Literarische Zimmerspaziergänge

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Als Veranstalter Literarischer Spaziergänge und Exkursionen zwischen München und dem Gardasee hat der Literaturwissenschaftler und Publizist Dirk Heißerer im Frühjahr 2020 aus der Not, keine Spaziergänge mehr veranstalten zu können, eine Tugend gemacht. Erfunden wurden Literarische Zimmerspaziergänge..

»Das Spazierengehn, diese recht altertümliche Form der Fortbewegung auf zwei Beinen, sollte gerade in unserer Zeit, in der es soviel andre weit zweckmäßigere Transportmittel gibt, zu einem besonders reinen zweckentbundenen Genuß werden.«
(Franz Hessel)

Ein Video zum Jahrestag der »Verbrannten Bücher« am 10. Mai 2020 machte den Anfang: Klaus Mann 1937 zu Besuch bei seinem Onkel Heinrich in Nizza. Es folgten bislang weitere elf Themen.

Ab Mai 2021 werden die »Literarischen Zimmerspaziergänge« jeden Monat ein Thema zu jüdischen Autoren anbieten und am jeweils ersten Sonntag im Monat auf Youtube online gestellt.

Den Anfang macht der »Zeus von Schwabing« Karl Wolfskehl (1869–1948) mit seinem »Lebenslied An die Deutschen« (1944), das seine tausendjährige Zugehörigkeit zu Deutschland betont.

Wolfskehl war Lehrmeister und Mentor von Franz Hessel (1880–1941), der uns als Spaziergänger oder Flaneur im Juni durch München, Berlin und Paris geleitet.

Im Juli jährt sich der Jahrestag der Entlassung des Räterevolutionärs Ernst Toller (1893–1939) aus mehrjähriger Haft in Niederschönenfeld an der Donau. Dort entstand sein »Schwalbenbuch« (1924), ein Hymnus auf die Kreatur und das Leben.

Carry Brachvogel, Foto: Theodor Hilsdorf, Münchner Stadtmuseum

Im August erinnern wir an das tragische Schicksal der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Carry Brachvogel (1864–1942) und gehen mit »Venus auf Reisen« (1905).

Im September lassen wir im Sommer 1908 den Studenten Arnold Zweig (1887–1968) und den Schriftsteller Heinrich Mann (1871–1950) in Wilden roth an der Amper (bei Grafrath) in einem sommerlichen Biergarten aufeinander treffen.

Im Oktober beobachten wir Erika Mann (1905–1969) mit ihrem politischen Kabarett »Die Pfeffermühle« 1934 in Basel.

Im November vor bald 200 Jahren kam der junge Dichterstar Heinrich Heine (1797–1856) für ein Dreivierteljahr nach München und hoffte vergeblich auf eine gutbürgerliche Anstellung als Professor. Das Jahr klingt im Dezember mit einer wundersamen Begegnung aus. Der Zeichner und Illustrator Ephraim Moses Lilien (1874–1925) trifft auf den Orientalisten und Dichter Friedrich Rückert (1788–1866) »Es ging ein Mann im Syrerland…« – ein Gedicht verwandelt sich in eine Radierung.

Referent: Dr. Dirk Heißerer, Literaturwissenschaftler (https://www.lit-spaz.de/)

Veranstalter: Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern als Beitrag zu »1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland«

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