Erneut scheitert eine rechtsradikale Minigruppierung – „Patriotic Opposition Europe“ – in Köln. Trotz des prominenten Gastredners Stefan Räpple (ehem. AfD)…
Von Jennifer Marken
Zuerst erschienen bei: Belltower.news, 24.08.2020
Es war erneut eine Trauerveranstaltung in Köln: Die Reste gescheiterter rechtsradikaler und sogar aus der AfD ausgestoßener Einzelpersonen wollte „mobilisieren“: Vorgeblich gegen Coronavirus-Schutzmaßnahmen, faktisch für rechtsradikale Botschaften. Beflügelt durch den Corona-Virus suchte man Anschluss an Verschwörungskreise und an rechtsradikale Strukturen. Es misslang erneut, wie so oft in Köln: Wie 2017 (vgl. Störungsmelder) , wie 2019 (vgl. Belltower.News) und noch mal 2019 (vgl. Belltower.News). Anfangs nur 15 sehr Rechte hatten sich unter dem Banner der selbsternannten „Patriotic Opposition Europe“ eingefunden, der Gegenprotest war mit 250 – 300 optisch sowie verbal eindeutig stärker.
Diese rechtsradikale Minigruppierung hatte sich im Juni 2020 in Berlin erstmals öffentlich inszeniert (vgl. JFDA auf YouTube); die Kölner Kundgebung sollte wohl auch als Mobilisierung für die für kommendes Wochenende in Berlin geplante querfrontige und spektrenübergreifende rechte Kundgebung „gegen Corona“ dienen.
Der ausgeschlossene Räpple
Von der Inszenierung her war Stefan Räpple der Hero und Hauptredner der kläglichen Truppe, die sich am Samstagmittag auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz hinter Sperrgittern versammelt hatte: Der baden-württembergische Landtagsabgeordnete und Gedeon-Getreue hatte das Kunststück zuwege gebracht, sogar aus dem äußerst rechten eigenen Landesverband der AfD ausgeschlossen zu werden (in erster Instanz im März 2020). Seitdem sucht er Anschluss an noch rechtere Verschwörungs-Kreise.
Im Vorfeld hatten neben Räpple drei weitere rechte Sektierer aus untergegangenen rechtsradikalen Gruppierungen wie „Pegida NRW“ in teils in langatmigen Videoansprachen an „das Volk“ zur Kundgebung nach Köln aufgerufen: Mario Buchner, Dieter Bartsch und Ralph Bühler. Als Aufrufer firmierte die Pseudogruppe „Patriotic Opposition Europe“.
Allein: Mit dem Volk wurde es nichts. Um 14 Uhr hatten sich nur 10 Menschen hinter dem Sperrgitter auf der Bahnhofsvorderseite eingefunden, einschließlich zweier eigener „Youtuber“, es wurden insgesamt nur 20.
Missbräuchliche Nutzung des NRW-Wappens und die „Deutsche Volksgruppe“
Immerhin: Ein eigenes Bannes hatte man mitgebracht. Neben dem „anglizistischen“ Namen – deutschfeindlich sind sie auch noch – gab man sich als „Landesverband NRW“ aus und verwendete hierbei, Juristen im Landesdienst dürfte das interessieren, missbräuchlich das NRW-Wappen. Um an der eigenen völkischen Gesinnung keinen Zweifel aufkommen zu lassen, appellierte man auf dem Transparent an die „Deutsche Volksgruppe“.
Was in den folgenden knapp zwei Stunden folgte, war eine Mischung aus primitivem Verschwörungsgeraune, Beschimpfungen des mit 250 – 300 Teilnehmer*innen starken Gegenprotests– darunter zahlreiche Transparente von „Kein Veedel für Rassismus“ – , Beschimpfungen des parlamentarischen Systems und rechtsradikalen Verschwörungstheoremen.
Der 1981 geborene Räpple, der als Unterstützer des durch seine antisemitischen Schriften berüchtigten Landtagsabgeordneten Gedeon auftrat (vgl. Belltower.News), war im März 2020 vom Schiedsgericht des AfD-Landesverbandes ausgeschlossen worden. Die Rede war von parteischädigendem Verhalten, verbaler Provokationen auch im Landtag und zu großer Nähe zu rechtsextremen Gruppierungen und Personen. Beim AfD-Parteitag am 30. November / 1. Dezember 2019 warb Räpple für den Antrag, die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ von der sogenannten Unvereinbarkeitsliste der Partei zu streichen, da diese Organisation der AfD helfe und sie unterstütze. Im März 2017 war er nach einer verbalen Entgleisung im Landtag zuerst zur Ordnung gerufen und im Dezember 2018 sogar mit Unterstützung der Polizei des Landtages verwiesen worden – ein Novum in der Landesgeschichte (vgl. ZEIT).
Er war also für Köln die Idealbesetzung für die sehr rechte Resterampe aus Pegida-NRW. Räpple, der als einziger mit Schlips erschienen war, sprach in Köln von einem „System der institutionellen Korruption“, womit er wohl das Parlament meinte. Das Parlament sei eine „Scheindemokratie“, gegen das man sich wehren müsse. Es diene dazu, „dass wir die Klappe halten“. In völkisch-rechtsradikaler Tradition sprach er vor seinen anfangs 15 Anhängern von Gewinnen, Kartellen und vom Finanzkapital, die alles bestimmen würden. Die Politiker seien nur „Marionetten“, die ein Kostürm tragen dürften.
Ein weiterer Redner sprach drohend davon, wenn „dieses System nicht mehr existiere“ dann würden seine Vertreter „ganz tief fallen.“ Der lautstarke, verbal nicht zurückhaltende Gegenprotest wurde von den Rednern vielfältig beschimpft, u.a. als „ein Haufen Müll“.
Mario Buchner, ex-AfD-Kreischef von Bad Tölz (vgl. Merkur) und Anmelder von rechten Coronaleugner-Demos (vgl. WW-Kurier), sprach auf dieser vorgeblichen Coronavirus-Kundgebung in NPD-Diktion von der „Asylindustrie“ und versuchte über das Wesen des Nationalsozialisten zu dozieren, um hierbei Goebbels zu zitieren.
In Köln inszenierten sich die Redner in einer bizarren Mischung aus Beleidigungen und teils verfassungsfeindlichen, teils strafbar anmutende Äußerungen: Ein Redner forderte den „sofortigen Rücktritt“ von Angela Merkel; diese müsse danach „über die Verbrechen von 2015 aufgeklärt“ werden. Im Bundestag säßen viele „Kinderficker“, die Gegendemonstranten seien „Faschisten“, die für den „Untergang unseres Landes“ sorgten. Merkel erlasse immer „weitere Gesetze zur Unterdrückung des Volkes“; es bedürfe „Kehrmaschinen um das zu entsorgen.“ Auch bei diesen Redepassagen schritt die Polizei nicht ein.
Die ideologische Verzweiflung der rechten Restetruppe zeigte sich auch in einem Symbol, das mehrere Teilnehmer auf ihren T-Shirts trugen: Eine „Forke“ und eine „Schaufel“, ergänzt durch die Zahl 20 sowie „WW“. Dies soll wohl ihr neues Erkennungszeichen und „Identitätsmerkmal“ sein, nachdem alle vorhergehenden rechtsradikalen Gruppierungen gescheitert sind – hilfloser geht’s nicht mehr.
Anwesend waren auch Protagonisten der ehemaligen, rechtsradikalen Gruppierung „Pegida NRW“, darunter „Uwe“ aus Duisburg, der zu spät zur Demo kam, dafür aber mit piratenähnlicher Bekleidung auflief und in seinem wirren Redebeitrag auch von der „Jüdin Merkel“ sprach. Am Ende des peinlichen rechten Schaulaufens hinter Sperrgittern schwenkten er und ein rechter Kamerad minutenlang zwei rechtsradikale Fahnen. Selbst die zahlreich anwesende Polizei war teils offen peinlich berührt und vermochte ein Grinsen nicht mehr zurückzuhalten. Im Hintergrund präsent war auch die Kölner Neonazifrau Cindy K., die seit einigen Jahren bei jeder rechtsradikalen und neonazistischen Kundgebung in Köln sowie häufig auch in NRW dabei ist sowie ein jüngerer Mann aus der wahnhaften Coronavirus-Fraktion aus Köln.
Der Aufruf der rechten Resterampe hatte unter dem Motto „Sofortige Beendigung der Corona-Maßnahmen“ gestanden. Dem versuchte man am Ende gerecht zu werden: Räpple kündete seinen verbliebenen 15 Getreuen das Abspielen der Nationalhymne an. Unter bewusste Ignorierung jeglicher Coronaregeln suchten drei rechten Coronaleugner intimen körperlichen Kontakt.
Aus dem vollmundig angekündigten anschließenden „Spaziergang durch die Stadt“ wurde nichts.
Wenige Stunden zuvor hatte sich eine Gruppe von „Identitären“ auf dem wenige Hundert Meter entfernt gelegenen Heumarkt zu einem „Infostand“ versammelt. Obwohl die Polizei den Infostand geheim zu halten versuchte, versammelte sich binnen weniger Minuten ein starker Gegenprotest. Die Polizei baute den verängstigten „Identitären“ gleichfalls ein Sperrgitter auf.
Bild oben: Stefan Räpple spricht bei „Patriotic Opposition Europe“ in Köln, fast keiner schaut zu. Alle Fotos: J. Marken