistischen Kibbutzim, die er als Antistalinisten wahrnahm: Aufgrund unüberbrückbarer Differenzen über die eigene Beziehung zur Sowjetunion – im Kontext einer verschärften Wahrnehmung der antisemitisch geprägten Prager Prozesse gegen Rudolf Slansky (1952) – kam es zu einer auch optisch inszenierten Spaltung dieses Kibbutz: Bis heute in ihm haften geblieben ist das Bild eines den gemeinschaftlichen Speisesaales trennenden Seiles: In einer Saalhälfte speisten die moskautreuen Kibbutzniks (Mapam-Anhänger), in der anderen die „Antistalinisten“ (Mapai-Anhänger). Die weltanschaulichen Differenzen waren nicht lösbar. 1952 kam es zu einer Spaltung in zwei verschiedene Kibbutzim.

Anna fühlte sich im Kibbuz nicht wohl. Nach wenigen Monaten, 1952, siedelten sie in die winzigen Gemeinde Kfar Samir bei Haifa über, einem arabischen Dorf; Peter erbaute dort mit Hilfe eines älteren Arabers ein winziges, etwas vier mal fünf Meter großes Haus, in dem sie sieben Jahre lang wohnten. Der vor dem Haus gelegene Brunnen, aus dem er mit einem Seil und einem Eimer regelmäßig Wasser holte, beeindruckte Peter sehr, regte seine Phantasie an. Immer wieder schrieb er hierüber. Am Brunnen begegnete er häufig palästinensischen Ziegenhirten, die dort regelmäßig ihre Tiere stillten. Er erhielt von ihnen täglich eine Ration Ziegenmilch.


Peters Heim in Kfar Samir (ehemals Neuhardthof)  circa 1954

Nun, wo sie erstmals etwas zur Ruhe gekommen war, wo Peter etwa zehn Jahre alt war, erzählte ihm seine Großmutter erstmals etwas über seine Familie, seine Ursprünge. Peter bemühte sich – so empfindet er es heute – , sich seiner geliebten Ersatzmutter anzupassen, ihr zu helfen, nicht gegen familiäre Tabus zu verstoßen. Dafür zahlte er einen hohen Preis: „Mehr als fünf Jahrzehnte hat es gedauert, bis mir langsam deutlich wurde, dass die Ängste meiner Kinder- und Jugendjahre nicht einfach verschwinden konnten. Sie sind immer noch da und bahnen sich erneut ihren Weg“ (Finkelgruen, 1997, S. 65).

Das Haus existiert nicht mehr. In Schuberts Kinofilm „Unterwegs als sicherer Ort“ sehen wir eine Großbaustelle, mit einer zweispurigen Landstraße. Wir erleben Peter Finkelgruen auf einer beharrlichen, von tiefen Ängsten durchwobenen Spurensuche.


Filmszene, Auf Spurensuche im Kibbuz in „Unterwegs als sicherer Ort“

Peter Finkelgruen erinnert sich in seinem Buch „Erlkönigs Reich – Die Geschichte einer Täuschung“ an zwei alte Brunnen bei dem kleinen Haus in Kfar Samir bei Haifa, das seine Großmutter Anna für sich und ihn 1952 nahe am Sandstrand errichten ließ: „Vor mir liegt eine Dissertation aus dem Jahre 1937. (…) Aus dieser Dissertation erfahre ich, dass die ersten Häuser an diesem Ort im Jahre 1900 erbaut worden sind. Ich erfahre, dass der Ort damals Neuhardthof hieß und eine deutsche Siedlung war. Die Gründer dieser Siedlung hatten dort diese Brunnen gebohrt“ (Finkelgruen, 1997, S. 66).

Großmutter Anna, die ihren jüdischen Lebenspartner in der Tschechei versteckt und hierfür inhaftiert und in verschiedene Konzentrationslager verschleppt worden ist, hat die Konzentrationslager Ravensbrück, Auschwitz und Majdanek überlebt. Dennoch wusste Peter nichts Genaueres über Konzentrationslager. In Kfar Samir wurde Peter Finkelgruen erstmals persönlich mit den verheerenden seelischen Folgen der Schoah konfrontiert: Im südlichen Ende ihres Dorfes lebte ein älterer Mann, dem er gelegentlich im Lebensmittelladen begegnete. Dieser sprach Rumänisch und Ungarisch; auch Anna sprach rumänisch, wie Peter gewahr wurde. Eines Morgens erwachte er, nahm laute, verzweifelte Schreie seiner Großmutter wahr. Er lief hinaus, seine Großmutter lag auf dem Boden, der alte Mann schlug immer wieder auf sie ein, suchte nach einem Stein. Erst als er Peter erblickte ließ er, in einem tranceartigen Zustand, von Anna ab, ging ganz langsam wieder in sein Haus zurück. Finkelgruen erinnert sich:

„Auch nachdem sich ihr Atem ein wenig beruhigt hatte, erklärte sie mir ein wenig. Nur soviel habe ich von ihr erfahren: der Mann habe sie geschlagen, weil er gemerkt hatte, dass sie deutsch mit mir sprach. Er sei auch im Lager gewesen. Verstanden habe ich damals nicht, was sie gesagt hat“ (Finkelgruen, 1997, S. 70). ((Vergleich hierzu auch Finkelgruens Erzählung „Der Bus war halb leer“ (2009), in der er in literarischer Form eine vergleichbare Szene aus seiner Kindheit entfaltet. Auch hierin geht es um die Themen der Sprachverwirrung, der Heimatlosigkeit und der Ängste. http://www.exilpen.de/Documents/anthologie_kaufhold_rez_090715.html))

Ein Jahr lang ging Peter, gemeinsam mit dem ältesten arabischen Sohn eines ortsansässigen Töpfers, in Haifa in eine Schule, die von französischen Patres betrieben wurde. Der Unterricht dort fand in französisch und arabisch statt: „Ich verstand noch weniger als in Ivrith. Ich wurde krank, bin tagelang abgehauen, kannte Haifa von oben bis unten. Ich ging in Antiquariate statt zur Schule. Jerry-Cotton-Hefte, Zeitschriften wie Stern und Kristall, nach und nach deutsche Bücher. Was die deutschen Juden so mitgebracht hatten. Man kaufte die Bücher und verkaufte sie wieder an denselben Laden für einen geringeren Betrag So funktionierte das Ausleihen. Dann kam ich in ein schottisches Internat. Der anglikanische Pfarrer dort war eine Lichtgestalt für mich, eine Art Vaterersatz. Alle Jungen mochten ihn, und alle mit problematischem Hintergrund. Auf der Schule gab es Christen, Mohammedaner, Juden, was man heute eine integrierte Gesamtschule nennen würde“ (Finkelgruen, 2002a, S. 208). Danach besuchte Peter Finkelgruen ein englisches Internat und legte an der von der Church of Scotland geführten Tabeetha School in Jaffa sein Abitur ab. (Foto: Peter als Abiturient in Jaffa 1959)

Israel ist seit seiner Staatsgründung von massiver terroristischer Gewalt bedroht worden. Während seiner neun Jahre in Israel wurde auch Finkelgruen – der seinerzeit zahlreiche Kontakte zu israelischen Palästinensern sowie zu Beduinen hatte – mehrfach Zeuge solcher Gewaltakte. 2002 merkte er hierzu an:

In meiner Jugend in Israel „befand ich mich in einer Umwelt, in der ich zum ersten Mal mit Muslimen in Kontakt kam – die zudem gegen den Staat Krieg führten, der mir und den wenigen Angehörigen meiner Familie, die die NS-Zeit überlebt hatten, Zuflucht und Heimat bot. Schon zu dieser Zeit kamen palästinensische Terroristen in Selbstmordmissionen über die Grenzen und griffen Bewohner grenznaher israelischer Dörfer an. Zwischen 1949 und 1956 wurden 1300 Israelis von den Fedayjin, wie sich die Selbstmordattentäter nannten, getötet. An mein Erschrecken darüber, dass sich Menschen in der Überzeugung, ins Paradies zu kommen, wie in Trance in den Tod stürzen, kann ich mich gut erinnern. Was sollte das für ein Gott sein, der Mord und Selbstmord mit Erlösung lohnt? Schon damals war ich mir intuitiv sicher, dass Gott mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun haben konnte (Finkelgruen, 2002b).

Ein Leben in Deutschland

Nach dem Abschluss der Schule war die Lebenssituation für Peter sehr schwierig: In Deutschland hatte er als Jude gegolten, in Israel war er hingegen wegen seiner christlichen Mutter und seines jüdischen Vaters kein „richtiger“ Jude. Auch die ökonomische Situation war sehr schwierig. Eines jedoch wusste der 17-Jährige mit Gewissheit: Er wollte studieren. Dies war ihm in Israel der späten 1950er Jahre nicht möglich. Auch spürte er den Wunsch seiner Großmutter, doch wieder in das ihm vollständig unbekannte Deutschland zurück zu kehren – in das Land der Mörder.

Gesprochen hat sie mit ihm hierüber wohl nie. Nur am Rande, durch Zufall, erfuhr er von ihren Versuchen, Ansprüche auf das Eigentum ihres – wie sie seinerzeit noch nicht mit Gewissheit wusste – ermordeten Ehemannes zur Geltung zu bringen. Erst bei seinen Recherchen findet er Briefe seiner Mutter und seiner Großmutter, in denen sich deren schwierige Lebenssituation sowie ihre bohrende Angst um ihre Familie widerspiegelt. Kurz nach der Befreiung Shanghais, am 30.4.1946, schrieb sie an ihre Schwägerin Dora Rachel in Israel:

„Von Vater kein Wort, und ich glaube auch jetzt, dass er wohl nicht mehr lebt. Hoffentlich wird die erwartete Nachricht nicht zu grausig und hart sein. (…) Meine Mutter, eine kluge und lebenstuechtige Frau, ist in den vorangehenden Jahren von Vati so verwoehnt worden, dass ich mir ihr Leben gar nicht allein vorstellen kann, und wenn sie mir im KZ lebend erhalten geblieben ist, so moechte ich doch gerne mit ihr und Peterle, dem kleinen Andenken, was uns geblieben, zusammen sein…“ (Finkelgruen, 1997, S. 58f.) Auf der Rückseite findet sich ihr handschriftlich geschriebener Zusatz: „Ehe ich dazu kam, den Brief mit der Maschine zu schreiben, ist so ziemlich alles überholt. Inzwischen erhielt ich von Mutter die Gewissheit, dass Vati nicht mehr lebt. Mutter kann nicht in der C.S.R. bleiben, und ich kann auch nicht mehr dorthin zurück. Wir werden uns eine neue Heimat suchen müssen und trägt sich Mutter mit dem Gedanken, nach Bamberg gehen“ (Finkelgruen, 1997, S. 59).

Dass das Schicksal ihn nach Freiburg verschlug musste vom jungen Peter Finkelgruen als ein reiner Zufall erlebt werden. Er kannte nur einige deutsche Städte vom Namen her, wusste ansonsten nichts mit ihnen zu verbinden. Von der Universitätsstadt Freiburg hatte er gehört. Er übernahm für seine Großmutter die Korrespondenz mit deutschen Behörden, in diesem Fall mit dem Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Freiburg. Mit einem israelischen (sowie einem tschechischen) Pass reisten die beiden nach Deutschland. In dem ihm völlig fremden Deutschland wurde er erneut mit einem ihm „vertrauten“ Gefühl konfrontiert: einem „Hauch von Ungewissheit, von Fremdheit“ (1997, S. 44).

Peter lebte in Freiburg zusammen mit seiner Großmutter anfangs als Untermieter einer Frau Dr. Diel, die sich als Schriftstellerin vorstellte und das Vermieten als eine Großzügigkeit darstellte. Peter war seelisch mit der Bewältigung der alltäglichen Anforderungen des Lebens beschäftigt – etwa der Anerkennung seines englischen Abiturs. Dennoch spürte er immer wieder das Gefühl eines diffusen, sprachlosen Bedrohung.

In seiner kürzlich verfassten autobiografischen Skizze hat er die historisch-biografischen Gründe für seine Bedrohungsgefühle im Lande der Täter im Rückblick so beschrieben:

„Wer lange nach 1945 geboren und vielleicht in der Sowjetunion sozialisiert wurde, mag keine großen Ängste beim Anblick deutscher Uniformen gehabt haben, als er in die Bundesrepublik kam. Ich hatte Herzklopfen und Ängste, als ich im Sommer 1959 nach Deutschland kam. Ich musste Techniken entwickeln, mich gegen diese Angst zu wappnen. Dazu gehörte, dass ich erst lernen musste, in welchem Land, in welcher Gesellschaft ich mich befand: Deutschland war das Land, das mich ausgestoßen hatte, noch ehe ich überhaupt auf der Welt war. Deutschland hat mich nicht willkommen geheißen. Keine deutsche Regierung, seit Gründung der Bundesrepublik, hat je die Juden, die vertrieben und jene, die überlebt haben, für willkommen erklärt, sie gar gebeten, wenn sie es denn für möglich hielten, wieder nach Deutschland zu kommen. Im Gegenteil“ (Finkelgruen, 2012).

Vieles war dem jungen Studenten im Deutschland der späten 1950er Jahre unvertraut. Vieles macht ihm Angst. Von der deutschen Literatur kannte er nur wenig. Beim Stöbern in den Büchern seiner Vermieterin, Frau Diel, wenige Monate nach seiner Ankunft in Deutschland, fällt ihm ein 1937 erschienenes Buch in die Hände, welches seine Vermieterin über Mussolini verfasst hatte. Hierin findet er ein Geleitwort Görings. Das Buch war von einer bewundernden Darstellung Mussolinis geprägt. In einem anderen Buch findet er einen Stempel: „Dr. Louise Diel, Mitglied der Reichsschrifttumskammer“ (1997, S. 57). Der junge Student vermochte dies nicht einzuordnen, zu verstehen. Er verspürte eine Irritation, eine Beunruhigung. 40 Jahre später sollte er hierzu anmerken: „Es gab noch vieles, was ich lernen mußte, wenn ich verstehen wollte, wo ich mich befand“ (Finkelgruen, 1997, S. 57).

Spätere Versuche seiner Großmutter, eine finanzielle Entschädigung für ihre ermordeten Verwandten sowie für die von ihnen geraubten Besitztümer zu erhalten verliefen im Sande. Und Peter Finkelgruen begegnete in den amtlichen deutschen Schreiben einer Sprache, einer Kälte, die seine Beziehung zu Deutschland erschütterte. Sie kulminierte in seinem – u.a. in seinen zwei Büchern sowie auf haGalil dokumentierten –  über zehnjährigen Gerichtsprozess gegen den Mörder seines Großvaters, Anton Malloth (s.u.); wie auch, 2009, in seinem Hungerstreik gegen die Berliner Entschädigungsbehörde (s.u.).

Am 27.1.1960 schrieb eine Anwältin lapidar an seine Großmutter: „In der Akte der Ansprüche nach Herrn Martin Finkelgruen hat das Amt festgestellt, dass Ansprüche wegen Vermögensschadens nicht in Betracht kommen … In jedem Fall werden wir die Bearbeitung einstellen und die Akte weglegen“ (1997, S. 59).


Peter als junger Rundfunktredakteur, 1963 in Köln

Einige berufliche Stationen seien genannt: Nach dem Studium in Freiburg, Köln und Bonn arbeitete Finkelgruen seit 1963 in Köln als Rundfunkredakteur und Sprecher bei der Deutschen Welle. Von 1964 bis 1966 arbeitete er als Leiter des Bonner Büros der Zeitschrift Jewish Observer and Middle East Review; hierbei lernte er die Grundlagen des journalistischen Berufs. 1966 kehrte er wieder als Redakteur zur Deutschen Welle zurück und arbeitete von 1981 – 1988 als deren Israelkorrespondent in Jerusalem. Diese Jahre nach dem Libanon-Krieg (1982) waren in Israel von großen Hoffnungen auf einen Friedensprozess erfüllt. Es kam zu zahlreichen Begegnungen zwischen prominenten Israelis und Palästinensern, an deren Zustandekommen Peter Finkelgruen in seiner Funktion als Leiter der FDP-nahen Friedrich Naumann Stiftung in Jerusalem involviert war.

Im Januar 1984 kam es anlässlich des Staatsbesuches von Bundeskanzler Kohl in Jerusalem zu einem kleinen, antisemitisch getönten diplomatischen Eklat, an den Ulrich Sahm ((Vgl. den erinnernden Beitrag von Ulrich W. Sahm zu diesem Eklat in diesem haGalil-Themenschwerpunkt zu Finkelgruen.))(2010) kürzlich erinnert hat: Ein Diplomat der Deutschen Botschaft wollte ausgerechnet Peter Finkelgruen als einzigen deutschen Journalisten von einem Empfang wieder ausschließen – unter Hinweis auf dessen jüdischen Familiengeschichte:

„Befremdlich war ein Treffen mit einem Diplomaten der deutschen Botschaft in Tel Aviv. Es liegt einige Jahre zurück. Die Botschaft hatte bei Einladungen und Begegnungen mit deutschen Korrespondenten beschlossen, zwischen „Entsandten“ und „Ortsansässigen“ zu unterscheiden. Die Korrespondenten protestierten. Während der Diskussion kam die Frage auf, wieso denn Peter Finkelgruen, damals von der Deutschen Welle „entsandt“, ebenso nachteilig behandelt wurde wie die „Ortsansässigen“. Aus dem Diplomaten platzte heraus: „Aber der ist doch Jude“ (Sahm, 2010).

Seine Großmutter Anna starb 1967. Seinen Sohn, dies sollte noch erwähnt werden, benannte er nach seinem jüdischen Großvater Martin. Anna Bartl, die dies noch erlebte, freute sich darüber.

Freie jüdische Stimme (1979 – 1980)

1979 beteiligte sich Peter Finkelgruen an einem nur kurzlebigen, dennoch bemerkenswerten publizistischen Projekt. Er tat sich mit einem jungen, sich seinerzeit als politisch sehr „links“ verstehenden jüdischen Publizisten zusammen, der nach neuen Bündnispartnern und Betätigungsfeldern suchte: Mit dem 1944 in Polen geborenen, seinerzeit ebenfalls in Köln lebenden Henryk M. Broder. Broder hatte sich in den Jahren zuvor öffentlich – insbesondere auch optisch – als entschlossener Vertreter des Apo stilisiert. So publizierte dieser in der Ausgabe Nr. 2 (August 1979, S. 7) der Freien Juedischen Stimme einen mit „Hat er? Oder hat er nicht? Über das Erinnerungsvermögen von Franz Josef Strauss“ betitelten Beitrag.

Seine weitere Entwicklung dürfte bekannt sein.

Gemeinsam gaben sie im Selbstverlag diese nur ein gutes Jahr bestehende Zeitschrift heraus; sie erreichte zehn Ausgaben, hatte ein Zeitungsformat und betrug 8 – 12 Seiten.

Im August 1979 publizierte Peter Finkelgruen in der Feien Juedischen Stimme eine Replik auf einen Beitrag des FDP-Abgeordneten Möllemann, der sich bereits seinerzeit als Interessenvertreter palästinensischer Gruppierungen – insbesondere der damaligen PLO – verstand und dessen spätere Entwicklung hin zu seinen als antisemitisch interpretierten Angriffen und Ausfällen gegen mehrere jüdische Persönlichkeiten bereits seinerzeit absehbar war.

Seinen Beitrag aus dem Jahr 1979 betitelte Finkelgruen mit „Warum ich gegen die Anerkennung der PLO bin“ – um als erläuternden Untertitel hinzuzufügen: „ – zum jetzigen Zeitpunkt durch die Bundesrepublik.“ Seine intimen Analysen sind von einer bedrückenden Aktualität. Nichts hat sich geändert, psychologisch gesehen.

Bereits in seiner Einleitung ordnet er Möllemanns gezielten politischen Initiativen für eine Unterstützung der PLO in den historischen Kontext ein, mit dem er selbst besonders nachteilige Erfahrungen gemacht hat. Er hebt hervor: „Die scheinbare Absetzbewegungen – nach Berichten über einen sogenannten Acht-Punkte-Plan – dürfen niemanden täuschen. Jürgen Möllemanns außenpolitische Aktivitäten sind nicht Eskapaden eines – gar isolierten – Einzelgängers. Sie knüpfen an eine Tradition der auswärtigen Politik an, sie sind die akkurate Widerspiegelung der herrschenden Meinung im Bundeskanzleramt, im Auswärtigen Amt und auch im größten Teil des Deutschen Bundestages“ (1979, S. 5).

Als hätten wir das Jahr 2011 konstatiert Finkelgruen, als Reaktion auf Möllemanns taktische Manöver, nüchtern: „Seit Anfang der 70er Jahre ist der Antizionismus in der Bundesrepublik gesellschaftlich und politisch „in“. Anfangs wurde er in den Reihen sogenannter „Linker“ gepflegt; Bonner Politikern war diese Erscheinung recht, um mit ihr die gesamte Linke als antisemitisch und terrorfreundlich (…) anzuprangern“ (ebd.). Und er fügt hinzu: „Gleichzeitig profitierten sie von dem Effekt, dass die Hemmschwelle gegenüber häufig gehandelten begriffen in der Gesellschaft langsam sinkt. Damit war die Drecksarbeit geleistet: Der Antizionismus war auf eine perfide Art gesellschaftsfähig gemacht worden“ (ebd.). Er beschreibt die sachliche Notwendigkeit für den demokratischen Staat Israel, die Themen der jüdischen Identität, der Beziehungen zu den arabischen Staaten, die Lösung der Flüchtlingsfrage sowie zu der arabisch-jüdischen Minderheit in Israel gesamtgesellschaftlich zu klären – ein Projekt, in welchem Israel bis heute leider kaum wirkliche Fortschritte gemacht hat, wofür es wiederum vielerlei Gründe gibt. Er fügt hinzu: „Was die Situation der in Israel lebenden Araber angeht, so kann kein Zweifel darüber bestehen, dass sie faktisch Bürger zweiter Klasse sind und dass diese beschämende Tatsache ein schleichendes, lähmendes und schließlich tötendes Gift für das israelische Judentum sein wird“ (ebda.), betont jedoch zugleich illusionslos: „Realität ist die Tatsache, dass seit der Gründung des Staates Israel kein arabischer Staat bereit war, Friedensverhandlungen mit Israel auch nur in Aussicht zu nehmen. Bis 1977 war das Ziel  a l l  e r  arabischen Staaten die Vernichtung des Staates Israel. Versuche wurden immer wieder gemacht. Kriege wurden von den arabischen Anrainerstaaten vom Zaun gebrochen – und verloren“ (ebda.).“ Die palästinensischen Flüchtlinge der 1948er – Auseinandersetzungen wurden von zahlreichen arabischen Gruppierungen für ihre sehr eigenen Interessen instrumentalisiert; ein Interesse an einer wirklichen Lebensperspektive vermag Finkelgruen bei diesen Gruppierungen nicht zu erkennen. Die von Möllemann vertretenen außenpolitischen Ambitionen zur Anerkennung der PLO sieht er vor allem motiviert durch die Angst in Deutschland vor einer Ölknappheit sowie der Angst, selbst Opfer palästinensischer Anschläge zu werden. Zugleich kritisiert er die realpolitisch motivierte diplomatische Bereitschaft der israelischen Regierung, „dass ihnen als Verhandlungspartner belastete Nazis serviert wurden“ (ebda.).

In seiner Funktion als Vertreter der F.D.P-nahen Friedrich Naumann Stiftung (1982-1988) sowie als Journalist des Jewish Observer hat Peter Finkelgruen in den 1970er und 1980er Jahren an zahlreichen Gesprächen und Verhandlungen zwischen israelischen und arabischen bzw. palästinensischen Persönlichkeiten teilgenommen, diese zum Teil auch organisiert und moderiert.

Politisches Engagement in der F.D.P. (ca. 1968 – 1977)

In Folge der 1968er – Studentenbewegung wurde der junge Journalist Finkelgruen politisiert. Er schloss sich wohl 1968 – wie ein kleinerer, progressiver Teil der damaligen Studentenbewegung – , der F.D.P. sowie den Jungdemokraten an, die sich auf eine radikaldemokratische Tradition bezogen. In Folge des Neueintritts zahlreicher linksliberalen Mitglieder gelang es in harten Auseinandersetzungen, innerhalb der F.D.P. – die seinerzeit gerade in NRW zum Teil noch durch nationalsozialistische Funktionäre geprägt war ((Siehe hierzu u.a. diese Frontal-Sendung  http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,8132914,00.html)) – eine Kurskorrektur hin zu der sozialliberalen Regierungsära zu erzwingen. Ein Symbol dieses Kurswechsels war die Verabschiedung der Freiburger Thesen im Jahr 1971.

Vertreter dieses linksliberalen Flügels waren u.a. Politiker wie Ingrid Matthäus-Meier, Helga Schuchardt, Günter Verheugen, Andreas von Schoeler, Gerhart R. Baum, Burkhard Hirsch, Ulrich Klug, Hildegard Hamm-Brücher Irmgard Schewe-Gerigk, Heiner Bremer, Volker Perthes, Michael Kleff, Wolfgang Grenz, Wolfgang Albers, Martin Budich, Thilo Schelling und Christoph Strässer. In Köln entstand 1979 in der Roonstraße das „Liberale Zentrum“, ein sozialer Ort, wo „von der FDP vertriebene liberale Geister Ende der Siebziger- und Anfang der Achtzigerjahre eine Heimat fanden“, wie sich Michael Kleff erinnerte. ((http://www.lz-koeln.de/docs/Nachruf%20auf%20Gerd%20Rauhaus%20von%20Michael%20Kleff.pdf)) Nach der 1982er – „Wende“ hin zu Helmut Kohl trat der größte Teil des linksliberalen Flügels sowie die Jungdemokraten aus der FDP aus. Einige schlossen sich im Interesse einer Fortsetzung ihrer Karriere direkt der SPD an, andere gründeten die kurzlebigen „Liberalen Demokraten“, wiederum andere waren an dem Aufbau der seinerzeit noch jungen GRÜNEN beteiligt und erlangten dort später höhere Positionen (Petra Roth, Irmgard Schewe-Gerigk, Roland Appel). ((Siehe hierzu den Beitrag von M. Budich/T. Schelling, seinerzeit Vertreter der Jungdemokraten   http://www.ld-oberhausen.de/Budich.Schelling.pdf))

Ausgetreten ist Finkelgruen bereits 1977 aus der F.D.P. nach der sogenannten „Affäre Traube“. Die F.D.P. besaß dennoch die Größe, ihn von 1982 – 1988 als Jerusalemer Vertreter der Friedrich Naumann Stiftung einzusetzen. Finkelgruen – der seitdem keiner politischen Partei mehr angehört hat – schildert  dieses Phase seines Lebens so:

„Eingetreten bin ich in die Freie Demokratische Partei des Ritterkreuzträgers Erich Mende, weil ich zu der Erkenntnis gelangt war, dass die SPD bei Wahlen keine eigenständige Mehrheit gewinnen würde. Um die CDU Konrad Adenauers abzulösen, um der Zeit der  fürchterlichen Restauration, personell symbolisiert par pro toto durch die Globkes, Oberländers und Vialons, ein Ende zu machen, musste die F.D.P. zu einem Koalitionspartner umgewandelt werden. Durch neue Mitglieder wurden neue Mehrheiten geschaffen. Es kam zur sozialliberalen Koalition. Auf dem Weg dahin durfte ich das Erlebnis genießen, 1970 Landtagskandidat der F.D.P. zu werden – mit einem durchaus beachtlichen Ergebnis an Erststimmen im Wahlkreis Köln-Nord.  Auf dem Weg dahin aber musste auch anderes erleben: z. B. parteiinterne Verfahren wegen parteischädigendem Verhaltes. Ironischer Weise war es der ehemalige HJ Führer aus dem Sudetenland, Siegfried Zoglmann, der mir in diesem Verfahren dann schriftlich bescheinigen mußte, ich hätte der F.D.P. keinen Schaden zugefügt. Ich musste auch erleben, dass bei einem Treffen mit gleichgesinnten jungen Parteifreunden ich in eine Situation geriet, in der mir langsam und stockend berichtet wurde, man sei anonym angerufen worden, ob man wirklich „mit diesem Juden kooperieren“ wolle. Bei einem Landesparteitag durften ich und andere erleben, hinter den Kulissen vom damaligen Parteivorsitzenden Scheel brüllend zusammengestaucht zu werden, weil wir es gewagt hatten, den liberalen Strafrechtler Prof. Ulrich Klug als Gegenkandidaten zu dem NS-belasteten Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses  Dr. Ernst Achenbach aufgestellt zu haben. Aber ich erlebte eben auch die Solidarität jener, die um die historischen Zusammenhänge wussten. Ausgetreten aus der F.D.P. bin ich anlässlich der sogenannten „Traube-Affäre“. ((Klaus Traube (Klaus Robert Traube; * 25. Februar 1928 in Hannover) ist ein ehemaliger Umweltforscher und Manager, der vom Befürworter zum Gegner der Atomenergienutzung wurde. Im Dritten Reich waren Klaus Traube und seine Familie antisemitischer Verfolgung ausgesetzt; sein Vater nahm sich 1936 das Leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte Traube in Braunschweig Maschinenbau. Er studierte zudem romanische Philologie. Er war wissenschaftlicher Assistent am Institut für Thermodynamik der Technischen Universität München, an der er auch promoviert wurde.))

Während der Zeit der RAF Hysterie  wurde Traube 1975/76 Opfer eines „Lauschangriffs“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Grundlage war der Vorwurf, die Nähe zu den RAF-Terroristen gesucht zu haben; dieser Vorwurf erwies sich als völlig haltlos. Die am 26. Februar 1977 vom Magazin SPIEGEL aufgedeckte Affäre weitete sich zu einer Regierungskrise aus, in deren Folge der verantwortliche Innenminister Werner Maihofer zurücktrat. Ich wusste um die personelle Kontinuität großer Teile der Sicherheitsdienste, einschließlich des Verfassungsschutzes, und fand es unerträglich, dass alte Nazis wieder Juden verfolgten.“ ((Persönliche Mitteilung von P. Finkelgruen, 1.9.2011))

Die Edelweißpiraten

In Köln und dem umliegenden Rheinland hatte es in der Nazi-Zeit zahlreiche informelle Gruppen von „unangepassten“, teils oppositionellen Jugendlichen gegeben, die sich dem Nationalsozialismus widersetzt hatten – sei es in Form eigener, in der bündischen Tradition stehender Lieder, eigener Kleidung, zum Teil aber auch konkreter Widerstandshandlungen gegen die Nationalsozialisten – die Edelweißpiraten. Sie wurden hierfür verfolgt, einige Edelweißpiraten wurden ermordet. Peter Finkelgruen gehörte Ende der 1970er Jahre zu den ersten Autoren, die diese widerständige Tradition wiederentdeckten, das Ansehen dieser Edelweißpiraten rehabilitierten. Bis in die 1990er Jahre galten die Edelweißpiraten für die öffentliche Meinung und das Justizsystem als „Kriminelle“; die mörderische Tradition des Nationalsozialismus wurde so ungebrochen fortgeschrieben – auch in Peter Finkelgruens neuer Heimatstadt Köln. Peter lernte so Köln von einer anderen, lebensbejahenden, antisemitischen Perspektive aus neu kennen.

Bereits 1979 veröffentlichte er in einem von Broder/Lang herausgegebenen Sammelband den Beitrag Freunde von gestern – und Feinde von heute (oder was mich ein jüdischer Edelweißpirat lehrte). 1980 folgte der Buchbeitrag Köln und die Edelweißpiraten. 1981 ging Finkelgruen für sieben Jahre als Korrespondent nach Israel – und setzte sich dort seit 1982 für die Anerkennung von zwei Edelweißpiraten – hierunter für den kürzlich verstorbenen Jean Jülich – als Widerstandskämpfer ein. Mit ungläubigem Staunen erlebte er, wie der damalige Kölner SPD-Oberbürgermeister Norbert Burger daraufhin in die Kölner Partnerstadt Tel Aviv reiste, um eben diese Rehabilitierung der Edelweißpiraten zu verhindern – vergeblich. Zwei Jahre später, 1984, zahlte sich Finkelgruens Engagement aus: Jean Jülich wurde in einer feierlichen Zeremonie – der zahlreiche aus Köln vertriebene Juden, nun Israelis, beiwohnten – von Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern geehrt.

In Köln selbst jedoch brauchte man noch 20 Jahre, um die Edelweißpiraten zu rehabilitieren: Erst im Jahre 2005 wurden die Kölner Edelweißpiraten offiziell vom damaligen Regierungspräsidenten Jürgen Roters in einer Feierstunde rehabilitiert.

Im Sommer 2011 traten Peter Finkelgruen und der Filmemacher Dietrich Schubert im Rahmen des traditionsreichen Kölner Edelweißpiratenfestival auf. Und in der großen Kölner Gedenkveranstaltung für Jean Jülich vom 26.11.2011 hielt Finkelgruen eine viel beachtete Gedenkrede für Jean.

1989 – 2000: Ein ungesühnter Mord und ein einsamer Kampf mit der deutschen Justiz. Oder: Zurück zu den biografische Anfänge

1988, während seiner Rückreise an Deck der Paloma von Israel nach Deutschland, nach einer siebenjährigen Korrespondententätigkeit für die Deutsche Welle in Israel, hatte er erstmals durch Zufall den Namen des Mörders seines Großvaters Martin gelesen. Ein Jahr später, 1989, berichtete ihm Tante Bela die näheren Umstände des Mordes. Nun, nach seiner Rückkehr nach Deutschland, begann Finkelgruens langer, einsamer Kampf mit der deutschen Justiz (s.o.). Es war eine Erinnerungsarbeit, aber es waren auch Auseinandersetzungen, die zehn Jahre seines Lebens beanspruchten. Er, das Enkelkind des Ermordeten, hatte erneut die Last zu tragen. Nicht die Mörder litten, nicht die Nachkommen der Mörder übernahmen die Verantwortung, trugen zur Aufarbeitung der Verbrechen bei. Das inzwischen 50 Jahre alt gewordene Enkelkind wurde „Geisel der Verhältnisse“ – so auch der Titel seines rückblickenden Buchbeitrages zum Thema (Finkelgruen, 2002).

Finkelgruen war diese Thematik durchaus nicht unvertraut: So hatte er 1979 und 1980 als Journalist den Kölner Lischka – Prozess von Anfang an besucht und journalistisch begleitet. Vor Enttäuschungen schützte dieses Wissen jedoch nicht.

2002 konstatierte er resigniert: „So blieb ich zehn Jahre lang gebunden an den mir inzwischen deutlich sichtbaren Unwillen der deutschen Justiz, Recht anzuwenden“ (Finkelgruen, 2002, S. 104). Und, ebenda: „Die direkte Konfrontation mit Behörden und Politikern erzwang einen Aufwand an Zeit, Geld, Kraft, von dem ich manchmal zweifelte, ihn erbringen zu können. Streckenweise war es eine Vollzeitbeschäftigung – deren Kosten ich auch noch tragen musste“ (Finkelgruen, 2002, S. 104).

1992 publizierte Finkelgruen die „Geschichte eines ungesühnten Mordes“ unter dem Titel Haus Deutschland als Buch. Zwei Jahre später erschien es als Taschenbuch und erreichte eine gewisse Verbreitung. In seiner Einleitung führt Finkelgruen aus: „Eigentlich hatte ich die Absicht, eine Erzählung über meine Eltern zu schreiben. Aber ich stieß auf einen Mord und auf einen Mörder. Ich wechselte vom Chronisten zum Detektiv. Zum Schnüffler. Es war unmöglich, der Lebensgeschichte der Eltern nachzugehen, ohne diesen Mord zu schildern und die Tatsache, dass er zu den Akten gelegt worden war, obwohl Mord und Mörder bekannt sind“ (Finkelgruen, 1994, S. 9). Minutiös wird die Geschichte der staatsanwaltschaftlichen Versuche geschildert, das im Sommer 1988 eingeleitete Verfahren gegen Malloth wegen Mordes wieder einzustellen. Seine Recherchen, sein Briefwechsel mit Justizbehörden, wird dokumentiert. Er stößt auf – im Buch dokumentierte – Schreiben der Konsularabteilung der Deutschen Botschaft und der Deutschen Botschaft, in denen die systematische Verfolgung seiner Familie rekonstruiert werden kann.

Vereinzelt fand Finkelgruen bei seinen Recherchen Unterstützung (Finkelgruen, 2002, S. 109f), vor allem bei  Beate und Serge Klarsfeld, bei Simon Wiesenthal, Ralph Giordano, E. Zuroff und dem haGalil – Betreiber David Gall. Unterstützung fand er aber auch bei Teilen der FDP, der Finkelgruen seinerzeit angehört hatte. Er beschreibt die finanzielle und juristische Unterstützung, die die rechtsradikale Organisation „Stille Hilfe“ für Malloth organisierte. Diese von Gudrun Burwitz, Tochter Heinrich Himmlers, geleitete Organisation setzte sich gezielt für von der Justiz bedrohte ehemalige Nazi-Verbrecher ein (vgl. Finkelgruen, 2002, S. 108; Schröm, Röpke, 2002). Nach zwölf Jahren, im Mai 2000, wurde Malloth in München in Untersuchungshaft genommen und im Mai 2001 schließlich vom Landgericht München wegen Mordes und versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Verurteilt wurde er – so hebt Finkelgruen (2002, S. 117) hervor – wegen „drei von hundert Morden, die Anton Malloth gegangen hat (…) Der Fall meines Großvaters Martin Finkelgruen war nicht einer der Fälle, die zur Verhandlung anstanden.“

1994: Joshua Sobol oder: Großvater Martin in Jerusalem

Im September 1994 inszenierte der bekannte israelische Dramatiker Joshua Sobol Finkelgruens Kampf um die Verurteilung des Mörders in einem Theaterstück. Es ist ein anklagendes Stück, in dem Peter Finkelgruen die Geschichte seiner Familie in Rückblenden erzählt. Verknüpft wird sie mit der Geschichte Anton Malloths. Dieser tritt uns in der Aufführung nicht als Monster, sondern als ein einfacher Mann gegenüber, der durch die äußeren Umständen zum Mörder wurde. Wir erleben auch Tante Bella, die Finkelgruen erstmals von der Ermordung seines Großvaters erzählt.

Das Theaterstück wurde in Jerusalem in Anwesenheit zahlreicher Kinder, Enkel- und Urenkelkindern erstmals öffentlich gezeigt. Martin Finkelgruens Geschichte und die seiner Familie werden auf hebräisch erzählt, „die Geschichte seiner Ermordung, die Geschichte seiner Liebe zu Anna und die Geschichte jener, die auch heute noch seine Ermordung nicht Mord und seine Mörder nicht Mörder nennen“, erinnert sich Peter Finkelgruen (1997, S. 60).


Uraufführung „Schöner Toni“, 1994, mit Bruno Klimek und Joshua Sobol

Anschließend wurde das Stück unter der Inszenierung von Bruno Klimek im Düsseldorfer Schauspielhaus unter dem Titel Schöner Toni uraufgeführt; Joshua Sobol, der auch deutsch spricht, übernachtete bei den Vorbereitungen in Peter Finkelgruens Kölner Wohnung. Später wurde das Stück auch in Österreich inszeniert und in einer WDR-Sendung dokumentiert. Gertrud Seehaus und Peter Finkelgruen haben mir den Film in ihrer Wohnung gezeigt. Das Thema fand internationale Beachtung: Michael Lawton, Mitbegründer der Kölner jüdisch-liberalen Gemeinde Gescher La Massoret, publizierte in der New York Times eine mit „Sobol’s Very German Tale of the Holocaust” betitelte Besprechung. Hierin bemerkt er: „His latest play, „Schöner Toni“ (Handsome Toni), tells a very German story: Three generations of German Jews are forced to deal with Germany and its 20th-century history – three generations of false assumptions about the duties of the state toward them. (…) Nevertheless, the play remains a powerful work, with a strong political message about the willingness of Germany’s judicial system to confront its Nazi past. While the Finkelgruens are denied justice by their homeland, Malloth finds his homeland offers him a safe womb to return to at the end of a long life.”

Das Theaterstück wurde in Jerusalem in Anwesenheit zahlreicher Kinder, Enkel- und Urenkelkindern aufgeführt. Martin Finkelgruens Geschichte und die seiner Familie werden auf hebräisch erzählt, „die Geschichte seiner Ermordung, die Geschichte seiner Liebe zu Anna und die Geschichte jener, die auch heute noch seine Ermordung nicht Mord und seine Mörder nicht Mörder nennen“, erinnert sich Peter Finkelgruen (1997, S. 60f).

Zwei Jahre später, 1997, drehte der Kölner Dokumentarfilmer Dietrich Schubert einen autobiographischen Kinofilm über Peter Finkelgruen, betitelt Unterwegs als sicherer Ort. In dieser einfühlsam gedrehten Dokumentation erleben wir Peter Finkelgruen auf der Spurensuche an den Orten seiner Kindheit, auf der Suche nach seinen Wurzeln.


Auf Spurensuche in Shanghai

Erlkönigs Reich. Die Geschichte einer Täuschung (1997)

Mitte der 1990er Jahre erlebte Peter Finkelgruen – er war zwischenzeitlich Mitte 50 – , eine erneute, dramatische Erschütterung seiner jüdischen Identität. Bei seiner Spurensuche entdeckte er ein bestens gehütetes Geheimnis: Seine Großmutter Anna hatte er bisher vor allem als starke Ersatzmutter sowie als Beschützerin ihres jüdischen Ehemannes in Erinnerung. Seinem Buch Haus Deutschland hatte er eine Widmung voran gestellt: „Gewidmet drei Frauen, die drei Juden begleitet haben – meiner Großmutter Anna Bartl die nicht wusste, wie ihr geschah…“ (Finkelgruen, 1992, S. 5). In seinem 1997 erschienenen zweiten Buch Erlkönigs Reich. Die Geschichte einer Täuschung hat er diese erneute dramatische Wendung seines familiären Selbstverständnisses dokumentiert.

Er eröffnet sein Buch mit der Bemerkung: „Dies ist die Geschichte einer Täuschung. Einer Täuschung, die ihr Ende noch nicht gefunden hat (1997, S. 9). Eine Täuschung, die ihn anfangs mit der Kraft einer rohen, rudimentären Gewalt packte: Seine Großmutter, die Auschwitz-Überlebende, der er sich nahe gefühlt hatte, die ihn von Shanghai über Prag nach Israel gebracht hatte, hatte außer ihrer Tochter – seiner Mutter Esti – , noch einen weiteren Sohn gehabt. Erfahren hat er dies erst, als er bereits selbst einen Sohn hatte. Er konstatiert: „Erst als erwachsener Mann erfuhr ich von seiner Existenz, erfuhr damit, dass meine Familie nicht nur aus Opfern, sondern auch aus Tätern bestand. Ein Wissen, das ich sofort verdrängen musste“ (1997, S. 9). Der Sohn seiner Großmutter war bei Kriegsende, im Mai 1945, auf dem Marktplatz der Kleinstadt Kaaden (Böhmen) erschossen worden. Da trug er eine schwarze SS-Uniform.

Als Kind hatte Peter Finkelgruen vor allem ein Frage-Verbot gespürt. Ein Tabubruch spülte Ängste vor „Unmut und Zorn, Strafe und Ächtung“ (1997, S. 11) hervor. Ängste, die sich mit seinen traumatischen Ängsten verknüpften, diese überlagerten und verstärkten. „Ich blieb das unwissende Kind. Ein Kind, dem man nichts sagte und das keine Fragen stellen sollte. Nicht nur Großmutter vermittelte mir diese Erfahrung“, hat Finkelgruen (Finkelgruen, 1997, S. 187) einmal formuliert. Erinnerung war eine lebenslange, sehr gefährliche Aufgabe: „Als erwachsener Mann von fünfzig Jahren blickte ich erstmals auf die Geschichte meiner Kindheit und Jugend. Da war immer noch Nebel. Ein halbes Jahrhundert mußte vergehen, bis ich meine Kindheit entdeckte“, hebt er hervor (Finkelgruen, 1997, S. 12).  Nie hatte Großmutter Anna in ihren Erzählungen etwas von einem Sohn erwähnt, auch in ihren hinterlassenen Briefen, Dokumenten und Photos fanden sich keinerlei Hinweise darauf.

Die Kapitelüberschriften des Buches geben dessen Spannungsbogen wieder:

Unterwegs als sicherer Ort; Spuren der Erinnerung; Das Ende der Gewissheit; der Verrat; Am Ende der Welt: Ein Anfang. Es benötigt Zeit und Ruhe, sich auf diese erneute Spurensuche – aus der ich den vorhergehenden Kapiteln bereits zitiert habe – einzulassen, die verwirrenden Widersprüche zu ordnen und zu verstehen.  Ganz am Ende des Buches sehen wir den 54-jährigen Peter Finkelgruen sinnend auf einer Bank in Shanghai sitzen, inmitten von Chinesen.. Er wirkt nachdenklich, aber zugehörig, zufrieden. Er hat bei einem Wiederbesuch in Shanghai – im Rahmen der Filmaufnehmen des Filmemachers Dietrich Schubert – einige Orte seiner früher Kindheit wiedergefunden, wiedererkannt: Das ehemalige Krankenhaus, in dem er geboren wurde, er entdeckt ganz in der Nähe seines Hotels die Wayside Road – die Straße seines früheren Zuhauses. Er ist erleichtert, jubiliert: „Ich war angekommen. Alles war wahr. Meine Erinnerung war wahr. Ich durfte ihr glauben“ (Finkelgruen, 1987, S. 203).

Peter Finkelgruen findet das Haus mit der Hausnummer 289 der Wayside Road, dann entdeckt er sein früheres Wohnhaus: „Es erhellt den einzigen Augenblick eines uneingeschränkten kindlichen Glücks und vollkommener Angstfreiheit. Ich bin jetzt drei Jahre alt. Ich bin in dem Zimmer, in dem ich mit meiner Mutter lebe – so wie ich Jahre später mit Großmutter Anna in einem Zimmer leben werde. Meine Mutter ruft. Ich öffne die Tür und sehe die Treppe zum Dach. Sie ist vom Tageslicht erhellt. (…) Ich spüre ein Wohlgefühl auf der Haut und eine Freude, weil Esti lacht. Wir hüpfen beide auf dem dach. Wir sind ganz allein. Ich höre nichts anderes als den Regen, das Lachen von meiner Mutter und sehe ihren Körper und wie sie plötzlich ein Stück Seife in der Hand hat und meinen Körper einreibt. Esti, meine Mutter, ist guter Laune, und ich bin glücklich, mit ihr ganz allein zu sein“. (Finkelgruen, 1987, S.204f.) So endet dieses traurig-aufrührende Buch.

Ein Hungerstreik gegen die Berliner Entschädigungsbehörde (2009)

Irgendwann – im Oktober 2009 – war für den deutsch-jüdischen Schriftsteller Finkelgruen der Punkt erreicht, wo er nicht mehr konnte (vgl. Kaufhold, 2009a): Am 30.10.2009 begann er einen – öffentlich angekündigten – Hungerstreik aus Protest gegen die Berliner Entschädigungsbehörde, da sie ihm immer wieder die Bezahlung gesundheitlicher Behandlungskosten verweigerte – zu Unrecht. ((https://www.hagalil.com/20-09/11/finkelgruen.htm und https://www.hagalil.com/2009/11/01/finkelgruen/))

Zehn Jahre lang hatte er einen gerichtlichen Kampf gegen den Mörder seines Großvaters geführt. Viele Jahre lang hatte er gerichtlich um eine Anerkennung seiner nachgewiesenen Verfolgungsschäden gestritten. Irgendwann akzeptierten die zuständigen deutschen Behörden diese widerwillig – um sie gleich danach mit bürokratischen Tricks wieder in Frage zu stellen. So verweigerte die Entschädigungsbehörde die Zahlung von Behandlungskosten mit der zynischen Begründung: „Es sei zu bedenken, dass der Antragsteller als Säugling im Getto Shanghai überhaupt noch nicht über eine derartige Bewusstseinslage verfügte, dass er überhaupt hätte neurotisch reagieren können.“ 2004 erlitt Finkelgruen einen Herzinfarkt. Nun argumentierte die für die Entschädigung von Nazi-Opfern zuständige deutsche Behörde, Finkelgruens Herzinfarkt hätte „zeitnah“ zur Schädigung als Kleinkind stattfinden müssen.

In einem Brief an den Leiter der Entschädigungsbehörde, Raabe, betont der Autor, dass dessen Behörde durch seine jahrelange Verzögerungstaktik offenkundig bewusst das Ableben der nur noch wenigen Überlebenden in Kauf nehme: „Ich habe ein Jahrzehnt meines Lebens gebraucht, um den Mörder meines Großvaters vor Gericht zu bringen. Ich will nicht die letzten Jahre meines Lebens damit verbringen, gegen das Fehlverhalten Ihrer Behörde anzugehen. Beamte des NS Systems haben meine ersten Lebensjahre beschädigt, indem sie den Willen des Gesetzgebers umgesetzt haben. Beamte der demokratischen Bundesrepublik verbittern mir meine letzten Lebensjahre, indem sie den Willen des Gesetzgebers nicht umsetzen.“ Am 30.10. begann der 67-jährige, trotz seines sehr labilen Gesundheitszustandes, trotz der Warnungen seiner Ärztin, ein unbefristetes Fasten. Für den 9.11. kündigt er am Berliner Holocaust-Mahnmal eine Pressekonferenz an.

Unterstützung erfuhr er vor allem bei Schriftstellerkollegen, so von dem ebenfalls in Köln lebenden Günter Wallraff sowie von seinem P.E.N.-Zentrum deutschsprachiger Schriftsteller im Ausland, ehemals Exil-P.E.N. Eine Woche später, am 6.11.2009, beendete er seinen Hungerstreik – die Behörde hatte, unter dem öffentlichen Druck, widerwillig eingelenkt. In seiner Presseerklärung schrieb Finkelgruen: „Am heutigen Tag, den 06.11. 2009, stelle ich mein unbefristetes Fasten ein, das ich am 30. Oktober 2009 begonnen habe. Es war ein Protest gegen das Verhalten des Entschädigungsamtes Berlin bezüglich der nicht erfolgten Krankenversorgung nach dem BEG und dem Umgang der Behörde mit allen anderen Anspruchsberechtigten. Ich beende mein Fasten, weil die Berliner Behörden jetzt die Zahlung der seit Jahren ausstehenden Rechnungen und die Heilversorgung der aus Verfolgung resultierenden Leiden zugesagt haben.“ Und er fügte hinzu: „Der Zentralrat der Juden in Deutschland wird nunmehr mit allen zuständigen Behörden des Bundes und der Bundesländer Gespräche aufnehmen, um eine Regelung zu erreichen, die gewährleistet, dass die noch Überlebenden über ihre Ansprüche nach dem §141a BEG regelmäßig informiert werden.“ ((https://www.hagalil.com/2009/11/06/finkelgruen-3/ und https://www.hagalil.com/2009/11/06/finkelgruen-4/))

Engagement in den letzten Jahren – ein autobiografisches Kinderbuch von Oma und Opa

In den letzten Jahren hat Finkelgruen sein literarisches Engagement verstärkt. Er engagiert sich vor allem beim P.E.N-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland, ehem. Exil-P.E.N. www.exilpen.net, dem er 1994 beigetreten ist und dessen Vorstand er mehrere Jahre angehörte. In diesem Rahmen beteiligte er sich an Anthologien seines Schriftstellerverbandes und äußerte sich weiterhin auch an politischen Kontroversen – so im Sommer 2011 in einer Kontroverse mit dem Geschäftsführer des Deutschen P.E.N Zentrums, H. Wiesner, über die Vergangenheit des P.E.N.-Clubs.

2007 veröffentlichten Gertrud Seehaus und Peter Finkelgruen (Foto rechts) ihr autobiografsches Kinderbuch Opa und Oma hatten kein Fahrrad  (vgl. Kaufhold, 2008).

Die Finkelgruens blicken auf ihr Leben zurück: Dieses möchten sie nun an ihre Enkelkinder weitererzählen, an David und Anna, deren Photos wir im Buch begegnen. Der Schriftsteller Günter Kunert, Vorsitzender des Exil-P.E.N. www.exilpen.net, hat ihnen hierzu Bilder gezeichnet.

Einen Schwerpunkt des Buches bilden die traumatischen Erlebnisse, die Peter mit Glück überlebte. Parallel dazu erzählt seine Ehefrau Gertrud Seehaus – sie wurde 1934 geboren – aus ihrer katholischen Kindheit im Nationalsozialismus. Sie erzählen  in einer leichten, kindgemäßen, nicht anklagenden Weise: „Wir wurden an schöne Dinge, aber auch an traurige erinnert. Schöne Dinge – das waren Spiele und Freunde und lustige Ereignisse, traurige – das waren Krieg und Verfolgung und der Tod der Menschen, die wir lieb hatten“ (S. 9).

Von diesen Erlebnissen erzählen die Finkelgruens in einer persönlichen, einfachen, berührenden Sprache. Sie beschreiben in knappen Sätzen das Erstarken des Nationalsozialismus, durch welchen Finkelgruens jüdische Eltern ausgeschlossen, bedroht wurden: „Die anderen von damals waren die Juden. Manche trugen schwarze Mäntel, hatten Schläfenlocken und sprachen ein merkwürdiges Deutsch. Anders als Kölsch, Bayrisch oder Hessisch. Man nennt es Jiddisch. Heute hört man es kaum in Deutschland. Die meisten Juden aber sahen aus wie Eure Mütter und Väter, wie wir und Ihr.“ (S. 18)

Die Finkelgruens schreiben über Peters Kindheit im Shanghaier Getto. Unter der Überschrift „Nicht alle Betten sind Himmelbetten“ schreiben sie: „Der kleine Peter im Getto hatte ganz sicher keine Wiege und auch keinen Kinderwagen. Er hatte auch kein Himmelbett. Er schlief, wo sich gerade Platz fand. Und das waren keine Kuschelecken. (…) Der kleine Peter, der heute, David und Anna, Euer Opa ist, weiß nicht mehr, wo er damals schlief. Aber ganz sicher waren es abenteuerliche Schlafplätze. Ihr könnt Euch ja welche ausdenken“ (S. 33).

Gertrud hingegen lebte in diesen Jahren in Bonn, suchte Schutz in Bunkern.

Wir sehen ein Gruppenphoto mit dem dreijährigen Peter in einer Gruppe von Kindern aus Shanghai. Mit diesen hat er damals gespielt. Er sieht wirklich sehr fremd aus, unter all diesen Asiaten. Aber sein Leben bleibt dem Leser nicht lange fremd. Peter erzählt einige kurze Geschichten nach, welche ihm seine Großmutter damals erzählt hat. Und den allfälligen moralischen Einwand, dass man Kindern nicht mit solche traurigen Geschichten erzählen dürfe, wissen die Autoren gleich zu entkräftigen: „Stop! Halten wir unseren Gedankenteppich für kurze Zeit an und steigen herunter. Bevor es nämlich weitergeht, wollen wir Euch etwas sagen: Wir sind ein bißchen traurig, daß wir Euch keine lustigere Geschichte erzählen können. Aber schließlich können wir nur das erzählen, was sich ereignet hat.“ (S. 49)

Und wenig später schreiben sie: „Manche Erwachsene wollen nicht, daß man Kindern so traurige Geschichten erzählt, wie wir sie Euch erzählen, Geschichten über Konzentrationslager. Aber es ist doch unsere Geschichte, ob wir wollen oder nicht!“ Es ist unsere Familiengeschichte.“ (S. 59)

Geschichte ist ein Teil von uns. Und sollte erzählt werden. Und so erzählen Gertrud und Peter auch von ihren Haustieren. Und von den Abenteuern, die man mit einem Fahrrad erleben kann – wenn auch Peter seinerzeit keines hatte. Aber auch von dem gelben Stern, den Juden damals tragen mussten. Peter erzählt von seiner abenteuerlichen Rückreise von Shanghai nach Prag, wo er vierjährig beinahe in einer Toilette ertrinkt – und so zum bewunderten Helden des Schiffs wird.

Das kleine, anrührende Kinderbuch endet mit den Worten: „Und ihr, die mitreisenden Freunde und Freundinnen von Anna und David, könnt mit Euren Großeltern und Eltern deren Reisen machen und Euch gegenseitig davon erzählen. Denn wer seine Geschichten erzählt, kann verstanden werden. Und selbst, wer gestorben ist, wird nicht vergessen werden, wenn seine Geschichten weiterleben.“ (S. 69) Mit diesem Buch haben die Finkelgruens zahlreiche Lesungen in Schulen gehalten.

2012 schloss Finkelgruen einen – noch unveröffentlichten Roman ab: Shanghai – Hotel Ozean.

In all den Jahrzehnten habe ich Israel, ein Land und eine Gesellschaft, in die mich zu integrieren ich als Jugendlicher ebenso große Schwierigkeiten hatte wie sie im Umgang mit den Überlebenden des Holocaust, zunehmend als Zuflucht für Juden in aller Welt begriffen. Ein Land, das Schutz garantieren sollte vor Antisemitismus und Verfolgung. Ein Land aber, das auch die Gewähr für Freiheit bieten sollte. Der israelische Personalausweis und der israelische Reisepass waren ebenso Teil meines Selbstverständnisses, meiner Biographie, wie der deutsche Pass ein Beleg der Geschichte meiner Herkunft war. Auf eins war ich stolz: Auf die Tatsache, dass der Staat Israel ein halbes Jahrhundert lang eine Demokratie geblieben ist. Ich glaube, kaum ein anderes Land hätte fünf Jahrzehnte Krieg, Bedrohung, wirtschaftliche Schwierigkeiten,  einen kontinuierlichen Zustrom von Einwanderern unterschiedlichster Prägung ausgehalten, ohne dass es einen Freiheit und Demokratie einschränkenden Militär- oder sonstigen Putsch gegeben hätte. Diese Tatsache erlebte ich als eine Sicherheit.

Diese Sicherheit, diese Gewissheit, dieser Stolz sind mir abhanden gekommen. Nicht wegen der Siedlungspolitik Israels und allem, was damit zusammenhängt. Ja, ich finde die Siedlungspolitik mehr als fragwürdig, vor allem aber verheerend für den israelischen Staat. Das aber ist eine politische Meinung, die ich vertrete und über die man sich trefflich  auseinandersetzen und  streiten kann. Sehr vieles an der israelischen Entwicklung und der israelischen Politik der letzten Jahrzehnte habe ich kritisiert – so wie die meisten Israelis.

 

Literatur

Bücher von Peter Finkelgruen:

Finkelgruen, Peter (1992): Haus Deutschland. oder Die Geschichte eines ungesühnten Mordes. Hamburg (rowohlt).
Finkelgruen, P. (1997): Erlkönigs Reich. Die Geschichte einer Täuschung. Hamburg (Rowohlt).
Finkelgruen, P./G. Seehaus (2007): Opa und Oma hatten kein Fahrrad. Norderstedt (Books on Demand).
Finkelgruen, P. (2012): Shanghai – Hotel Ozean, Roman (unveröffentlicht).

Weitere Veröffentlichungen von Peter Finkelgruen:

Finkelgruen, P. (1978/2005): Freunde von gestern – und Feinde von heute (oder was mich ein jüdischer Edelweißpirat lehrte). In: Broder, H.-M./M. Lang: Fremd im eigenen Land. Frankfurt/M. (Fischer) http://www.exilpen.de/Texte/Finkelgruen_edelweisspiraten.html
Finkelgruen, P. (1980): Köln und die Edelweißpiraten. In: Gröhler/Hoffmann/Tümmers (Hrsg.) (1980): Beispielsweise Köln. Ein Lesebuch. Lamuv Verlag, TB 4
https://www.hagalil.com/2011/07/03/edelweisspiraten/
Finkelgruen, P. (1979): Warum ich gegen die Anerkennung der PLO bin – zum jetzigen Zeitpunkt durch die Bundesrepublik.“ In: Freie Jüdische Stimme, August 1979.
Finkelgruen, P. (1989) (Mithg.): Salman Rushdie: Die Satanischen Verse, Artikel 19 Verlag.
Finkelgruen, P. (2002): Kleine Festung Theresienstadt. Oder wie man Geisel der Verhältnisse bleibt. Protokoll einer Scheidung. In: Behrens, K. (Hg.) (2002): Ich bin geblieben – warum? Juden in Deutschland – heute. Gießen (Psychosozial Verlag).
Finkelgruen, P. (2002a): Die Mutter der Mutter als Mutter. In: Roggenkamp, V. (2002): Tu mir eine Liebe. Meine Mamme. Berlin (Verlag Jüdische Presse), S. 206-213.
Finkelgruen, P. (2002b): Europa im Nahen Osten. In: Kafka, H. 5/2002 Internet: http://www.exilpen.de/Texte/Finkelgruen_essay_060501.html
Finkelgruen, P. (2005a) Das Volk, die Parteien, ihre Lieblinge und Stiefkinder. Internet: http://www.exilpen.de/Texte/Finkelgruen_essay.html
Finkelgruen, P. (2005b): Die Bilder. Eine Erzählung. Internet: http://www.exilpen.de/Texte/Finkelgruen_bilder.html
Finkelgruen, P. (2009): Der Bus war halb leer. In: Alioth, G./H.-C. Oeser (Hg.): Nachgetragenes. 75 Jahre PEN-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland, Heidelberg 2009 (Synchron Publishers).
Finkelgruen, P. (2011): Erinnerungen an Jean Jülich.  https://www.hagalil.com/2011/12/05/juelich-2/
Finkelgruen, P. (2012): Israel – freiwillige Geisel?. In: Kaufhold, R. & B. Nitzschke (Hg.) (2012): Jüdische Identitäten. Nach dem Holocaust in Deutschland. Themenschwerpunktheft der Zeitschrift Psychoanalyse – Texte zur Sozialforschung, Heft 1/2012.
Kaufhold, R. (2008): Geschichten von Oma und Opa. Deutsch-jüdische Vergangenheit im Kinderbuch von Peter Finkelgruen und Gertrud Seehaus, in: Tribüne H. 187 (3/2008), S. 184.
Kaufhold, R. (2009a): Peter Finkelgruens Protest, in: Tribüne H. 192 (4/2009), S. 144.
Kaufhold, R. (2009b): Nachgetragenes. Der Exil–Pen erinnert sich seines 75. Geburtstages. Internet: http://www.exilpen.de/Documents/anthologie_kaufhold_rez_090715.html
Kaufhold, R. & B. Nitzschke (Hg.) (2012): Jüdische Identitäten. Nach dem Holocaust in Deutschland. Themenschwerpunktheft der Zeitschrift Psychoanalyse – Texte zur Sozialforschung, Heft 1/2012.
Sahm, U. W. (2010): Alltag im gelobten Land (Vandenhoeck & Ruprecht).
Schröm, Oliver/Andrea Röpke (2002): Stille Hilfe für braune Kameraden. Berlin (Christoph Links Verlag).
Schubert, Dietrich (1997): Unterwegs als sicherer Ort, Dokumentarfilm, Deutschland.
Sobol, Joshua (1994): Schöner Toni, Theaterstück, Uraufführung im Düsseldorfer Schauspielhaus.
Tobias, J. G./P. Zinke (2000): Nakam. Jüdische Rache an NS-Tätern, Hamburg (Konkret Literatur Verlag)

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