Auf der falschen Demo

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Götz Schrage, Foto: privat
„Stoppt den Völkermord! Sanktionen gegen Israel!“ lautete der Aufruf für eine Demonstration der „Palästina Solidarität Österreich“ in Wien am 23. August. Ein Bericht.
 
Von Götz Schrage
 

Ich bin mitten drinnen und niemand interessiert sich für mich. So mag ich das! Die Parolen mag ich weniger: “Down, down Israel – End of Zionismen”. Alle jubeln und buhen abwechselnd. So wie es halt gerade zu passen scheint. Ein paar verlorene Kommunisten stehen ganz am Rand bei den Mannschaftswägen der Polizei. Man hört dort nicht ganz so gut, ist aber beim Demo-Zug dann ganz vorne dabei. Schlau sind sie die Kommunisten. Respekt.

“Würde Kreisky heute noch leben, müsste er sich im Grab umdrehen”. Ich notiere mir diesen grandiosen Satz. Sollte ich bald mal einen Auftritt im besten Comedy-Club vom Gaza-Stadt haben, wäre das mein Opener. Heute sagt ihn die Kandidatin der Liste Gaza Favoriten. Ein Talent zweifelsfrei.
 
Olfaktorisch die beste Demo auf der ich je war. Es duftet nach Kebab, Brathuhn und Lammspieß. Selten durfte ich diese Kombination aus Hunger und Besorgnis erleben. “Fuck Israel, Fuck Israel. We will never stop!”. Ich glaube ich nehme den kleinen Lammspieß mit Reis.
 
Neben mir zwei persische Beautys mit krakeligen Sonderschule-Tattoos im großen Disco-Make-up und bereit für die After-Demo Party. Immer wenn jemand “Israel” sagt, buhen sie und schütteln ihre durchgestreckten Fäuste, so dass ihre Brüste im Takt der Worte hüpfen und die Kopftuch-Muttis um mich herum ganz streng auf ihre Männer schauen.
 
Partnerlose Schwule halten sich an ihren Schoßhunden fest. Ganz schwarz gekleidet und politisch sehr motiviert. Junge Burschen fotografieren sich gegenseitig für Instagram wahrscheinlich. Ältliche Ehepaare, die schon beim Franz Muhri in der KPÖ waren, halten sich trotzig an den Händen.
 
Die nächste Rednerin wird angekündigt. Die nächste Rednerin schreit mehr und spricht weniger: “Ich habe geköpfte Babys gesehen, deren Gliedmaßen sich noch beweget haben, während sie in Massengräbern verscharrt wurden.” Eine kleine Gruppe neben mir beginnt mit “Mörder Israel, Mörder Israel”-Rufen setzt sich aber nicht durch.
 
Zwei von der Security in gelben Westen haben mich erkannt. Mehr nicht. Sie haben mich erkannt und bevor ich wieder weggewiesen werde, suche ich beim McDonalds um Exil an. Einlass wird mir gewährt. In der Lounge bei der Kuchentheke sitzt ein arabischer Dealer und streitet mit seinem schwer zubetonierten Kunden, weil der nicht zahlen will, oder zahlen kann. Ebenfalls ein freundlicher Araber.
 
Kein schlechtes Wort über die beiden. Der Kunde steht manchmal auf und geht zur Tür und brüllt mit schwerem arabischen Akzent: “Fuck Palestine. Fuck Palestine”, bevor er sich wieder hinsetzt. Das muss ziemlich gutes Kraut sein. Ich schau mal, was sich machen lässt. Bargeld habe ich dabei.

1 Kommentar

  1. „Das muss ziemlich gutes Kraut sein. Ich schau mal, was sich machen lässt. Bargeld habe ich dabei.“

    cooler Spruch

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