„Until the Last Hostage….“

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Schon kurz nach dem 7.10.2023 und der Verschleppung von 250 Geiseln bildete sich der weltweite humanitäre, bewusst unpolitische RUN für die Geiseln. Mittlerweile sind etwa 230 Gruppen dabei.

Von Roland Kaufhold

In Köln findet der wöchentliche, sonntägliche RUN für die überwiegend israelischen Geiseln seit April 2024 statt. Regelmässig beteiligen sich zwischen 25 und 60 Menschen, währenddessen wird immer der israelische song Habaita gespielt.

Regelmäßig kommt es zu vereinzelten Beleidigungen und Bedrohungen. Deshalb wird der 18-minütige RUN stets durch mehrere Kölner Polizisten begleitet und geschützt.

Welches Ausmaß antisemitische Bedrohungen und Werbungen für gewaltaffine, vorgeblich „pro palästinensiche“ Gruppierungen auch in Köln erreicht haben ist soeben in dieser eindrücklichen Videodokumentation zum Kölner Ostermarsch 2025 aufgearbeitet worden.

Nachfolgend dokumentieren wir die bemerkenswerte Rede der Kundgebungsanmelderin Dr. Miriam Haritz vom 13.7.2025.

Da die FDP-Politikerin und Menschenrechtsaktivistin Karoline Preisler in der nachfolgenden Rede erwähnt wird: Aus Aktualitätsgründen verwiesen sei auf die Spendensammlung für den juristischen Support gegen Hetze für Karoline Preisler

 „Miriam Haritz: Tag 645

Tag 645 Letzten Sonntag fand parallel zum Run die CSD Parade hier in Köln statt. Unter der Leitung von unserer unermüdlichen Mitstreiterin Rosa von Klare Kante e.V., die sich an so vielen Stellen für Israel und für jüdisches Leben in Köln engagiert, gab es eine kleine Fußtruppe, die für die im Raketenhagel des Iran ausgefallene Pride Parade von Tel Aviv, Partnerstadt von Köln, gegangen ist. Wir haben „Am Israel Israel Chai“ und „Hava Nagila“ im Regen gegen den Israelhass, der uns teilweise entgegenschlug, gesungen. Ihr habt währenddessen „Habaita“ und „Bring them home now“ gerufen für das Leben, für die Heimkehr aller Geiseln.

Seit letztem Sonntag war ich einmal in New York und Zurück. Ich war in der jüdischsten Stadt der Welt, in der mehr jüdische Menschen als in Tel Aviv leben. Eine Stadt, die ganz maßgeblich durch ihre jüdischen Einwanderer ab Ende des 19. Jhd. geprägt ist. Ich war beruflich im Hauptquartier der Vereinten Nationen und habe mit Ländern aus aller Welt verhandelt. Die Welt hat sich in einer Woche so sehr weitergedreht. Nur für die Geiseln, für ihre Familien und Freunde – für die hat sich nichts weiter gedreht, nichts bewegt. Die Zeiger stehen immer noch auf 06:29 Uhr am 07.10.23. Ein Umstand, der von der Welt, auch den Ländern, mit denen ich verhandelt habe, keine Rolle spielt.

Wie kleine Zuckungen in einem unter Spannung stehenden Seil, so dringen Nachrichten aus Jerusalem, Doha oder Washington zu uns. Kommen Geiseln frei? Wieviele? Wann? Welche? Anspannung, Hoffnung auf Lösung, Durchsickern von Verhandlungsergebnissen, Dementis, Rückzug, Anspannung – das Seil reißt nicht, der Knoten wird nicht durchtrennt, es gibt keine Antworten. Fühlt es sich schon für uns Außenstehende kaum erträglich an, vermögen wir uns kaum vorzustellen, was es für die Mütter, Väter, Geschwister, Kinder der Geiseln bedeuten mag.

Währenddessen sterben weiter Menschen in Gaza, nimmt der Krieg kein Ende, auf der einen Seite eine Gesellschaft in den Fängen der Hamas, auf der anderen Seite Terror gegen junge israelische Soldaten, die ihr Land vor diesem schützen wollen – während in Europa Festivals den Tod glorifizieren. Eine Entwicklung, die nicht nur allen Menschen im Nahen Osten in den Rücken fällt, die Frieden wollen, sondern auch unsere Freiheit hier in Europa bedroht. Bereits letzte Woche wurdet Ihr über eine Veranstaltung informiert, die nun in dieser Woche stattfindet: Karoline Preisler, die Frau die sich Woche für Woche gegen den Hass auf den Straßen unserer Hauptstadt stellt, wird bei der ebenfalls wöchentlich stattfindenden Mahnwache für die Geiseln in Bergisch-Gladbach, die von Petra Hemming, die Ihr ebenfalls regelmäßig bei unseren Runs seht, organisiert wird, sprechen und anschließend einen Vortrag halten: „Demokratie aushalten? Demokratie verteidigen“.

(Update, 18.7.: Hier einige Fotos der außergewöhnlich gut besuchten Mahnwache und dem anschließenden öffentlichen Vortrag von Karoline Preisler – „Demokratie aushalten, Demokratie verteidigen? – im Rathaus von Bergisch Gladbach)

Warum erzähle ich Euch das so ausführlich? Weil auch Ihr, die Ihr hier heute zum wiederholten oder auch zum ersten Mal dabei seid, unsere Demokratie verteidigt. Denn Ihr, die Ihr hier seid, schaut nicht weg. Ihr hört zu. Ihr engagiert Euch. Egal wie wieviele wir sind, wir stehen für das Gute, für das Leben, für Menschenwürde, für Freiheit und Hoffnung. Und auch wenn die Menschen, die uns in dem nächsten 18 Minuten begegnen, viel zu häufig wegschauen, uns nicht zuhören und stattdessen Parolen oder Beschimpfungen entgegenwerfen – wir stehen und gehen seit 65 Wochen unermüdlich, um daran zu erinnern. Es heißt, es braucht viel Dunkelheit, damit man Sterne sehen kann. Ein Spruch wie aus einem Poesiealbum. Und dennoch hat er etwas Wahres. In einer Zeit, in der Hass Hochkonjunktur hat, sind Zeichen der Menschlichkeit umso wertvoller. Für die Geiseln, für die Menschen in Israel – und auch für uns selbst. Aufgeben ist keine Option. Für sie nicht, für uns nicht. Wir machen weiter.

Until the Last Hostage.

We run for their lives to bring all of them home now.“