Die neuen Fernsehtipps

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Zur ARTE-Sendung Der Pantomime Marcel Marceau Die Kunst der Stille Marcel Marceau ist der wohl berühmteste Pantomime der Welt. © W-film/Les Films du Prieuré Foto: ZDF Honorarfreie Verwendung nur im Zusammenhang mit genannter Sendung und bei folgender Nennung "Bild: Sendeanstalt/Copyright". Andere Verwendungen nur nach vorheriger Absprache: ARTE-Bildredaktion, Silke Wölk Tel.: +33 3 90 14 22 25, E-Mail: bildredaktion@arte.tv

Vom 16. bis 31. März 2023

Do., 16. Mär · 22:55-23:40 · 3sat
Der lange Weg zum Anschluss

Als Adolf Hitler am 13. März 1938 die Brücke über den Inn nach Braunau überquerte, jubelte ein Großteil der Bevölkerung. Der Triumphzug setzte sich über Linz fort und mündete in einem umjubelten Empfang am Heldenplatz. Das sichtbare Wien war außer sich vor Freude, als der Diktator „vor der Geschichte den Eintritt seiner Heimat in das Deutsche Reich meldete.“ Ein Volk feierte den Untergang seines Staates, ein einzigartiger Vorgang in der Geschichte. Wie konnte das geschehen. Die Dokumentation zeigt, dass diese – heute unverständliche – Begeisterung für den Anschluss nicht plötzlich kam, sondern das Ergebnis einer langen Entwicklung war. Die sogenannte Anschlussbewegung hatte ihre Ursprünge bereits in der Revolutionsbewegung von 1848 und fand in der glücklosen Ersten Republik ihren Höhepunkt. Historiker wie Hannes Leidinger, Heidemarie Uhl und Monika Sommer zeichnen diese Entwicklung nach, die Enkel ehemaliger Nationalsozialisten sprechen über die Motive ihrer Großväter und der Enkel von Arthur Seyss-Inquart beleuchtet erstmals die Rolle seines Großvaters beim Untergang Österreichs.

Do., 16. Mär · 23:40-00:25 · 3sat
30 Tage bis zum Untergang

Der „Anschluss“ Österreichs ans Deutsche Reich wurde mit dem Einmarsch deutscher Truppen am 12. März 1938 de facto vollzogen. Die Volksabstimmung am 30. April war nur noch eine Farce. Bereits am 12. Februar 1938 traf Kurt Schuschnigg Adolf Hitler auf dem Berghof in Bayern und unterzeichnete dort das „Berchtesgadener Abkommen“. In den folgenden 30 Tagen wurde das Schicksal Österreichs auf politischer Ebene besiegelt. Die Tage vom 12. Februar bis zum 12. März 1938 sollten die Geschichte Österreichs für immer verändern, es war der letzte Monat vor dem „Anschluss“ ans Deutsche Reich. Der damalige österreichische Bundeskanzler Kurt Schuschnigg traf Adolf Hitler auf dem Obersalzberg. Das dort unterzeichnete „Berchtesgadener Abkommen“ zog Österreich immer weiter in den Machtkreis des Nationalsozialismus. Noch ahnte man damals nicht, dass Österreich einen Monat später für sieben lange Jahre aufhören würde zu bestehen. Die Menschen besuchen in diesem Monat Bälle, feiern Fasching, schimpfen über die Nationalmannschaft. Gleichzeitig finden auf den Straßen Demonstrationen und Fackelumzüge statt. Wie war damals die innere Verfasstheit der ersten Republik? Wie viele Anhänger hatte das Schuschnigg-Regime? Wie viele Menschen träumten vom Reich? Der Kanzler will wissen, wer zu Österreich steht, und ordnet eine Volksbefragung an. Doch der streng geheime Plan ist bei seiner Verkündung längst nach Berlin verraten worden, und Adolf Hitler schlägt zurück. Der letzte Monat Österreichs als eigenständiger Staat steigert sich zu einem furiosen Finale. Die Dokumentation zeichnet einen Weg nach, den Zeitgenossen völlig unterschiedlich erlebt haben: auf den „Anschluss“ hin fiebernd, ihn fürchtend oder auch passiv und gleichgültig. Zu Wort kommen Experten und Zeitzeugen, die den „Anschluss“ als Kinder erlebt haben. Kurt Bauer, Heidemarie Uhl, Hannes Leidinger, Robert Kriechbaumer, Oliver Rathkolb und der Autor des Buchs „Es gab nie einen schöneren März: 1938 – Dreißig Tage bis zum Untergang“, Gerhard Jelinek, setzen die Geschehnisse in den historischen Kontext. Der Neffe von Kurt Schuschnigg, Heinrich Schuschnigg, berichtet vom persönlichen Erleben seines Onkels.

Fr., 17. Mär · 13:50-14:35 · 3sat
In Linz begann’s – Der „Anschluss“ 1938 in Oberösterreich

Vom 12. bis 14. März 1938 stand Linz durch den Aufenthalt Adolf Hitlers im Mittelpunkt des weltpolitischen Geschehens. In der Stadt seiner Jugend wurde Hitler mit Jubel empfangen. Beflügelt von der begeisterten Kulisse beschloss Hitler den ursprünglichen Plan einer „Personalunion“ der beiden Staaten Deutschland und Österreich zugunsten eines sofortigen „Anschlusses“ zu verwerfen. Wie erlebte die Bevölkerung diese Tage im März 1938? Martina Hechenberger und Thomas Hackl machen sich auf die Spurensuche nach den Hintergründen dieser dramatischen Zeit in Linz und Oberösterreich. Historiker, Zeitzeugen und Archivare geben Einblicke aus unterschiedlichen Blickwinkeln und fördern dabei oft Erstaunliches zutage. Im Zuge des Einmarsches in Linz fragte Hitler beispielsweise sofort nach „seinem guten alten Dr. Bloch“, dem jüdischen Hausarzt seiner verstorbenen Mutter und nannte ihn einen „Edeljuden“. Die Nationalsozialisten wollten Eduard Bloch in der Folge zum „Ehrenarier“ machen, doch Dr. Bloch lehnte diese seltene Auszeichnung ab. Dieser bescheidene Anflug von Großzügigkeit soll nicht darüber hinwegtäuschen, wie schnell der Antisemitismus überhandnahm. Noch während Hitler bis zum Vormittag des 14. März in Linz weilte, setzten die ersten größeren Verhaftungswellen ein.

Fr., 17. Mär · 16:05-17:00 · 3sat
Der längste Tag – 18 Stunden, die Österreichs Schicksal entscheiden

Der 11. März 1938 ist ein entscheidender Tag in der Österreichischen Geschichte. Der Film beschreibt den „längsten Tag“, der für Hunderttausende Österreicher zum Schicksalstag wird. Der 11. März ist ein welthistorisches Ereignis, das schließlich 18 Monate später in den Zweiten Weltkrieg münden wird. Am frühen Morgen wird der damalige Bundeskanzler Kurt Schuschnigg mit der Meldung geweckt, die Grenze zum Deutschen Reich sei gesperrt. Zwei Tage vor der für den Sonntag anberaumten Volksbefragung über die Unabhängigkeit Österreichs eskalieren die Drohungen Hitler-Deutschlands gegen Österreich. Kanzler Schuschnigg lässt sich im Morgengrauen zum Stephansdom führen und betritt anschließend das Kanzleramt am Ballhausplatz. Er wird es 18 Stunden später unter Bewachung von SS-Männern verlassen. Davor hat Österreich unter dem Druck deutscher Ultimaten kapituliert. Schuschnigg tritt zurück und schließt seine Abschiedsrede mit dem Satz: „Gott schütze Österreich!“ Die Nationalsozialisten übernehmen die Macht. Willkür-Herrschaft und Terror beginnen bereits am frühen Morgen des 12. März mit dem Einmarsch deutscher Truppen.

Fr., 17. Mär · 17:00-18:30 · 3sat
Österreich I – Die Heimsuchung Österreichs

Diese Folge der Dokumentarserie befasst sich mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich im März 1938 und den ersten Monaten ihrer Herrschaft. Im Morgengrauen des 12. März 1938 überschreiten deutsche Truppen die österreichische Grenze. Menschenmassen jubeln Adolf Hitler bei seinem Einzug in Wien zu, für viele scheint sich die Hoffnung auf ein besseres Leben zu erfüllen. Doch mit der Wehrmacht kommen auch viele Sonderkommandos, die Juden und Intellektuelle festnehmen. Abgesehen von vereinzelten Protesten nimmt das Ausland den „Anschluss“ mit geringem Interesse hin. In Österreich kommt es schnell zu den ersten Übergriffen auf Juden, viele Geschäfte und Betriebe werden nach und nach arisiert, Juden aus dem Lehrbetrieb und der Beamtenschaft gedrängt. Durch „Kraft durch Freude“-Aktivitäten versuchen die Nationalsozialisten, die Arbeiter für sich zu gewinnen. Im April 1938 findet die Volksabstimmung über den „Anschluss“ Österreichs statt, der eine gewaltige Propagandaschlacht der Nationalsozialisten vorausgeht. Das Abstimmungsverfahren widerspricht sämtlichen heute gültigen Regeln. So werden Menschen dazu gezwungen, öffentlich mit „Ja“ zu stimmen. Erwartungsgemäß geht Adolf Hitler als klarer Sieger aus der Volksabstimmung hervor.

So., 19. Mär · 09:05-10:05 · 3sat
Emilia Roig – Eine Welt ohne Rassismus und Unterdrückung

Emilia Roig kennt als „queere“, schwarze Frau Diskriminierung aus eigener Erfahrung. Ist eine Welt ohne Diskriminierung überhaupt möglich? Ein Gespräch unter der Leitung von Yves Bossart. Die Politologin, Aktivistin, Autorin von „Why We Matter“ und Gründerin des „Center for Intersectional Justice“ in Berlin kämpft für radikale Gleichberechtigung. Als Kind einer aus Martinique stammenden schwarzen Mutter und eines jüdisch-algerischen weißen Vaters sowie als Enkelin eines glühenden Anhängers der rechtspopulistischen Partei „Front National“ erkannte Emilia Roig schon sehr früh, wie verschiedene Formen von Diskriminierung in Institutionen wie der Schule, seitens der Gesellschaft, aber auch innerhalb der eigenen Familie auftreten können. Diskriminierung innerhalb von Diskriminierung beziehungsweise die Überschneidung von verschiedenen Diskriminierungsformen – „Intersektionalität“ – wurde später zu ihrem Forschungsschwerpunkt. Wie können solche Verschränkungen von verschiedenen Unterdrückungsformen erkannt und aufgelöst werden?

So., 19. Mär · 09:25-09:55 · arte
Das Abenteuer der Manuskripte: „Der Prozess“ von Franz Kafka

1924 starb der der deutschsprachige Prager Schriftsteller Franz Kafka. Kurz vor seinem Tod wies der 40-Jährige, von dem bis zu diesem Zeitpunkt nur kürzere Texte bekannt waren, seinen Freund und Nachlassverwalter Max Brod an, sämtliche Manuskripte zu vernichten. Doch Max Brod stieß auf drei Romanfragmente, die er veröffentlichte – ein Vertrauensbruch, der drei Meisterwerken der Literatur des 20. Jahrhunderts zum Durchbruch verhelfen sollte: „Der Prozess“ (1925), „Das Schloss“ (1926) und „Amerika“ (oder „Der Verschollene“, 1927). Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Prag 1939 ging Max Brod ins Exil nach Palästina. So gelangte auch das Manuskript von „Der Prozess“ dorthin. Max Brod, der 1968 starb, vererbte den Nachlass seiner Sekretärin Esther Hoffe. Diese bewahrte Kafkas Schriften in ihrem Haus in Tel Aviv auf und entschloss sich später, einen Teil davon zu verkaufen. 1988 erwarb das Deutsche Literaturarchiv Marbach beim Londoner Versteigerungshaus Sotheby’s das Manuskript von „Der Prozess“, das mit einem Verkaufspreis von rund 3,5 Millionen Mark zur teuersten Urschrift der Welt wurde. Nach Hoffes Tod 2007 erbten ihre beiden Töchter den Bestand. Die israelische Nationalbibliothek fürchtete jedoch weitere Verkäufe und focht das Erbe an. Dabei berief sie sich auf ein Gesetz, das die Ausfuhr wichtiger Archive ohne vorherige Kopie verbietet. Israel verlangte sogar vom Deutschen Literaturarchiv die Rückgabe von „Der Prozess“, allerdings ohne Erfolg. Nach einem zehn Jahre währenden Rechtsstreit mit den Hoffe-Schwestern ging der Nachlass von Kafka und Brod schließlich an die Nationalbibliothek über. Was das Manuskript von „Der Prozess“ anbelangt, so musste sich Israel mit dem Umschlag begnügen, in dem Kafka dieses seinerzeit Max Brod anvertraute.

Mo., 20. Mär · 01:25-02:53 · Das Erste (ARD)
45 Minuten bis Ramallah

Rafik (Karim Saleh), ein Palästinenser aus Ostjerusalem, hat keine Lust, sich von seinem autoritären Vater tyrannisieren zu lassen. Lieber arbeitet er als Tellerwäscher im fernen Hamburg. Nur der Mutter zuliebe kommt er zur Hochzeit seines kleinen Bruders Jamal (Navid Navid) nach Israel. Auf der Familienfeier gerät er prompt wieder in einen Streit mit seinem alten Herrn, der für ihn eine Ehe arrangieren will. Als sich Rafik vehement weigert, fällt der zornige Vater tot um. Sein Letzter Wille sorgt dafür, dass die Probleme für Rafik nicht abreißen: Der Verstorbene hat verfügt, in seinem Geburtsort Ramallah beigesetzt zu werden. Kein leichter Auftrag für die zerstrittenen Brüder, die dafür den Leichnam über schwer bewachte Grenzübergänge ins palästinensische Autonomiegebiet schmuggeln müssen. Aus der kurzen Fahrt wird eine irre Odyssee für Rafik und Jamal: Erst wird ihr Wagen samt Leiche geklaut, dann geraten sie in die Hände rivalisierender Dschihadisten und schließlich werden sie wider Willen als Selbstmordattentäter rekrutiert. Unerwartete Hilfe kommt von der schönen Prostituierten Olga (Julie Engelbrecht). Frech spielt die Nahost-Satire mit kulturellen Klischees und dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern.

Mi., 22. Mär · 09:45-10:00 · ARD-alpha
RESPEKT kompakt: Mut und Moral – Was wir von Sophie Scholl lernen können

Die „Weiße Rose“ prangerte ab Juni 1942 die Verbrechen der Nationalsozialisten an und rief zum Widerstand auf. Der innere Kreis der Gruppe bestand aus den Geschwistern Hans und Sophie Scholl, den befreundeten Studenten Alexander Schmorell, Christoph Probst und Willi Graf sowie dem Universitätsprofessor Kurt Huber. Insgesamt 6 Flugblätter verfasste die Widerstandsgruppe, verschickte sie massenhaft per Post in ganz Deutschland und verteilte sie heimlich. Ein Flugblatt gelangte nach England, wurde dort millionenfach vervielfältigt und 1943 von Flugzeugen der Royal Air Force über ganz Deutschland abgeworfen. Ihren Mut bezahlten alle 6 Mitglieder des inneren Kreises der Weißen Rose mit dem Leben: Sie wurden entdeckt und nach Schnellverfahren 1943 hingerichtet. Respekt-Moderatorin Sabine Pusch macht sich auf Spurensuche: Wo in München finden sich noch Erinnerungen an die Widerstandsgruppe – und gibt es auch heute noch Menschen, die sich ähnlich couragiert wie die Geschwister Scholl für Menschenrechte einsetzen, obwohl sie sich damit in Todesgefahr bringen? Beispiele für solchen Mut finden sich weltweit: Die Menschenrechtsaktivistin Malala Yousafzai aus Pakistan überlebte 2012 ein Attentat schwer verletzt, trotzdem setzt sich bis heute für Kinder- und Frauenrechte ein. Chelsea Manning aus den USA gab 2010 Geheiminformationen über schwerste Menschenrechtsverletzungen durch US-Soldaten während der Kriege in Irak und in Afghanistan sowie im Gefangenenlager Guantanamo an Wikileaks weiter. Wegen Hochverrats drohte ihr die Todesstrafe. 2013 wurde sie zu 35 Jahren Haft verurteilt. Seit ihrer Begnadigung 2019 setzt sich Chelsea Manning weiter für Menschenrechte ein. Aber auch in Deutschland trifft Moderatorin Sabine Pusch Menschen, die sich mutig für die Demokratie engagieren, auch wenn das nicht ungefährlich ist. Trotz Gewaltandrohungen und gewalttätigen Einschüchterungsversuchen setzen sich etwa in Berlin Menschen für die Demokratie und gegen Neonazi-Gruppen ein. Die Respekt-Reportage zeigt die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Engagement unter Todesgefahr gegen den Nationalsozialismus und für Menschenrechte damals vor 75 Jahren und heute.

Mi., 22. Mär · 22:10-23:05 · arte
Der Pantomime Marcel Marceau – Die Kunst der Stille

Marcel Marceau ist der wohl berühmteste Pantomime der Welt. Als tragikomischer Clown „Bip“ im Ringelhemd mit dem weiß geschminkten Gesicht, dem zerbeulten Seidenhut und der roten Blume begeisterte er die Menschen rund um den Globus. Doch der tragische Hintergrund seines Schaffens blieb lange verborgen. Marcel Marceau, gebürtig Marcel Mangel, stammt aus einer jüdischen Familie in Straßburg. Sein Vater Karl Mangel betrieb dort eine koschere Metzgerei und gab als Opernliebhaber nebenher Konzerte in seinem Laden. 1944 wurde der Vater nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Sein Sohn Marcel schloss sich der französischen Résistance an und schmuggelte zusammen mit seinem Cousin Georges Loinger jüdische Kinder über die Grenze in die Schweiz. Samt Gesten und Mimen brachte er ihnen bei, in Gefahrensituationen nicht zu sprechen. Stille verhieß Überleben. Beeinflusst durch Stummfilmgrößen wie Buster Keaton und Charlie Chaplin schuf Marcel Marceau nach dem Krieg eine einzigartige Kunstform, die seine Familie und Weggefährten bis heute weiterführen. Am 22. März 2023 wäre Marcel Marceau 100 Jahre alt geworden.
Bild oben: © W-film/Les Films du Prieuré

Mi., 22. Mär · 23:30-00:50 · RBB
Der Prinz und der Dybbuk

Wer war Moshe Waks, der 1904 als Sohn eines armen jüdischen Schmiedes aus der Ukraine geboren wurde und als Prinz Michał Waszyński 1965 in Italien starb? War er ein Wunderkind des Kinos, ein raffinierter Betrüger oder ein Mann, der filmische Illusion und Realität nicht auseinanderhalten konnte? Eine filmische Reise auf den Spuren von Michał Waszyński. Als Regisseur und später als Produzent von Hollywood-Filmen in Italien und Spanien schuf Waszyński über 40 Filme. Er arbeitete mit Stars wie Sophia Loren, Claudia Cardinale und Orson Welles. Seine eigentliche Obsession aber galt dem Film „Der Dybbuk“, bei dem er 1937 Regie führte. Der Film gilt nicht nur als einer der geheimnisvollsten jiddischen Filme der Filmgeschichte; er spiegelt auch Waszyńskis ruheloses Leben mit vielen ungelüfteten Geheimnissen wider. Die Filmemacher Elwira Niewiera und Piotr Rosołowski nehmen in „Der Prinz und der Dybbuk“ Waszyńskis Spur auf und folgen ihr nach Polen, in die Ukraine und die USA, nach Italien, Israel und Spanien. Für ihr faszinierendes Porträt eines menschlichen Chamäleons, das kontinuierlich Namen, Religion, Titel und Länder wechselte, um seine eigene Lebensgeschichte wie ein Filmdrehbuch zu schreiben, wurden die beiden in Venedig mit dem Löwen für den Besten Dokumentarfilm und mit dem Polnischen Filmpreis 2019 ausgezeichnet.

Do., 23. Mär · 00:00-02:05 · arte
Nachbarn

In einem syrischen Grenzdorf der frühen 80er Jahre müssen die Bewohner mit dem Nötigsten auskommen. Kaum jemand glaubt noch an das Versprechen der Regierung, sie mit Strom zu versorgen. Dort erlebt der kleine Sero sein erstes Schuljahr, als ein neuer Lehrer anreist, um aus den kurdischen Kindern stramme pan-arabische Genossen zu machen. Damit das Paradies auf Erden kommen kann, verbietet er mit seinem Schlagstock die kurdische Sprache, befiehlt die Verehrung Assads und predigt Hass auf den zionistischen Erzfeind: die Juden. Der Unterricht wühlt Sero auf und verwirrt ihn sehr. Denn seine langjährigen Nachbarn sind eine liebenswerte jüdische Familie. Und Seros Onkel Aram ist sogar heimlich in deren hübsche Tochter Hannah verliebt. Es ist allerdings äußerst fragwürdig, ob in dieser Umgebung Platz für eine solche Liebe sein kann. Der kleine Sero spielt gefährliche Streiche mit seinen Kameraden und träumt von einem Fernseher, damit er endlich Cartoons schauen kann. Gleichzeitig muss er aber erleben, wie die Erwachsenen um ihn herum immer mehr von Willkür, Gewalt und Nationalismus erdrückt werden. An wen soll man sich wenden, wenn die eigene Identität auf beiden Seiten des Grenzzaunes nicht toleriert wird? Seine Familie bietet dem kleinen Jungen Zuneigung und Schutz, aber das Leben an einem Ort, wo die Modernität nur in Form von Waffen existiert, bedeutet auch, mit Verlust konfrontiert zu werden.

Do., 23. Mär · 09:00-10:30 · arte
Als der Reichstag brannte

1928 steht Deutschland am Rande eines Bürgerkriegs. Kommunisten und Nationalsozialisten liefern sich Kämpfe auf den Straßen und an den Wahlurnen, um die Mehrheit im Reichstag zu erlangen. Wahl um Wahl erobern Hitler und seine Partei die politische Landschaft, während seine Braunhemden bei politischen Gegnern Angst und Schrecken verbreiten. Am 30. Januar 1933 wird Hitler dank einer wackeligen Koalition mit der nationalkonservativen DNVP Reichskanzler. Kurz darauf sorgt das Gerücht eines bevorstehenden Staatsstreichs für zusätzliche Verunsicherung. Am 27. Februar 1933 werden mit dem Brand des Reichstagsgebäudes alle Befürchtungen wahr. In dem brennenden Gebäude wird ein Mann aufgegriffen: der 24-jährige arbeitslose Niederländer Marinus van der Lubbe, der als Kommunist gilt – in den Augen der Nationalsozialisten ein Bilderbuchtäter. Der Vorwand ist gefunden, über Nacht Tausende Oppositionelle zu verhaften und in den ersten nationalsozialistischen Konzentrationslagern zu internieren. Darunter befinden sich auch drei bulgarische „Agitatoren“ und der Fraktionsvorsitzende der Kommunisten im Reichstag, die zu Komplizen des jungen Niederländers erklärt werden. Binnen weniger Wochen wird Deutschland zur Diktatur: Der Kanzler erhält die volle Macht, während seine Milizen auf den Straßen im Namen der Partei Terror verbreiten. Außerhalb Deutschlands organisiert sich Widerstand: Die Kommunisten beschuldigen ihrerseits Goebbels, Göring beziehungsweise die SA, den Brand gelegt zu haben. Die Nationalsozialisten reagieren mit einem Schauprozess gegen die mutmaßlichen Reichstagsbrandstifter. Drei Monate lang werden alle Verhandlungen aufgezeichnet. Mehr als 200 Zeugen und Sachverständige treten unter strenger Kontrolle der Propaganda in den Zeugenstand. Die Schuld von Marinus van der Lubbe scheint außer Zweifel zu stehen …

Do., 23. Mär · 14:15-17:20 · arte
Sunshine – Ein Hauch von Sonnenschein

Die ungarisch-jüdische Familie Sonnenschein ist mit einem Tonikum, dessen hoher Alkoholgehalt den Verkauf ankurbelte, aber zugleich das Ende des Ahnherren bedeutete, zu bescheidenem Wohlstand gelangt. Ein Wohlstand, der es Ignatz Sonnenschein ermöglicht, zu studieren und als Richter in der Zeit der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie Karriere zu machen. Um erfolgreich zu sein, versteckt Ignatz seine jüdische Herkunft und ändert seinen Namen von Sonnenschein in das ungarischer klingende „Sors“. Bis zuletzt steht er jedoch loyal zu Kaiser Franz-Joseph und dessen morscher Monarchie – wie er auch seinem jüdischen Glauben treu bleibt. Sein Sohn Adam dagegen muss, um das Fechten im Offiziersclub erlernen zu können, vom Judentum zum Christentum konvertieren. So stolz ist er auf seinen Namen und die Goldmedaille im Fechten, die er bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin für sein Heimatland gewonnen hat, dass er sich beharrlich weigert, den Namen und seine sportlichen Leistungen zu verleugnen, als schon längst sein Leben und das seiner gesamten Familie auf dem Spiel steht. Vor den Augen seines Sohnes Ivan wird er von den Nazis zu Tode gefoltert. Ivan erlebt dann, wie die von Moskau gelenkten Kommunisten die Macht in Budapest übernehmen, und wird später ein Protagonist des blutig niedergeschlagenen Ungarnaufstands. Er landet im Gefängnis; doch er wird alt genug, um den Fall des Eisernen Vorhangs zu erleben. Als das 20. Jahrhundert zu Ende geht, kann Ivan endlich wieder den ursprünglichen Namen seiner Familie annehmen: Sonnenschein.

Do., 23. Mär · 22:55-23:40 · 3sat
Die Schüler der Napola – Hitlers Elite

Sie sollten die künftige Elite des „Dritten Reichs“ hervorbringen – die Napola, die „Nationalpolitischen Erziehungsanstalten“. Mit beinhartem physischem und psychischem Drill wurden streng ausgewählte Jugendliche auf eine Karriere in den obersten Instanzen des Naziregimes vorbereitet. Die Dokumentation von Birgit Mosser-Schuöcker folgt den Spuren dieser Eliteanstalten des Naziwahns. Fanatischer Glaube an die Nazi-Ideologie, bedingungsloser Gehorsam und körperliche Leidensfähigkeit standen im Zentrum der Erziehung in der Napola.

Sa., 25. Mär · 06:35-07:35 · HR
Planet Wissen: Judenhass – Eine mörderische Ideologie

Laut einer aktuellen Studie denkt ein Viertel der Deutschen antisemitisch. Warum ist Antisemitismus (immer noch) so häufig und wie ist dieser unseligen Ideologie am besten beizukommen? Gäste im Studio: • Dr. Anette Seidel-Arpaci, RIAS Bayern • Prof. Dr. Samuel Salzborn, Justus-Liebig-Universität Gießen Laut einer aktuellen Studie denkt ein Viertel der Deutschen antisemitisch. Warum ist Antisemitismus (immer noch) so häufig und wie ist dieser unseligen Ideologie am besten beizukommen? Die Geschichte des Antisemitismus ist Jahrtausende alt und bis heute haben sich uralte Stereotype gehalten. Die Ideologie als Ganzes aber hat sich gewandelt, sie „modernisiert sich“ sozusagen unablässig. Aus der christlichen Judenfeindlichkeit des Mittelalters wurde im 19. Jahrhundert der rassistische Antisemitismus, der im Holocaust gipfelte. Heute „tarnt“ sich Judenfeindlichkeit häufig als Kritik an der Politik Israels. Die Grenze zwischen legitimer politischer Kritik an der Politik des Staates Israels und Antisemitismus ist meist nicht leicht zu erkennen.

So., 26. Mär · 09:45-10:15 · SWR
Wenn ihr wollt, ist es kein Märchen – Rachel Dror baut Brücken zwischen den Menschen

Rachel Dror führte viele Jahre Gruppen durch die Stuttgarter Synagoge. Geboren 1921 in Königsberg als Tochter eines preußischen Offiziers jüdischen Glaubens, wandert sie im April 1939 nach Palästina aus. 1957 kehrt sie aufgrund einer Krankheit nach Deutschland zurück. „Ich habe in mir nie Hass gespürt“, meint Rachel Dror, „obwohl meine Eltern und die meisten meiner Verwandten in Auschwitz ermordet wurden. Mein Schaden aber ist, nicht mehr weinen zu können.“ So ergreift die Zuhörer*innen nicht allein die Geschichte, sondern auch die Person Rachel Dror, wenn sie sachlich und ohne Pathos über ihr Leben spricht. „Was war, ist vorbei. Aber das, was heute fehlt in Deutschland, ist die Kultur jüdischer Menschen. Das möchte ich, dass junge Leute das begreifen. Ich will nicht, dass junge Leute Juden immer nur im Lager sehen und den gehobenen Zeigefinger fühlen.“ Wichtig ist ihr dabei deren Verständnis für andersgläubige und andersdenkende Menschen. Ihr Motto, das sie von Theodor Herzl übernommen hat: „Wenn ihr wollt, ist es kein Märchen“. Der Film erzählt die Geschichte der 1921 geborenen Rachel Dror, einer charismatischen Brückenbauerin. Das Team des SWR begleitet sie bei ihren Führungen für Jugendliche jeden Glaubens in der Synagoge, beobachtet sie beim Kurs über koscheres Kochen und ist in Berlin mit dabei, wenn sie das einzig verbliebene Grab eines Vorfahren entdeckt, eines berühmten Rabbiners.

Di., 28. Mär · 20:15-21:45 · RBB
Hitler – Die ersten 100 Tage

Es ist üblich, jeder neuen Regierung eine „Schonfrist“ von 100 Tagen zu geben, dies galt auch für den Reichskanzler Adolf Hitler. Wie rücksichtslos er jedoch diese 100 Tage für seine Ziele nutzte, davon erzählt der Film. Als Kanon zeitgenössischer Stimmen. Wie wurde aus einem zivilisierten Land, einem demokratischen Staat in nur wenigen Wochen eine brutale Diktatur? Neunzig Jahre nach Hitlers Machtübernahme werden die Ereignisse der ersten 100 Tage von Hitlers Herrschaft, mit einem Kanon vieler verschiedener Stimmen erzählt. Durch die Tagebuchnotizen von Menschen, die unmittelbar ihre Eindrücke, Gefühle, Wünsche, Ängste, Hoffnungen niedergeschrieben haben. Stimmen aus ganz Deutschland, Stimmen ganz verschiedener Couleur, quer durch die deutsche Gesellschaft. Unterschiedliche Perspektiven, Wahrnehmungen und Geschichten. Zeitgeschichte und Privates verdichtet zu einem Panorama deutscher Geschichte. Aufgehoben in 18 Tagebüchern. Der damals 39 Jahre alten Gastwirts Matthias aus Wittlich in der Eifel, ein überzeugter Katholik, steht Hitler eher skeptisch gegenüber. Die 44-jährige Hausfrau Luise Solmitz aus Hamburg hat große Erwartungen an den neuen Kanzler, doch ihr Mann hat jüdische Wurzeln. Der junge Dresdener Tischlerlehrling Franz Albrecht Schall ist begeistertes Mitglied der NSDAP, für ihn beginnt „Deutschlands Erwachen“. Für den jüdischen Hochschullehrer Willy Cohn und seine Familie aus Breslau zeigen sich schnell die Schrecken des „Dritten Reiches“. Der 20-jährige Sozialdemokrat Wilhelm Scheidler aus Neustadt schreibt seine Träume und Ängste heimlich auf, immer in Sorge, dass seine Wohnung durchsucht und er verhaftet wird. Wie kann aus einem zivilisierten Land, einem demokratischen Staat in nur wenigen Wochen eine brutale Diktatur werden? Der Film führt vom Tag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler (30. Januar), der Errichtung der ersten Konzentrationslager und dem „Tag von Potsdam“ (21. März) über den Boykott gegen jüdische Geschäfte (1. April), dem neugeschaffenen „Tag der Arbeit“ (1. Mai) bis hin zu den Bücherverbrennungen. Die Chronik einer beispiellosen Machteroberung.

Mi., 29. Mär · 10:00-10:30 · HR
Re: Wie geht eigentlich jüdisch sein?

Wie geht eigentlich jüdisch sein? Das fragen sich 20 junge Jüdinnen und Juden und reisen nach Israel. Sie suchen nach ihrer jüdischen Identität, die in ihren Familien meist keine Rolle gespielt hatte. Der Weg dieser jungen Deutschen steht exemplarisch für viele junge Menschen multi-ethnischer Herkunft in der Auseinandersetzung mit ihren kulturellen Wurzeln.Organisiert wird diese Fahrt von „Taglit“ mit dem Ziel jungen Menschen mit jüdischen Wurzeln, Kultur und Geschichte des Judentums näherbringen. Das hebräische Wort Taglit bedeutet übersetzt: entdecken. Gemeint ist damit sowohl das Land Israel wie auch sich selbst. Über 90 Prozent der deutschen Jüdinnen und Juden haben einen sowjetischen Hintergrund. In den 90er Jahren senkte Deutschland die bürokratischen Schranken zur Einwanderung für Jüdinnen und Juden deutlich. Zum einen als Form der Wiedergutmachung, zum anderen, um die alternden jüdischen Gemeinden zu verjüngen. Da viele der Familien in der Sowjetunion unter Antisemitismus litten, schärften Eltern oft ihren Kindern ein, in der neuen Heimat Deutschland, besser nicht zu erzählen, dass man jüdisch sei. Entsprechend kompliziert ist für die Generation der heute 20- bis 30-Jährigen das Finden ihrer eigenen Identität, die sich zudem aus vielen Bruchstücken zusammensetzt: postsowjetisch, deutsch, jüdisch. „Re:“ begleitet diese Suche nach kultureller Identität, lässt Fragen, Unsicherheiten, Freude und Entwicklungen miterleben. Was wird die Gruppe wohl von dieser Reise mit in den deutschen Alltag nehmen?

Mi., 29. Mär · 23:00-00:20 · WDR
Kinder der Hoffnung

Vor 15 Jahren hat die heute 40-jährige Regisseurin Yael Reuveny („Schnee von gestern“) ihre Heimat Israel verlassen, um in Berlin zu leben. Für KINDER DER HOFFNUNG kehrt sie zurück und trifft ihre ehemaligen Klassenkameraden, um zu sehen, was aus den Träumen und Idealen ihrer Generation geworden ist. 32 Kinder einer israelischen Schulklasse posieren 1988 für ein Foto. Als sich ihre Wege trennen, sind sie voller Hoffnung auf Frieden. In Super-8-Aufnahmen aus der Kindheit und pointierten Kurzporträts ihrer damaligen Mitschülerinnen und Mitschüler überdenkt die Filmemacherin Yael Reuveny ihr eigenes Selbstverständnis und das ihrer Generation. Warum gibt es keinen Frieden mit den Palästinensern? Das ist nur eine der vielen Fragen, die Reuveny sich und ihrer Generation stellt. Sie stößt auf unbequeme Antworten und muss sich eingestehen, dass selbst die 3. Generation nach der Shoah noch zutiefst davon geprägt ist. Aus Israel und aus Palästina flüchten Menschen vor dem bewaffneten Dauerkonflikt, nach Europa oder in die USA, einerseits erleichtert, einem großen Druck entkommen zu können, und gleichzeitig traurig, nicht mehr Teil einer großen Gemeinschaft zu sein. Auch damit setzt sich die Filmemacherin auseinander – mit ihren eigenen Motiven für ein Leben im Exil in Deutschland.

Mi., 29. Mär · 23:15-00:35 · RBB
Schocken – Der Selfmade-Man

Vor 90 Jahren, am 1. April 1933, wurden in Deutschland auch seine Kaufhäuser boykottiert. Später wurden sie von den Nazis „arisiert“. Da war der Unternehmer und Mäzen Salman Schocken schon geflohen. Der Film setzt sich erstmals mit dem spannenden Leben dieses engagierten Kulturkämpfers auseinander und verfolgt die Spuren seines Wirkens in Deutschland und Israel heute. Der jüdische Unternehmer Salman Schocken gründet 1904 eine Kaufhauskette mit einer bahnbrechenden Geschäftsidee: Er will den Lebensstil der „kleinen Leute“ mit modernem Design revolutionieren – und verbindet modernes Management mit sozialen Leistungen für seine Angestellten. Erich Mendelsohn baut für ihn Gebäude in Nürnberg, Stuttgart und Chemnitz. Bald gehören 22 Kaufhäuser und 6.000 Mitarbeiter zu Schockens Imperium. Den wirtschaftlichen Erfolg nutzt Schocken, um einer humanistischen Vision zu folgen, die die Kultur in den Mittelpunkt der menschlichen Entwicklung stellt – und jüdischen Menschen eine kulturelle Heimat gibt. Als Autodidakt wird er zum profilierten Literaturkenner und Buchsammler. 1929 gründet er das „Schocken Institut zur Erforschung der hebräischen Poesie“, 1931 in Berlin den Schocken Verlag, in dem u.a. das Werk Franz Kafkas erscheint. Als Mäzen fördert er zahlreiche jüdische Schriftsteller und Gelehrte. Er folgt einer größeren Mission: Er möchte dem jüdischen Volk eine kulturelle Heimat geben. Eine liberale, säkulare Identität, die sich über die reichhaltige Tradition jüdischer Literatur und Kunst, unabhängig von territorialen Grenzen, definiert. Im Deutschland der Weimarer Zeit war Salman Schocken eine allseits bekannte Größe: Hannah Arendt nannte ihn den „jüdischen Bismarck“ – er selbst sah sich als „Kulturpapst“. Die Nazis entreißen ihm erst seine Warenhäuser, dann den Verlag. Schocken selbst floh schon 1934 nach Palästina. Doch für den Freigeist Schocken war es schwer, hier Wurzeln zu schlagen. Sein Engagement im Rahmen von Brit Shalom, einer Aktivistengruppe meist europäischer Immigranten, die sich für die Koexistenz von Juden und Arabern einsetzte, hatte keinen Erfolg. Er kauft die liberale Tageszeitung Haaretz, die heute von seinem Enkel Amos weitergeführt wird. Die USA und die Schweiz waren weitere Fluchtorte, aber Schockens Vision einer liberalen, an der jüdischen Tradition orientierten geistigen Offenheit und Identität war gebrochen. Als „wandernder Jude“ starb er 1959 in der Schweiz. Unternehmer, Intellektueller, Büchermensch, Verleger, Mäzen, Ästhet – in ihrem Film „Schocken – Ein deutsches Leben“ spürt Noemi Schory dem Leben und Werk einer der visionärsten und kulturell engagiertesten Unternehmer-Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts nach. Exklusive Archivaufnahmen illustrieren eine historische Reise von Zwickau über Chemnitz, Crimmitschau und Berlin bis nach Jerusalem; Zeitzeugen und Schocken-Kenner berichten über die Bedeutung des Entrepreneurs für die jüdische Kulturgeschichte. Ein vielschichtiger Porträtfilm, der eine Brücke von frühen 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart schlägt. Salman Schockens Wirken in Deutschland erforscht der Film in Berlin, Zwickau, Chemnitz und Crimmitschau mithilfe von Zeitzeugen und Schocken-Kennern und spannenden unveröffentlichten Archivschätzen. Diese erstmalige filmische Auseinandersetzung mit Schockens Leben ermöglicht es, sowohl die überraschend vitalen Wurzeln der deutsch-jüdischen Kultur zu entdecken als auch ein anderes Verständnis für eine jüdische Heimat abseits von geografischen Grenzen zu reflektieren.

Do., 30. Mär · 00:10-01:40 · BR
Der Stadtneurotiker

Alvy Singer, ein bekümmerter Komiker, tut sich schwer mit sich und der Welt. Als er in New York die so hübsche wie eigenwillige Annie Hall (Diane Keaton) kennenlernt, hat er zwei gescheiterte Ehen und 15 Jahre psychoanalytische Behandlung hinter sich. Beide sind schnell entflammt füreinander, aber auch Annie hält es nicht lange mit Alvy aus. „Der Stadtneurotiker“, einer der populärsten Filme von und mit Woody Allen, wurde 1978 mit vier Oscars ausgezeichnet.

Do., 30. Mär · 22:55-23:40 · 3sat
Blutiger Boden, reiche Gewinne – Die Wirtschaftsmacht der SS

Im Graubereich zwischen Staat, Partei und privat entwickelt sich die SS unbemerkt zu einer Wirtschaftsmacht. Gewinnverschleierung, Sklavenarbeit und Steuertricks werden von Hitler gedeckt. Vor dem Hintergrund der Blut-und-Boden-Politik nutzen Himmlers Männer die Arbeitskraft von KZ-Gefangenen für ihre ökonomischen Ziele. Wie gelingt es der SS, abseits der öffentlichen Wahrnehmung ein verschachteltes Firmennetzwerk aus Großunternehmen zu errichten? Als Heinrich Himmler im Jahr 1929 die Führung der SS (Schutzstaffel) übernimmt, ist diese noch eine unbewaffnete Unterabteilung der SA (Sturmabteilung). Von Beginn an verfolgt Himmler das Ziel, mit der SS die Blut-und-Boden-Ideologie zu verwirklichen und seine Verbände damit zur Elite des Nationalsozialismus zu machen. Dafür strebt er eine größtmögliche Unabhängigkeit an – auch in wirtschaftlicher Hinsicht. 1933 lässt er zahlreiche Werkstätten beim KZ Dachau errichten. Neben einer Tischlerei, eine Schneiderei und einer Fleischerei sollen noch weitere Betriebe der Selbstversorgung der SS dienen. Daneben betreiben Himmlers Einheiten bald auch Arzneimittelforschung und biologisch-dynamischen Heilkräuteranbau – alles unter Einsatz von Zwangsarbeitern aus den Konzentrationslagern. Um sich die Gunst Adolf Hitlers zu sichern, unterstützt Heinrich Himmler ab 1938 dessen Städtebaupläne mit der Gründung der „Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH“. Diese soll Baumaterialien für die Hauptstadt „Germania“ und andere Städte liefern. Neue Konzentrationslager in Buchenwald, Flossenbürg, Mauthausen und Gusen werden gegründet, um die örtlichen Steinbrüche mit Zwangsarbeitern zu versorgen. Später entsteht auch das gigantomanische Klinkerwerk Oranienburg, dessen Ausbau in einem finanziellen Desaster für die SS endet. Aber nicht nur die Baustoffbranche ist für die Nazis interessant: Mit der „Gesellschaft für Textil und Lederverwertung mbH“ wird auch ein Bekleidungsunternehmen gegründet. Außerdem werden auch Mineralwasserquellen gekauft und Keramik produziert. Außerhalb des „Altreichs“ intensiviert die SS ihre Wirtschaftsaktivitäten ebenfalls. Zur Umsetzung der Blut-und-Boden- beziehungsweise der Lebensraum-Politik entstehen eigene Möbelwerke und Finanzierungsgesellschaften. Zunehmend wächst jedoch der Protest der deutschen Industrie. Die Existenz der SS-Betriebe mit den kostlosen Zwangsarbeitern bleibt nicht verborgen. Gezwungenermaßen stimmt der SS-Wirtschaftschef, Oswald Pohl, der Vermietung von Häftlingen an Unternehmen außerhalb seines Einflussbereichs zu. So wird ein gigantischer Sklavenmarkt in Gang gesetzt, mit dem wiederum Profit erzielt wird. Himmlers Verbände geraten jedoch in Bedrängnis. Die Konzentrationslager gehören formell dem Reich, weshalb die von den KZ-Häftlingen erwirtschafteten Gewinne eigentlich an das Finanzministerium abgeführt werden müssten. Über eine komplexe Konstruktion von Gesellschaften und Holdings versuchen Himmler und seine Mitarbeiter, die Gewinne zu verschleiern – bis das System auffliegt und Millionenbeträge an den Staat rückerstattet und Steuern nachgezahlt werden müssen. Auf dem Höhepunkt ihres Einflusses betreibt die SS über 30 Großkonzerne und mehr als 100 Betriebe. In der Dokumentation „Blutiger Boden, reiche Gewinne – Die Wirtschaftsmacht der SS“ erzählt der Filmemacher Andreas Kurz von einem der am wenigsten bekannten Kapitel deutscher Zeitgeschichte und eröffnet einen neuen Blick auf die Hintergründe der NS-Vernichtungspolitik.

Do., 30. Mär · 23:15-00:00 · HR
Der „Schwulenparagraf“ – Geschichte einer Verfolgung

Man nannte sie „die 175er“. Verhaftet wurden diese Männer schon mal direkt beim Liebesspiel, nicht selten am Arbeitsplatz, oder die Polizei holte sie von zu Hause ab. Ein paar Stunden später saßen sie oft schon in Haft, die Kündigung vom Arbeitgeber ließ meist nicht lange auf sich warten. Ihr begangenes Verbrechen: einvernehmlicher Sex unter erwachsenen Männern. Damit verstießen sie gegen den Paragrafen 175. „Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts“ begangen werde, sei mit Gefängnis zu bestrafen. So stand es zur Einführung des Paragrafen 1871 im Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches. Die Nazis verschärften ihn, erhöhten die Strafen. Viele landeten im Konzentrationslager. Frei aber waren sie auch nach dem Krieg nicht. Die junge Bundesrepublik übernahm den Paragrafen 175 in seiner verschärften Form eins zu eins von den Nazis. Wer das KZ überlebt hatte, musste damit rechnen, erneut ins Gefängnis gesteckt zu werden, um die Reststrafe abzusitzen. Selbst das Bundesverfassungsgericht bestätigte 1957, dass der Paragraf 175 mit dem Grundgesetz im Einklang stehe: Männer, die mit Männern Sex hatten, wurden in der Bundesrepublik weiter verfolgt. Nach Schätzungen des Justizministeriums wurde gegen 100.000 Männer ermittelt, 64.000 hat man verurteilt. Der Paragraf hat Leben zerstört, Existenzen vernichtet. In diesem Film berichten Zeitzeugen davon – wie der 80-jährige Hermann Landschreiber aus Gelnhausen, den die Polizei 1966 vom Postamt abgeführt hat, weil die Mutter seines Ex-Freundes ihn angeschwärzt hatte. Oder Günter Werner, der im katholischen Franken mit einem amerikanischen Soldaten inflagranti erwischt wurde und deshalb im Jugendarrest landete. Sie alle sprechen über ihre Verhaftung, den Knast, ihre Angst, erwischt zu werden oder erpressbar zu sein, aber auch über ihren Wunsch, trotzdem ein selbstbewusstes schwules Lebens zu führen. Sie lassen verstehen, wie lang und beschwerlich der Weg war von der damals verbotenen Sexualität und Heimlichkeit bis hin zur Schwulenehe heute. Wie sieht jemand wie Klaus Beer diese Entwicklung? Sechs Männer hat er als Richter wegen Verstoßes gegen Paragraf 175 verurteilt. Er setzt sich offen mit seiner beruflichen Vergangenheit auseinander. Wie dachte er damals, wie denkt er heute über diese Urteile? Der Film führt auch in die ehemalige DDR, wo der Paragraf viel früher außer Kraft gesetzt und bereits 1988 abgeschafft wurde. Lebten Männer liebende Männer oder lesbische Frauen in der DDR wirklich angstfrei, weil ihr Sex nicht mehr strafbar war? Wann kamen sie trotzdem ins Visier der Staatsmacht? Wolfgang Schmidt war Leiter der Auswertungs- und Kontrollgruppe in der Hauptabteilung XX des Ministeriums für Staatssicherheit. Er gibt offen Auskunft, warum man sich dort mit den Schwulen- und Lesbengruppen beschäftigte. Die lesbische Aktivistin Karin Dauenheimer wurde Anfang der 1980er Jahre observiert. Für den Film öffnet sie ihre Stasi-Akte. Frauen, die Frauen liebten, fielen nicht unter den Paragrafen 175, ihnen drohte also auch im Westen keine Strafverfolgung. Hatten sie deshalb ein sorgenfreieres Leben? Auch darauf findet der Film Antworten. Filmautor Marco Giacopuzzi geht mit großer Sensibilität auf seine Zeitzeugen zu. Sein Film zeigt eindrucksvoll, wie ein Menschen verachtender Paragraf und brutale Diskriminierung das Leben zahlreicher Männer und auch Frauen zerstörte und warum es so lange dauerte, bis der Paragraf 175 aus der bundesdeutschen Rechtsprechung endlich verschwand. Erst 2017 beschloss die Bundesrepublik ein Gesetz zur Rehabilitierung aller Opfer des Paragrafen. Doch nur wenige trauten sich, einen Antrag zu stellen, und die meisten waren ohnehin verstorben.

Do., 30. Mär · 23:40-00:30 · 3sat
Kinder an die Flak – Hitlers junge Soldaten

Die Dokumentation wirft einen Blick auf das Schicksal der Kinder, die während des Zweiten Weltkriegs zu den Waffen gerufen wurden. Während der Kriegsjahre von 1943 bis 1945 verrichten rund 200.000 Jugendliche ihren Dienst als Luftwaffenhelfer in der Deutschen Wehrmacht. Das nationalsozialistische Regime rekrutiert Schüler aus den Reihen der Hitlerjugend und dem Bund Deutscher Mädchen. Möglich machte dies eine Notdienstverordnung des Deutschen Reichs aus dem Jahr 1938, der zufolge der Staat alle Bewohner nach Vollendung des 15. Lebensjahrs zu beliebigen Diensten heranziehen darf. Während des Zweiten Weltkriegs sind die Geburtsjahrgänge 1925 bis 1929 besonders betroffen. Sie werden zu Luftwaffen- und Marinehelfern ausgebildet. Es sind Kindersoldaten. Im Lauf des Kriegs werden immer mehr Soldaten an der Ostfront gebraucht, deshalb möchte das Oberkommando der Wehrmacht möglichst unauffällig die Luftabwehrstellungen in der Heimat mit Kindern nachbesetzen. Reichsjugendführer Baldur von Schirach erhält entsprechend den Auftrag, Kindersoldaten auf den Krieg vorzubereiten. Die endgültige Entscheidung trifft Adolf Hitler am 7. Januar 1943 selbst: Es sollen Schüler der Höheren Schulen und der Mittelschulen zum Kriegsdienst einberufen werden. In der Dokumentation „Kinder an die Flak – Hitlers junge Soldaten“ berichten drei Männer und eine Frau aus Österreich über ihre Zeit im Kriegsdienst. Für die damals 15- bis 16-Jährigen beginnt der Einsatz an der sogenannten Heimatfront. Was zunächst noch als waghalsiges Abenteuer empfunden wird, wächst sich zur lebensgefährlichen Mission aus. Manche Schüler werden in entfernte Gebiete des Deutschen Reichs versetzt und in todbringende Kampfhandlungen verstrickt, wo sie im wahrsten Sinne des Wortes als Kanonenfutter verheizt werden. Die Zeitzeugen führen in packender Art und Weise vor Augen, wie aus anfangs spielerischen Kriegsübungen bitterer Ernst wird und aus Schulkindern Soldaten, die täglich dem Tod ins Auge blicken und ihr Überleben nicht selten dem puren Zufall verdanken.