Von 1. bis 15. August 2024
Do., 1. Aug · 11:30-11:45 · PHOENIX
Der SS-Mann und das Mädchen – Der Aufstand im Warschauer Ghetto 1943
Tilmann Bünz rekonstruiert in der phoenix-Dokumentation zwei Lebenswege, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Dabei zeigt er neues, bisher unveröffentlichtes Material vom Aufstand im Warschauer Ghetto, das erst im Winter 2022 auf einer Filmrolle entdeckt wurde. Die Fotos stammen aus dem Nachlass eines polnischen Feuerwehrmannes. Ein Novum und ein gänzlich anderer Blick. Denn bisher prägte die SS selbst das Bild vom Ghetto, da nur sie Fotos besaß, die den weltweit einzigen Aufstand gegen die Besatzer zeigen.
Do., 1. Aug · 14:30-15:00 · PHOENIX
Zerrissener Jemen – Im Griff der Huthi-Miliz
Die Huthis haben im Nord-Jemen eine totalitäre Herrschaft errichtet. Wer sind die Milizen, die sich auf den Propheten Mohammed berufen und mit Angriffen auf dem Roten Meer den Welthandel lahmlegen? Zehn Jahre Bürgerkrieg haben den Jemen ausgeblutet. Im Norden haben die Huthi-Milizen ihr streng abgeschottetes Reich etabliert, in dem Unterdrückung, Vertreibung und Hunger allgegenwärtig sind. Ein Polizeistaat, in dem Aufpasser der Staatssicherheit jeden Schritt und jede Aussage überwachen. Internationale Organisationen bezeichnen die Lage im Jemen als eine der größten humanitären Katastrophen der Welt. Die Hauptstadt Sanaa wurde vor zehn Jahren von Huthi-Kämpfern erobert, die international anerkannte Regierung in den Süden gedrängt. Heute wehen zusammengenähte Flaggen des Jemen und Gazas über den Mauern der Altstadt. Die Stimmung ist durch die Propaganda der Huthis aufgeheizt. Die Angriffe Israels auf Gaza bringen auch im Jemen Erinnerungen zurück. Tausende Zivilisten starben im Jemen durch Luftangriffe der westlich-saudische Militärallianz. Überall prangen Bilder getöteter Milizionäre, die häufig noch wie Kinder aussehen. Die jüngsten Angriffe der Huthis auf Schiffe im Roten Meer haben die Milizen wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Ihr neuer Heiliger Krieg hilft auch innenpolitisch, um die Unzufriedenheit der eigenen Bevölkerung gegen einen gemeinsamen Feind zu richten. Diese seltenen Einblicke in das Herrschaftsgebiet der Huthis lassen die Kämpfer zu Wort kommen und zeigen auch die Opfer der Milizen, die verzweifelt um das Überleben ihrer Kinder kämpfen und die ihre Hoffnungen auf ein Leben in Frieden schon fast aufgegeben haben.
Do., 1. Aug · 15:00-15:45 · PHOENIX
Gaza Krieg – Israels kritische Stimmen
Beim Krieg Israels gegen die Hamas im Gazastreifen sind bisher mehr als 32.000 Menschen getötet worden, mehr als 75.000 Menschen wurden verletzt, mehr als eine Million Menschen sind obdachlos. Weite Teile des Gazastreifens liegen in Schutt und Asche, es mangelt an Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten. Die Kritik an Israels Vorgehen nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober nimmt zu, auch im Land selbst. Im WELTjournal kommen hochrangige Vertreter aus Israels Politik, Militär und Geheimdienst zu Wort: der frühere Premierminister Ehud Barak, die ehemalige Außen- und Justizministerin Tzipi Livni, Kabinettsminister Avi Dichter, der frühere Armee-Kommandant Jehuda Shaul und der langjährige Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet Ami Ayalon. Sie und andere stehen dem australischen Reporter John Lyons Rede und Antwort und zeichnen ein differenziertes Bild von Israels höchst umstrittener Strategie im Kampf gegen die Hamas.
Do., 1. Aug · 23:35-01:00 · SWR
Gefangen im eigenen Körper
„Gefangen im eigenen Körper – 44 Stunden zwischen Leben und Tod“ erzählt die Geschichte von Gil Avni – einem jungen, gesunden Mann, der ohne jeden erkennbaren Anlass ins Wachkoma fällt und daraufhin über 44 Stunden gelähmt, aber bei vollem Bewusstsein im Krankenhaus lag. Im Stil des „True Case“-Genres erzählt die Dokumentation Gils Fall nach und fesselt die Zuschauerinnen und Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute.
Do., 1. Aug · 23:40-01:05 · MDR
Das Anne Frank Video-Tagebuch
Vor 95 Jahren, am 12. Juni 1929, wurde Anne Frank geboren. Im Amsterdamer Versteck schrieb sie ihr heute weltberühmtes Tagebuch. Vor 80 Jahren, am 04. August 1944, wurde das Versteck der Familie verraten.
Sa., 3. Aug · 02:25-03:05 · arte
Manayek – Die Verräter (2/10)
Eliran Chen gesteht einen weiteren Mord, begangen von zwei Polizisten in einem Krankenhaus vor zwei Jahren, aber bis dato nie aufgeklärt. Der Inhaftierte benennt den Auftraggeber: Barak Harel. Eliran wird daraufhin entlassen und unter Hausarrest gestellt, um ein Treffen mit dem zweiten Täter, Roslan, einfädeln zu können. Eine gute Gelegenheit für die Dienstaufsichtsbehörde, mehr Informationen über Barak und seine Handlanger zu erhalten. Denn Izzy hat nach wie vor Zweifel am Wahrheitsgehalt von Elirans Aussagen gegen Barak. Trotzdem nimmt er den Fall ernst, auch wenn es ihm schwerfällt, gegenüber Barak dichtzuhalten. Bisher hat die Dienstaufsichtsbehörde versucht, der Polizei zu verbergen, warum Eliran wirklich verhaftet wurde. Doch nun erfährt Barak von dem Kriminellen Tamir Shmaya die Wahrheit. Tamir macht zusammen mit Gili Shmaya den untergetauchten Auftraggeber des Mordes ausfindig, für den Eliran festgenommen wurde. Auf ihrer Suche machen die Brüder keine Kompromisse: Zuerst foltern die beiden Sami, den Bruder des Auftraggebers, dann machen sie kurzen Prozess mit Joni, als er schließlich gefunden ist. Tal kommt an den Tatort und wird von ihrem Chef zur Sonderermittlungseinheit der Dienstaufsicht geschickt: Ab jetzt arbeitet sie für Izzy.
Sa., 3. Aug · 18:30-19:00 · RBB
Potsdams neue Synagoge
Potsdam bekommt eine neue Synagoge, gebaut und finanziert vom Land Brandenburg. Genutzt werden soll das Haus mit Kulturzentrum von vier jüdischen Gemeinden. Doch bisher gab es viel Uneinigkeit. Jahrzehntelang war Potsdam die einzige Landeshauptstadt ohne Synagoge. Der Film blickt auf die Situation der jüdischen Gemeinden in einer Zeit existentieller Sorgen und großer Herausforderungen.
So., 4. Aug · 02:30-03:25 · arte
Ein Leben für den Film – Lotte Eisner
Lotte Eisner, geboren 1896 in Berlin, gestorben 1983 in Paris, war in der deutschen und französischen Filmszene des vergangenen Jahrhunderts eine Institution – und zwar sowohl im Berlin der Stummfilmzeit wie auch nach dem Krieg in Paris. Zusammen mit Henri Langlois baute sie die Cinémathèque française auf, dank ihrer Filmpassion überlebte sie als Jüdin in Frankreich. Sie war als deutsche Exilantin ein Teil der Pariser Kulturszene, der sie viel vom deutschen Kino vermittelte. In ihrem epochalen Werk „Die dämonische Leinwand“, erschienen 1952 in Frankreich, setzte sie sich mit dem Weimarer Kino auseinander und begleitete in den 1960er Jahren den Jungen Deutschen Film; insbesondere Werner Herzog und Wim Wenders verehrten sie und widmeten ihr Filme. Das Filmporträt stellt die biografischen Stationen von Lotte Eisners bewegtem Leben vor. Ausgehend von ihrem Zufluchtsort Figeac, einem kleinen französischen Dorf, in dem Henri Langlois seine Filmsammlung im Krieg untergebracht hatte, beleuchtet der Dokumentarfilm Lotte Eisners Wirken als Filmkritikerin in den 1920er Jahren in Berlin, ihre Emigration nach Frankreich und ihre Arbeit als Chefkuratorin in der Cinémathèque française, die bis zu ihrem Lebensende ihre geistige Heimat war. Der Film stellt die scharfsichtige Autorin Lotte Eisner vor, die neben der „Dämonischen Leinwand“ auch Bücher über Fritz Lang und F. W. Murnau veröffentlichte, und schildert ihre persönliche Verbundenheit mit den Regisseuren des Neuen Deutschen Kinos, dem sie dank ihrer Reputation als unbestechliche Filmkritikerin zu internationalem Renommee verhalf.
Mo., 5. Aug · 02:20-04:10 · Das Erste (ARD)
Nacht über Berlin
Die lebenslustige Sängerin Henny Dallgow lernt in Berlin Anfang der 1930er Jahre den SPD-Reichstagsabgeordneten Albert Goldmann kennen, der scheinbar so gar nicht zu ihr passt: Während der engagierte Arzt sich im Wedding um das Wohl der Arbeiter und sozial Schwachen kümmert, tritt die aus reichen Verhältnissen stammende Künstlerin in einem mondänen Nachtklub auf. Die Gegensätze ziehen sich magisch an, doch die Liebe der beiden gerät in den verhängnisvollen Strudel der historischen Ereignisse.
Mo., 5. Aug · 05:00-05:30 · PHOENIX
Terrorgefahr in Deutschland – Die neue Strategie des IS
Wie groß ist die Terrorgefahr durch Islamisten in Deutschland? Kurz vor der Fußball-EM sind die politisch Verantwortlichen nervös. Und das nicht erst seit dem Anschlag in Moskau im März. Sicherheitsbehörden beobachten erhöhte Aktivitäten in der islamistischen Szene: Anschläge des IS-Ablegers ISPK wurden vereitelt, mutmaßliche Terroristen festgenommen. „Die Spur“ folgt den Islamisten und deckt ihre Motive und Rekrutierungsmethoden auf. Die Recherche der Autoren Carl Exner und Candan Six-Sasmaz beginnt in Nordrhein-Westfalen, in Duisburg. Hier nimmt die Polizei im Oktober 2023 einen Mann fest. Ihm wird vorgeworfen, einen Anschlag im Namen des IS geplant zu haben. Sein mutmaßliches Ziel: eine pro-israelische Demonstration. Das Brisante dabei: Der Verdächtige galt als Aussteiger aus der IS-Szene. Die Journalisten reden mit Freunden des Terrorverdächtigen, nehmen mit den deutschen Geheimdiensten Kontakt auf und begeben sich undercover auf Veranstaltungen. Dabei stellen sie fest: Islamistische Terrornetzwerke haben eine neue Strategie, Anhänger zu werben.
Mo., 5. Aug · 14:15-16:30 · arte
Nirgendwo in Afrika
Ab 1938 darf Walter Redlich seinen Beruf nicht mehr ausüben. Der jüdische Anwalt flieht nach Kenia, wohin seine ebenfalls jüdische Frau Jettel ihm widerstrebend nachfolgt. Jettel fühlt sich in erster Linie als Deutsche und glaubt nicht, dass man sie in ihrer Heimat verfolgen wird. Für sie ist die Reise nach Afrika zunächst ein kurzer Ausflug. Mit dem bescheidenen Dasein im Busch, wo ihr Mann als Verwalter einer maroden Farm arbeitet, kann sie sich nicht anfreunden. Dagegen blüht ihre introvertierte Tochter Regina auf. Sie verfällt dem Zauber Afrikas, lernt die Sprache und findet in dem einheimischen Koch Owuor einen Freund. Mit Ausbruch des Krieges treffen schockierende Nachrichten aus Deutschland ein. Jettel, die sich von Walter immer mehr entfernt hat, wird bewusst, dass das Leben im Exil ein Geschenk ist. Allmählich findet das Paar wieder zueinander. Nach Kriegsende wird Walter ein Posten als Richter in Frankfurt angeboten. Es sind zwölf bewegte Jahre vergangen, in denen Jettel und Regina Kenia schätzen gelernt haben. Die beiden wissen nicht so recht, ob sie in das Land zurückkehren wollen, in dem noch die Mörder ihrer Verwandten leben.
Mo., 12. Aug · 20:15-22:25 · arte
Lacombe Lucien: Der Spitzel
Juni 1944: Als der Bauernjunge Lucien Lacombe während der deutschen Besatzung auf den heimischen Hof in seinem kleinen Dorf im Südwesten Frankreichs zurückkehrt, muss er feststellen, dass sich vieles verändert hat. Sein Vater ist in deutscher Kriegsgefangenschaft, und seine Mutter hat einen neuen Liebhaber, mit dem sie den Hof bewirtschaftet. Schließlich beschließt Lucien, der Résistance beizutreten. Der Lehrer Peyssac hält ihn jedoch für zu jung und unzuverlässig und lehnt sein Gesuch ab. Durch Zufall entdeckt Lucien das Hauptquartier der Kollaborateure, die sich mit der Gestapo arrangiert haben. Im Auftrag der deutschen Geheimpolizei macht er Jagd auf die Widerstandskämpfer und beteiligt sich an Überfällen. Doch dann lernt er einen jüdischen Schneider kennen und verliebt sich in dessen Tochter France … Französisches Drama von Louis Malle mit Pierre Blaise und Aurore Clément. Ein Klassiker der Nouvelle Vague: „Lacombe Lucien“ wurde 1975 mit dem Prix Méliès der französischen Filmkritik, dem britischen BAFTA für den besten Film und einer Oscarnominierung für das beste fremdsprachige Werk ausgezeichnet.
Di., 13. Aug · 22:10-22:55 · MDR
Mitteldeutschland unterm Hakenkreuz 1/2
Es waren keine professionellen Wochenschaukameramänner, die die Bilder vom Alltag in Mitteldeutschland während der NS-Zeit festhielten. Es waren Hobbyfilmer, die das normale Leben jenseits der offiziellen NS-Propaganda abbildeten: auf 8mm-Film und vor allem – die eigentliche Sensation – in Farbe! Das, wofür sie bereit waren, einen kostbaren Streifen Film zu opfern, wirkt zufällig, harmlos. Ein Mädchen hält ihre Puppe stolz in die Kamera, ein Bauer führt seine Pferde in die Saale zum sonntäglichen Bad. Eine Frau schält Obst und legt Gurken ein. Doch bei aller Privatheit ist die Politik allgegenwärtig: Beiläufig wird der rechte Arm zum Gruß gehoben, von jedem öffentlichen Gebäude, von jedem Ausflugsdampfer grüßt die Nazi-Fahne – und an beinahe jedem Wochenende gibt es irgendwo einen Aufmarsch mit Marschmusik: zum Betriebssportfest, zum 1. Mai, zum Erntedankfest. Käthe und Erich Höse aus Leipzig heiraten im August 1939. Ihre Hochzeitsreise beginnt in Ratibor, heute polnisch Racibórz. Die Oder ist hier zwar schon fast 100 Kilometer lang, doch sie ist noch schmal, kaum schiffbar. Mit dem Finger fährt Käthe Höse auf der Landkarte schon einmal die Route ab, dann wird das Boot zu Wasser gelassen. Die Höses paddeln mit dem Strom nordwärts – Richtung Ostsee. Sie frühstücken im Morgengrauen, ein frei laufendes Huhn lässt sich mit Brotkrumen füttern. Lastkähne ziehen vorbei. Die große Freiheit in der Diktatur!
Mi., 14. Aug · 00:40-01:35 · arte
Der Mythos vom Ewigen Juden – Eine Kulturgeschichte
In einer ungenannten europäischen Stadt geht ein alter Jude seiner Wege. Sein Äußeres, einem Landstreicher ähnelnd, ruft Verachtung und Furcht hervor. Dieses Bild wurde vom Spätmittelalter bis zum frühen 20. Jahrhundert in Volkssage und -poesie verbreitet. Es ist das Bild des sprichwörtlichen Ewigen Juden, der Jesus auf dessen Kreuzweg eine kurze Rast an seiner Haustür verweigerte. Dafür wurde er von ihm dazu verurteilt, rastlos und unsterblich durch die Welt zu ziehen. Dem sogenannten Ewigen Juden wurden unterschiedlichste Fähigkeiten wie Wahrsagekunst, Allgegenwart und Unsterblichkeit zugeschrieben. Für die christlichen Völker war dieser Mann keine imaginäre Gestalt, sondern ein Wesen aus Fleisch und Blut. In den Berichten, die im Laufe der Jahrhunderte über ihn verfasst wurden, spiegeln sich zumeist Abscheu oder Mitleid wider. Selten wurde er zu einer beliebten Figur. Durch das Hauptmerkmal der Rastlosigkeit zeichnet sich hier indirekt eine andere Geschichte ab: die des jüdischen Volkes. Die Figur durchquerte die Jahrhunderte, von ihrer Erfindung in den mittelalterlichen Klöstern bis hin zu den von ihr inspirierten „Superhelden“ in den US-amerikanischen Comics. Man begegnet ihr in allen Gesellschaftsschichten, den ärmsten wie den reichsten, von der Jerusalemer Altstadt bis zu den österreichischen Palästen. Im 20. Jahrhundert wurde die Figur des sogenannten Ewigen Juden eines der antisemitischen Stereotype der nationalsozialistischen Propaganda. In seinem Film lässt der französische Regisseur Pierre-Henry Salfati das Bild des sogenannten Ewigen Juden durch die Jahrhunderte in Literatur, Musik, Film und bildender Kunst mit reichem Archivmaterial auferstehen.
Mi., 14. Aug · 07:05-07:35 · HR
Der lange Weg der Sinti und Roma
Jùlie Halilic ist stolz, wenn sie an ihren Großvater denkt. Wallani Georg erkämpfte gemeinsam mit anderen Bürgerrechtlern, dass der Massenmord an den Sinti und Roma 1982 als Völkermord anerkannt wurde. Begonnen hatte es mit einer Besetzung der KZ-Gedenkstätte Dachau. Elf Sinti traten dort 1980 in den Hungerstreik, weil die Verfolgung für Angehörige ihrer Minderheit mit der Befreiung nicht endete, weil der Rassismus gegen Sinti und Roma ungebrochen fortbestand. Sie texteten ein beliebtes Wanderlied um, um darauf aufmerksam zu machen: „Lustig ist das Zigeunerleben, Faria, Faria ho – Staat braucht uns keine Rechte (zu) geben, Faria, Faria ho“. Die Aktion in Dachau markierte den Beginn der Bürgerrechtsbewegung, eines langen Weges der Emanzipation. Die Auschwitz-Überlebende Zilli Schmidt kämpfte viele Jahre um Anerkennung ihrer Verfolgung aus rassischen Gründen. Die Musiker Manolito Steinbach und Romani Weiß wuchsen in den 1970er Jahren in West-Berlin auf. Sie erzählen davon, wie sie lange Zeit lieber unsichtbar bleiben wollten, wie diese Vorsicht erst nach und nach einem neuen Selbstbewusstsein wich. Gianni Jovanovic erlebte, dass die Verfolgung auch mit der Anerkennung des Völkermords nicht endete. Nachdem er 1982 einen Bombenanschlag in Darmstadt überlebt hatte, wurde wenig später das Haus seiner Verwandten in einer Nacht- und Nebelaktion von der Stadt abgerissen. Mit diesen persönlichen Lebenswegen zeichnet der Film emotional und eindrucksvoll die Geschichte von Deutschlands größter nationaler Minderheit nach und macht bisher unerzählte Perspektiven sichtbar. Individuelle Geschichten und bisher kaum gezeigtes Archivmaterial nehmen mit in eine Zeit, in der Sinti und Roma weiter diskriminiert wurden und in der sie sich schließlich zur Wehr setzten. Unter den historischen Aufnahmen aus den ARD-Archiven fand Filmautor Adrian Oeser viele Szenen, die deutlich machen, wie stark der Rassismus gegen Sinti und Roma nach 1945 fortdauerte – und auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer wieder befeuert wurde. Die Dokumentation „Der lange Weg der Sinti und Roma“ ist damit auch eine kritische Auseinandersetzung der ARD mit ihrer eigenen Geschichte. Der Film zeigt darüber hinaus, dass eine Aufarbeitung in vielen gesellschaftlichen Bereichen bis heute notwendig ist. Bis in die 1980er Jahre arbeiteten Landeskriminalämter und Forscher in ganz Deutschland mit den Akten der Rassenhygieniker aus der Nazizeit weiter, um Sinti und Roma systematisch zu erfassen. Erst die Bürgerrechtler konnten diese Aktenbestände in den 1980er Jahren freipressen. Beeindruckendes Archivmaterial zeigt, wie sie die Dokumente ihrer Verfolgung fast vierzig Jahre nach der Befreiung erstmals in den Händen halten. Zu realisieren, dass die systematische Stigmatisierung so lange andauerte, belastet den Bürgerrechtler Rudko Kawczynski bis heute.