documenta fifteen und Antisemitismus in Kunst und Kultur

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Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen veröffentlicht Analysen und Gespräche zur documenta fifteen und Antisemitismus in Kunst und Kultur

Die am 23. Februar 2023 in der Jüdischen Gemeinde Marburg präsentierte Veröffentlichung von RIAS Hessen bietet auf 130 Seiten insbesondere jüdischen Stimmen und antisemitismuskritischen Analysen zur documenta fifteen Raum. Ein Monitoring-Bericht von RIAS Hessen zur documenta fifteen wird genauere Zahlen und Analysen vorlegen. Dieser wird in vier bis acht Wochen ebenfalls auf der Website von RIAS Hessen als Download zur Verfügung stehen.

DANIEL NEUMANN (DIREKTOR LANDESVERBAND DER JÜDISCHEN GEMEINDEN IN HESSEN)
„Seit der documenta fifteen sind einige Monate vergangen, doch der Flurschaden ist immer noch enorm. Denn all jene, die eben noch beschwichtigt, abgewiegelt oder ignoriert haben, führten auf einmal die Bewegung an, die kompromisslose Aufklärung und lückenlose Aufarbeitung verlangt. Beeindruckend, wie geschmeidig die Fahnen mit dem Wind wehen. Dabei trugen viele Verantwortung dafür, dass es überhaupt dazu kam. Von den zuständigen Bundes- und Landesministerien über den Aufsichtsratsvorsitzenden und die Generaldirektorin bis hin zu den ‚Kuratoren‘, die vieles taten, außer zu kuratieren. Das Versagen der Verantwortlichen betrifft dabei nicht nur den offen zur Schau getragenen Antisemitismus, sondern hat auch der Kunst als solcher einen Bärendienst erwiesen.“

STELLA LEDER (INSTITUT FÜR NEUE SOZIALE PLASTIK, POTSDAM)
„Antisemitismus in der Kunst kann mit einfachen Mitteln verhindert werden: Kulturverwaltungen, die an der Besetzung von Leitungspositionen, Jurys oder Findungskommissionen beteiligt sind, müssen für die Besetzung dieser Posten mit antisemitismuskritischen Künstler:innen sorgen. Die Besetzung entsprechender Gremien ist eine der Aufgaben von demokratischer Kulturpolitik und Verwaltung – das ist kein Eingriff des Staates in die Kunst. So lange aber die Verwaltung keine entsprechende politische Anweisung bekommt, trägt die Kulturpolitik weiterhin die Verantwortung für Antisemitismus in künstlerischen Kontexten. Es ist ein Skandal, dass einerseits beteuert wird, wie leid allen die Vorkommnisse auf der Documenta tun und gleichzeitig so getan wird, als gebe es keine Handlungsmöglichkeiten. Man bekommt den Eindruck, als würde das Problem Antisemitismus nicht ernstgenommen werden.“

Zum Download der Veröffentlichung

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) – in Trägerschaft des Demokratiezentrums Hessen an der Universität Marburg – erfasst und dokumentiert seit Frühjahr 2022 antisemitische Vorfälle in Hessen. Betroffene werden bei Bedarf an kompetente Beratungsstellen weitergeleitet. Die Dokumentation der Vorfälle bildet, in Absprache mit den meldenden Personen sowie anonymisiert, auch bei der Erarbeitung von Bildungsmaterialien eine Grundlage. Forschung zu und Bildung über Antisemitismus sind weitere Aufgabenfelder von RIAS Hessen.