Antisemitische Vorfälle in Berlin

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Antisemitismus ist im Alltag Berliner Juden_Jüdinnen weiterhin allgegenwärtig. Im ersten Halbjahr 2022 ereigneten sich in allen Berliner Bezirken antisemitische Vorfälle. Vorfälle richteten sich in der großen Mehrheit unmittelbar gegen jüdische, israelische oder als solche
wahrgenommenen Personen oder Institutionen.

RIAS Berlin dokumentierte 450 antisemitische Vorfälle von Januar bis Juni 2022 und damit deutlich weniger als im gleichen Zeitraum in 2021 (574 inklusive Nachmeldungen). In der ersten Hälfte des Jahres 2022 registrierte das Projekt neun antisemitische Angriffe (2021: 12): Es handelte sich um tätliche Angriffe, darunter auch Fälle von Anspucken der Betroffenen. Zudem wurden RIAS Berlin zehn gezielte Sachbeschädigungen, zehn Bedrohungen und 417 Fälle verletzenden Verhaltens bekannt.

Am 22. Februar spuckte ein Mann im Bezirk Mitte eine Frau an, die einen Beutel trug, auf dem ein Davidstern abgebildet war. Am 10. März griff ein Mann einen jüdischen Touristen mit Kippa in einem Hostel im Prenzlauer Berg an. Er schlug ihm die Kippa vom Kopf und trat darauf herum. Dann begann der Angreifer, ihn zu schlagen und verlangte, dass er „Free Palestine“ sage. Aus dem Vorjahr ist ein ähnlicher Fall bekannt: Am 25. Oktober 2021 fügten mehrere Angreifer in Spandau einem Mann lebensbedrohliche Verletzungen zu, nachdem er sich geweigert hatte, „Free Palestine“ zu rufen.

Am 29. Mai näherten sich zwei Männer in Neukölln einer durch eine Davidsternkette als jüdisch erkennbaren Person, sprangen aggressiv auf sie zu, als ob sie angreifen wollten, und schrien ihr „Jude“ ins Gesicht. Vorfälle wie diese ereignen sich meist aufgrund zufälliger Begegnungen: Die Betroffenen werden in alltäglichen Situationen mit Antisemitismus konfrontiert, etwa beim Einkaufen oder auf dem Weg nach Hause. Diejenigen, die Personen antisemitisch angriffen oder anfeindeten, nahmen dabei in vielen Fällen jüdische oder israelische Symbole oder Zeichen zum Anlass – das ablehnende oder aggressive Verhalten von Seiten der Täter_innen zeigte sich oft sehr plötzlich.

299 antisemitische Vorfälle, die sich vor allem gegen Juden_Jüdinnen und jüdische Institutionen aus Berlin richteten, ereigneten sich im Internet, insbesondere auf Social-Media-Plattformen. Jenseits des Internets passierten die meisten Vorfälle auf der Straße, gefolgt von Fällen im öffentlichen Personennah- und Fernverkehr Berlins. Hier kam es zu 27 antisemitischen Vorfällen, u.a. zu mehr als der Hälfte der registrierten tätlichen antisemitischen Angriffe.

Nach wie vor treten Formen des Post-Schoa-Antisemitismus, wie die Abwehr der Erinnerung und die Bagatellisierung der Schoa, am häufigsten auf. Schmierereien wie „Damals die Juden, heute die Ungeimpften“, „Impfen macht frei“ oder „Bargeldlos nach Auschwitz“ tauchten seit 2021 und auch weiterhin 2022 in zahlreichen Bezirken der Stadt auf.

Die Auswertung kann online unter https://reportantisemitism.de/documents/RIAS_Berlin_Antisemitische_Vorfaelle_Jan_Jun_2022.pdf eingesehen
werden.

Antisemitismus melden: www.report-antisemitism.de