Unser Überlebenswille war stark

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Gespräche mit Margit Bartfeld-Feller über Czernowitz, die sibirische Verbannung und Israel zum Gedenken…

Aus dem Vorwort von Erhard Roy Wiehn

Zurecht wurde darauf hingewiesen, dass sich Margit Bartfeld-Feller seit 1996 als eine der ganz wenigen zeitgenössischen Schriftstellerinnen aus Czernowitz und der Bukowina bereits in die Literaturgeschichte deutschschreibender jüdischer Literatinnen und Literaten eingeschrieben hat. Und obwohl die Literatur über Czernowitz fast unüberschaubar geworden ist, erscheinen ihre Geschichten doch ganz unverwechselbar. Überdies gibt es außer ihren Erinnerungen bis heute nur sehr wenig authentische Literatur über die sibirische Verbannung der Czernowitzer Jüdinnen und Juden durch das sowjetische NKWD 1941 – geschweige denn die geringste Entschuldung oder gar finanzielle Entschädigung seitens der Russischen Föderation als Nachfolgestaat der Sowjetunion.

Margit Bartfeld-Feller hatte sich seit 1996 in Deutschland, Israel und Österreich nicht nur einen eigenen deutsch(und russisch)-sprachigen Leserkreis geschaffen, sondern konnte sich auch eines außerordentlichen Erfolges vor allem auch bei ihren Lesungen erfreuen, bei denen ihre Geschichten faszinieren, ihr melodisches Czernowitzer Deutsch entzückten und ihre ebenso leidgeprüfte wie optimistische Persönlichkeit die Menschen stark beeindruckte und ermutigte. Dies galt übrigens auch für ihre Lesungen in ihrem geliebten Czernowitz-Chernivtsi (Černivci) – dem besonderen Kraftfeld ihres Lebens, wo sie teils auf Deutsch, teils auf Russisch gerade auch junge Menschen ansprach.

Deshalb musste dieses Gedenk- und Erinnerungsbändchen für Margit Bartfeld-Feller unbedingt erscheinen, auch um ihr posthum einmal mehr für ihre unermüdliche, unschätzbare, unverwechselbare Erinnerungsarbeit sehr herzlich zu danken, die in Gestalt ihrer Publikationen die Autorin und uns alle weit überdauern wird. Herzlicher Dank gebührt wiederum Margits Tochter Anita Hajut für ihre große Hilfe bei den Editionsarbeiten wie auch früher bei den Reisen und Lesungen ihrer Mutter.

Für mich war es von Anfang an ein Glücksfall, Margit Bartfeld-Feller zur rechten Zeit Anfang April 1996 zunächst in Israel begegnet (und in den folgenden 22 Jahren auch in Czernowitz und andernorts wiederbegegnet) zu sein, und ein Privileg, als Herausgeber daran mitwirken gekonnt zu haben, dass Margit Bartfeld-Fellers literarisches Werk als Leuchtspur dem deutschen, jüdischen, Czernowitzer und vielleicht sogar dem Welt-Kollektivgedächtnis erhalten bleibt. Denn was aufgeschrieben, veröffentlicht und in etlichen Bibliotheken der Welt aufgehoben ist, wird wohl nicht so schnell vergessen, damit vielleicht daraus gelernt werden kann.

Erhard Roy Wiehn, Christel Wollmann-Fiedler (Hg.): Unser Überlebenswille war stark. Gespräche mit Margit Bartfeld-Feller über Czernowitz, die sibirische Verbannung und Israel zum Gedenken. Vorworte Anita Hajut und Andrei Corbea-Hoişie, Hartung-Gorre Verlag 2020, 68 S., Euro 19,80, Bestellen?

–> 50 Jahre in Sibirien – Nachruf auf Margit Bartfeld Feller