Zum Abschluss der Feiertage

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Der Chanukkaleuchter am Brandenburger Tor…

Von Christel Wollmann-Fiedler

Geschichtsträchtig ist der Pariser Platz in Berlin. Am westlichen Ende des Platzes baut Carl Gotthard Langhans aus Landeshut in Niederschlesien im Auftrag des preußischen Königs in den 1790er Jahren das berühmte Brandenburger Tor. Nur einige Jahre später, im Oktober 1806, zieht Napoleon mit seinem Heer durch das recht neue Tor von Westen über den Boulevard Unter den Linden in Berlin ein. Das Gemälde von Charles Meynier zeigt den Einzug. Weitere historische Momente folgen in den Jahrzehnten.

Der berühmte Portraitmaler Max Liebermanns wohnt bis zu seinem Tod 1935 neben dem Brandenburger Tor. Als die Nazis bereits grölend durch das Tor ziehen, bleibt unvergessen sein prägnanter Ausdruck: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte“. Seine Frau Martha wird von den Nazis des Hauses verwiesen und nimmt sich kurz vor ihrer Deportation 1943 das Leben. In anderen, schöneren Zeiten, einhundert Jahre früher, im Jahr 1844, entwirft Schinkels Schüler Friedrich August Stüler das Haus. Max Liebermanns Vater kauft es und 1892 zieht Max Liebermann mit Frau Martha und Tochter Käthe in den 2. Stock „Am Pariser Platz Nr. 7“. Nobel sind die Nachbarn, die Französische Botschaft liegt fast nebenan.

Nach dem 2. Weltkrieg, bereits 1961, wird die politisch gewollte Mauer westlich des Brandenburger Tors gebaut und zieht sich weiter durch die gesamte Stadt, teilt die Stadt in Ost und West. Menschen, Familien werden von heute auf morgen getrennt. Das Schicksal Deutschlands und ganz Europas beginnt. Im Jahr 1989 wird diese unsägliche Mauer mit Freude gestürmt und der Pariser Platz, die „Gute Stube“ der Berliner, erstrahlt in neuem Glanz.

Vorgestern ist die Stimmung am Pariser Platz eine schöne, eine chanukkamäßige, eine helle, eine strahlende. Menschen aus unterschiedlichen Kulturen mit unterschiedlichem Aussehen, mit verschiedenen Sprachen und Dialekten tummeln sich auf dem Platz oder radeln vorbei, fast alle halten an, zücken das Smartphone und fotografieren den übergroßen Chanukkaleuchter mit neun Leuchten. Der Weihnachtsbaum, eine Tanne aus Thüringen, steht einige Meter weiter, kleine Lichter, große Kugeln.

Leuchter und Tanne sind für die Öffentlichkeit, doch meine ich, der Chanukkaleuchter ist fotogener. Von allen Seiten, mit und ohne Brandenburger Tor wird er abgelichtet. Das Lichterfest am Pariser Platz neben Max Liebermanns Haus erfreut die Menschen. Der berühmte Maler wird in seiner Freude beim Spazieren und Betrachten eine seiner typischen Anekdoten erfinden.

Berlin, 17. Dezember 2020