Die neuen Fernsehtipps

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Vom 1. bis 15. Mai 2021…

So., 2. Mai · 18:30-19:00 · 3sat
Erich Fried – Wir sind ein Tun aus Ton

Engagierter Humanist und humorvoller Sprachkünstler: der österreichische Lyriker Erich Fried (1921-1988), der zeitlebens im Londoner Exil verblieb, wäre am 6. Mai 100 Jahre alt geworden. 1938 floh Fried vor den Nationalsozialisten aus Wien. Als Emigrant wurde er zu einer der markantesten Persönlichkeiten des österreichischen Geisteslebens. Karriere als Dichter machte er in Deutschland. Sein Verhältnis zu Österreich war bis zu seinem Tod ambivalent. „Nach dem deutschen Einmarsch in Wien 1938, der mich aus einem österreichischen Oberschüler in einen verfolgten Juden verwandelte, und nach der Ermordung meines unpolitischen Vaters durch Gestapo-Beamte, nahm ich mir vor, wenn ich lebend entkäme, zu tun, was mein Vater in den letzten Jahren seines Lebens vergeblich tun wollte: Schriftsteller zu werden. Ich wollte gegen Faschismus, Rassismus und die Austreibung unschuldiger Menschen schreiben.“ (Aus Erich Frieds Exiltagebuch) Dieses Versprechen hat Erich Fried voll erfüllt. Trotz oder gerade wegen seines Schicksals. Mit 17 Jahren musste Erich Fried aus seiner Heimat fliehen und blieb zeitlebens im Londoner Exil. Als Emigrant wurde er zu einer der markantesten Persönlichkeiten des österreichischen Geisteslebens, auch wenn sich das offizielle Österreich nur sehr zögerlich zu ihm bekannte. Fried sorgt für brechend volle Auditorien und beschert seinem kongenialen Verleger Klaus Wagenbach Auflagen, von denen andere Dichter nur träumen können. Ob Vietnam, Nicaragua oder Südafrika, ob es um die inhumanen Folgen eines human gemeinten Sozialismus geht, Stalinismus, militanten Zionismus oder Massenvernichtungswaffen: Fried ist kein Eisen zu heiß, um es nicht lyrisch aufzugreifen. Er verurteilt den Terrorismus scharf, wendet sich aber zugleich gegen die Methoden der Terrorismusbekämpfung, fordert für die Gefangenen der Baader-Meinhof-Gruppe humane Haftbedingungen und einen fairen Prozess. Er wird bezichtigt, RAF-Sympathisant zu sein. Seine tabulose Kritik trägt ihm Empörung ein, Prozesse und eine wachsende Anhängerschaft. 1987, ein Jahr vor seinem Tod, als ihm der Büchner-Preis verliehen wird, provoziert er mit der Bemerkung, dass Georg Büchner heute Mitglied der RAF geworden wäre. Zum Schluss irritiert er noch Freund und Feind, als er Verständnis für den verurteilten Neonazi Michael Kühnen zeigt und ihn im Gefängnis besucht. Anhand von etwa 20 Gedichten erzählt der Film vom Schicksal des engagierten Humanisten und humorvollen Sprachkünstlers Erich Fried und von der – teilweise aus den Fugen geratene – Zeit, die er beschreibt. Menschen, die mit Fried eng verbunden waren, geben Einblick in kleine private und berufliche Episoden, und damit in das facettenreiche Wesen ihres Freundes Erich Fried.

So., 2. Mai · 21:15-22:00 · ARD-alpha
Zeuge der Zeit: Dr. Walter Grein

Wieso wählte der eigene Vater Adolf Hitler? Wie sah das Leben eines Jugendlichen in München während der NS-Zeit aus? Und: wie konnte man sich inmitten der Nazi-Diktatur eine andere Meinung bewahren? Der 98-jährige Dr. Walter Grein erzählt in diesem Film von seinem abenteuerlichen Leben voller Eigensinn, Glück und Zivilcourage. Walter Grein war 17 Jahre alt, als er in der Nacht von 8. auf den 9. November 1938 Zeuge des Naziterrors während der Novemberpogrome wurde. In dieser Nacht entschied er, sich vom NS-System abzuwenden. Wie die meisten jungen Männer, wurde aber auch Walter Grein zur Wehrmacht eingezogen. Er wurde an die Ostfront geschickt und erkrankte an einer Amöbenruhr. Das war sein Glück: Von nun an wurde er vom Dienst befreit und studierte in München Medizin – im Umfeld der Mitglieder der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Walter Grein war im Gerichtssaal anwesend, als Sophie Scholl, Hans Scholl und Christoph Probst am 22. Februar 1943 zum Tode verurteilt wurden. „Während des Verhörs hat Sophie Scholl eine Zigarette geraucht. Und da hat der der oberste Richter geschrien: ´Machen Sie sofort ihre Zigarette aus! Eine deutsche Frau raucht nicht!´. Dann musste sie ihre Zigarette ausmachen. Dann war die Verhandlung und sie wurden zum Tod durchs Schafott verurteilt. Sie waren unglaublich tapfere Menschen. Ich habe sie einfach bewundert.“ Walter Grein entging mehrmals selbst nur knapp einer Anklage wegen Hochverrats. 1944 rettete er einem von deutschen Flaks abgeschossenen Piloten der US-Armee, den fanatisierte Nazis lynchen wollten. Leben zu retten wurde seine Berufung: Nach Kriegsende wurde er Facharzt für Gynäkologe und Chirurgie, arbeitete als Arzt in Saudi-Arabien und ging für viele Jahre ins westafrikanische Togo, wo er eine Hebammenschule und die Gynäkologiestation aufbaute. „Wenn ich keine Zivilcourage habe, kann ich auch keine Achtung vor mir selbst haben. Die Selbstachtung bedingt einfach, dass ich der Gerechtigkeit willen auch bereit bin, mich einzubringen. Dann wird auch die Welt anders, wenn ich bereit bin, Verantwortung für andere zu übernehmen.“

Mo., 3. Mai · 00:20-01:00 · arte
Daniel Hope & Friends on Tour

Zu außergewöhnlichen Konzerten an ungewöhnlichen Orten in Deutschland und der Schweiz traf der Violinist Daniel Hope im Sommer 2020 zahlreiche renommierte MusikerInnen. Die Sendung „Daniel Hope & Friends on Tour“ versammelt die musikalischen Höhepunkte und begibt sich auf eine abwechslungsreiche musikalische Reise an Orte wie eine stillgelegte Destille in Berlin, eine ehemalige Chemiefabrik in Zürich, eine bayerische Alm oder ein Planetarium.Daniel Hope spielt an diesen Orten zusammen mit KünstlerInnen wie dem irischen Sänger und Gitarristen Rea Garvey, den Mitgliedern des Zürcher Kammerorchesters, dem amerikanischen Soul- und Popsänger Colin Rich, der neuseeländischen Singer-Songwriterin Teresa Bergman, dem israelischen Mandolinisten Avi Avital, dem kammermusikalischen Frauenquartett Salut Salon und vieles mehr. Entstanden sind atmosphärisch dichte Momente von hoher musikalischer Qualität.

Di., 4. Mai · 13:55-15:25 · One
So ein Schlamassel

Seit einer gefühlten Ewigkeit wird Jil Grüngras (Natalia Avelon) von ihrem Familienclan mit der Frage gequält, wann sie sich denn endlich einen passenden Mann sucht. Nicht nur ihr verwitweter Vater Benno (Michael Mendl), sondern auch der Rest ihrer herrlich „meschuggenen“ jüdischen Familie würde sie gern unter die Haube bringen. Immerhin ist Jil schon Anfang 30, sieht gut aus und steht als erfolgreiche Steuerberaterin mit beiden Beinen im Leben. Eines Tages lernt sie bei einem Beinahe-Unfall den sympathischen Marc Norderstedt (Johannes Zirner) kennen – und plötzlich hängt für die Karrierefrau der Himmel über Berlin voller Geigen. Der Landschaftsarchitekt ist ein echter Traumtyp, sensibel, gutaussehend und charmant. Nur einen kleinen „Schönheitsfehler“ hat er: Er ist kein Jude. Jil weiß natürlich, dass ihre traditionsbewusste Familie einen Nichtjuden, einen Goi, niemals akzeptieren würde. Da hilft nur eins: Marc muss sich als Jude ausgeben. Von Jils bester Freundin, der chassidischen Lesbe Zippi (Cornelia Saborowski), bekommt der leicht irritierte Marc einen Crashkurs in Sachen jüdische Tradition. So kann er als „Marc Rosenzweig“ während der Sabbat-Feier vor der versammelten Familie schon mal jede Menge Punkte sammeln. Jils Vater, ihr Großvater Mosche (Rolf Hoppe), Cousin Patrick (Gedeon Burkhard), Tante Sarah (Marianne Sägebrecht) und Onkel David (Hans Peter Hallwachs) schließen den jungen Mann ins Herz. Weniger fröhlich verläuft ein Essen bei Marcs Eltern Frederike (Gudrun Landgrebe) und Ludwig (August Zirner). Völlig überraschend ist Jil dort mit Vorurteilen und aus Unsicherheit geborener Befangenheit konfrontiert. Trotzdem will das Liebespaar nicht einfach aufgeben. Beide sind bereit, für ihre Gefühle und gegen Engstirnigkeit zu kämpfen. Bei der Bar-Mizwa-Feier ihres Großcousins Ruven (Ben Orthen, David Orthen), zu der auch Marcs Eltern eingeladen sind, will Jil der Familie die Wahrheit sagen. Unglücklicherweise kommt der kleine Ruven ihr zuvor und deckt den Schwindel auf. Die Feier endet in einem Eklat und Jil muss sich entscheiden, ob sie der Tradition gehorchen oder ihrem Herzen folgen will.

Di., 4. Mai · 20:15-21:00 · RBB
Berlin und Brandenburg unterm Hakenkreuz (2/2)

Die Hobbyfilmer besuchten den Berliner Zoo und durchstreiften das Havelland, sie filmten im legendären „Wintergarten“-Varieté und zur Kirchweihe in der Prignitz. Sie hielten die ersten Schwimmversuche der Tochter im städtischen Flussbad in Perleberg fest und hatten die Kamera bei der Hochzeitsreise im Paddelboot auf der Oder dabei. Doch bei aller Privatheit: die Politik ist allgegenwärtig in den Aufnahmen der Amateurfilmer: Beiläufig blitzt das NSDAP-Parteiabzeichen am Revers, auf jedem öffentlichen Gebäude, an jedem Ausflugsdampfer auf Havel oder Spree weht die Hakenkreuzfahne – und an beinahe jedem Wochenende gibt es irgendwo einen Nazi-Aufmarsch mit Marschmusik und Militärparade. Der zweite Teil der Dokumentation „Berlin Brandenburg unterm Hakenkreuz “ von Jan Lorenzen erzählt vom Alltag in Berlin und Brandenburg, der zwischen 1939 und 1945 immer mehr zum Kriegsalltag wurde. Bilder voller Gegensätze: Während Leutnant Edgar Forsberg aus Berlin-Halensee seine Kamera mit an die Front nimmt und im polnischen Besatzungsgebiet beobachtet, wie die jüdische Bevölkerung drangsaliert und deportiert wird, choreografiert Hanns Burscher aus Berlin-Schöneberg seine Familie für eine slapstickartige Weihnachtsinszenierung. Während im Brandenburgischen die ersten Zwangsarbeiter aus Frankreich bei der Ernte helfen, werden in Berlin die Luftschutzübungen intensiviert. Während in Stalingrad die 6.Armee unter General Paulus ihrem Untergang entgegensieht, inszeniert der Kameramann Bruno Mondi auf dem Potsdamer Studiogelände eine Schneeballschlacht mit ein paar Freunden – wohl ein Farbfilmtest für den nächsten NS-Durchhaltefilm, bei dem er wieder hinter der Kamera stehen wird. Das Grauen, dass Berlin und Brandenburg während des Krieges erreicht, zeigen die privaten Filmaufnahmen nicht. Bombenangriffe und deren Folgen zu dokumentieren, ist strengstens verboten und kann als Wehrkraftzersetzung oder Spionage mit dem Tode bestraft werden. Ab 1943 wird es für die Amateurfilmer zudem fast unmöglich, an Farbfilmrollen zu kommen. Die letzten bekannten Aufnahmen entstehen im März oder April 1945 an der Oder bei Hohenwutzen, kurz vor dem Angriff der Roten Armee, der den Untergang des Nationalsozialismus besiegeln wird. Die zweiteilige Dokumentation zeigt seltene Farbaufnahmen aus Berlin und Brandenburg während der Zeit des Nationalsozialismus. Gedreht nicht von professionellen „Wochenschau“-Kameramännern, sondern von Hobbyfilmern jenseits der offiziellen NS-Propaganda. Private Bilder vom Alltag in Berlin und Brandenburg während der NS-Zeit, aufschlussreich und beklemmend.

Di., 4. Mai · 23:00-23:45 · 3sat
Ermittlungen? Eingestellt. Das Oktoberfest-Attentat und der Doppelmord von Erlangen

Beim Anschlag auf das Münchner Oktoberfest am 26. September 1980 gab es 13 Tote. Die Ermittlungen liefen ins Leere und wurden eingestellt. Warum? Ein Film von Ulrich Chaussy und Daniel Harrich. 2014 deckte der Spielfilm „Der blinde Fleck“ auf, wie die Behörden 1980 bei der Aufklärung versagt und das rechtsterroristische Motiv vertuscht haben. Dies führte zur Wiederaufnahme der Ermittlungen, 34 Jahre nach der Tat. Auch diese Ermittlungen wurden eingestellt. Im Juli 2020, kurz vor dem 40. Jahrestag des Oktoberfest-Attentats am 26. September, beendete die neue Sonderkommission „Theresienwiese“ ihre Ermittlungen mit einem zwiespältigen Ergebnis: Zwar kommen die Beamten jetzt auch zu dem Schluss, dass die Tat des mutmaßlichen Einzeltäters Gundolf Köhler rechtsextremistisch motiviert war. Weitere Mittäter konnten jedoch nicht ermittelt werden. Und: Die neue Soko versagte völlig bei den Ermittlungen zur Rolle der Staatsschützer – nachrichtendienstliche Manipulation, Fehlinformationen und Intrigen, um die Spur nach rechts zu vertuschen – da, wo es weh tut, schauten die Ermittler nicht hin. „Ermittlungen? Eingestellt!“ schließt an die Ursprungs-Dokumentation „Attentäter? Einzeltäter!“ aus dem Jahr 2015 an und zeigt auf, wo auch die neuen Ermittlungen zu dem bisher schwersten Terrorakt in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland versagt haben. Die Autoren Ulrich Chaussy und Daniel Harrich konzentrieren sich dabei auf die schriftliche Einstellungsverfügung der Bundesanwaltschaft vom 7. Juli 2020 und hinterfragen diese Schritt für Schritt anhand ihrer langjährigen investigativen Recherche mit neuen Zeugen und Dokumenten. So äußert sich der von 2007 bis 2018 amtierende Innenminister Joachim Herrmann erstmals öffentlich zu den Ermittlungen, deren Wiederaufnahme er selbst mit einer ersten Aktenfreigabe bei der Premiere von „Der blinde Fleck“ unterstützt hatte. Neue Erkenntnisse führen zu einer weiteren Spur, die die Ermittler 1980 sowie 2020 fahrlässig ignoriert haben: Wenige Wochen nach dem Münchner Anschlag, bei dem die Spuren zur rechtsterroristischen Wehrsportgruppe Hoffmann in Ermreuth bei Erlangen führt, werden der Verleger, Rabbiner und ehemalige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, Shlomo Lewin, und dessen Lebensgefährtin, Frida Poeschke, ermordet. Auch hier wird die Verantwortung für die Tat einem toten „Einzeltäter“ angelastet. Der mutmaßliche Mordschütze soll Uwe Behrendt gewesen sein, der engste, bei ihm wohnende Gefolgsmann von Wehrsportgruppen-Chef Karl Heinz Hoffmann. Doch wie im Fall des Wiesn-Attentats und später im Fall des Nationalsozialistischen Untergrunds NSU wird die Spur nach rechts zunächst ignoriert und der Tathintergrund im unpolitischen privaten Umfeld der Opfer gesucht. „Ermittlungen? Eingestellt.“ basiert auf der langjährigen hartnäckigen Recherche des Autorenduos Ulrich Chaussy und Daniel Harrich, dem es gelang, an bis dato unveröffentlichte Informationen und exklusives Material zu gelangen. Ein aufwühlender und – besonders heute – politisch-gesellschaftlich wichtiger Film.

Mi., 5. Mai · 20:15-21:00 · 3sat
3satThema: Was ist rechts? Die Neue Rechte – Der Wahn vom homogenen Volk

Sie geben sich konservativ, bürgerlich und intellektuell. Und sie wollen keine Nazis und Faschisten sein: die „Neuen Rechten“. Aber was wollen sie? Und was sind ihre Strategien? Wer die Theorien, Ziele und Strategien der Neuen Rechten verstehen will, muss ihre Geschichte und ihre Vordenker kennen. Denn von der Weimarer Republik bis in unser modernes Internetzeitalter zeigt sich eine durchgängige, personelle und ideologische Linie. Seit Jahren setzt die Neue Rechte die liberale Demokratie unter Druck. Ihre Vertreter geben sich offen und selbstbewusst wie nie zuvor. Sei es in der politischen Debatte, auf der Straße oder in der Social-Media-Welt des Internets. Und sie dringen immer weiter in die Mitte der Gesellschaft vor. Aber was ist die Neue Rechte? Was ist neu? Wer sind ihre Ideengeber? Wo liegen ihre historischen Wurzeln? Jahrzehntelang steckte die Neue Rechte fast unbemerkt in der Nische, doch mittlerweile sind ihre führenden Köpfe allgemein bekannt. Allen voran Götz Kubitschek, Autor, Verleger, rechter Vordenker und enger Vertrauter des Thüringer AFD-Landeschefs Björn Höcke. Oder Martin Sellner, Vorsitzender der Identitären Bewegung. Dabei ist die Neue Rechte keine Partei und keine einheitliche Bewegung. Sie ist ein Netzwerk aus intellektuellen Vordenkern, Denkfabriken, Diskussionszirkeln, Fachzeitschriften und Kleinverlagen. Aber was ist das Neue? Der Begriff „Neue Rechte“ dient in erster Linie zur Abgrenzung vom Nationalsozialismus. Mit Neonazis wollen die heutigen Rechten vordergründig nichts zu tun haben. Doch was scheinbar neu ist, hat Wurzeln, die zurückreichen bis in die Weimarer Republik. Zu Vordenkern wie Armin Mohler und seine „konservative Revolution“, zum Antiliberalismus von Carl Schmitt und zum Männlichkeitskult eines Ernst Jünger. Wer die Theorien, Ziele und Strategien der Neuen Rechten wirklich verstehen will, muss ihre Geschichte und ihre Vordenker kennen. Denn von der Weimarer Republik bis in unser modernes Internetzeitalter zeigt sich eine durchgängige, personelle und ideologische Linie.

Mi., 5. Mai · 22:15-23:45 · RBB
Unsere Geschichte: Kinder des Krieges – Deutschland 1945

Im Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Noch leben Angehörige der Generation, die den Krieg miterlebten. Noch leben die letzten Zeitzeugen, die in Bombenkellern saßen, zum Volkssturm eingezogen wurden, mit ihren Eltern vor der näher rückenden Front flohen. Das multimediale ARD-Projekt „Kinder des Krieges“ erzählt das Schlüsseljahr 1945 aus der Sicht der Kinder. Noch Wochen nach dem 8. Mai 1945 habe er sich in Panik auf die Erde geworfen, wenn irgendwo am Himmel ein Flugzeug erschien, berichtet Paul Diefenbach (damals 7 Jahre alt) aus Köln. Bis heute würde er davon träumen, dass der im Krieg vermisste Vater wieder in der Tür erscheint, erzählt Alois Schneider (damals 12 Jahre alt) aus dem Saarland. Als sie die ersten Bilder aus den KZs zu sehen bekam, habe sie sich ihrer BDM-Uniform geschämt und später begonnen, Geschichte zu studieren, erzählt Elfie Walther (damals 17 Jahre alt) aus Delmenhorst. Noch ist es nicht zu spät, Fragen zu stellen. Noch leben die letzten Angehörigen der Generation, die zu jung war, um Schuld auf sich geladen zu haben, die aber alles miterlebte. Zeitzeugen des Jahres 1945 und ihre Erinnerungen stehen im Zentrum des multimedialen ARD-Projektes „Kinder des Krieges“. Ihre Aussagen machen deutlich: Unser Bild vom Jahr 1945 ist rückblickend geschönt. Geschönt von der Vorstellung des nahen Kriegsendes. Geschönt von der Vorstellung, dass am 8. Mai 1945 aller Schrecken endete. Aus Sicht derjenigen, die damals Kinder waren, stellt sich das Jahr 1945 anders dar: Zwar ist das Ende des Krieges bereits im Januar 1945 absehbar, doch niemand kann sicher sein, dieses Ende auch zu erleben. Fast alle der für diesen Film interviewten Personen haben in diesem Jahr 1945 traumatische Erfahrungen gemacht: Sie haben Hinrichtungen und Selbstmorde mitangesehen, Bombenangriffe erlebt und Vergewaltigungen ertragen. Sie drohten zu verhungern. Sie haben beim Spielen in Ruinen mit Blindgängern gespielt und dabei ihr Leben riskiert. Sie haben gesehen, wie ihre Eltern sich der Parteiabzeichen, der Hitler-Bilder, der Hakenkreuzwimpel und Fahnen entledigten. Sie wurden vorgeschickt, um die ersten alliierten Soldaten zu begrüßen, während die Eltern ängstlich hinter den Gardinen lauerten. Zusammen mit ihren Eltern wurden sie durch die befreiten Konzentrationslager geschleust, um zu erkennen, welche Verbrechen in den Jahren des Nationalsozialismus geschehen waren. Nach dem Krieg haben viele über das Erlebte geschwiegen, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Es sind unsere Mütter und Väter, unsere Großmütter und Großväter.

Mi., 5. Mai · 23:45-01:15 · RBB
Über Leben in Demmin

Ein 8. Mai in Deutschland. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus. Demmin, eine kleine Stadt in Mecklenburg-Vorpommern, erwacht. Gespenstische Stille. Unruhiges Warten. Sieben Hundertschaften Polizei nehmen Position ein. Neonazis formieren sich. Hier soll heute nicht der Tag der Befreiung gefeiert werden. Frühjahr 1945. Wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs ereignet sich in Demmin eine unfassbare Tragödie: Hunderte Einwohner nehmen sich das Leben. Sie schneiden sich die Pulsadern auf, vergiften, erschießen sich. Eltern töten erst ihre Kinder und dann sich selbst, ganze Familien gehen mit Steinen beschwert ins Wasser. Bis zum Ende der DDR wird über die genauen Umstände des beispiellosen Massensuizids geschwiegen. Heute versuchen Neonazis mit einem alljährlichen „Trauermarsch“die noch immer bestehende Leerstelle zu besetzen und für ihre Zweckezu missbrauchen. Die Bewohner von Demmin sind im Umgang mit den Ereignissen tief gespalten. Regisseur Martin Farkas begibt sich in „Über Leben in Demmin“ auf eine Reise in eine lang verdrängte Vergangenheit. Er trifft auf Bewohner, die das Drama als Kinder erlebt haben und zum ersten Mal davon erzählen, und auf deren Nachkommen, die jungen Demminer. Sein Film zeigt eine Stadt, die mit ihrer Geschichte allein gelassen ist, und spürt den Folgen des Traumas für die Menschen bis heute nach. „Über Leben in Demmin“ erzählt von Depression, Gruppenzwang, Fremdenfeindlichkeit, falscher Trauer und dem politischen Missbrauch von Gefühlen – aber auch vom Überleben, vom Willen, sich gegen Hass und Fanatismus zu stellen und dem Wunsch, die Vergangenheit umfassend aufzuarbeiten.

Fr., 7. Mai · 07:35-07:50 · WDR
Planet Schule: Die große Literatour – Joseph Roths Russland

Seine Romane zählen heute zur Weltliteratur: Joseph Roth – ein großer Erzähler und einer der besten Journalisten der Weimarer Zeit. Ein Meister der Beobachtung und Beschreibung. 1926 reist er mit einer großen Sehnsucht in die noch junge Sowjetunion. Mehrere Monate wird er unterwegs sein, Reportagen für die Frankfurter Zeitung schreiben und alle seine Illusionen über den Sowjetstaat verlieren. Roth wurde in Galizien, der heutigen West-Ukraine, geboren und führte ein zerrissenes Leben, zwischen jüdischem Glauben und Katholizismus, er lebte in einer Zeit des Umbruchs, in den Zerfall des Österreichischen Kaiserreiches. Er reist über Polen in die noch junge Sowjetunion. Doch die anfängliche Faszination wird schnell der Desillusionierung weichen. Roth bricht als neugierig Hoffender auf und kehrt als ernüchterter Chronist zurück. Nach der Reise gelingt ihm sein Durchbruch als Romancier: seine bedeutendsten literarischen Werke wie ‚Hiob‘ oder ‚Radetzkymarsch‘ erscheinen. „Die große Literatour“ begibt sich auf die Spuren von einigen der spannendsten Reiseschriftstellern der Geschichte, folgt ihren Reisen nach und sieht die Länder aus ihren Blickwinkeln. Eine literarische Zeitreise, die auf einzigartige Weise Vergangenheit und Gegenwart miteinander verschränkt.

Fr., 7. Mai · 10:55-11:55 · WDR
Planet Wissen: Sophie Scholl – Widerstandskämpferin gegen Hitler

Sie wurde nur 21 Jahre alt und ist trotzdem eine der bekanntesten historischen Persönlichkeiten Deutschlands – Sophie Scholl. Gemeinsam mit ihrem Bruder Hans und anderen Mitgliedern der „Weißen Rose“ hat sie gegen den Nationalsozialismus gekämpft. Mit der Historikerin und Autorin Dr. Maren Gottschalk taucht Planet Wissen ein ins Leben der Widerstandskämpferin und schaut dabei nicht nur in die Vergangenheit, denn die Geschichte von Sophie Scholl ist auch 100 Jahre nach ihrer Geburt von großer Bedeutung.

Sa., 8. Mai · 21:45-23:15 · One
Elser

Am 8. November 1939 wird ein Mann an der Grenze zur Schweiz wegen des Besitzes verdächtiger Gegenstände festgenommen. Nur Minuten später explodiert im Münchner Bürgerbräukeller unmittelbar hinter dem Pult, an dem Hitler seine Jubiläumsrede hielt, eine Bombe und reißt acht Menschen in den Tod. Der festgenommene Mann ist Georg Elser, ein Schreiner aus dem schwäbischen Königsbronn. Als man bei ihm eine Karte des Anschlagsortes und Sprengzünder findet, wird er dem Chef der Kripo im Reichssicherheitshauptamt Arthur Nebe und dem Gestapochef Heinrich Müller zum Verhör überstellt. Von ihnen erfährt Elser, dass sein Vorhaben gescheitert ist – dass der Mann, den er töten wollte, den Bürgerbräukeller 13 Minuten vor der Explosion verlassen hat. Tagelang wird Elser von Nebe und Müller verhört, tagelang hält er ihren Fragen stand. Bis er schließlich gesteht und die Geschichte seiner Tat schildert. Er wird gefoltert, weil Nebe und Müller ihm nicht glauben, dass er seine Tat ganz allein beging. Nach den Verhören kommt er in die Konzentrationslager Sachsenhausen und Dachau, wo Georg Elser schließlich auf Befehl Hitlers am 9. April 1945 ermordet wird – nur wenige Tage vor Ende des Krieges. Wer war dieser Mann, der aus einfachen Verhältnissen kam, der aber die Gefahr, die von Hitler ausging, deutlicher erkannte als die meisten anderen? Der bereit war zu handeln, als diese anderen mitliefen oder schwiegen? Regisseur Oliver Hirschbiegel und die Autoren Fred und Léonie-Claire Breinersdorfer erzählen die packende Geschichte eines Handwerkers, der trotz schwerster innerer Konflikte in Kauf nahm, durch seine Tat auch andere Menschen zu töten als denjenigen, dem sie eigentlich galt. Realisiert hat Oliver Hirschbiegel ‚Elser‘ mit einem hochkarätigen Darstellerensemble. In der Titelrolle ist Christian Friedel zu sehen, der dafür mit dem Metropolis Preis ausgezeichnet wurde. Des weiteren spielen Katharina Schüttler, Burghart Klaußner und Johann von Bülow, David Zimmerschied, Felix Eitner, Rüdiger Klink, Cornelia Köndgen und Martin Maria Abram.

Sa., 8. Mai · 23:20-01:00 · MDR
Wenn aus Freunden Feinde werden – An Enemy to die for

Europa, 1939. Trotz der angespannten politischen Situation bricht eine deutsche Polarexpedition in Richtung Arktis auf. Der Geologe Friedrich Mann (Axel Prahl) soll im Auftrag der Nazi-Regierung Beweise für eine bereits 1912 veröffentlichte Theorie sammeln: Der renommierte Wissenschaftler Alfred Wegener behauptete darin, dass alle Erdkontinente vor Millionen Jahren miteinander verbunden waren. Auf der Expedition wird Mann neben der kenntnisreichen Assistentin Leni Röhm (Jeanette Hain) auch von drei ausländischen Kollegen begleitet: Den beiden Briten Terrence (Tom Burke) und Martin (Allan Corduner) sowie dem schwedischen Sprengstoffexperten Gustav (Richard Ulfsäter). Aber auch sonst befindet Mann sich an Bord des Forschungsschiffs in eher feindlicher Umgebung: Der Kapitän (Sven Nordin) ist Norweger, die Matrosen stammen überwiegend aus Russland. Trotz der politischen Spannungen zwischen ihren Heimatländern versuchen die Expeditionsteilnehmer, sich auf ihr gemeinsames Ziel zu konzentrieren. Doch als die Nachricht vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs eintrifft, kann bald auch die Wissenschaft keine Brücke mehr bilden: Aus Kollegen und Partnern werden Feinde. Auf Befehl aus Berlin soll Mann den norwegischen Kapitän entmachten und mit dem gekaperten Schiff der deutschen Eismeerflotte zu Hilfe kommen. So entwickelt sich an Bord des Forschungsschiffs ein aufreibendes Psychoduell. Hass und Fanatismus brechen sich Bahn, aus der wissenschaftlichen Expedition wird ein Kampf ums Überleben. Loyalitäten bröckeln und nicht jeder an Bord ist das, was er zu sein vorgab. Vor allem Leni, die sich in Gustav verliebt hat, weiß nicht, auf welcher Seite sie stehen soll. Aber auch der linientreue Friedrich Mann beginnt, an den Befehlen aus Berlin zu zweifeln.

Sa., 8. Mai · 23:40-00:05 · arte
Streetphilosophy – Pessimismus: Wird doch eh nix!

Was macht jemand, der immer mit dem maximal Schlimmsten rechnet? Und wie soll man mit all den Katastrophenszenarien umgehen? Vielleicht weiß der Versicherungsberater Alexander Schwarz ja einen Rat. „Sei vernünftig und sorge vor“, empfiehlt er Ronja. „Kümmere dich um deine Altersvorsorge wie um den dreckigen Abwasch, der noch zu erledigen ist!“ Eine ganze Menge Schlimmes kann geschehen – daran erinnert der Musiker Daniel Kahn in seinen jiddischen und englischen Liedern. Sie handeln von der Ungerechtigkeit und vom Leid in der Welt. Die jüdische Geschichte ist so voll davon, dass man eigentlich verzweifeln muss. Hilft da nur schwarzer Humor? Darüber spricht Ronja mit Daniel bei einem Tee im Wohnzimmer des Musikers. Ein wirksames Mittel gegen negative Gedanken ist aber nicht nur Humor, sondern auch Kreativität. Davon erzählt der in Berlin lebende Fotokünstler Mehran Djojan bei einem Spaziergang durch Fürstenwalde in Brandenburg. Hier ist er aufgewachsen – inmitten grauer Plattenbau-Tristesse. Doch was wie Perspektivlosigkeit pur scheint, hat ihn inspiriert. Mit den Mitteln seiner Fantasie hat er ganz eigene Bildwelten erschaffen, für die ihn seine Follower auf Instagram lieben. Nach dem großen Pessimisten Schopenhauer leben die Menschen zwar in der schlechtesten aller Welten als leidende Wesen, aber davon darf man sich nicht aufhalten lassen: „Wir müssen versuchen, das Leid zu minimieren“, sagt Philosoph Johannes Winter, mit dem Ronja im Chinesischen Garten in Marzahn-Hellersdorf verabredet ist.

So., 9. Mai · 00:15-00:20 · 3sat
Kurzfilmtage Oberhausen: Water Marks

Ein Mädchen, das schwimmt und Fahrrad fährt – nichts Besonderes. Wäre da nicht die Gasmaske, die es trägt, und wären da nicht die Helikopter, die Panzer und die Soldaten. Der poetisch-hintergründige Animationsfilm aus Israel ist angelehnt an die Erinnerungen der Autorin an ihre Kindheit im Kibbuz. Die Wasserfarben sind dabei ein Tribut an den Fluss Dan im Norden Israels. Eine Geschichte, so persönlich wie universell. In der Erwachsenenwelt stehen die Zeichen auf Krieg. Panzer rollen, Düsenjets dröhnen, Helikopter knattern. Ein Funkspruch ruft dazu auf, Gasmasken bereitzuhalten und die Kinder zu beruhigen. Scheinbar unbeeindruckt tut ein kleines Mädchen derweil das, was Kinder tun: Es klettert, schwimmt, fährt Fahrrad. In Form von sparsamen Wasserfarb-Animationen und mit einem gespenstisch einlullenden Soundtrack, in den sich die Echos von Krieg und Ausnahmezustand mischen, erinnert sich die israelische Regisseurin Meshy Koplevitch an ihre Kindheit im Kibbuz.
Foto oben: © ZDF und Meshy Koplevitch

So., 9. Mai · 06:05-06:35 · HR
Das Erbe der Gret Palucca

„Ich will nicht hübsch und lieblich tanzen!“, ist die Parole der jungen Gret Palucca. Sie trainiert zuerst als Rollschuhtänzerin, dann als Sportlerin, bis hin zur Akrobatik. Ihr Markenzeichen ist ihre unglaubliche Gelenkigkeit und Elastizität sowie ihre einzigartige Sprungkraft. Ihr Tanzen strahlt pure Lebensfreude aus – mit Temperament, grotesken Elementen, akrobatischen Einlagen, die Leichtigkeit im Schweben. 1925 eröffnet sie eine eigene Schule für modernen Tanz in Dresden. Sie lehrt fast sieben Jahrzehnte lang – durch alle privaten und politischen Turbulenzen hindurch – ihre neuartige Form des Ausdruckstanzes. Sie knüpft Kontakte zu vielen Bauhauskünstlern. Für Moholy-Nagy ist Palucca die einzige Tänzerin, die die neue Ästhetik des Bauhausgedankens gestaltet. Später distanziert sie sich von den Bauhäuslern, um unter den Nationalsozialisten nicht anzuecken. Sie nimmt mit Leni Riefenstahl an der Olympiade-Eröffnung 1936 teil, verleugnet ihre jüdische Herkunft. Später in der DDR, nach dem Zweiten Weltkrieg, gelingt es der Tanzpädagogin, im ausgebombten Dresden wieder zu unterrichten. Sie eröffnet ihre Schule neu, in der sie ihren Schülerinnen und Schülern vor allem Kreativität, Eigenständigkeit, Spontaneität und Verantwortungsbewusstsein für den eigenen Weg vermittelt und in den internationalen Sommerkursen, die seit 1957 in Dresden stattfinden, Kontakte auch zu westlichen Tänzern ermöglicht. 1949 wird die Palucca-Schule Dresden verstaatlicht. Trotz Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen mit den Kulturfunktionären der DDR bleibt Gret Palucca in Dresden und schafft sich inmitten des sozialistischen Realismus eine künstlerische Insel. Wenn sie der DDR-Bürokratie grollt, zieht sie sich auf Hiddensee zurück und droht mit Abwanderung in den Westen. Aufgrund der Verquickung von privaten und öffentlichen Begebenheiten zeigt sich ein hochspannendes und widersprüchliches Bild einer Persönlichkeit, das ein Jahrhundert deutscher Geschichte aus einer besonderen Perspektive spiegelt.

So., 9. Mai · 09:50-10:20 · arte
Daniel Libeskind – Magier der Emotionen

Stararchitekt Daniel Libeskind sorgte schon mit seinem ersten Bauauftrag, dem Jüdischen Museum Berlin, 1999 weltweit für großes Aufsehen. Sein Masterplan für das neue World Trade Center am Ground Zero von 2013 ist ein Bekenntnis zu Demokratie, Freiheit und Frieden und tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt: Mit seinen Eltern, die den Holocaust überlebten, emigrierte Libeskind aus Polen über Israel nach Amerika. Seine Bauwerke mit ihren kristallinen, verwinkelten und vielfältig gebrochenen Fassadenstrukturen vergleicht er mit Menschen: Sie atmen, haben einen Körper und eine Seele.Am 12. Mai 2021 wird Daniel Libeskind 75 Jahre alt. Der Film würdigt sein Schaffen und zeigt auf, wie stark seine Architektur von der Musik beeinflusst ist, der er ebenfalls eng verbunden ist. Aus diesem Anlass interpretiert der Pianist Benyamin Nuss im Film zum weltweit ersten Mal Auszüge aus Libeskinds Grafiken „Chamberworks“ am Klavier – im Dialog mit dem aus New York zugeschalteten Urheber.Für Libeskind ist entscheidend, dass seine Werke Emotionen hervorrufen – da sind ihm auch negative Reaktionen lieber als ein gleichgültiges Achselzucken.

So., 9. Mai · 16:15-17:00 · PHOENIX
Frauen, die Geschichte machten: Sophie Scholl

Sophie Scholl besaß weder Macht noch Einfluss. Das unterscheidet sie von den anderen Protagonistinnen der Reihe „Frauen, die Geschichte machten“. Den Platz in den Geschichtsbüchern erhielt sie nicht, weil sie in ihrer Zeit etwas bewegte, sondern weil sie, von der Welt weitgehend unbeachtet, Stellung bezog und für ihre Haltung in den Tod ging. Dadurch wurde sie posthum zum Vorbild und zur moralischen Instanz. Sophie Scholl ist neben Claus Schenk Graf von Stauffenberg sicher die populärste Figur des Widerstands gegen Hitler. Das hängt nicht nur mit ihrer Biografie, den Texten und Äußerungen zusammen, die von ihr überliefert sind, sondern auch mit den Fotos, die wir von ihr kennen. Sie zeigen das jugendliche, beinahe kindliche Gesicht einer Zwanzigjährigen, das nicht nur bewegt, weil wir ihr Schicksal kennen, sondern weil es in merkwürdigem Gegensatz zu ihrer mutigen, unbeugsamen Haltung beim Verhör und vor Gericht steht. Es hat sich in das kollektive Gedächtnis unserer Nation eingeschrieben. Wie aber war Sophie Scholl zum Widerstand gegen das NS-Regime gekommen? Warum riskierte sie ihr Leben für Flugblätter, von denen damals nur wenige Zeitgenossen überhaupt Kenntnis nahmen? Sophie Scholl kam aus einem liebevollen Elternhaus, das Mädchen die gleichen Rechte einräumte wie Jungen. Sie wuchs zu einer selbstbewussten jungen Frau heran, die rauchte, gerne Auto fuhr und sich mit ihrem Freund als Ehepaar ausgab, um gemeinsam in einem Hotelzimmer übernachten zu können. Freiheiten, die in der NS-Diktatur keinesfalls selbstverständlich waren. Eine politische Meinung entwickelte Sophie Scholl früh – zeitweise im Widerspruch zu Vater und Mutter. Sie übte Kritiik an der gängigen Meinung, dass sich eine Frau aus der Politik heraushalten soll: „Sie soll ihre weiblichen Gefühle bestimmen lassen über ihr Denken. Vor allem das Mitleid. Ich aber finde, dass zuerst das Denken kommt und dass Gefühle oft irreleiten“, schrieb sie einmal. Der Weg Sophie Scholls in den Widerstand war nicht geradlinig. Im Gegenteil: Wie viele Intellektuelle ihrer Generation begeisterten sich die Geschwister Scholl anfangs für die Hitlerjugend, für Wandern, Singen, Lagerfeuer und Gemeinschaftserlebnisse. Rasch machten sie Karriere in HJ und BDM, was zu Spannungen im Elternhaus führte. Die allmähliche Abkehr von der NS-Ideologie war eine Folge von Vorfällen, bei denen die Geschwister zunächst durch ihren ausgeprägten Individualismus in Konflikt mit dem System gerieten. Sie mussten enttäuscht feststellen, dass die verordnete Gleichschaltung nicht die geringste Abweichung duldete. Zeit der Wandlung Doch erst im Krieg wurde aus der inneren Distanz zum System der endgültige Bruch. Hans Scholl und seine Freunde leisteten als Medizinstudenten Dienst in der Wehrmacht, dort erfuhren sie von den entsetzlichen Verbrechen hinter der Front. Diese Erfahrungen, das Wissen um den Massenmord an Juden und die sinnlosen Opfer im aus ihrer Sicht längst verlorenen Krieg, waren schließlich der Auslöser für die ersten Flugblätter der „Weißen Rose“. Anfangs war Sophie Scholl nicht aktiv beteiligt, erst im Winter 1942 gehörte sie dem kleinen Kreis von Studenten an, die in München weitere Flugblätter entwarfen und verteilten. Sie war zuständig für die Materialbeschaffung und wagte als Erste aus dem Freundeskreis die Fahrt in andere Städte, um dort die Texte zu verbreiten. Das Verhör Als Hans und Sophie Scholl am 18. Februar 1943 bei der Verteilung von Flugblättern an der Münchner Universität verhaftet wurden, bestand für Sophie Scholl noch eine Chance, der Gestapo zu entrinnen. Der Gestapobeamte Robert Mohr, der die Verhöre leitete, sagte nach dem Krieg aus, er habe Sophie Scholl nahegelegt, sich darauf zu berufen, dass sie unbedarft und schuldlos in die Sache ihres Bruders hineingezogen worden sei. Die junge Frau sei darauf jedoch nicht eingegangen. Stattdessen entschied sich Sophie Scholl dafür, „gerade zu sein“, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen und sich nicht herauszureden. Im Vernehmungsprotokoll heißt es nüchtern: „Es war unsere Überzeugung, dass der Krieg für Deutschland verloren ist, und dass jedes Menschenleben, das für diesen verlorenen Krieg geopfert wird, umsonst ist.“ Sophie Scholl hatte der Wahrheit die Ehre gegeben. Dafür musste sie mit ihrem Leben bezahlen.

So., 9. Mai · 19:30-20:00 · ARD-alpha
RESPEKT – Demokratische Grundwerte für alle! Holocaust – Erinnern ohne Zeitzeugen

Wie kann das Wissen über den Holocaust weitervermittelt und niemals vergessen werden? 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Ende des Nazi-Regimes in Deutschland gibt es nur noch wenige Überlebende, die von dem Grauen in den Konzentrationslagern berichten können. Wie kann Erinnern gelingen, wenn die letzten Zeitzeug*innen verstorben sind? Als „Holocaust“ wird der Völkermord der Nationalsozialisten an den Juden bezeichnet. Wie viele jüdische Menschen Opfer des Holocaust wurden, lässt sich nur schätzen: zwischen 5,6 und 6,3 Millionen. Damit so etwas nie wieder passiert, darf die systematische und organisierte Ermordung von Menschen niemals in Vergessenheit geraten. Doch wie kann die Erinnerung bewahrt werden? Vor allem, wenn die letzten Zeitzeug*innen nicht mehr da sind, um ihre Stimme mahnend zu erheben? Dieser Frage geht RESPEKT-Moderatorin Verena Hampl nach. Dazu ist sie in die Oberpfalz in das ehemalige Konzentrationslager Flossenbürg gefahren. Mit dem Leiter der KZ-Gedenkstätte, Jörg Skriebeleit, und Jugendlichen der evangelischen Jugend Weiden spricht sie darüber, wie mit neuen Wegen in der Museumspädagogik das Erinnern an einem historischen Ort auch künftig möglich sein kann. Wie können diese neuen, digitalen Wege des Erinnerns aussehen? Diese Frage stellt Verena Hampl auch Vertreter*innen von Yad Vashem. Yad Vashem in Jerusalem ist die größte Holocaust-Gedenkstätte der Welt und wird jährlich von zwei Millionen Menschen besucht. Einen neuen Weg des Erinnerns sind der israelische Hightech-Millionär Mati Kochavi und seine Tochter Maya gegangen mit einem Instagram-Projekt 1944 wurde im deutschen Vernichtungslager Ausschwitz auch die 13-jährige Ungarin Eva Heymann ermordet. Nach ihrem Original-Tagebuch ist im letzten Jahr die Web-Serie „Eva Stories“ entstanden. Verena Hampl konnte dazu Macher*innen sprechen. Weitere Gesprächspartner*innen von Verena Hampl sind der KZ-Überlebende Ernst Grube sowie die Autorin Lena Gorelik.

So., 9. Mai · 20:15-21:05 · ARD-alpha
Mit Hitler im Krieg: Opfer und Täter

Die Dokumentationsreihe „Mit Hitler im Krieg“ zeichnet mehr als acht Jahrzehnte nach Beginn des Zweiten Weltkriegs auf fesselnde Art das Kriegsgeschehen aus der Sicht der Soldaten aus Österreich nach. Sie beleuchtet die Haltung jener, die in der deutschen Wehrmacht für Hitler in den Krieg zogen und auch die, die in Kriegsverbrechen verwickelt waren. Die Folge „Opfer und Täter“ geht der Frage nach, warum sich Angehörige der Wehrmacht zu Werkzeugen der NS-Vernichtungsideologie machen ließen, wie militärische Verbände einen schützenden Rahmen für Kriegsverbrechen abgaben und wie Wiederaufbau und Kalter Krieg eine Aufarbeitung der Geschehnisse hemmten. Der Film von Hubert Nowak lässt exemplarisch einige der besonders „prominenten“ Kriegsverbrecher Revue passieren. Etwa die SS-Funktionäre Ernst Kaltenbrunner oder Arthur Seyß-Inquart, die in Nürnberg verurteilt und hingerichtet wurden. General Alexander Löhr wurde in Belgrad zum Tod verurteilt und erschossen. General Franz Böhme beging nach der Anklageverlesung Selbstmord, der aus Wien stammende SS-Offizier Amon Göth wurde in Krakau gehängt, der zwar in Deutschland geborene, aber in Linz aufgewachsene Adolf Eichmann wurde erst 1960 in Argentinien aufgegriffen, nach Israel entführt und dort hingerichtet. Briefe eines einfachen Soldaten geben unverblümte Einblicke in die allgemeine Verrohung an der Ostfront und die ungenierte Beteiligung an Kriegsverbrechen. Österreich ist nach dem Krieg die Aufarbeitung der Gräueltaten sehr schwer gefallen. Die Politik war Treiber des Verschweigens und Zudeckens. Ehemalige NSDAP-Mitglieder saßen noch Jahrzehnte nach Kriegsende in hohen Ämtern, sogar in der Regierung.

So., 9. Mai · 21:05-21:50 · ARD-alpha
Stille Helden – Zivilcourage im Zweiten Weltkrieg

Über Widerstand im ländlichen Raum während des Zweiten Weltkriegs wurde bis dato wenig berichtet. Diese Dokumentation stellt vier Menschen vor, die ihr Leben riskierten um andere zu retten: Anna Strasser, Anna Rohrhofer, Franz Lederer und Anton Posch. Die Dokumentation von Uli Jürgens erzählt von Österreicherinnen und Österreichern, die während des Zweiten Weltkriegs Jüdinnen und Juden, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter vor den Nationalsozialisten retteten. Zeitzeugen berichten, wie Verfolgte vor dem Verhungern gerettet wurden, und die Retter oftmals ihr eigenes Leben in Gefahr brachten. Stellvertretend für die vielen Helfer werden vier Menschen aus dem ländlichen Raum vorgestellt: die junge Frau, die eine kleine Widerstandsgruppe organisierte, wegen Hochverrats verurteilt wurde und zahlreiche Gefängnisse und Lager überlebte. Die Müllerstochter, die einen Bunker im Wald grub, um dort 23 ungarische jüdische Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter zu verstecken. Der stolze Bauer, der der SS Waffen abluchste, um Flüchlinge als Partisanen zu tarnen. Und die ledige Mutter, die für die SS-Soldaten kochte und ihre Gespräche belauschte, um Informationen zum Kriegsverlauf an fünf auf ihrem Dachboden versteckte Juden weiterzugeben. Die Couragierten: Anna Strasser (1921-2010) aus St. Valentin in Niederösterreich, half Häftlingen und Zwansarbeitern mit Lebensmitteln und Medikamenten. Im Herbst 1944 wurde sie von der Gestapo wegen Hochverrats verhaftet, sie überlebte zahlreiche Gefängnisse und Lager. In einem 1982 verfassten „Tatsachenbericht“ schrieb sie ihre Erinnerungen nieder. Seit 1999 ist sie Ehrenbürgerin der Stadt St. Valentin, 2010 wurde ein Platz am Gelände des ehemaligen Nibelungen-Werks nach Anna Strasser benannt. Sie ist in der Dokumentation auf einer Tonbandaufnahme zu hören. Anna Rohrhofer, geboren 1927 in St. Peter in der Au, Niederösterreich, grub im April 1945 gemeinsam mit ihrer Schwester einen Bunker im Wald und rettete 23 Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter, die der elterlichen Mühle seit Sommer 1944 zugeteilt waren, das Leben. Für ihren Mut wurde Anna Rohrhofer viele Jahre später in Ungarn geehrt. Sie ist heute 90 Jahre als, erfreut sich guter Gesundheit und erzählt in diesem Film ihre Geschichte. Franz Lederer, geboren 1935 in Gschmaier in der Steiermark, ist der Sohn des Lederer-Bauern, der fünf Juden aufnahm, die einem Todesmarsch entkommen konnten. Als sich SS-Männer am Hof der Lederers einquartieren wollten, wurden die jüdischen Zwangsarbeiter im Dachstuhl einer Kapelle versteckt. Als die Russen anrückten, ergaunerte sich der Lederer-Bauer Waffen und gab die Männer als Partisanen aus. Anton Posch, geboren 1937 in Gschmaier in der Steiermark, erinnert sich lebhaft an die Ereignisse der letzten Kriegswochen: seine Mutter Josefa versteckte fünf Juden am Dachboden. Sie kochte für SS-Soldaten, zweigte etwas von den Mahlzeiten ab und informierte die Flüchtigen über die Kriegsgeschehnisse. 2011 wurden Josefa Posch und ihr Vater Rupert posthum als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt, eine Straße in der nahegelegenen Stadt Gleisdorf ist nach Josefa Posch benannt. Regisseurin Uli Jürgens zum Thema: Die Themen Widerstand und Zivilcourage im Zweiten Weltkrieg sind in Österreich meiner Meinung nach noch nicht ausreichend erforscht und bearbeitet worden. Oft standen diese Geschichten im Schatten des Holocaust, wurden selbst von den Betroffenen als „nicht so wichtig“ eingestuft, das, man habe „getan, was getan werden musste“. Eltern erzählten ihren Kindern nicht, dass im eigenen Haus Verfolgte versteckt wurden, auch heutzutage sprechen die, die sich noch an die ausgezehrten und halb verhungerten Menschen erinnern, von denen manchen die Flucht gelang, nur zögerlich über diese Zeit. In dieser Fernsehdokumentation stelle ich Menschen vor, die bisher nicht im Scheinwerferlicht standen, Bäuerinnen und Bauern, kleine Angestellte, Menschen vom Land. Dort, wo jeder jeden kennt, wo es vielleicht noch schwieriger war, etwas im Geheimen zu tun als in der Anonymität der Großstadt.

So., 9. Mai · 21:50-22:45 · arte
Kirk Douglas, der Unzähmbare

50 Jahre Filmkarriere in weniger als einer Stunde widerzuspiegeln, ist eine große Herausforderung. Kirk Douglas (1916-2020) spielte in mehr als 90 Filmen mit und war einer der letzten Stars des Goldenen Zeitalters von Hollywood. Er gehörte zu den wandlungsfähigsten Darstellern im Filmgeschäft: vom raubeinigen Westernheld über zerbrechliche Figuren bis hin zum unermüdlichen Kämpfer.Und doch war ihm eine Karriere als Schauspieler nicht unbedingt vorherbestimmt: Als Sohn jüdischer Emigranten wuchs Douglas in einem New Yorker Armenviertel auf und wurde schon im frühen Alter mit Antisemitismus konfrontiert. Doch mit seinem außergewöhnlichen Talent, viel Ehrgeiz und etwas Glück konnte der Junge aus bettelarmen Verhältnissen zur Filmlegende aufsteigen.Tatsächlich war es die nicht minder bekannte Lauren Bacall, eine ehemalige Studienfreundin, die ihm zu seiner ersten Filmrolle verhalf. Ihre Freundschaft hielt nicht zuletzt, weil die bereits etablierte Schauspielerin den noch damaligen Broadway-Darsteller Kirk Douglas dem Produzenten Hal Wallis empfahl. So ließ Douglas die Theaterbretter hinter sich und ging nach Hollywood, um seinen ersten Film „Die seltsame Liebe der Martha Ivers“ zu drehen.Der große Durchbruch gelang Kirk mit der Rolle des rücksichtslosen Boxers in „Zwischen Frauen und Seilen“. In den folgenden Jahren arbeitete das Ausnahmetalent mit großen Regisseuren wie Billy Wilder, Howard Hawks, Otto Preminger und Elia Kazan.Die Dokumentation begibt sich auf die Reise zu den wichtigsten Stationen der langen Karriere von Kirk Douglas. Dabei streift sie sämtliche Meilensteine der Geschichte Hollywoods.

Mo., 10. Mai · 22:30-00:05 · 3sat
Waldheims Walzer

1986 sorgte die Waldheim-Affäre international für Aufsehen. Die österreichische Filmemacherin Ruth Beckermann war damals Teil der Protestbewegung gegen Waldheims Präsidentschaftskandidatur. Mehr als 30 Jahre später dokumentiert die Filmemacherin mit eigenen Aufnahmen und geschickt ausgewähltem Archivmaterial, wie der Jüdische Weltkongress in New York und internationale Medien die Lücken in Waldheims Kriegsbiografie aufdeckten. „Waldheim nein, Waldheim nein!“, skandierte eine Menschenmenge 1986 im Zentrum von Wien. Filmemacherin Ruth Beckermann war eine der Aktivistinnen und Aktivisten, die die Wahl des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kurt Waldheim zum österreichischen Bundespräsidenten verhindern wollten, und begab sich mit Kamera und Mikrofon hinein in die Abgründe der österreichischen Seele. Der Dokumentarfilm präsentiert Beckermanns filmische Aufarbeitung über die Aufdeckung der Kriegsvergangenheit Kurt Waldheims. Am Stephansplatz gehen die Emotionen hoch. Menschen sind herbeigeeilt, um an der Abschlussveranstaltung des Bundespräsidentenwahlkampfs im Mai 1986 teilzunehmen. Der Kandidat: Kurt Waldheim. Die einen wollen ihm zujubeln, die anderen gegen ihn und seine Rolle im Nationalsozialismus demonstrieren. Grüppchenweise argumentieren Passanten miteinander, gestikulieren, beschimpfen einander, werden aggressiv. Die Polizei schreitet ein. Vielen Journalistinnen und Journalisten sowie dem Jüdischen Weltkongress waren die mysteriösen Lücken in der Kriegsbiografie des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kurt Waldheim aufgefallen. Doch der kann sich nicht erinnern. Alle folgenden Versuche, die Wahrheit aufzudecken, beziehungsweise sie zu vertuschen oder einfach zu beschwichtigen, reißen tiefe Gräben in das Land, spalten die Gesellschaft bis hinein in Familien. Die Filmemacherin Ruth Beckermann mischt sich unter das Volk, mit einer der ersten Videokameras in den Händen und einem über die Schulter gehängten Recorder. Sie dokumentiert die letzten fünf Wochen vor der Wahl – fünf Wochen, die das Land veränderten. 30 Jahre später gräbt sie dieses Material aus, recherchiert, fügt Archivmaterial hinzu. Das Ergebnis: die Genese des Niedergangs der Geschichtslüge, Österreich sei das erste „Opfer“ des Nationalsozialismus gewesen. Ruth Beckermann will Kurt Waldheim in ihrem Dokumentarfilm nicht Schuld oder Unschuld nachweisen – in eineinhalb Stunden, in denen sich das Publikum abwechselnd fremdschämen, den Kopf schütteln oder im Hals stecken gebliebene Lacher hinunterwürgen muss, entzaubert sich Waldheim selbst. „… der Mann, dem die Welt vertraut“, wie trotzig auf den Wahlplakaten steht, ist für die einen eine Schande und für die anderen ein Opfer geworden. Die Mechanismen, die den Hass schüren und Hetzer mobilisieren, werden spürbar. Sie funktionieren – damals, wie heute. Waldheim wurde gewählt. „Waldheims Walzer“ ist ein Film über Lüge und Wahrheit, über „alternative Fakten“, über individuelles und kollektives Erinnern. Der Film wurde unter anderem 2018 bei der Berlinale sowie 2019 mit dem Österreichischen Filmpreis und dem auf der Diagonale vergebenen „Franz Grabner Preis“ ausgezeichnet.

Mi., 12. Mai · 21:45-22:30 · ARD-alpha
Ohne Gnade – Euthanasie im Nationalsozialismus

Auch gut 75 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs gibt es immer noch keine genauen Zahlen über die Opfer der sogenannten NS-Euthanasie. Offiziell spricht man von 200.000 bis 300.000 Menschen, die im Rahmen der Aktion T4 und der späteren wilden Euthanasie in den Heil- und Pflegeanstalten zwischen 1939 und 1945 starben. Nach Berechnung von Experten hat jeder achte Deutsche einen ermordeten Verwandten unter seinen Vorfahren. Die Krankenmorde der Nazis sind ein blinder Fleck in der Aufarbeitung. Gleichzeitig beeinflussen sie bis heute unsere Gesellschaft in der Diskussion über Inklusion, den Umgang mit Behinderten und Randgruppen. Die Krankenmorde haben aber auch in den Familien, in denen das Schicksal der Opfer aus Scham totgeschwiegen wurde, ein Trauma hinterlassen. Viele Nachkommen machen sich erst jetzt auf Spurensuche. Sie brechen das Schweigen, erforschen und erzählen das Schicksal ihrer ermordeten Angehörigen. Sie rühren damit an alte Wunden – und heilen sie zugleich. Anhand von drei Opferbiographien zeichnet „Ohne Gnade“ das perfide System der Euthanasie im Nationalsozialismus nach und begleitet Angehörige auf ihrer Suche nach der Wahrheit.

Mi., 12. Mai · 23:45-00:10 · ARD-alpha
Reise ohne Rückkehr

Sie ist eine von rund 30 000 Menschen, die in der NS-Zeit in Schloss Hartheim bei Linz ermordet wurde: Maria Kowatsch. Menschen wie sie, die körperlich, geistig und seelisch beeinträchtigt waren, galten für die Nazis als „unwertes Leben“ . Sie wurden nach Hartheim deportiert und in der Gaskammer erstickt. Das Schicksal der Urgroßmutter des ORF-Redakteurs Klaus Ther war in der Familie lange Zeit ein Tabu. Nun hat er sich auf Spurensuche gemacht.

Do., 13. Mai · 02:00-03:30 · Das Erste (ARD)
Clara Immerwahr

„Clara Immerwahr“ erzählt die scheiternde Emanzipationsgeschichte der ersten promovierten Chemikerin Deutschlands und stellt gleichzeitig die Frage nach Moral in der Wissenschaft. Breslau, 1880er Jahre. Clara Immerwahr ist intelligent und wissbegierig und wird darin von ihrer weltoffenen jüdischen Familie unterstützt. Angeregt von ihrem Vater Philipp hat sie großes Interesse an chemischen Forschungen. Clara will unbedingt das Abitur machen, was im deutschen Reich für Mädchen nur auf mühseligen Umwegen möglich ist. Clara kann das nicht schrecken. Überglücklich ist sie, als es ihr gelingt, nach dem externen Abitur an der Universität Breslau als Hörerin der physikalischen Chemie aufgenommen zu werden. Kurz vor ihrem Studienbeginn lernt sie Fritz Haber kennen, der aus einer Breslauer Kaufmannsfamilie stammt. Fritz ist ebenfalls begeisterter Chemiker, studiert in Berlin und ist entschlossen, Karriere im Universitätsbetrieb zu machen. Aus der gemeinsamen Leidenschaft für die Forschung wird schnell eine Romanze. Der verliebte Fritz bittet Clara, ihn zu heiraten. Doch die junge Frau kann sich nicht dafür entscheiden. Sie will keinesfalls das Studium aufgeben und lehnt deshalb den enttäuschten Fritz ab. In der Universität muss sie zwar gegen das Misstrauen und die Ablehnung in der akademischen Männerwelt kämpfen. Aber sie wird auch gefördert. Vor allem Professor Richard Abegg erkennt die Fähigkeiten seiner Studentin und unterstützt sie. Zehn Jahre später taucht Fritz Haber wieder in Claras Leben auf. Sie hat es inzwischen zur Doktorin der Chemie gebracht und arbeitet als Abeggs Assistentin. Fritz seinerseits hat die ersten Stufen einer erfolgreichen Hochschulkarriere erklommen. Er hat Clara nicht vergessen, wirbt um sie nicht mehr mit kleinen Experimenten, sondern mit seinem großen Plan: Er will das Nährstoffproblem der Landwirtschaft lösen, indem er Ammoniak als Grundlage für künstlichen Dünger synthetisiert. Brot aus Luft – für dieses Ziel und die schöne Vorstellung, gemeinsam daran zu forschen, begeistert sich auch Clara. Sie sagt ja. Die beiden heiraten und Fritz nimmt Clara stolz mit nach Karlsruhe. Dort erfüllt er den Wunsch seiner Frau, sie an der Arbeit im Labor zu beteiligen. Das ist mehr als außergewöhnlich, und Rektor Engler, Leiter des Instituts, verhält sich entsprechend ablehnend Clara gegenüber. Die ist nicht so abgehärtet, wie es dieser frauenfeindlichen Umgebung notwendig wäre und leidet unter den Angriffen. Spätestens als sie schwanger wird und nach einer schweren Geburt den Sohn Herrmann zur Welt bringt, lässt auch Fritz‘ Enthusiasmus, seine Frau als Forscherin zu beteiligen, nach. Jetzt will er, dass Clara weniger auffällt und seinem mühsam erkämpften Aufstieg nicht im Wege steht. Ihre Ideen zu den Problemen bei der Ammoniaksynthese will er inzwischen gar nicht mehr hören. Die Situation spitzt sich zu, als der Rektor, während Fritz verreist ist, Clara sogar Hausverbot am Institut erteilt. Weil sie lautstark protestiert, wird sie vorübergehend in die Psychiatrie gesteckt. Eine Ehe wie die von Pierre und Marie Curie: das war Claras Traum. Der zerbröselt nun. Fritz hofft zwar, dass die Kluft zwischen ihnen wieder verschwindet, als ihm endlich der Durchbruch gelingt. Die Synthese von Wasserstoff und Stickstoff zu Ammoniak gelingt. Doch trotz aller Freude fühlt Clara sich neben ihrem genialischen Mann unausgefüllt und unbeachtet. Die beiden streiten oder gehen einander aus dem Weg. Auch in Berlin, wo Fritz seinen Aufstieg fortsetzt. Während in Europa die Zeichen auf Krieg stehen, werden zwischen Clara und Fritz Haber die weltanschaulichen Unterschiede gravierender. Fritz arbeitet intensiv mit dem Militär zusammen, was die Pazifistin Clara ablehnt. Als sie zufällig mitbekommt, dass er dabei ist Giftgas zu entwickeln, ist sie entsetzt und versucht ihn mit allen Mitteln davon abzubringen. In ihren Augen ist das Perversion der Wissenschaft. Sie bleibt erfolglos. Fritz genießt die Anerkennung durch die Offiziere, außerdem m eint er, für den Sieg und damit für den baldigen Frieden zu arbeiten. Er macht weiter und ist stolz, als der Giftgasangriff in der Schlacht bei Ypern im April 1915 Erfolg hat. An der Siegesfeier, die Fritz danach ausrichtet, nimmt seine Frau demonstrativ nicht teil. In der Nacht danach greift Dr. Clara Immerwahr zur Dienstwaffe ihres Mannes und erschießt sich.

Fr., 14. Mai · 11:10-12:15 · arte
Eine Familie unterm Hakenkreuz

Es ist Liebe auf den ersten Blick, als sich der Doktorand Helmut und die Medizinstudentin Erna 1929 kennenlernen. Beide schauen zuversichtlich in die Zukunft. Dann erfährt Erna in der heraufziehenden Nazizeit von einem Familiengeheimnis: Ihre Mutter sei Jüdin. Erna ist sich sicher, dass sich Helmut von ihr trennen wird. Doch ihr Verlobter steht zu ihr. Die beiden heiraten und bekommen drei Söhne. Nach und nach wird das Leben im nationalsozialistischen Deutschland für die Familie immer schwerer. Erna gilt als Mensch zweiter Klasse, nach den sogenannten Rassegesetzen ist sie Halbjüdin und darf nicht mehr studieren. Helmut bekommt als Arzt keine Zulassung für Kassenpatienten.Das Ehepaar sieht nur noch eine Chance: Durch seine Bewährung als tapferer Soldat will Helmut die sogenannte Sippenschande tilgen. Der Führer und Reichskanzler kann durch seine Unterschrift Helmuts Familie angesichts seines tapferen Einsatzes im Krieg für „deutschblütig“ erklären. Helmut nimmt als Feldarzt am Krieg teil. Erna bleibt mit den drei Söhnen im Münsterland und muss dort den rassistischen Alltag und die Bedrohung von Gesundheit und Leben durch die Nationalsozialisten und ihre autoritätshörigen Helfer allein bestehen. Von der Wehrmacht wird Helmut für seine Tapferkeit ausgezeichnet. Er fällt an der Front. Doch das scheinbar Unmögliche, die Rettung seiner Familie, gelingt ihm posthum.Erna wird nach seinem Tod tatsächlich für „deutschblütig“ erklärt und entkommt den Deportationen. Sie überlebt mit ihren drei Kindern den Nationalsozialismus. Helmut und Erna waren beide sehr begabt, beide konnten gut schreiben; er war ein leidenschaftlicher Fotograf und Filmemacher. Er hielt die ersten Schritte seiner Kinder und das anfangs glückliche Leben als Arzt genauso in Filmen, Fotos und Briefen fest wie später das Grauen an der Front. Die Geschichte von Erna und Helmut zeigt eine sehr nahe, neue Perspektive auf das Leben im NS-Staat, sie bewegt, sie reißt mit und konfrontiert die Zuschauerinnen und Zuschauer mit der Gewissensfrage: Wie hätte ich mich verhalten?

Fr., 14. Mai · 20:15-22:05 · arte
Ein Dorf wehrt sich

1945: Nach und nach werden Deutschland und Österreich von den Nazis befreit. Doch in Altaussee im Salzkammergut ist ihre Herrschaft noch nicht zu Ende. Hier haben sich Nazigrößen wie Ernst Kaltenbruner, Chef der Gestapo, in der Nähe des alten Salzbergwerks verschanzt. In dessen Stollen lagern Kunstschätze, die in ganz Europa für das geplante Führermuseum in Linz geraubt wurden. Der Gauleiter von Oberdonau, August Eigruber, ordnet die Sprengung an, damit die Meisterwerke nicht in die Hände der Alliierten fallen. Doch bei den Bergleuten beginnt sich Widerstand zu regen. Aber im Gegensatz zu seinem Freund Franz, der mit seiner Frau Elsa die Deserteure und Partisanen in den Bergen heimlich versorgt, versucht der eigenbrötlerische Sepp, sich möglichst aus allem rauszuhalten. Erst als sein Freund von der Gestapo erschossen wird und wie ein Hund verscharrt werden soll, kommt er aus der Reserve … Zusammen mit den Bewohnern des kleinen Dorfs stellt er sich gegen den Befehl des Gauleiters und versucht die Sprengung des Bergs in letzter Minute zu verhindern, um die Mine als ihre Existenzgrundlage zu sichern. Dabei begibt sich die Dorfgemeinschaft in große Gefahr, denn auf Widerstand steht immer noch die Todesstrafe …

Fr., 14. Mai · 21:30-22:15 · ARD-alpha
alpha-retro: Ich verstand nicht und rief: „Judas, strecke dich!“ (1993)

Die Lebensgeschichte der 1925 geborenen früheren Journalistin Karin Friedrich, die ihre Kindheit in Berlin in der Zeit des Nationalsozialismus‘ verbracht hat. Prägend für sie war die Zivilcourage ihrer Mutter, die als Mitglied der Gruppe „Onkel Emil“ in Berlin 1938-1945 Juden zur Flucht oder zu einem Versteck verholfen hat. Die Mutter ging diesbezüglich ganz offen mit Karin Friedrich um, aber sie verbot ihr, außerhalb der Familie über diese Sache zu sprechen. Das ergab für Karin Friedrich einen Widerspruch zwischen der Erziehung zum Judenhass in der Schule und den jüdischen Freunden der Familie zu Hause. Im Laufe der Jahre arbeitete Karin Friedrich dann selbst mit in der Gruppe. Sie wurde später ihr ganzes Leben lang von dieser Zeit stark geprägt und sie engagierte sie sich auch lebenslang für sozial benachteiligte Menschen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Films im Jahr 1993 lebte sie in Gauting bei München und hatte vor kurzem begonnen, einen Teil der jüdischen Menschen von damals, die ihre Heimat verlassen mussten, aufzusuchen, um den Faden der Freundschaft wieder aufzunehmen. Im Film gibt es auch ein Statement von Walter Seitz, einem ehemaligen Mitglied der Gruppe „Onkel Emil“, über die Beschaffung und das Fälschen von Dokumenten während der Nazizeit. Und es gibt auch Statements der beiden Töchter von Karin Friedrich über ihre Mutter.

Sa., 15. Mai · 23:40-01:10 · RBB
Sterne

Auf ihrer Deportation ins Todeslager Auschwitz haben griechische Juden 1943 einen dreitägigen Aufenthalt in einer kleinen bulgarischen Stadt. Hier begegnet der Wehrmachtsunteroffizier Walter der Jüdin Ruth. Sie bittet ihn um Hilfe für eine gebärende Mitgefangene. Er hilft so gut er kann, verliebt sich in Ruth und sie sich in ihn. Durch diese Liebe beginnt sich der ehemalige Kunststudent, der als Soldat seine Pflicht erfüllen wollte, zu wandeln. Er gerät in Konflikt mit seinem Vorgesetzten und Freund Kurt, einem überheblichen und brutalen Landser. Zunächst lehnt Walter es ab, den im Wehrmachtsstützpunkt arbeitenden bulgarischen Widerstandskämpfern zu helfen. Sein humanistisches Engagement will er auf die Rettung Ruths begrenzen. Doch er kann ihren Transport nach Auschwitz nicht verhindern.