Politische Künstler haben einen schweren Stand. Eine Polemik…
Die Zeppelintribüne des „Reichsbaumeisters“ Albert Speer am ehemaligen NS-Parteitagsgelände, Hitlers Freilichtbühne, an der die Massen ihrem „Führer“ huldigen konnten, ist schon wieder von frevlerischer Hand entweiht worden. Nicht zum ersten Mal. Im Sommer 2018 schrieben Unbekannte die Losung „Nie wieder Krieg“ und „Nie wieder NSU“ an die bröckelnde Wand des eigentlich für mindestens tausend Jahre errichteten Bauwerks. Im Herbst 2020, als Beiwerk zur Bewerbung der Stadt zum Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ (die negativ beschieden wurde), malte dann ein Künstlerkollektiv bunte Streifen in den Farben des Regenbogens an die triste Nazi-Ruine.
Die Verantwortlichen der Stadt betrachteten beide Fälle als Ruchlosigkeit sondergleichen. Sofort wurde der städtische „Servicebetrieb Öffentlicher Raum“ angewiesen, die Parolen „abzukärchern“. Außerdem stellte die Verwaltung Strafanzeige wegen Sachbeschädigung.
Nichts darf die Tribüne verschandeln: Denn das marode Bauwerk soll mit rund 85 Millionen Euro restauriert werden, um es als „authentischen Lernort“ für zukünftige Generationen zu erhalten. Zudem soll der altersschwache, in Stein gemeißelte Wahnsinn des NS-Regimes als touristischer Höhepunkt erhalten bleiben – koste es, was es wolle.
Nun ist es erneut passiert: Im Schutze der Nacht machten sich unbekannte Malergesellen ans Werk und verzierten die Tribüne mit dem Slogan „Nie wieder rechter Terror“! Eigentlich eine passende schriftliche Ergänzung für dieses NS-Monstrum. Doch weit gefehlt. Die Stadt ist not amused: „Auch gut gemeinte Beschriftungen, Graffitis oder künstlerische Gestaltungen können nicht einfach so auf Flächen im öffentlichen Raum angebracht werden. Keine Privatperson oder Gruppe kann für sich beanspruchen, Denkmäler oder sonstige Flächen im öffentlichen Raum mit eigenen Botschaften oder Gestaltungsideen dauerhaft zu belegen“, erklärt das städtische Presseamt. Wie man hört, soll der Oberbürgermeister persönlich angeordnet haben, den Slogan umgehend zu entfernen – mit Hochdruck!
Allerdings sollten die städtischen Bediensteten sorgsam mit dem Kärcher umgehen; möglicherweise fällt bei mangelnder Druckregulierung die ganze Naziherrlichkeit wie ein Kartenhaus zusammen. – (jgt)
Fotos: jgt