Eine „angenehme Mischung aus östlicher Melodie und westlicher Kompositionstechnik“

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Paul Ben-Haim, (c) National Library of Israel / CC BY-SA 3.0

Ein neuer Band in der Reihe „Komponistinnen und Komponisten in Bayern“ gibt Einblick in Leben und Werk von Paul Ben-Haim, einem der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts.

Paul Ben-Haim wurde am 5. Juli 1897 als Paul Frankenburger in eine assimilierte jüdische Familie in München geboren. Schon mit 12 Jahren begann er, erste Stücke zu komponieren. Nach dem Abitur am Wilhelmsgymnasium München studierte er ab 1915 an der Akademie der Tonkunst in München Klavier und Komposition. Nach dem Ersten Weltkrieg, den er als Soldat an der Front verbrachte, kehrte er zum Studium zurück.

Nach dem Abschluss erhielt er Anstellung unter Bruno Walter als stellvertretender Leiter des Chores an der Oper. 1924 übernahm er die Stelle des dritten, später ersten Kapellmeisters und Chorleiters am Augsburger Stadttheater. In Augsburg lernte er auch die Tänzerin Helene Hely Acham kennen.

Frankenburger komponierte mit mit zunehmendem Erfolg und Anerkennung Lieder und Chorwerke, Orchester- und Kammermusik. Im Laufe der 1920er Jahre wandte er sich auch jüdischen Themen in der Musik zu. Trotz des beruflichen Erfolges wurde er 1931 entlassen. Zurück in München verdiente er seinen Lebensunterhalt als Pianist und komponierte in dieser Zeit sein Opus magnum, das Oratorium „Joram“.

Nach einer ersten Reise nach Palästina, während der er sich Paul Ben-Haim nannte, um die Einschränkung seines Touristenvisums zu umgehen und auftreten zu können, emigrierte er im November 1933 nach Tel Aviv. Die ersten Jahre in Palästina, Hely folgte ihm und das Paar heiratete, bezeichnete Paul Ben-Haim später als „Regeneration der Seele nach einer Krise“.

Nachdem er anfangs den Lebensunterhalt mit Musikunterricht verdienen musste, wurde Ben-Haim zu einem der wichtigsten israelischen Komponisten, die eine neue musikalische Sprache der jungen Nation fanden, eine „angenehme Mischung aus östlicher Melodie und westlicher Kompositionstechnik“, wie er es selbst bezeichnete.

Paul Ben-Haim während des Unterrichts, (c) National Library of Israel (MUS 055 / M76) / CC BY-SA 3.0

Nach Deutschland kam Paul Ben-Haim nur wenige Male. Nach einem Festkonzert 1972 in München anlässlich seines 75. Geburtstags wurde er von einem Auto angefahren, was ihn an den Rollstuhl fesselte und gesundheitlich stark einschränkte. Paul Ben-Haim starb am 14. Januar 1984 in Tel Aviv.

Der vorliegende Band enthält zwei Interviews mit Paul Ben-Haim, die erstmals auf Deutsch veröffentlicht werden, und lässt ihn so selbst zu Wort kommen. Etwa wenn er von den Anfängen der Oper in Tel Aviv erzählt: „Das war eine Revolution. Anfangs hatten wir eine Art Orchester – bestehend aus Rechtsanwälten, Ärzten usw. Der Oboist war ein Ohrenarzt. Fagotte hatten wir überhaupt nicht.“ Bisher unbekannte Fotos aus der Israelischen Nationalbibliothek zeigen ebenfalls eine private Seite.

Eine Einführung in Leben und Werk gibt einen fundierten Überblick, sechs Fachbeiträge, die aber auch für das breite Publikum gut und informativ zu lesen sind, widmen sich dem breiten kompositorischen Werk Ben-Haims.

Unbedingt lesenswert!

Franzpeter Messmer (Hrsg.): Paul Ben-Haim (Komponistinnen und Komponisten in Bayern – Band 68), Allitera Verlag 2023, 156 S., Euro 22,90, Bestellen?

Bild oben: (c) National Library of Israel (MUS 055 / M19) / CC BY-SA 3.0