„Jews with many Views“

0
36
„Incitement“. (c) Rabin Project

Das 26. Jüdischen Filmfestival Berlin-Brandenburg ist ab Sonntag online und in acht Kinos in Berlin und Brandenburg zu sehen…

Vom 6. bis zum 13. September 2020 öffnet sich der Vorhang für die nunmehr 26. Ausgabe des Jüdischen Filmfestivals Berlin & Brandenburg (JFBB). Acht Tage lang präsentiert das JFBB als eines der größten und ältesten jüdischen Filmfestivals Europas und das einzige seiner Art in Deutschland insgesamt 44 nationale und internationale Spielfilme, Dokumentarfilme, Kurzfilme und Serien mit jüdisch-israelischer Thematik. Alle aktuellen Filme sind Welt-, Deutschland- oder Berlinpremieren und werden vor ihrem offiziellen Kinostart gezeigt.

Unter dem Motto „Jews with many Views“ vermittelt das Festival auch in diesem Jahr wieder Einblicke in Vielfalt und Komplexität jüdischer Kultur und jüdischen Lebens im Gestern und Heute und lässt die Zuschauer auf höchst kontrastreiche jüdische Milieus und Haltungen schauen. Es bietet eine kulturelle Plattform, die sich vehement gegen offenen, aber auch verdeckten Antisemitismus, gegen Zuschreibungen und Ausgrenzungen wendet. Besonderes Augenmerk liegt auch in diesem Jahr auf den interessanten Neuerscheinungen aus der israelischen Filmproduktion.

Erstmalig in seiner Geschichte findet das JFBB als sogenanntes Hybrid-Festival statt und läuft sowohl bundesweit online, als auch regional in acht Berliner und Brandenburger Kinos. Ergänzend gibt es – sowohl virtuell als auch im Kino – bei allen gezeigten Filmen Filmgespräche und Einführungen mit Regisseur*innen, Schauspieler*innen, Produzent*innen und Filmexpert*innen. Die Streaming-Plattform des JFBB ist ab dem 21. August für den Ticketverkauf freigeschaltet. Die Preise für ein Ticket rangieren von 4 – 6 Euro. Das Online-Programm steht während des gesamten Festivalzeitraums zur Verfügung. Einmal mit dem Streaming eines Films begonnen, hat man 30 Stunden Zeit, diesen zu Ende zu schauen.

Eröffnungsfilm INCITEMENT über den Attentäter von Yitzhak Rabin

Eröffnet wird das Festival mit der Deutschlandpremiere von INCITEMENT (Israel 2019), Israels Vorschlag für die Oscars 2020, der die Radikalisierung des Attentäters von Yitzhak Rabin beleuchtet. Der Film läuft auch im Onlineprogramm. Herausragend auch der ungarische Beitrag für die Oscars THOSE WHO REMAINED (Ungarn 2019), in der die Traumata und Bewältigungsversuche zweier Holocaust-Überlebender erzählt werden – ebenfalls sowohl im Kino als auch online. Als Weltpremiere im Kino zeigt das JFBB KISS ME KOSHER (Deutschland 2019). Die israelische Regisseurin und Autorin Shirel Peleg pointiert und demaskiert lässig das deutsch-israelische Verhältnis und spielt reichlich unkoscher mit Klischees über Liebe und Religion. Im Kino-Programm auch Bruno Ganz letzter Film WINTERREISE (Dänemark, Deutschland 2019). In dem Dokudrama wird Georg von seinem Sohn mit seiner lang verschwiegenen Vergangenheit konfrontiert. Als junger Musiker waren er und seine Frau dem ‚Jüdischen Kulturbund’ beigetreten. Gegründet von Goebbbels Propagandaministerium diente es dazu, dem Ausland ein Fortbestehen jüdischen Lebens in Deutschland vorzugaukeln, während längst der Holocaust vorbereitet wurde. Ein Ziel, das viele Mitglieder erst zu spät erkannten.

Dokumentarfilme über Löwen in Tel Aviv und Ballett im Stadion

Der Dokumentarfilm THERE ARE NO LIONS IN TEL AVIV (Israel 2019, Kino + online) lässt das Leben von Mensch und Tier im frühen Tel Aviv der 30er Jahre wieder auferstehen und nimmt den Zuschauer mit auf eine wahre Geschichte von Liebe, Verrat, Vision und Unschuld. UNDERGROUND BALLETT (Israel 2019, nur Online) begleitet den lebendigen Alltag einer Ballettschule – direkt unterm Teddy-Fußballstadion in Jerusalem. Außerdem im Online-Programm drei Serien aus Israel, darunter DAYAN: THE FIRST FAMILY (Israel 2019) über die Dayans, die sogenannten israelischen Kennedys, die nicht nur führende politische und militärische Akteure Israels hervorbrachten, sondern auch Dichter,
Filmemacher, Schriftsteller und Rockstars.

Retrospektive über Kirk Douglas und Margot Friedländer

Mit THE JUGGLER (USA 1953, online) erinnert das JFBB an die 2020 verstorbene Hollywood-Legende Kirk Douglas. In einer weiteren Retrospektive läuft im Online-Programm die bewegende Dokumentation DON´T CALL IT HEIMWEH (USA 2004) über Margot Friedländer, die in Berlin versteckt den Holocaust überlebte. Der Film HUMMUS! THE MOVIE (USA/Israel 2015) aus dem Bildungsprogramm des JFBB „SawIt“ beweist eindrücklich, wie die gemeinsame Liebe zu Hummus Grenzen, zumindest teilweise, überwinden kann. Alle Filme der Retrospektive können kostenfrei geschaut werden.

Abschlussfilm PERSISCHSTUNDEN mit Lars Eidinger

Den Programmabschluss im Kino bildet der Spielfilm PERSISCHSTUNDEN (Russland, Deutschland, Weißrussland 2019) mit Lars Eidinger in einer Hauptrolle. Inspiriert von wahren Begebenheiten erzählt der Film die Geschichte von Gilles und seinem unbändigen Überlebenswillen. Als er zusammen mit anderen Juden in ein Lager nach Deutschland gebracht wird, entgeht er der Exekution nur, weil er schwört kein Jude, sondern Perser zu sein. Daraufhin beauftragt ein SS-Mann ihn, ihm Farsi beizubringen. Gilles muss plötzlich eine Sprache erfinden, die er nicht beherrscht.

Die Filme im Festivalprogramm des JFBB laufen in der jeweiligen Originalsprache. Allerdings ist dem JFBB die Zugänglichkeit des Festivalprogramms wichtig und stellt deswegen zahlreiche Filme im Online-Programm mit sowohl deutschen als auch englischen Untertiteln zur Verfügung. Im Kino laufen die Filme i.d.R. mit englischen Untertiteln. Bei den Vorführungen im Kino werden die geltenden Hygiene- und Abstandsregeln für Kinos in Berlin und Brandenburg umgesetzt. Die Tickets müssen vorab online bei dem jeweiligen Kino erworben werden.

Das komplette Programm, Kinotickets sowie ab dem 21. August Tickets für die Streaming-Plattform und vertiefende Informationen zum Jüdischen Filmfestival Berlin & Brandenburg finden Sie auf www.jfbb.de.

Bild oben: „Incitement“, (c) Rabin Project