Michael Brück – Eine rechtsextreme Laufbahn in NRW

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Michael Brück, 1990 im nördlich von Köln gelegenen Bergisch Gladbach geboren, blickt auf eine beachtlich lange „Karriere“ als überzeugter Rechtsextremist bzw. Neonazi zurück…

Von Jennifer Marken
Zuerst erschienen bei: Belltower.news, 5. Mai 2020

Brück besuchte ein Gymnasium in Bergisch Gladbach und war bereits als Schüler ein überzeugter Nationalsozialist. In einem Interview vom November 2019 mit dem äußerst rechten Youtube-Kanal „Junge Revolution“[i] beschreibt Brück seinen eher vermögenden familiären Hintergrund: Sein Vater sei Geschäftsführer einer Firma mit 75 Angestellten gewesen; mit ihm habe es bald politische Konflikte gegeben. Mit 13 Jahren habe er sich zwei Jahre lang rechtsradikal gebildet, seit seinem 15. Lebensjahr sei er als bekennender Nationalsozialist Aktivist der örtlichen „Freien Kameradschaften“. 2006, da war er 16, schloss er sich der NPD Köln und deren Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) an. Er hatte dort gemäß Selbstauskunft sowie eines Beitrages im Magazin Lotta kurzzeitig die Funktion des Kölner „Stützpunktleiters“ inne und war auch deren stellvertretender NRW-Landesvorsitzender.

2007: Aktionsgruppe Rheinland

Dies genügte ihm offenkundig nicht. 2007 entstand die „Aktionsgruppe Rheinland (AGR)“, ein Vernetzungszusammenhang der in der Entstehung begriffenen rheinischen Gruppen der „Autonomen Nationalisten“ (AN), in dem Brück aktiv war. Teil dieses Netzwerkes waren auch die „Autonomen Nationalisten Köln“; es ist trotz Hinweisen nicht zweifelsfrei feststellbar, ob Michael Brück Teil der Gruppierung war. Die AN Köln waren mehr oder weniger ein „Internetphänomen“ bzw. mehr oder weniger identisch mit den „Autonomen Nationalisten Pulheim (ANP)„. Der bekannteste Vertreter dieser Gruppierungen war der in Pulheim wirkende Hitler-Verehrer Axel Reitz (vgl. KSTA); heute inszeniert sich dieser nach Strafandrohung 2012 im Kontext des gescheiterten Mittelrhein-Prozesses „Ausgestiegene“ als Snobist und selbsternannter „Genießer“.

Diese an rechtsradikaler Aktion und Militanz interessierten kleinen, miteinander vernetzten Gruppen der „Autonomen Nationalisten“ führten beispielsweise in Leverkusen-Opladen anlässlich des Gedenktages zum 9.11.2007 mit 20 Neonazis einen Überfall aus, bei dem eine Passantin schwer verletzt wurde (vg. Kulturausbesserungswerk); dem Überfall folgten weitere kleinere, auf Einschüchterung gerichtete Gewalttaten und Propagandadelikte (vgl. VVN NRW). In den folgenden Jahren kam es zu mehreren Überfallen gegen linke Jugendliche u.a. vor dem Alternativen Jugendzentrum „Kulturausbesserungswerk in Leverkusen-Opladen (vgl. KSTA).

Die „Aktionsgruppe Rheinland (AGR)“ existierte zwar noch vier Jahre; mit Brücks Umzug im Jahr 2008 von Bergisch Gladbach in die 80 km entfernt gelegene „Nazihochburg“ Dortmund wurde die junge Struktur dieser Aktionsgruppe gemäß der Einschätzung besagten Lotta-Beitrages maßgeblich geschwächt. Ob dieser feststellbare Rückgang an Aktivitäten direkt kausal mit Brücks Umzug nach Dortmund zu tun hat, ist nach Einschätzung von Szeneexperten jedoch nicht eindeutig nachweisbar.

2008 Outing und Umzug nach Dortmund-Dorstfeld

Zumindest Brücks Betätigung bei der AGR fand 2008 mit seinem Umzug nach Dortmund ein Ende. Kurz vor seinem Umzug wurde Brück an seinem Bergisch-Gladbacher Wohnumfeld von einer vermutlich linken Gruppe als einflussreicher lokaler Neonazi „geoutet“. In einem Flugblatt wurde dargestellt, dass Brück „trotz seiner erst 17 Jahre schon lange in der regionalen Nazi-Szene aktiv“ sei. Hier wird er als „führendes Mitglied der sogenannten „Autonomen Nationalisten Köln““ benannt; diese seien auch für „Einschüchterungsversuche und Drohungen gegenüber politisch Andersdenkenden“ verantwortlich. Mit ihrem „Bekenntnis zu Hitlers Stellvertreter, Rudolf Hess“ zeigten sie sich als „glühende Anhänger des Nationalsozialismus und machen keinen Hehl daraus, ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen.“

Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörigen (HNG)

Von 2008 bis zu deren Verbot im Jahr 2011 war Michael Brück Mitglied der NS-Gruppe „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörigen“ (HNG). Diese 1979 gegründete Gruppierung unterstützte und betreute bundesweit in Haft sitzende Rechtsextremisten und Holocaustleugner. Analog zum RAF-Unterstützerumfeld versuchte sie, zu Haft verurteilten Straftätern – darunter NS-Täter wie Erich Priebke und Josef Schwammberger sowie Terroristen wie Gottfried Küssel und Peter Naumann – ideologisch den Status von „politischen Gefangenen“ zu verleihen – womit zugleich insinuiert wurde, dass die Bundesrepublik kein demokratischer Rechtsstaat sei. Die HNG bildete, vergleichbar zur Tätigkeit des 1951 gegründeten, durch die Himmler-Tochter Sigrid Burwitz repräsentierten Unterstützervereins für NS-Täter „Stille Hilfe“ (vgl. BTN), durch ihre Arbeit vor allem eine Brücke zwischen alten Neonazis, versierten Holocaustleugnern wie Ursula Heverbeck,  Kriegsverbrechern sowie jungen Neonazis wie Brück. Bereits mit 18 Jahren war Brück also ein Kernbestandteil der offen nationalsozialistischen, den Holocaust verleugnenden Szene. Mit ihren zuletzt 600 Mitgliedern gehörte die HNG zu den größten hiesigen Neonazigruppierungen, 2011 wurde sie durch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich verboten.

Militante „Karriere“ in Dortmund

2008 also zog Michael Brück von Bergisch Gladbach in die nordrheinwestfälische „Nazihochburg“ Dortmund, wo er ein breiteres Betätigungsfeld vorfand. In Dortmund-Dorstfeld exponierte er sich sehr rasch als militanter, rhetorisch mittelmäßig talentierter, nuschelnder Rechtsextremist. Im Alter von 17 bis 19 Jahren erhielt Brück laut Selbstauskunft (Interview mit „Junge Revolution“, s.o.) ein oder mehrere Bewährungsstrafen sowie Jugendarrest; es kam auch zu Hausdurchsuchungen durch die Polizei.

Brück schloss sich in Dortmund sogleich der militanten Nazigruppierung „Nationaler Widerstand Dortmund (NWDO)“ an und war dort vier Jahre lang, bis zu deren Verbot im Jahr 2012 durch den damaligen NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), ein führender Kader. Der NWDO arbeitete eng mit der „Kameradschaft Aachener Land (KAL)“ und der „Kameradschaft Hamm (KS Hamm)“ zusammen. Führender Kopf der „Kameradschaft Hamm“ war wiederum der 1987 geborene, drei Jahre ältere, bekennende Nationalsozialist Sascha Krolzig. Krolzig, der 2018 zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden ist (vgl. BTNRuhrnachrichten), welche er bis heute nicht angetreten hat, zeichnete für Flugblätter der 2012 verbotenen „KS Hamm“ verantwortlich. Heute bilden Krolzig und Brück gemeinsam mit etwa zehn weiteren, überwiegend jüngeren Neonazis den Kern der Ruhrgebiets-Neonaziszene. Ins Alter gekommene Nazifiguren wie Siegfried Borchardt – „SS-Siggi“ – sind heute nur noch Staffage und geduldete Randerscheinungen. Zu sagen hat Borchardt, wie auch auf Neonazikundgebungen deutlich wurde, nichts mehr (vgl. Störungsmelder).

Belltower.News merkt zum NWDO-Verbot 2012 an: „Bei einer mit dem Verbot einhergehenden Großrazzia durchsuchten Polizisten fast 150 Objekte in über 30 Städten, darunter auch das „Nationale Zentrum“ in Dortmund, in dem Treffen, Schulungen und Vorträge der Neonazis, regelmäßig auch mit der NPD stattfanden. Bei der Razzia wurden neben Propagandamaterial und NS-Devotionalien auch 147 Waffen oder waffenähnliche Gegenstände gefunden.“

Jura-Studium, selbsternannter „Staatsschutz Dortmund“ und „Antisem.it“

Im Wintersemester 2013/14 begann Michael Brück an der nahegelegenen Ruhr-Universität Bochum ein Jura-Studium. Dies blieb nicht lange unentdeckt: Er wurde im Fachbereich Jura mehrfach als Neonazi „geoutet“, der dem „harten Kern“ der Dortmunder Neonazis der Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ (NWDO) angehöre. Eine Outingaktion mit Protesten von gut 20 Antifaschisten fand Anfang Dezember 2013 statt (vgl. Ruhrbarone).  Das sowie weitere Outings in den folgenden zwei Jahren (vgl. ZEIT)  riefen die übliche Kritik hervor, dass auch Neonazis und Feinde der Freiheit ein Recht auf ein Studium hätten. Der bekennende Neonazi Brück versuchte sich nun als „Opfer“ zu verkaufen.

In einem weiteren, 2015 an der Bochumer Universität verteilten Flugblatt wurde auch auf seine Rolle als Anmelder von „Mahnwachen“ vor Flüchtlingsunterkünften verwiesen, in deren Kontext Flüchtlinge drangsaliert worden seien. Weiterhin wurde erwähnt, dass der Jura-Student Brück 2015 in Polizeigewahrsam gelandet sei, als er zusammen mit anderen Nazis versucht habe, ein Protestcamp syrischer Geflüchteter anzugreifen (vgl. RUB ohne Nazis). Brück scheint sein Jurastudium mangels Perspektive endgültig abgebrochen zu haben.

Brück, der in Interviews auch gerne von „Menschenmaterial“ spricht, suchte immer neue Formen der öffentlichkeitswirksamen Provokation: Im August 2015 fand Brück mit dem selbsternannten „Staatsschutz Dortmund“ – es war eine Aktion seiner Dortmunder Nazigruppierung „Die Rechte“ –  bundesweite Aufmerksamkeit: Zusammen mit einigen, mit den obligatorischen gelben T-Shirts ausstaffierten „Kameraden“ machte er in einem Waldstück am Rande eines Autobahnparkplatzes Jagd auf Schwule, die sich dort regelmäßig trafen. Die Jagdszenen – szenisch und kleidungsmäßig eine Imitation der Wuppertaler Patrouillengänge der selbsternannten „Scharia-Polizei“ des Islamisten Sven Lau (vgl. Spiegel) – setzten sie auf YouTube ins Netz, was ihnen eine immense Aufmerksamkeit bescherte (vgl. Videobericht auf YouTube von Welt / N24).

Die Dortmunder Neonazis, juristisch und organisatorisch geschult, waren bekanntlich gut auf das vom damaligen NRW-Innenminister Jäger (SPD) verfügte Verbot ihrer Neonazigruppierung vorbereitet: Drei Wochen nach dem Verbot des Nationalen Widerstands Dortmund (NWDO) entstand die „legale“ Gruppierung„Die Rechte“. Michael Brück wurde sogleich deren stellvertretender NRW-Vorsitzender.

Brück übernahm in Dortmund auch eine offen nationalsozialistische Tätigkeit: Von der um Selbststilisierung bemühten „Nazi-WG“ in der Emscher Straße in Dortmund-Dorstfeld aus, in der er auch wohnt, betreibt er bis heute einen Onlineversandhandel, der lange den unzweideutigen Namen „Antisem Versand“ trug und auch eine eigene, professionell gestaltete Website hatte. Das dort vertriebene Material – u.a. Nazi-Devotionalien, Sturmhauben, Zwillen, Stahlkugeln sowie die in diesem Milieu obligatorischen schwarz-weiß-roten Fahnen – verdeutlicht nach Angaben des Verfassungsschutzberichtes NRW des Jahres 2012 dessen Demokratiefeindschaft. Auch der „Quellcode“ von dessen Website zeige, so heißt es weiter im Verfassungsschutzbericht, „dass die Website eine umprogrammierte Version des Onlineversandhandels ‚Resistore‘ darstellt, den zu Beginn Dennis Giemsch der jetzige Landesvorsitzende von ‚Die Rechte‘ und Anführer der verbotenen Dortmunder Kameradschaft betrieb. Es zeigt sich hier also auch hinsichtlich der technischen Infrastruktur eine ungebrochene Kontinuität von der Dortmunder Kameradschaft zum Kreisverband Dortmund.“ (ebd.)

Nach dem Einzug der Rechte in das Dortmunder Stadtparlament gehörte Brück der Bezirksvertretung Dortmund-Huchrade an. Im April 2015 wurde er schließlich, als Nachfolger von „SS-Siggi“ Borchardt sowie von Dennis Giemsch, Mitglied des Dortmunder Stadtrates. Dort suchte und fand er, politisch durchaus nicht unerfahren,  durch „tabubrechende“ Anträge und skandalträchtige Auftritte immer wieder Aufmerksamkeit.

Weiterhin war Brück Anmelder und, gemeinsam mit Krolzig und dem Düsseldorfer Neonazi Sven Skoda,  „Starredner“ zahlreicher kleiner und größerer Auftritte und Demonstrationen seiner Nazigruppierung in Dortmund sowie in zahlreichen weiteren Ruhrgebiets-Demonstrationen. Nach der nun doch zu erwartenden Inhaftierung seines langjährigen Weggefährten Sascha Krolzig, der Verurteilung und in Haft Setzung der gleichfalls in Hamm aufgewachsenen und in Dortmund agierenden Brüder Matthias und Christoph Drewer (vgl. BTN), der unverbesserlichen 91-jährigen Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck (vgl. Störungsmelder)  sowie von Steven F., Daniel E. und Alexander W.  sieht es schlecht für Brück und sein verbliebenes neonazistisches Umfeld in Dortmund aus.

„Michi Brück heult mal wieder!“

Mit 407.000 Aufrufen Kultstatus genießt auf Youtube sowie in Dortmunder Nazigegnerkreisen hingegen ein Video, in dem der ansonsten verbal drohende und Juden seit Jahren verhöhnende Brück (vgl. YouTube) 2013 inmitten einiger „Kameraden“ sowie der anwesenden Polizei heftig weint, weil ihm sein Handy kurzzeitig verlustig gegangen war (vgl. Dokumentation auf YouTube), dies wiederholte sich 2020 (Dokumentation auf YouTube).

Auf Gegendemonstrationen in Dortmund sind Rufe wie „Michi heul doch!“ sowie „Michi Brück Superstar/Youtube-Star, dein Handy hat die Antifa“ seit einigen Jahren allgegenwärtig.

Bild oben:  Neonazi Michael Brück bei der Demonstration „Europa erwache“ 2018 in Dortumnd (Foto: Jennifer Marken)

[i] Bei dem Betreiber des seit Sommer 2019 bestehenden Youtube-Kanals „Junge Revolution“ mit – laut Selbstauskunft – 3200 Abonnenten handelt es sich um einen 17-jährigen Rechtsextremisten aus Zwickau, Sanny Kujath, der ursprünglich der Neonazipartei „Der III. Weg“ angehörte und nun zahlreiche Interviews mit Szenegrößen aus dem Neonazispektrum aus unterschiedlichen Gruppierungen veröffentlicht, vgl. BTN