Paraschat haSchawua: Vajikra

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Das dritte Buch Moses, Levitikus, auch Priesterbuch genannt, behandelt insbesondere die Pflichten der Priester, was die Opferungen von, Tieren, Weihrauch und anderem zu Ehren Gottes betrifft. Das Thema ist seit langem nicht mehr aktuell. Noch mehr als das, es interessiert kaum noch jemanden. Dass die Juden in ihrem Tora-Jahreszyklus es immer wieder studieren, ist eben eine Sache der Tradition, die nicht
leicht, wenn überhaupt, zu ändern ist.

Levitikus, Kap. 1-5 Parascha Vajikra Schabbat 20. März 2021

Zu den Opfergaben hat sich bereits der große Prophet Jesaja vor etwa dreitausend Jahren kritisch geäußert. Er meinte zwar nicht, sie seien schädlich, sagte aber, ein moralisches Verhalten wäre wichtiger. Es war nämlich so ähnlich wie mit der Ablasshandlung in der katholischen Kirche viele Generationen später. Im Mittelalter haben die jüdischen Gelehrten bereits die Idee aufgegeben, Gott durch Geschenke zu versöhnen. Und gegen Ende des Mittelalters hat der bekannteste Gelehrte Maimonides in seiner „Lehre von den Attributen Gottes“ bewiesen, dass Gott keine menschlich aussprechbaren Eigenschaften besitzt. Er sei weder groß noch stark noch weise noch barmherzig noch besitze er irgendeine andere Eigenschaft. Also: Er könne auch nichts begehren oder erwarten.

Man könnte sogar auf die Idee kommen, dass bereits im Buch Levitikus angedeutet wurde, die Opfergaben seien lediglich eine Scheinhandlung, um die abergläubischen Israeliten von ihren Gewohnheiten abzubringen, fremden Göttern oder Götzen durch Opfergaben zu dienen. Es heißt ja auch daselbst „Und nicht sollen sie fernerhin ihre Schlachtopfer den Bockdämonen schlachten, denen sie nachbuhlen“ (Lev. 17, 7). Da die Israeliten so begierig waren, erklären die Gelehrten, Gott in ihrer Mitte zu haben, wollten sie ihm unbedingt dienen; und der bekannteste und am leichtesten zu leistende Dienst war, Gott ein Geschenk zu bringen. Das war relativ billig. Eine Taube hätte es schon getan. Auch wenn sich wahrscheinlich nicht jeder eine Taube leisten konnte.

Die Neigung der Israeliten zu Zeiten des Tempels, Gott mit der Anhäufung von Opfern zu dienen, war bekannt. Als der Tempel zu Jerusalem im ersten Jahrhundert zerstört wurde und der Opferdienst nicht mehr stattfinden konnte, wurde der Dienst an Gott durch das Gebet ersetzt. Anstelle der Opfer entwickelte sich ein geordneter ritueller Gebetsdienst, der von den Gelehrten in den ersten Jahrhunderten für die drei Tagesgebete und gesondert für Schabbat und für die Feiertage eingerichtet wurde. Die Gebetbücher sind abgeschlossen, sozusagen kodifiziert und für alle religiösen Juden verbindlich. Nun stellten die Gelehrten fest, dass diese Neigung zur Übertreibung sich auch bezüglich der Gebete zu verbreiten drohte.

Im Levitikus heißt es nämlich an mehreren Stellen (die Gelehrten haben achtzehn genannt, wobei ich mehr gefunden habe), dass Moses die Anordnungen Gottes (ob beim Bau der Stiftshütte oder bei anderen rituellen Handlungen) genau durchgeführt hat: „wie Jahwe es Mose befohlen hatte“. Aber insbesondere ist folgendes Gebot zu erwähnen: „So seid bedacht zu tun, wie Jahwe, euer Gott euch befohlen hat; ihr sollt nicht abbiegen, weder rechts noch links“ (5. Moses 5, 28).

So wie die Einrichtung und die Utensilien der Stiftshütte und auch alles andere instruktionsgemäß durchgeführt worden ist, so auch alles im Zusammenhang mit dem Gottesdienst (Opferdienst), obschon die Israeliten aus Liebe und Eifer für Gott bestrebt waren, mehr als erforderlich zu tun. Das gilt auch für die Gebete, die den Opferdienst ersetzten. Es ist nach theologischer Ansicht nicht erforderlich, dass der Betende Begeisterung und Ekstase durch Gesang und Tanz und Schaukeln und Arme-Hochschnellen zum Ausdruck bringt, damit werden nicht mehr Religiosität und mehr Hingabe für Gott bezeugt, solches Verhalten befriedige innere Bedürfnisse des Individuums. Es sei letzten Endes kein Dienst an Gott, sondern eher ein Dienst für die eigene Person, um die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.

Schabbat Schalom

Dr. Gabriel Miller absolvierte umfangreiche rabbinische und juristischen Studien, war Leiter der Forschungsstelle für jüdisches Recht an der Universität zu Frankfurt am Main, Fachbereich Rechtswissenschaft. Außerdem gibt er die bei den Lesern von haGalil längst gut bekannte Website juedisches-recht.de heraus.

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