Spott-Light: Antwortet, Berliner!

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Niemand hat die Absicht, um Manja Schreiners (CDU) „Doktorarbeit“ eine Mauer zu bauen, nicht wahr?

 Von Christian Niemeyer

Als hier, am 17. August 2023[1], die erste Story zum allerneuesten Berliner Plagiatsskandal erschien, war die Welt noch in Ordnung: Der Regierende Bürgermeister, direkt angeschrieben und mit der Frage konfrontiert, reagierte nicht; die Berliner Hauptstadtpresse wirkte irgendwie abwesend, der Spiegel desgleichen; die betroffene Uni (Rostock) ließ nach Ossi-Art  verlauten, die Prüfung der Dissertation von 2007 werde noch bis Frühjahr 2024 dauern; und rbb24 Abendschau präsentierte die etwas hektisch auf besonders gut gelaunt getrimmte Delinquentin noch am 4. September ausführlich zu einem Detail ihrer Radwegeplanung (Schönhauser Allee), wobei vor allem, eigentlich wie immer, der Charme der RBB-Reporterin Eva-Maria Lemke auffällig war – gleichwohl beanstandenswert, als ob niemand in diesem Sender die Absicht habe, vor Frühjahr 2024 auf den Plagiatsskandal einzugehen; nun, wo sich doch jede im Sender darüber zu freuen schien, mal wieder eine Frau, und dazu noch eine überaus ansehnliche, in Amt und Würden gebracht zu haben.

Oh, what a pitty, auf gut deutsch geredet: Was für eine verschenkte Chance in Sachen kritischer Journalismus für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, seine Leistungsfähigkeit zu beweisen und das viele Geld zu rechtfertigen, das die Öffentlichkeit für ihn bereitzustellen hat in der Erwartung, es gehe nicht nur um soap operas, sondern um Aufklärung, etwa darüber, von wem man da eigentlich regiert werde. Genau, wie man nur einen Tag später aus dem Tagesspiegel erfuhr, speziell von Daniel Böldt, der den soeben veröffentlichten Bericht der Wissenschaftsplattform ‚Vroni Plag Wiki‘ (VPW) zur Dissertation von Manja Schreiner analysiert hatte: u.a. von einer CDU-Verkehrssenatorin, deren Dissertation „zahlreiche und umfänglich Plagiatsbelege“ offenbare. Schlimmer, so zitierte Böldt eine pensionierte Hochschullehrerin der HTW Berlin: „Das Ausmaß der Plagiate übersteigt auch die Fälle in der Dissertation von Schreiners Senatskollegin Franziska Giffey (SPD).“ Hatte unser Kolumnist am 17. August – ach so: das bin ja ich! – also recht, als er diese beiden Blondinen in satirischer Überspitzung unter dem Tisch platzierte, sich sukzessive, in geheimer Ahnung um ihr ferneres Schicksal, die Kante zu geben, wortwörtlich, weil’s so schön war:

„Sagt die eine Blondine  namens Franziska Giffey zur anderen, sie spöttisch mit ‚Frau Doktor‘ ansprechend: ‚Zieh!` Fängt die andere zu lachen an und kippt schließlich, mit zwei Kognaks intus, unter den Tisch, dort den Radwegeplan studierend, in der ihm inzwischen eigenen geschredderten Form. Was ihr erneut ein hysterisches Lachen entlockt und den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) veranlasst, aufzustehen und ihr galant aufzuhelfen mit einem charmanten ‚Is was, Doc?‘“

Nix da mit ‚Doc‘, wie wir nun wissen, auch Jochen Zenthöfer von der FAZ sowie Spiegel.de sowie Süddeutsche.de; der Preis für die Headline des Tages geht aber an Marten Brehmer, der am 6. September textete: „Manja Schreiner bricht Plagiatsrekord im Berliner Senat.“[2]

Wie es jetzt weitergehen wird? Nun, ich gebe gerne zu, dass Leser*innen von hagalil.com jetzt in Vorteil sind, weil sie seit gut drei Wochen grübeln können über die richtige Antwort auf Frage 4 zur oben im Original hergesetzten fiktiven Szene, nämlich:

„Warum ist der Regierende Bürgermeister, der zuvor seinen Chef Friedrich Merz abgewatscht hatte, in der fiktiven Szene derart freundlich zu der seiner Partei angehörenden Senatorin? Doch wohl nicht, weil sie so hübsch ist, denn dies leitet uns zurück auf den Fall Lindner?“

 Ganz zu schweigen von der Frage, ob auch dieser zweite Plagiatskandal im Berliner Senat wohl ausgesessen wird nach dem „Muster Giffey“; die, wie es hier am 17. August hieß, „ihren Plagiatsskandal einfach ausgesessen hatte, indem sie als Bundesfamilienministerin zurücktrat, um, wie der Katholik nach der Beichte befreit von allen Sünden, einfach wieder anzufangen als Regierende Bürgermeisterin, nach dem Motto: ‚Ach, diese Berliner, mit denen kann man’s ja treiben.‘“

Antwortet, Berliner: Seid ihr wirklich so blöd wie diese Plagiatorin wähnt und die andere vermutlich auch, demnächst?

Autor: Prof. Dr. Christian Niemeyer, Berlin

Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

[1] www.hagalil.com/2023/08/spott-light-schaut-auf-diese-stadt/
[2] Alle Zitate nach https://vroniplag.fandom.com/de/wiki/VroniPlag_Wiki:Pressespiegel.