Die Familien der Geiseln haben ihre dritte Nacht in einem Notlager vor der Residenz des Premierministers in Jerusalem verbracht. Sie protestieren gemeinsam mit Hunderten Demonstranten gegen die Ausweitung der Militäroperation auf Gaza-Stadt und fordern ein Abkommen, das alle Geiseln nach Hause bringt und den Krieg beendet.
„Wir sind hier und werden nicht von hier weichen“, rief Ofir Braslavski, der Vater von Rom Braslavski durch ein Megafon in Richtung der Residenz Netanyahus. „Du hast vor anderthalb Monaten mit mir telefoniert und versprochen, den Jungen zurückzubringen. Mein Junge liegt dort im Sterben. Doch stattdessen hast Du das Gegenteil getan – Du hast alles getan, um ihn nicht zurückzuholen. Wir sind hier, keine Sorge, wir werden nicht gehen. Nicht jetzt und niemals. Das Blut klebt an Deinen Händen.“ Im August wurde ein Video von Rom veröffentlicht, das ihn heftig abgemagert, weinend darum flehend zeigt, nach Hause zu wollen.
Yechi Yehoud, der Vater von Arbel Yehoud, die 482 Tage im Gazastreifen gefangen gehalten wurde, und Vater von Dolev Yehoud, der am 7. Oktober ermordet wurde, fand harsche Worte. Unter den verbliebenen 48 Geiseln ist auch Arbels Lebensgefährte Ariel Cunio. „Bis zu deinem letzten Tag werde ich dich verfolgen, für jeden Tag, den meine Tochter Arbel in Gefangenschaft war, und ich werde dich daran erinnern. Alles liegt in deinen Händen, Bibi. Du bist derjenige, der entscheidet, sie in Gefangenschaft zu lassen. Ariel, David und die übrigen Geiseln deiner Regierung. (…) Bibi, du bist schuldig, du bist schuldig, dass sie noch dort sind. Nur du bringst sie durch Terroristen und Militäroperationen in tödliche Gefahr.“
Anat Angrest, deren Sohn Matan als Soldat entführt wurde, wandte sich an Netanyahus Frau Sara: „Sara, hast du zu Abend gegessen? Ist Avner im Zimmer neben dir? Siehst du nach, ob alles in Ordnung ist? Hast du gut gegessen? Wie schön für dich, wunderbar, dass du ruhig schlafen kannst, während unsere Kinder dort drüben sind. Einige von ihnen sind bereits tot unter den Trümmern, die dein Mann bombardiert hat, andere überleben mit letzter Kraft, aber du sorgst dafür, dass sie nicht am Leben bleiben und tust alles, damit sie nicht nach Hause kommen, und anstatt sie zu retten, opferst du sie. Soldaten, seid Euch bewusst, dass es auch entführte Soldaten gibt, und jetzt wird darüber gesprochen, dass die Hamas versucht, weitere Soldaten in Gaza-Stadt zu entführen. Mütter, seid Euch bewusst: Wenn sie sie entführen, Gott bewahre, wird diese Regierung sie nicht zurückbringen.“