Die „woke-islamistische Allianz“ und die israelfeindlichen Proteste an Universitäten

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Das informelle Bündnis von identitätslinken und islamistischen Gruppen an Hochschulen zeigt sich insbesondere bei israelfeindlichen Protesten. Dazu liegt jetzt ein erstes Buch von Noam Petri und Franziska Sittig vor: „Die intellektuelle Selbstzerstörung“. Es ist mitunter etwas fragmentarisch im Inhalt, aber das müssen wohl auch aktuelle Warnungen sein.

Von Armin Pfahl-Traughber

Israelfeindliche Ausschreitungen ließen sich jüngst an Hochschulen in vielen Ländern ausmachen. Dabei ging es nicht nur um Kritik an der Politik der israelischen Regierung, denn immer wieder wurde der jüdische Staat auch einer fundamentalen Verwerfung ausgesetzt. Auffällig war dabei eine informelle Kooperation, einerseits von Islamisten, andererseits von Linksextremisten. Akteure, die nicht zu diesen beiden Gruppen zählten, hatten offenbar keine Probleme damit. Nicht selten hielten die gemeinten Demonstranten von einigen ihrer Hochschullehrer zumindest indirekte Unterstützung. Auch andere Intellektuelle sahen in derartigen Protesten ein berechtigtes Vorgehen. Ihnen waren dabei ideologische Hintergründe und problematische Positionierungen offenbar nicht so wichtig. Dies alles kommentiert ein neues Buch mit „Die intellektuelle Selbstzerstörung“ im Titel, einhergehend mit dem Untertitel „Wie der Westen seine eigene Zukunft verspielt“. Geschrieben haben es Noam Petri und Franziska Sittig, die beide auch journalistisch arbeiten.

Man merkt ihrem Buch an, dass es in Eile geschrieben wurde. Denn damit soll gegenüber einer aktuellen Entwicklung eine inhaltliche Stellungnahme erfolgen, was angesichts der Dimensionen der Ereignisse mehr als nur nachvollziehbar ist. Bereits zu Beginn machen sie anhand von ganz anderen Beispielen auf die moralisch-politische „Fehlbarkeit der Intellektuellen“ aufmerksam, schützt doch ein gewisses geistiges Niveau keineswegs vor extremistischen und totalitären Versuchungen. Und dann geht es auch schon direkt um einschlägige Fallbeispiele aus der Gegenwart, hier bezogen auf die „woke-islamistische Allianz“, womit ein handlungsbezogenes Bündnis von identitätslinken und islamistischen Protagonisten gemeint ist. Anschaulich wird dies bezogen auf Berlin und die Columbia Universität dargestellt. Die Autoren gehen anhand von vielen Beispielen auf die dortigen Ereignisse ein, wobei keineswegs alle Proteste pauschal eine Verortung als antisemitisch erfahren. Die Bündnisse an sich stellen für sie das Problem dar.

Es heißt etwa: „Beschmierte Wände, eingeschlagene Fenster, eindeutige Sympathiebekundungen für Islamisten, Feindesmarkierung von Studenten, Professoren und Politikern – nicht einmal derartige Skandale konnten bislang zu einem breiten Umdenken in der vermeintlichen Bildungselite führen. Dialogbereitschaft und Appeasement-Politik sind ihr Königsweg.“ Und weiter: „Es besteht kein Zweifel, dass dieselbe Methode bei rechtsextremen Studenten und Aktivisten nicht angewendet werden würde. Zu Recht spräche man vom Steigbügelhalter des Rechtsextremismus“ (S. 99). Und das muss man wohl auch bezogen auf die geschilderten Ereignisse und eben den antisemitischen Islamismus sagen. Dies machen die Aussagen über die jeweiligen Protagonisten deutlich, geht es doch um die Hintergründe bestimmter aktiver Organisationen. Auch wird dabei die Berichterstattung in manchen Medien detailliert kritisiert. Und selbst die Bedeutung „jüdischer Kronzeugen“ (wie etwa „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“) ist dabei Thema.

Die Auswahl eines so dramatisierenden Untertitels wie „Wie der Westen seine eigene Zukunft verspielt“ mag übertrieben sein. Gleichwohl zeigen die Autoren die Dimensionen des Gemeinten aufschlussreich auf, denn es gibt mitunter erstaunliche Entwicklungen in den gemeinten Kontexten. Was in Europa wohl nicht breiter bezogen auf die Finanzierung der US-amerikanischen Universitäten bekannt ist, ist der bestehende direkte oder indirekte Einfluss durch Geldzuwendungen aus Katar oder Saudi-Arabien. Über viele Details in den einzelnen Kapiteln wüsste man gern mehr, insbesondere über die Hintergründe der gemeinten islamistischen und linksextremistischen Organisationen. Auch stellt sich die Frage, inwieweit die Proteste wirklich verankert sind. Handelt es sich nur um eine laute Minderheit? Oder stehen sie tatsächlich für die Mehrheit? Die kritische Betonung des Fragmentarischen kann und will das Werk aber nicht abwerten. Gegenüber bedrohlichen Entwicklungen muss man auch deutlich und früh warnend die Stimme erheben. Dies geschieht mit dem Buch!

Noam Petri/Franziska Sittig, Die intellektuelle Selbstzerstörung. Wie der Westen seine eigene Zukunft verspielt, Stuttgart 2025 (ibidem-Verlag), 327 S., Bestellen?

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