Die neuen Fernsehtipps

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Vom 1. bis 15. April 2020…

Mi., 1. Apr · 01:40-03:15 · One
Das Geheimnis der Freiheit

Wer kennt Berthold Beitz? Immer weniger Menschen. Dabei hat er wie kaum ein anderer die Geschichte Deutschlands geprägt, sei es als führender Industriemanager von Krupp oder als Retter zahlreicher Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus. Ein Jahrhundertleben, das man in großem Bilderbogen erzählen könnte. Doch das fiktionale Porträt von Beitz wird hier als eindringliche Nahaufnahme, als Duell zwischen zwei ungleichen Männern erzählt: Berthold Beitz, Aufsteiger, Macher, Sonnyboy, und Golo Mann, Großbürger, Historiker, zaudernder Melancholiker. Die Begegnungen der beiden in den Jahren 1973 bis 1981 im Rahmen eines Buchprojekts, für das der eine den anderen beauftragt, entwickeln sich bald zu einem regelrechten Duell. Wie geht man mit deutscher Vergangenheit, wie mit dem eigenen Erbe um? Beitz und Mann haben eines gemeinsam: Sie sind Nachfolger. Golo Mann als Sohn des Dichterfürsten, mit seinem gebrochenen Verhältnis zum Vater. Berthold Beitz als Ziehsohn von Alfried Krupp, dem letzten Stahlkönig, den Beitz verherrlicht und dem er durch ein Buch aus Golo Manns Feder ein Denkmal setzen möchte. Doch anstelle von Krupp tritt in der Begegnung der beiden allmählich der Auftraggeber selbst ins Zentrum der Betrachtung. In kaum einer Biografie spiegelt sich die Ambivalenz deutscher Nachkriegsgeschichte deutlicher als in der von Berthold Beitz. Wie kann jemand, der im Nationalsozialismus unzähligen Juden das Leben gerettet hat, in der Bundesrepublik mit den Tätern von damals kooperieren und sie sogar verteidigen? Für Golo Mann ein Rätsel voller Widersprüche, dem er auf den Grund gehen will.

Mi., 1. Apr · 22:45-00:05 · arte
Sandsturm

In einem Beduinendorf im Süden Israels richtet Jalila ein seltsames Fest aus: Sie ist Gastgeberin der Hochzeit ihres Ehemannes Suliman mit einer zweiten, sehr viel jüngeren Frau. Ihre Wut schluckt sie genauso hinunter wie ihren Stolz, kümmert sich stattdessen um das Essen, die Musik, die Wäsche – und baut sogar eigenhändig das Bett für die Hochzeitsnacht auf. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich mit den für Frauen eng gesteckten Grenzen zu arrangieren. Ihre Tochter Layla sieht das jedoch ganz anders; sie denkt, dass sie alles bekommen kann, wenn sie es sich nur stark genug wünscht. Doch auch sie leidet unter den strengen Regeln der Beduinen. Ihrer Liebe zu Anwar, einem Kommilitonen, begegnet die Mutter mit unerbittlicher Härte, denn ihr ist klar, dass diese Liebe im Clan auf massiven Widerstand stoßen wird. Trotzdem glaubt Layla, vom opportunistischen Vater geliebt und verhätschelt, weiter daran, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können – und hofft auf seine Zustimmung. Dann aber zerfällt die Familie, und die zwei Frauen müssen lernen, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Im Zentrum dieses Spielfilmdebüts steht eine vielschichtige Mutter-Tochter-Beziehung. Aus den Erfahrungen ihrer jeweiligen Generation heraus kämpfen beide auf unterschiedliche Weise gegen die einengenden patriarchalen Traditionen. Ein Film über die tiefe Ambivalenz zwischen Tradition und Moderne.

Do., 2. Apr · 05:00-06:15 · arte
„Wer wird mich jetzt noch lieben?“

Der 40-jährige Saar hat nie den Vorstellungen seiner jüdisch-orthodoxen Familie in Israel entsprochen. Seitdem er sich vor 17 Jahren als schwul outete und deshalb aus dem Kibbuz verbannt wurde, existiert er in den Augen seiner Familie schlichtweg nicht mehr. Saar flüchtete aus Israel, um in London ein neues Leben zu beginnen: als freier schwuler Mann, der seine Homosexualität voll auslebt. Nach dem Ende einer langjährigen Beziehung fand Saar sich in einem hemmungslosen Exzess von Drogen und Sex wieder. Der Schock war groß, als er erfuhr, dass er sich mit HIV infiziert hatte. Saar musste sein Leben völlig neu überdenken und suchte wieder die Annäherung an seine Eltern und Geschwister. Der berühmte London Gay Men’s Chorus, der für Saar zu einer Ersatzfamilie wurde, gab ihm den Mut, sich den Vorurteilen und Ängsten seiner eigenen Familie zu stellen. Einfühlsam, witzig, dramatisch und tief bewegend zeigt sich der Dokumentarfilm als die moderne Variante des alten biblischen Gleichnisses vom verlorenen Sohn. Saar drohte in der Fremde verloren zu gehen und konnte nur gerettet werden, wenn es ihm gelang, Vergebung zu finden und wieder in der Mitte seiner Familie aufgenommen zu werden. Doch bevor es so weit war, mussten sich alle – Saar, seine Eltern und seine Geschwister – erst ihren tiefen Ängsten stellen und eine Antwort auf die Frage finden, was mehr zählt: die Liebe und der Zusammenhalt in einer Familie oder die engen Grenzen von Glauben und Religion?

Do., 2. Apr · 23:10-23:40 · MDR
Lebensläufe: Kurt Weill – Von Dessau an den Broadway

Die Moritat von Mackie Messer aus der Dreigroschenoper ist ein Ohrwurm. Wie kaum ein anderer Song beschwört er die Goldenen Zwanziger herauf, das Berlin aus der Zeit kurz vor dem großen Crash, der Zeit zwischen den Weltkriegen. Nie war Deutschland mit seiner Metropole Berlin aufregender als zu dieser Zeit. Mit der Dreigroschenoper gelingt Kurt Weill, dem jüdischen Kantorensohn aus Dessau, ein ungeheurer Wurf. Und das ist erst der Anfang. Mit seiner Musik fängt er den Zeitgeist ein und schafft zugleich etwas Universelles, das die Zeit überdauert und heute noch berührt. Weill steht für den Soundtrack eines halben Jahrhunderts. 1930 wird Weills Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ in Leipzig uraufgeführt. Sie löst einen der größten deutschen Theaterskandale aus. Schuld sind nicht ästhetische, sondern politische Gründe: Störtrupps rechtsnationaler Organisationen sorgen im Opernhaus für Tumult und Panik. Es erscheinen Schmähartikel über die „undeutsche Musik“. Drei Bühnen treten daraufhin von ihren Aufführungsverträgen zurück. Als Jude, Avantgardist und Linksintellektueller wird Kurt Weill in jenen Jahren für die Nazi-Propaganda die Symbolfigur des „jüdischen Kulturbolschewismus“. Fünf Jahre später flieht Weill aus Deutschland nach Paris und findet schließlich in Amerika seine neue Heimat. Es gelingt ihm, wie kaum einem anderen Emigranten, beruflich sofort wieder fußzufassen. Der Broadway wird seine Bühne. Weill, der mit seiner Frau Lotte Lenya gemeinsam die amerikanische Staatsbürgerschaft erhält, komponiert mit großem Erfolg amerikanische Musicals und Opern, schreibt Filmmusik für Hollywood. Musicalstar Ute Lemper erinnert sich in dem Film an ihre erste Begegnung mit Weills Musik und erklärt, warum die Amerikaner Weill so lieben. Der Biograf Jürgen Schebera, der schon zu DDR-Zeiten über Weill forschte, taucht mit seinen Schellack-Platten von Weill-Songs in das Leben des außergewöhnlichen Musikers ein. Der englische Weill-Forscher Stephen Hinton erzählt über einen Menschen, der von beiden Enden brannte, der zu viel rauchte und viel zu früh gestorben ist, und der mit seiner Musik ein großes Publikum erreichen wollte. Viele seiner Songs sind zu Jazzstandards geworden, gesungen von Louis Armstrong, Sting, Tom Waits, Udo Lindenberg, Milva, David Bowie oder Campino.

Fr., 3. Apr · 00:10-03:20 · MDR
Erlebnis Musik: Der Weg der Verheißung

Für die weltweit erste Aufführung seit der New Yorker Uraufführung 1937 des biblischen Dramas „Der Weg der Verheißung“ mit dem Libretto von Franz Werfel und der Musik von Kurt Weill bekam die Oper Chemnitz 1999 in Sachsen die Exklusivrechte. Die Oper wurde bis dahin noch nie in der ursprünglichen deutschsprachigen Fassung des Librettos gespielt. Auch nach sechs Jahrzehnten hat das gewaltige Werk mit 250 Mitwirkenden nichts von seiner beklemmenden Aktualität eingebüßt. Im Gegenteil, die Vielzahl der Nationalitätenkriege auch in Europa lassen die zu Unrecht verschollene Oper modern und sehr heutig erscheinen. Der weltberühmte Dichter Franz Werfel, ein Jugendfreund Franz Kafkas, und der mit seiner „Dreigroschenoper“ äußerst populäre Kurt Weill (1900 – 1950) schufen eine Art großangelegter Parabel, in der die alttestamentarische Geschichte des jüdischen Volkes in Beziehung zu den ständig sich wiederholenden Exzessen von Judenhass und Judenverfolgungen gesetzt wird. Nur eine Nacht bleibt den in eine Synagoge geflüchteten Juden, um sich ihrer eigenen Geschichte bewusst zu werden, um erhobenen Hauptes den Exodus zu überstehen. Der Zuschauer begegnet den großen Gestalten der Bibel, Abraham, Jakob und Rahel, Joseph und seinen Brüdern, dem Gesetzesbringer Moses sowie den Königen Saul, David und Salomo und dem Tempelzerstörer Nebukadnezar.

Fr., 3. Apr · 18:50-19:20 · SWR
Wir im Saarland – Die Reportage

Der Kantor und die Synagoge – Jüdischer Alltag in Saarbrücken

Sa., 4. Apr · 00:00-02:00 · MDR
Nackt unter Wölfen

Frühjahr 1945, Konzentrationslager Buchenwald. Die sich nähernde Front von Ost und West versetzt die Lagerleitung in Panik und täglich werden mehr Häftlinge in den Tod geschickt. Dagegen wächst unter Führung der Häftlingsselbstverwaltung der Widerstand der Lagerinsassen. In dieser angespannten Situation trifft im KZ ein neuer „Evakuierungstransport“ aus Auschwitz ein. Unter ihnen auch ein Pole mit einem großen, zerdrückten Koffer. Die Häftlinge Höfel (Armin Mueller-Stahl) und Pippig (Fred Delmare) erschrecken zutiefst, als sie dessen Inhalt sehen: Ein Kind. Es im Lager zu verstecken, ist schwierig und gefährlich und gefährdet gleichzeitig die Pläne einer Selbstbefreiung. Deshalb entscheidet schweren Herzens der Leiter der illegalen Widerstandsgruppe Bochow (Gerry Wolff), dass der Pole und der Junge mit dem nächsten Transport das Lager wieder verlassen müssen. Für ihn stehen 50.000 Menschen gegen ein einziges Kind. Aber der Lagerälteste, Walter Krämer (Erwin Geschonneck), lässt die Abschiebung nicht zu. Bochows Befürchtungen bestätigen sich, die SS erfährt von dem Kind. Doch ihre Suche danach ist vergeblich. Unter Einsatz ihres Lebens reichen es Krämer, Pippig und Höfel und viele andere von Versteck zu Versteck. Der Junge wird für die Häftlinge zum Sinn ihres Lebens und zum Ziel des Kampfes gegen ihre Peiniger. Als am 11. April 1945 das Signal zum Aufstand ertönt, ist unter den 21.000 Häftlingen aus 32 Ländern auch der kleine jüdische Junge.

Sa., 4. Apr · 03:15-03:30 · PHOENIX
Bethlehem – Heiliger Ort zwischen Mauern und Massentourismus, Palästina

Diese „Pilgerstraße“ wurde ebenso wie die Klöster und Kirchen um die Geburtsgrotte von der UNESCO zum Welterbe erklärt. Während jedes Jahr Millionen zu den heiligen Stätten pilgern, findet der Weg dorthin kaum Beachtung. Dabei bergen die Häuser rechts und links des uralten Pflasters manche Überraschungen und Geheimnisse. Bethlehem ist eine Stadt in der Moslems und Christen friedlich zusammenleben. Manche schicken ihre Kinder sogar in die gleichen Schulen. Da ist es ganz selbstverständlich, dass die zwölfjährige Mirna ihre beiden muslimischen Freundinnen mit nach Hause nimmt, zu einem typisch palästinensischen Essen. Sie wohnt glei testen Gebäude der Pilgerstraße, dem Bethlehem-Tor. Bethlehem liegt an der uralten Straße von Jerusalem nach Hebron. Heute ist diese Straße nur über einen israelischen Checkpoint passierbar, eine schmale Lücke in der acht Meter hohen Mauer, die die Stadt seit 2003 einschließt. Für Touristen ist es ein kurzer Zwischenstopp, für viele Palästinenser ein unüberwindbares Hindernis. Der Wunsch die Heiligkeit der Orte, die Andacht, mit der Kamera einzufangen, stößt an Grenzen. Die wirklich Gläubigen gehen in der Masse derer unter, die ihr Beweißfoto geschossen haben wollen. In seltenen Momenten gelingt es dann doch. Bei der Messe der griechisch orthodoxen Christen, die das Königstor, das Allerheiligste für wenige Momente öffnen. Oder beim Blick hinter die Mauern des armenischen Klosters, dessen junge Mönche uns ganz unkompliziert an einem Ausschnitt ihres Lebens teilhaben lassen. Die Gegensätze am Geburtsort Jesu Christi treffen einen oft unerwartet. Es gibt kaum einen Platz in der Welt, an dem der Ruf des nur hundertfünfzig Meter von den Kirchen entfernten Muezzins lauter erschallt. Dann wieder sind es gerade Muslime, die voller Ehrfurcht in der Geburtsgrotte vor dem Altar verharren. Jesus ist einer der wichtigsten Propheten im Islam. Vielleicht ist es gerade dieses Spannungsfeld, das die wohl älteste Kirche der Welt über eineinhalb Jahrtausende vor Zerstörung beschützt und bewahrt hat.

Sa., 4. Apr · 21:45-22:30 · PHOENIX
Ein Hauch von Freiheit

Der Film erzählt die Geschichte afroamerikanischer Soldaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland stationiert waren: Die schwarzen GIs kamen nach Deutschland, um das Land von Rassismus und Unterdrückung zu befreien. Doch in der eigenen Armee, aber auch in ihrer Heimat herrschte strikte Rassentrennung. Zurück in den USA erlebten die schwarzen US-Armeeangehörigen das Gleiche wie vor dem Krieg: Rassentrennung und Diskriminierung waren ihr Alltag. Doch die Erfahrung der Freiheit ausgerechnet in den Ruinen Nazi-Deutschlands wurde ein Grundstein für die Überwindung der Rassentrennung in ihrem eigenen Land, den USA. Von d tschen Bevölkerung als Repräsentanten einer Siegermacht akzeptiert, erfuhren afroamerikanische Soldaten nach dem Krieg in Deutschland zum ersten Mal eine Art Gleichberechtigung. Sie konnten dieselben Orte betreten wie Weiße, Beziehungen zu weißen Frauen – im eigenen Land undenkbar – waren an der Tagesordnung. Der ehemalige US-Außenminister Colin Powell erinnert sich mit Blick auf seine Zeit in Deutschland an diesen „Hauch von Freiheit“. Umso größer der Schock nach der Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg. Zurück in den USA ereilte die schwarzen US-Armeeangehörigen das gleiche Schicksal wie vor dem Krieg: Rassentrennung und Diskriminierung waren ihr Alltag. In Deutschland hatten die Soldaten das Gegenteil erlebt. Diese Erfahrung der Freiheit verschaffte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung massiven Auftrieb. Eine Ironie der Geschichte. Ausgerechnet in den Ruinen Nazi-Deutschlands wurde ein Grundstein gelegt für die Überwindung der Rassentrennung in den USA. Veteranen des Zweiten Weltkriegs erinnern sich in dem Dokumentarfilm von Dag Freyer an ihre Zeit in Deutschland und ihr politisches Engagement im eigenen Land. Etwa Leon Bass, der als junger Mann bei der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald dabei war und noch heute seine Stimme gegen Rassismus und Diskriminierung erhebt. Oder Harold Linton, der in Zeiten des Kalten Krieges für seine Rechte und die Liebe zu einer deutschen Frau kämpfte. Colin Powell spricht in einem seiner persönlichsten Interviews über seine Stationierung in Gelnhausen. Auch der Kongressabgeordnete John Lewis äußert sich erstmals über seine schwere Reise aus der Unterdrückung in die Freiheit. Diese Reise begann 1945 in Deutschland.

So., 5. Apr · 05:25-06:10 · arte
Metropolis – Tel Aviv

Tel Aviv – Die westlichste Stadt im Nahen OstenZum dritten Mal innerhalb eines Jahres hat Israel gewählt. Die schleppenden Koalitionsverhandlungen lähmen auch den politischen Alltag. Egal, ob Premier Benjamin Netanjahu oder sein Herausforderer Benny Gantz die Machtfrage am Ende für sich entscheiden, das gelobte Land bleibt politisch gespalten, genau wie seine weltoffene Metropole Tel Aviv. Auseinanderdriftende Positionen zum Umgang mit der Palästina-Frage, der Krieg mit Syrien, die Bedrohung durch Iran, Korruptionsvorwürfe gegen den amtierenden Premier, nie war Tel Aviv zerstrittener als heute. Für Kreative ist dieser Kontrast nach wie vor Triebfeder ihres künstlerischen Schaffens. Doch wie erleben sie den Alltag im Ausnahmezustand, auch in Zeiten des Corona-Virus?„Metropolis“ trifft die kreativen Köpfe der Stadt. Künstlerin Elena Stein ist unsere Stadtführerin. Die Band Angelcy spielt für uns am Strand. Modedesignerin Shahar Avnet zeigt, dass auch Zwangsquarantäne kreativ machen kann. Comiczeichnerin Rutu Modan untergräbt mit spitzer Feder die Absurditäten des Palästina-Konflikts. Der Schriftsteller Assaf Gavron führt uns im Taxi zu vergessenen Orten der Stadt, der russischstämmige Fotograf Pavel Wolberg entführt uns in die rituelle Welt der jüdischen Orthodoxie. Und Choreografin Yasmeen Godder zeigt, dass nur Empathie Versöhnung bringen kann.

So., 5. Apr · 21:40-22:35 · arte
Filmstar mit Charakter – Simone Signoret

Sie war mehr als nur ein schönes Gesicht auf der Kinoleinwand, sie war ein Stück Frankreich: Simone Signoret. Unter dem Namen Simone Kaminker wurde die Tochter einer Französin und eines Polen jüdischer Herkunft am 25. März 1921 in Wiesbaden geboren. Ihr Plan, in Paris Jura zu studieren, scheiterte an den Kriegswirren. Nach Bürotätigkeiten begann sie ihre Karriere als Komparsin – bis zu ihrem Durchbruch 1950 mit Max Ophüls‘ Film „Der Reigen“. Rund 50 Filme realisierte sie in 40 Jahren, darunter die „Die Teuflischen“, „Die Katze“ oder „Goldhelm“. Ein wesentlicher Grund ihres Erfolgs war, dass Signoret sich den Luxus leistete, nur die Rollen zu spielen, die ihr wirklich zusagten. „Ich will tun, was mir gefällt. Und alles lassen, was mich langweilt und anödet. Aber das gilt nicht nur für die Karriere, das gilt für das ganze Leben“, sagte sie. Als ein Höhepunkt ihrer Karriere gilt der Film „Der Weg nach oben“, für den sie den Oscar erhielt, den Darstellerpreis von Cannes sowie den Preis der deutschen Filmkritik. Entschlossen verweigerte sie sich dem Hochglanzimage der Filmwelt. Noch in den 70er Jahren spielte sie in zahlreichen Filmen, unter denen vor allem „Madame Rosa“ hervorragt. Darin spielt sie eine alternde ehemalige Prostituierte, die in einem schäbigen Pariser Mietshaus verlassene Kinder von anderen Dirnen betreut. Kaum eine andere Darstellerin bekannte sich so zum Älterwerden wie sie. Im französischen Kino stand sie für eine bestimmte authentische Art, Frauen zu filmen. Sie hat nie versucht, die Spuren vergehender Schönheit zu konservieren. Gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann Yves Montand gehörte Signoret lange zu den kommunistischen Linksintellektuellen und dem Kreis um den Philosophen Jean-Paul Sartre und sympathisierte eine Zeitlang mit der KP. „Im Film wie in der Wirklichkeit stand sie als Kämpferin gegen die Verletzung der Menschenrechte unter allen Regimen stets an der Spitze“, würdigte der ehemalige französische Kulturminister Jack Lang Signorets politisches Engagement. Wegen ihrer herzlich-rauen Art wurde Signoret auch die „Löwin“ genannt. Ein Beiname, den ihr wohl ihre Kämpfernatur eingebracht hatte. Nie waren ihre Rollen gekünstelt, sie spielte immer sich selbst: „Eines Tages habe ich zwischen liebreizend und interessant gewählt und mich für interessant entschieden“, sagte sie.

Mo., 6. Apr · 22:45-23:30 · Das Erste (ARD)
Der schwache Staat – Wenn Polizei und Justiz es Rechtsextremisten leicht machen

Der Kassler Regierungspräsident Walter Lübcke: ermordet von einem Rechtsextremisten – die Synagoge in Halle: angegriffen von einem Nazi, zwei Menschen werden im Umfeld erschossen – zehn Menschen in Hanau mit Migrationshintergrund: getötet von einem Rassisten. Immer blutiger wird Deutschland von Rechtsextremisten terrorisiert. Die Anschläge folgen dichter aufeinander. Die Bundesregierung, der Generalbundesanwalt und das BKA haben dem rechten Hass den Kampf angesagt: Die militante neonazistische Organisation Combat 18 verboten, zwölf mutmaßliche Rechtsterroristen festgenommen, das Waffenrecht verschärft. Auf höchster Ebene wird die Gefahr von rechts nun endlich ernst genommen – aber auf der Arbeitsebene spielen Polizisten, Staatsanwälte und Richter seit Jahren rechte Tatmotive herunter und bagatellisieren immer noch rassistische Übergriffe. Die Dokumentation „Der schwache Staat“ wirft ein Schlaglicht auf den ganz alltäglichen Umgang mit rechtsextremen Straftaten in einem hochnervösen Deutschland zwischen Terrormeldungen, Trauerbeflaggung und Gedenkminuten. Der Bundesinnenminister hat den Kampf gegen Rechtsextremismus zur Staatsräson erklärt. Ist das auf der Vollzugsebene angekommen? Wie geht der Staat im Alltag mit seinen Feinden um? Die Autorinnen Anna Tillack und Anna Klühspies begleiten einen Rechtsanwalt bei seinem täglichen Kampf, den Opfern rechter Gewaltverbrechen Gehör zu verschaffen – und die Täter vor Gericht zu bringen. Aber kommt es zu Anklagen und angemessenen Urteilen? Er führt die Autorinnen auf die Spur einer Gruppe, gegen die der Generalbundesanwalt schon seit geraumer Zeit wegen Verdachts auf Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Mitglieder der Vereinigung sind unterdessen auf freiem Fuß. Die Szene entwickelt dadurch ein ganz neues Selbstbewusstsein. Immer wieder greift sie bei Tageslicht an, mitten in deutschen Fußgängerzonen. Viele amtlich bekannte Rechtsextremisten verfügen über waffenrechtliche Erlaubnisse. Trotz verschärfter Gesetze. Die Dokumentation findet heraus: Der Verfassungsschutz informiert die Waffenbehörden nur unzureichend. So hat sich die Zahl der Rechtsextremisten mit waffenrechtlichen Erlaubnissen seit 2016 fast verdoppelt. Und auch bei der juristischen Aufklärung von rassistischen Angriffen zeigt der Staat Schwäche: Das Bundesinnenministerium erklärt, im Zeitraum von 2015 – 2018 seien knapp 600 rechte Straftaten gegen Asylunterkünfte polizeilich aufgeklärt worden. Was die Bundesregierung aber nicht sagt: Nur ein Bruchteil der Täter wurde je angeklagt oder gar verurteilt. Taten mit rechtsradikalem Hintergrund tauchen mitunter gar nicht in Statistiken oder Polizeiberichten auf. Bekannte Neonazis verdienen, unter den Augen der Justiz, Geld mit der Verbreitung von Hass: Im Allgäu vertreibt ein Rechtsradikaler Musik mit volksverhetzenden Texten – und ein Landgericht lässt es zu.

Mo., 6. Apr · 23:05-00:40 · MDR
Sarahs Schlüssel

Die zehnjährige Jüdin Sarah wird im Sommer 1942 bei der Deportation durch die französische Polizei von ihren Eltern getrennt. Sarah ist beherrscht von einem einzigen Gedanken: Sie muss ihren kleinen Bruder retten, den sie zu Hause im Wandschrank versteckt hat. Bei der Rückkehr in ihre Pariser Wohnung erlebt sie einen Schock. Es ist der 15. Juli 1942, als an der Wohnungstüre der Familie Starzynski Krach geschlagen wird. Geistesgegenwärtig versteckt die zehnjährige Sarah (Mélusine Mayance) ihren kleinen Bruder im Geheimversteck hinter einer Tapetentür. Ganz schnell wird sie wieder bei ihm sein, das verspricht sie ihm hoch und heilig. Doch Sarah muss ihre Sachen packen und wird mit ihren Eltern in ein überfülltes Pariser Radstadion abtransportiert. Auf Anweisung der Nazis schickt das kollaborierende Vichy-Regime von hier aus über zehntausend französische Juden in den sicheren Tod. Wie durch ein Wunder kann Sarah entkommen. Bei einem hilfsbereiten Bauernehepaar kommt das von den Strapazen gezeichnete Mädchen wieder zu Kräften und kehrt endlich in die Wohnung zurück. – 60 Jahre später arbeitet die Journalistin Julia (Kristin Scott Thomas) an einem Artikel über die große Razzia, die im Juli 1942 stattfand. Bei ihren Recherchen findet sie heraus, dass in der Pariser Wohnung ihrer Schwiegereltern früher einmal Juden gewohnt haben. Je näher Julia der Wahrheit kommt, desto mehr erfährt sie über die Familie ihres zukünftigen Mannes, über ein finsteres Kapitel französischer Geschichte und schließlich über sich selbst.

Di., 7. Apr · 21:00-21:45 · MDR
Spurensuche in Gardelegen – Das Massaker in der Isenschnibber Feldscheune

Wolfgang Kauffmann ist erst 9 Jahre alt, als seine Familie in Berlin-Buch überraschend Besuch bekommt. Die Gäste, die da im August 1962 vor der Tür stehen sind seine Tante Rosemarie aus dem Harzer Städtchen Thale mit ihrem Mann, Gerhard Thiele. Er erinnert sich: „Mein Bruder und ich wurden recht schnell aus dem Zimmer geschickt. Warum, wussten wir nicht.“ Was Dr. Wolfgang Kauffmann erst Jahre später erfährt: Sein Onkel, Gerhard Thiele, ist ein gesuchter Nazi-Verbrecher. Gerhard Thiele gilt als der Hauptverantwortliche für das Massaker von Gardelegen – eines der schwersten NS-Verbrechen wenige Tage vor Ende des 2. Weltkriegs. 1.016 KZ-Häftlinge werden damals in eine Scheune bei Gardelegen getrieben. Die Scheune wird in Brand gesteckt, wer fliehen will, erschossen. In der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen wird jetzt nach langem Ringen am 6. April 2020 ein neues Dokumentationszentrum eröffnet – und an das Massaker von Gardelegen mit erschreckenden Original-Aufnahmen erinnert. Doch der Hauptverantwortliche, Gerhard Thiele, ist nie zur Verantwortung gezogen worden. 1962, als er bei den Kaufmanns zu Besuch ist und in aller Seelenruhe Kaffee trinkt, gilt sein Aufenthaltsort offiziell als unbekannt! Erst nach der deutschen Wiedervereinigung ergeht ein Haftbefehl wegen Mordes gegen Gerhard Thiele. Das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt führt die Ermittlungen. 1997 kann Gerhard Thiele endlich aufgespürt werden. Doch da ist es bereits zu spät! Thiele hat jahrzehntelang unter falschem Namen in Düsseldorf gelebt und ist 1994 als unbehelligter Bürger gestorben. Erst heute, nach seiner Pensionierung, findet Dr. Wolfgang Kauffmann Zeit, um sich mit diesem dunklen Kapitel seiner Familiengeschichte auseinanderzusetzen. Er begibt sich nach Gardelegen und trifft dort einen Mann, der sich mit dem Massaker von Gardelegen intensiv beschäftigt hat – den ehemaligen NVA-Offizier Torsten Haarseim. Bis heute lastet dieses Verbrechen schwer auf der Stadt in der Altmark. Der Film geht gemeinsam mit den beiden Männern in Gardelegen auf Spurensuche …

Di., 7. Apr · 22:05-22:48 · MDR
Im Land der Täter, Teil 2: Front und Heimatfront

Es waren keine professionellen Wochenschaukameramänner, die die Bilder vom Alltag im „Dritten Reich“ festhielten, es waren Hobbyfilmer, die das normale Leben, jenseits der offiziellen NS-Propaganda, mit ihren kleinen Kameras abbildeten: auf 8- oder 16mm-Film und oft sogar in Farbe! Mehr als 70 Jahre lagen die Aufnahmen unentdeckt auf Dachböden oder ungenutzt in den Archiven. Jetzt hat der Filmemacher Jan N. Lorenzen aus mehr als 100 Stunden ausschließlich farbigen Amateuraufnahmen einen Film destilliert, der einen beispiellosen Einblick in das Alltagsleben der Menschen während der NS-Zeit gibt: Familienfeiern, Ausflüge mit Freunden: alles wirkt in Farbe greifbarer, authentischer, näher, als wäre es gestern erst passiert. Harmlos wirken die Bilder nur auf den ersten Blick. Immer wieder offenbaren die Aufnahmen vielmehr, wie tief der Nationalsozialismus in die deutsche Gesellschaft eindrang, wie sichtbar für alle das Regime jüdische Mitbürger aussonderte und politische Gegner ausschaltete, wie freudig, wie bereitwillig viele Deutsche jubelten, mitmachten und selber zu Tätern wurden. Teil 2: Front und Heimatfront: Ein Wehrmachtsoffizier filmt privat, scheinbar ungerührt, die abgemagerten Gestalten in einem Gefangenenlager für sowjetische Soldaten bei Dresden und notiert in seinem Tagebuch: „Der Gestank war bestialisch.“ Im südlichen Polen wird ein anderer Wehrmachtsoffizier mit seiner Kamera Zeuge, wie jüdische Männer zum Arbeitseinsatz abkommandiert werden. Eine Gruppe von Filmamateuren durchstreift 1943 Dachau. Geführt wird die Gruppe von einem SS-Offizier des nahegelegenen Konzentrationslagers. Passt er auf, dass die Filmamateure dem Lager nicht zu nahe kommen, nur Unverfängliches filmen? Es sind Bilder von erstaunlicher Offenheit, Bilder, die in keiner nationalsozialistischen Wochenschau gezeigt worden wären. Das Material überzeugt nicht zuletzt auch durch die enorme Bandbreite der Alltagsbilder, durch die Parallelität der Ereignisse, die in den Bildern zum Ausdruck kommt: Während deutsche Truppen an der sowjetischen Grenze auf den Befehl zum Angriff warten, unternimmt in Potsdam ein Ehepaar einen sorglosen Ausflug. Während sich in Berlin ein Familienvater in einem spaßigen Film über die Bombenangriffe lustig macht, liegen Köln und kurz darauf Hamburg bereits in Schutt und Asche. Deutschland ist in den Kriegsjahren, das zeigen die privaten Aufnahmen, ein Land, in dem der Krieg auch dort, wo nicht gekämpft wird, immer präsent ist.

Di., 7. Apr · 23:40-01:05 · WDR
Der Tel-Aviv Krimi: Tod in Berlin

Die junge Berliner Kommissarin Sara Stein lebt in Kreuzberg, mittendrin im pulsierenden Brennpunkt so vieler unterschiedlicher Kulturen. Dass sie selbst Jüdin ist, spielte bislang in ihrem Leben eine untergeordnete Rolle, bis sie bei ihrem neuen Fall mit dem Mord an der jungen Israeli Tamar Levi konfrontiert wird. Tamar war ein Star der Berliner Club-Szene, selbstbewusst, lebenshungrig, mit wechselnden Liebschaften. Und sie hat kurz vor ihrem Tod abgetrieben. Grund genug für ihren Freund, den Palästinenser Khalid, sie zu töten? Oder steckt der strenggläubige Avigdor, der Tamar aus Israel gefolgt ist, obwohl er mit ihrer Schwester Ronit verlobt war, hinter der Tat? Oder hat das Verbrechen einen politischen Hintergrund? Für Sara eine Gratwanderung. Zum ersten Mal handelt sie nicht allein als Hauptkommissarin Sara Stein, sondern auch als Jüdin, zumindest in den Augen ihrer Umgebung. Eine unerwartete Wendung nimmt das Geschehen, als Khalid seinen Vater Tarik beschuldigt und dieser den Mord gesteht. Fall gelöst? Für Sara eine viel zu einfache Lösung. Sie spürt, dass etwas nicht stimmt, und ermittelt beharrlich weiter. Sie verbeißt sich regelrecht in den Fall, auch wenn darunter ihr Privatleben leidet. Denn ausgerechnet jetzt lernt sie den israelischen Musiker David Shapiro kennen, der sich auf den ersten Blick in sie verliebt – und sie sich in ihn. Führt ihr Weg sie nach Israel?

Mi., 8. Apr · 11:10-11:55 · BR
Tel Aviv – Hier tanzt Israel

Ohne die Anbindung ans Meer wäre Tel Aviv nie entstanden. Einst war die Stadt der rettende Hafen für Juden aus der Diaspora, heute reißt der Strom freiwilliger Zuwanderer nicht ab. Lifestyle, Kreativität und Individualität sind die Visitenkarte von Tel Aviv. Israels zweitgrößte Stadt ist facettenreich. Ihr Name bedeutet so viel wie „Hügel des Frühlings“. Tel Aviv wurde buchstäblich auf Sand gebaut, nachdem jüdische Familien 1909 mit Muscheln vom Strand die Parzellen ausgelost hatten, auf denen sie die ersten Häuser errichteten. Nazi-Verfolgung, stalinistische Bedrohung und Anfeindungen in arabischen Ländern machten sie zum Zufluchtsort für Juden unzähliger Nationalitäten. Die Sicherheitsstandards der immer wieder von terroristischen Anschlägen bedrohten Stadt sind hoch. Dennoch gewährte man Filmautor Thomas Wartmann Einblick in den War-Room, ein multimedial ausgerüstetes Krisenzentrum drei Stockwerke unter der Erde, und er durfte den städtischen Sicherheitschef David Aharony begleiten. Um die alltäglichen Sorgen der Tel Aviver kümmern sich etwa die „Gassi- Geher“ von DogMen, einem Start-up, das den rund 80.000 Hunden einen allumfassenden Service bietet. Der neueste Trend ist die vegane Küche. Als die Restaurantchefin Nanuchka Shrier Fleisch von ihrer Speisekarte verbannte, prophezeiten ihr viele das Aus. Aber bis heute wird im „Nanuchka“ jeden Abend auf den Tischen getanzt.

Mi., 8. Apr · 23:10-23:45 · PHOENIX
Jüdisch in Europa (2/2)

Wie leben Juden in Europa? Welche Geschichten erzählen sie? Wie leben sie Tradition und Moderne? Und wie gehen sie mit Ausgrenzung und Bedrohung um? „Es gibt einen jüdischen Alltag in Europa, der selten gezeigt werden kann. Debatten über Politik, Nahost und Antisemitismus überlagern das vielfältige jüdische Leben. Daher war es wichtig, dass wir dieses einfach mal einfangen können, indem wir spontan hingehen und schauen, was läuft.“ Mit diesem Anspruch haben sich der Schweizer Publizist Yves Kugelmann und die deutsche Filmproduzentin Alice Brauner auf eine Reise durch Europa begeben. Der zweite ku-Zweiteilers führt Brauner und Kugelmann nach Budapest, Warschau und Venedig. Mit der Philosophin Agnes Heller sprechen die beiden in der ungarischen Hauptstadt über das judenfeindliche Klima, das die Regierung Orban im Land etabliert hat. In Warschau besuchen sie die Grabstätten der Widerstandskämpfer des Ghetto-Aufstands von 1943, und in Venedig lassen sie sich von dem italienischen Schriftsteller und Vizepräsidenten der dortigen jüdischen Gemeinde, Riccardo Calimani, vom jüdischen Alltag im „Land der Unordnung“ (Calimani) berichten. „Jüdisch in Europa“ – zwei facettenreiche Filme voller Überraschungen.

Do., 9. Apr · 01:10-02:35 · arte
Die Hälfte der Stadt

Chaim Berman kommt 1890 im polnischen Städtchen Kozienice zur Welt. Bereits sehr früh begeistert er sich für Fotografie und lernt sein Handwerk vom eigenen Vater. Bald beginnt er damit, die Bewohner von Kozienice zu porträtieren – es sind Polen, Juden und Deutsche, die hier weitestgehend friedlich nebeneinander leben. Während sich das politische Klima in den 1930er Jahren verfinstert, kämpft Berman weiter für ein Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und vermittelt in seiner Eigenschaft als Stadtrat immer wieder zwischen den Kulturen und Religionen. Bis zum Schluss weigert er sich, Polen zu verlassen, da er an eine friedliche Lösung glaubt. Diese Haltung wird ihm zum Verhängnis, als die Nazis seine Heimat überfallen. Bermans vermeintliche Freunde werden plötzlich zu seinen Feinden, während Menschen, die er vorher nicht sonderlich schätzte, ihn und seine Familie zu retten versuchen. Der polnische Nachbar Bermans, Antoni Kaczor, hält ihn in einem winzigen Keller versteckt. Als der Fotograf von einer tückischen Krankheit befallen wird, die sein Gehirn angreift, beginnt er, laut zu schreien, und bringt damit die Familie seines Retters in Lebensgefahr. Antoni Kaczor muss bald eine Entscheidung treffen. „Die Hälfte der Stadt“ nimmt die Zuschauer mit auf eine Reise durch die Gezeiten eines turbulenten europäischen Jahrhunderts und erzählt die bewegende Geschichte eines Mannes, dessen Überzeugungen fortschrittlicher waren als die Welt, in der er lebte.

Fr., 10. Apr · 10:40-11:45 · BR
BR-KLASSIK: Mariss Jansons dirigiert Schönberg und Mozart – Ein Überlebender aus Warschau und das Mozart-Requiem

„Ein Überlebender aus Warschau“, Arnold Schönbergs eindringliches Melodram über eine Schreckensszene des Holocausts, geht in diesem Konzert vom Mai 2017 dem Requiem d-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart voraus. Thomas Quasthoff in der Rolle des Erzählers sowie ein hochkarätiges Solistenquartett trafen im Herkulessaal der Münchner Residenz auf den Chor und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Mariss Jansons. Ein fiktiver Erzähler berichtet von einer Szene, die er zur Zeit des Aufstandes im Warschauer Ghetto beobachten musste: Jüdische Bewohner werden misshandelt, geschlagen, zum Abtransport ins Vernichtungslager abgezählt. „Ein Überlebender aus Warschau“, ein relativ kurzes Werk für Stimme, Orchester und Männerchor von Arnold Schönberg, gipfelt in dem gemeinsamen Gesang der Gefangenen, die wie auf ein unausgesprochenes Signal das hebräische Gebet „Schma Jisrael“ anstimmen. Thomas Quasthoff übernahm in dieser Aufführung von Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks den Part des Erzählers, die musikalische Leitung hatte Chefdirigent Mariss Jansons. Dieses späte Werk Schönbergs ist in der Dramaturgie des Konzerts von Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dem berühmten Requiem d-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart vorangestellt. Das Requiem sollte das letzte – unvollendet gebliebene – Werk des Komponisten sein, der über der Komposition im Alter von 35 Jahren verstarb. Bis heute ist die komplettierte Fassung von Franz Xaver Süßmayr gebräuchlich, der im Auftrag von Mozarts Witwe Constanze die Orchestrierung weiterführte und drei fehlende Teile neu komponierte. Zu Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Mariss Jansons gesellte sich im Mai 2017 ein hochkarätiges Solistenquartett mit Genia Kühmeier, Elisabeth Kulman, Mark Padmore und Adam Plachetka.

Fr., 10. Apr · 11:05-11:20 · Das Erste (ARD)
Jüdische Akzentsendung: Leute – wir sind Juden

Wenn Anastassia Pletoukhina am Freitagmorgen in ihrem Kiez in Charlottenburg unterwegs ist, hört sie oft den lautstarken Gruß „Gut Schabbes“: Jüdischer Alltag in Berlin, wo die junge Soziologin mit Freunden ausgelassen Purim feiert und sich auf das Pessach-Fest vorbereitet. Aber gerade hier, wo jüdischer Alltag so selbstverständlich gelebt wird, werden weitaus mehr antisemitische Straftaten als in anderen Bundesländern registriert. Mit „Empowerment“-Seminaren will Anastassia Pletoukhina ein Zeichen dagegen setzen und junge Juden befähigen, auf Antisemitismus angemessen zu reagieren. Pletoukhina ist in Russland geboren und in Lübeck aufgewachsen. Am 9. Oktober 2019 war sie in der Synagoge in Halle, als ein Attentäter versuchte, in das Gotteshaus einzudringen. „Viele Menschen aus der jüdischen Gemeinde haben das Vertrauen verloren, dass der Staat sie schützen wird“, sagt Pletoukhina. Zwar sorgen Polizisten vor Synagogen für Schutz und Sicherheit. Aber wichtig im Kampf gegen Antisemitismus sei auch, dass Juden nicht als „Exoten“ in der Gesellschaft behandelt werden: „Das jüdische und das muslimische Leben sind keine exotischen Inseln in der mehrheitlich christlichen Gesellschaft, sie sind ein unentbehrlicher und prägender Teil davon.“ Pletoukhina ist deshalb überzeugt: „Es war schon immer wichtig, dass jüdisches Leben in Deutschland sichtbarer ist und dass jüdische Stimmen gehört werden.“ Dazu trägt sie mit ihren Empowerment-Seminaren für junge Juden bei – gewissermaßen als Crashkurse gegen Antisemitismus.

Fr., 10. Apr · 13:50-17:20 · ZDF
Die zehn Gebote

Die Geschichte Moses‘ von seinen Anfängen als Findelkind bis zur Verkündigung der zehn Gebote: Moses wächst als Prinz am Hof des Pharaos auf. Doch er ist der Sohn hebräischer Sklavenarbeiter. Nach Aufdeckung seiner wahren Identität nimmt er Gottes Mission an und führt die Israeliten aus 400-jähriger Gefangenschaft in die Freiheit. Weltberühmter Monumentalfilm-Klassiker mit Charlton Heston als Moses und Yul Brynner als sein Widersacher Ramses. Um ihren kleinen Sohn vor dem Zorn des Pharaos zu retten, setzt die hebräische Sklavin Yochabel (Martha Scott) ihr Baby in einem Schilfkorb im Nil aus. Sie vergewissert sich, dass das Kind wohlbehalten in den Händen einer ägyptischen Fürstin landet, die nach dem Tod ihres Mannes als kinderlose Witwe zurückblieb. So wächst Moses am Hof des alten Pharaos Sethos (Sir Cedric Hardwicke) auf. Moses ist ein erfolgreicher Kriegsherr, unterwirft Nubien und bringt reiche Schätze heim. Der alte Pharao bevorzugt Moses gegenüber seinem leiblichen Sohn Ramses (Yul Brynner). Zwischen den beiden jungen Männern steht Prinzessin Nefretiri (Anne Baxter). Sie liebt Moses über alles, doch das Schicksal will, dass sie die Frau des künftigen Herrschers wird. Und darüber, wer das sein wird, entscheidet der alte Pharao erst auf dem Sterbebett. Als Moses die Wahrheit über seine Herkunft erfährt, wird er, wie seine hebräischen Landsleute, zu einem ägyptischen Arbeitssklaven. Er muss stundenlang in der glühenden Sonne Lehm und Stroh zu einer Masse treten, aus der die Ziegel für den ägyptischen Städte- und Pyramidenbau geformt werden. Als Moses offen gegen Ramses, den neuen Pharao, aufbegehrt, schickt dieser ihn im wahrsten Sinne des Wortes in die Wüste. Töten will Ramses Moses nicht, um keinen Märtyrer zu erschaffen. Moses wird von Schafhirten gerettet und findet eine neue Heimat, gründet mit der Hirtentochter Sephora (Yvonne De Carlo) eine Familie. Doch Gott hat Größeres mit ihm vor. Im brennenden Dornbusch verkündet Gott Moses, dass dieser auserkoren ist, das Volk Abrahams aus Hunderten Jahren der Sklaverei in die Freiheit zu führen. Moses tritt Ramses erneut gegenüber. Ramses hat Nefretiri geheiratet, wohl wissend, dass sie ihn nicht liebt, und einen kleinen Sohn mit ihr bekommen. Ramses will die Hebräer nicht ziehen lassen. Zehn Plagen und die Pest kommen deshalb als Gottes Strafe über Ägypten. Ramses ist ein gebrochener Mann, er ist angesichts der Geißelungen seines Volkes seinen Ratgebern gefolgt und hat schließlich dem Auszug von Moses‘ Volk zugestimmt. Doch als sein Sohn an der Pest stirbt und seine vor Wut rasende Frau Moses‘ Leben fordert, will Ramses seinen Befehl rückgängig machen und verfolgt die Hebräer mit seiner Streitmacht bis an die Ufer des Roten Meeres.

Fr., 10. Apr · 18:20-20:00 · Das Erste (ARD)
Die Frau in Gold

Erinnerungen sind unbezahlbar: Der Film des britischen Regisseurs Simon Curtis basiert auf wahren Ereignissen, die zu einem David-gegen-Goliath-Duell verdichtet werden. Ein Kampf für persönliche Gerechtigkeit, ein Plädoyer gegen das Vergessen und ein historischer Skandal: „Die Frau in Gold“, benannt nach dem weltberühmten Jugendstilgemälde von Gustav Klimt, beschreibt die emotionale Achterbahnfahrt eines mehrere Jahre dauernden Rechtstreits, der bis zum Obersten Gerichtshof der USA führte. Dabei brilliert Oscar-Preisträgerin Helen Mirren als elegante alte Dame mit unbeugsamem Willen. Ihre männlichen Kollegen Ryan Reynolds und Daniel Brühl geben ihr die nötige Rückendeckung. Maria Altmann (Helen Mirren) führt ein zufriedenes Leben in Los Angeles. Doch die Erinnerungen an die Vergangenheit haben sie nie losgelassen: Als Tochter der jüdischen Unternehmerfamilie Bloch-Bauer war sie vor dem Zweiten Weltkrieg in Wien zu Hause, bevor sie vor den Nationalsozialisten in die USA fliehen musste. Viele Jahrzehnte später erfährt die alte Dame, dass sie die rechtmäßige Erbin mehrerer Werke des österreichischen Malers Gustav Klimt ist. Darunter befindet sich Klimts Porträt ihrer geliebten Tante Adele Bloch-Bauer, das zu den bedeutendsten Werken der Wiener Secession zählt. Die Kunstwerke, damals von den Nazis geraubt, sind mittlerweile im Besitz der Republik Österreich. Die „Goldene Adele“ wird dort als österreichische Mona Lisa verehrt – Marias Ansinnen nach Rückgabe des millionenschweren Kunstschatzes stößt dementsprechend auf wenig Begeisterung. Deshalb schätzt sie ihre Forderung zunächst als hoffnungsloses Unterfangen ein. Zögern lässt sie auch ihr Schwur, niemals wieder nach Österreich zurückzukehren. So ist die tatkräftige Unterstützung des unerfahrenen Anwalts Randy Schoenberg (Ryan Reynolds), eines Enkels Arnold Schönbergs, und des Wieners Journalisten Hubertus Czernin (Daniel Brühl) nötig, damit die Erbin nach Wien fliegt und sich mit Entschlossenheit der Herausforderung stellt, einen juristischen Machtkampf um das wertvolle Familienerbe auszutragen. Diese Reise wird Marias Leben abermals verändern.

Fr., 10. Apr · 21:45-22:15 · ARD-alpha
alpha-retro: Jesus oder Jeschua? (1990) Eine Kulturreportage mit Pinchas und Ruth Lapide

Zur ersten Inszenierung des jungen, damals noch nicht Kette-rauchenden Christian Stückl im Jahr 1990 gab es im Vorfeld einen Film mit dem Titel „Jesus oder Jeschua?“, in dem die jüdischen Religionswissenschaftler Ruth und Pinchas Lapide mit Christian Stückl und Otto Huber über einzelne Stellen im Passionstext diskutieren. Und dann wird gezeigt, wie Stückl das in seiner ersten Inszenierung umzusetzen versucht. Die Judasgasse in Oberammergau: Ruth und Pinchas Lapide sind auf dem Weg zu Christian Stückl und Otto Huber, um mit ihnen über die kommenden Passionsspiele zu diskutieren. 1990 inszenierte Christian Stückl als Achtundzwanzigjähriger zum ersten Mal die Passionsspiele in Oberammergau. In den Jahren davor hatte es viel Streit gegeben und mit der Wahl von Christian Stückl wagte man in Oberammergau einen Neuanfang. Stückl und sein Dramaturg Otto Huber hatten angekündigt, antisemitische oder auch nur antisemitisch klingende Passagen aus dem Passionsspieltext von Daisenberger, der noch aus dem 19. Jahrhundert stammte, zu entfernen. Dazu holten sie sich Rat von Pinchas Lapide, dem berühmten jüdischen Religionswissenschaftler und dessen Frau Ruth Lapide, ebenfalls Religionswissenschaftlerin. Pinchas Lapide hatte u.a. das zweibändige Werk „Ist die Bibel richtig übersetzt“ geschrieben und diskutierte nun zusammen mit seiner Frau im Winter 1989/90 mit Stückl und Huber über einzelne Textstellen und will mithelfen einen Mittelweg zu finden zwischen den „Rigoristen“ in Oberammergau, die alles beim Alten lassen wollen, und den Rigoristen auf jüdischer Seite, die die Passionsspiele in Oberammergau wegen dieses alten Textes verdammen. Eine zentrale Frage, die Pinchas Lapide daher in diesem Zusammenhang stellt, lautete: „Warum muss die Jesus-Liebe im Neuen Testament – und in Oberammergau – immer mit dem Judenhass zu einem bibelwidrigen Zweiergespann zusammengejocht werden?… Warum beschuldigt Ihr die Juden nicht endlich einmal, Jesus hervorgebracht zu haben? Anstatt ihnen vorzuwerfen, ihn umgebracht zu haben, was falsch ist.“ Es geht in diesen Gesprächen allen vieren um Versöhnung: Die Brücke, die sie dabei damals gebaut haben, wurde später weiter ausgebaut und trägt bis in die Gegenwart.

Fr., 10. Apr · 21:45-23:30 · Das Erste (ARD)
Die Kinder der Villa Emma

Nach wahren Begebenheiten erzählt das bewegende Drama „Die Kinder der Villa Emma“ von einer gefährlichen Flucht, die sich während des Zweiten Weltkriegs zugetragen hat. 1942/1943 war das italienische Dorf Nonantola tatsächlich Zufluchtsort von 73 jüdischen Kindern, die sich auf ihrem Weg ins „gelobte Land“ Palästina dem gnadenlosen Zugriff der Nationalsozialisten entziehen wollten. Regisseur Nikolaus Leytner schildert die gefährliche Reise als spannende Bewährungsprobe, dargestellt von einer talentierten jungen Besetzung. Angesicht des Schicksals von Kindern und Jugendlichen, die heute unbegleitet vor Kriegen auf der Flucht sind, entfaltet die historische Geschichte eine besondere Aktualität. Wien, im Frühjahr 1941: Die Nazis haben die Stadt besetzt, Juden sind nicht mehr sicher. Auf Veranlassung ihres besorgten Vaters findet sich die 14-jährige Betty (Sophie Stockinger) in einer Gruppe jüdischer Kinder wieder, die von einer Hilfsorganisation nach Palästina geschleust werden soll. Betty verliert alles: ihr Zuhause, ihre Familie und ihre beste Freundin. Auf dem beschwerlichen Weg findet die Gruppe in einem Landhaus bei Zagreb kurzzeitig Unterschlupf. Als ihr Begleiter Georg (August Zirner) erschossen wird, müssen die Kinder, nun angeführt vom jungen Josko (Ludwig Trepte) und dessen Helferin Helga (Nina Proll), ganz auf sich gestellt ihre Flucht fortsetzen. Schließlich erreichen sie das italienische Dorf Nonantola und beziehen dort eine leerstehende Villa. Für einen Moment können die Jungen und Mädchen wie andere Gleichaltrige sein: Freundschaften finden sich und romantische Gefühle kommen auf. Schon bald werden die Flüchtenden von der harten Realität des Kriegs eingeholt. Auf ihrer gefährlichen Reise ins Ungewisse müssen sie erneut weiterziehen.
Bild oben: © ARD Degeto/ORF/Graf Film/Volker Glaeser, Bietet die Villa den Flüchtenden endlich Sicherheit?

Sa., 11. Apr · 21:00-21:45 · ARD-alpha
Sachsenhausen – Die Geschichte eines Lagers

Im April 1945, wurde das Konzentrationslager Sachsenhausen von sowjetischen Soldaten befreit. Zuvor waren dort neben Juden vor allem politische Gegner des NS-Regimes gefangen gehalten und getötet worden. Die Geschichte des 1936 in Oranienburg errichteten Lagers endete jedoch nicht mit der Naziherrschaft. Die sowjetischen Sieger nutzten das Gelände bis 1950 als sogenanntes Speziallager. Die Dokumentation erzählt von dem schweren, doppelten Erbe. Im April 1945, vor 70 Jahren, wurde das Konzentrationslager Sachsenhausen von sowjetischen Soldaten befreit. Das Lager, 20 Kilometer nördlich von Berlin, war bei seiner Errichtung 1936 ein Modell für andere Lager in Deutschland. Hier ging es nicht nur darum, die Opposition einzusperren, hier wurde die hemmungslose Ausbeutung der Häftlinge geplant und erprobt. Berüchtigt war die „Schuhprüfstrecke“, auf der Gefangene bis zur Erschöpfung laufen mussten, um Schuhe für den Wehreinsatz zu testen. Sie wurden erschossen, wenn sie zusammenbrachen. In Sachsenhausen war auch die geheime „Fälscherwerkstatt“, in der die SS von jüdischen Häftlingen englische Pfundnoten fälschen ließ. Die Geschichte des Lagers endet nicht mit dem Zweiten Weltkrieg und der Nazi-Herrschaft. Die sowjetischen Sieger nutzten das Gelände jahrelang als Internierungs- und Straflager. Hier waren Nazis gefangen, aber auch Gegner der sowjetischen Militäradministration. Im Speziallager der Sowjets wurde nicht systematisch gemordet, aber ca. 12.000 von 60.000 Insassen starben an den katastrophalen Haftbedingungen, während die Angehörigen draußen nicht einmal wussten, wohin ihre Verwandten verschwunden waren. Die Zeit des sowjetischen Speziallagers war in der DDR ein Tabu, während die Erinnerung an das Konzentrationslager genutzt wurde, die DDR als den besseren, den antifaschistischen deutschen Staat zu präsentieren. Heute erinnert die Gedenkstätte an die gesamte Geschichte des Lagers, aber noch immer schwelt der geschichtspolitische Streit um das richtige Gedenken an das Konzentrationslager und das Speziallager in Sachsenhausen. Die Geschichte der beiden Lager an diesem Ort kann und darf nicht gegeneinander aufgerechnet werden – auch wenn das immer wieder versucht wird. Die Dokumentation erzählt von dem schweren, doppelten Erbe.

Sa., 11. Apr · 22:00-23:45 · One
Eine offene Rechnung

Israel, im Jahr 1997. Die ehemalige Mossad-Agentin Rachel Singer (Helen Mirren) ist eine nationale Ikone. Ihr Name steht für eine spektakuläre Geheimmission im Jahr 1965: die Entführung des ‚Arztes von Birkenau‘, Dieter Vogel (Jesper Christensen), in Ost-Berlin. Zwar misslingt der damals 25-jährigen Rachel (Jessica Chastain) und ihren Helfern David Peretz (Sam Worthington) und Stephan Gold (Marton Csokas) die Überführung des Naziverbrechers nach Israel. Doch seine Verfolger geben an, Vogel auf der Flucht erschossen zu haben. Die Nachricht macht die drei Agenten bei ihrer Rückkehr zu Helden. Als ihre Tochter Sarah Gold (Romi Aboulafia) nun ein Buch über die Mission veröffentlicht, muss Rachel die Geschichte aufs Neue erzählen. Eine bisher nur dem israelischen Geheimdienst bekannte Meldung droht jedoch ihre Glaubwürdigkeit infrage zu stellen. In der Ukraine behauptet ein alter Mann, der totgeglaubte Nazi-Arzt von Birkenau zu sein. Für Rachels damaligen Kollegen und späteren Ehemann Stephan Gold (Tom Wilkinson) ist klar: Die Ex-Agentin muss in die Ukraine reisen, um ihren Mythos zu retten. Erfolgreiche Jagden des Mossad nach nationalsozialistischen Verbrechern gehören zu den israelischen Staatsmythen. Was jedoch, wenn sich eine Legende als unwahr herausstellt? Diese ebenso spannende wie brisante Frage nimmt der fiktionale Spielfilm ‚Eine offene Rechnung‘ als Ausgangspunkt. Die amerikanische Kinoproduktion ist eine gelungene Neuverfilmung des israelischen Fernsehfilms ‚Der Preis der Vergeltung‘ von 2007 und die Figur des Dieter Vogel ist an den Nazi-Arzt Josef Mengele angelehnt. Regisseur John Madden, bekannt für seine mit sieben Oscars prämierte Komödie ‚Shakespeare in Love‘, zeigt in dem spannenden Agententhriller, dass er auch dieses Genre meisterlich beherrscht.

Mo., 13. Apr · 10:45-11:45 · NDR
Max Pechstein. Geschichte eines Malers

Er war einer der Pioniere der deutschen Kunstszene am Anfang der Moderne: Max Pechstein (1881-1955). Der Film folgt dem Weg Max Pechsteins aus der bescheidenen Herkunft in Zwickau zum führenden Maler des deutschen Expressionismus. Er liebt das Spontane und Natürliche und rebelliert mit starken Farben gegen akademische Regeln und bürgerliche Normen, was seine Malergefährten Heckel, Kirchner und Schmidt-Rottluff auch tun. Gleichwohl bleibt Pechstein unter den Malern der Künstlergruppe Brücke ein Außenseiter. Die gemeinsamen Malabenteuer mit Aktmodellen werden polizeilich verfolgt und fallen besonders auf ihn zurück. Als er 1912 mit der Berliner Secession ausstellt, schließen ihn die Kollegen aus der Brücke aus. Emil Nolde wird ihn später als „jüdisch-versippt“ bei den Nazis denunzieren. Bis an die Spitze der deutschen Avantgarde Doch Pechstein hat zu Lebzeiten mehr Ausstellungen und verkauft mehr Bilder als jeder seiner expressionistischen Konkurrenten. Mit Talent und großer Disziplin, aber auch unter großen Entbehrungen bahnt sich Pechstein seinen Weg aus einfachsten Verhältnissen an die Spitze der deutschen Avantgarde. 1906 bekommt der in Zwickau geborene Pechstein den Sächsischen Staatspreis, der ihm eine Reise in die damalige Kunstmetropole Paris ermöglicht. Dort entdeckt er Tanz und Bühne als eines seiner Lieblingsmotive. Hinzu kommen später das Meer, vor allem die Ostsee, aber auch die Exotik der Südsee, die er 1917 kennenlernt, und der menschliche Körper. Abgeschlagen in eine innere Emigration Sein Lieblingsmodell Lotte wird seine erste Frau. Immer wieder hat er ökonomisch harte Zeiten und muss sich als Arbeiter durchschlagen. Die 1920er-Jahre sind eine Zeit des Erfolgs, doch die Machtübernahme der Nazis zwingt ihn in die innere Emigration. Seine Kunst bleibt unpolitisch, er lebt, inzwischen verheiratet mit seiner zweiten Frau Marta, zurückgezogen an der pommerschen Ostseeküste und kehrt erst nach 1945 nach Berlin zurück. Dort lehrt er an der Hochschule für Bildende Künste, eine späte Genugtuung für einen genialen Außenseiter der deutschen Kunstszene. Wilfried Haukes Filmporträt, erzählt von Axel Milberg, verfolgt Max Pechsteins Lebensstationen und fängt in dokumentarischen und künstlerisch gestalteten Szenen die Bildwelt dieses großen Expressionisten ein. Kunstexpert*innen und Zeitzeug*innen kommen zu Wort, darunter auch Enkel Alexander Pechstein, der heute den Nachlass verwaltet.

Di., 14. Apr · 22:10-23:40 · WDR
Der Tel-Aviv Krimi: Alte Freunde

Am Strand von Tel Aviv wird eine abgetrennte Hand gefunden. Sie gehörte zu Dori Meyer, einem jungen Menschenrechtsaktivisten, der kurz zuvor von seiner Mutter Zvia als vermisst gemeldet wurde. Zunächst ist nicht klar, ob es sich um einen Unfall oder ein Verbrechen handelt. Doch dann taucht Doris Schützling Dahir auf, ein junger sudanesischer Flüchtling, der sich illegal in Israel aufhält. Dahirs Aussage bringt Blok, Sara Steins raubeinigen Kollegen, in einen schweren Konflikt: Blok muss in vertrauten Kreisen aus seiner Militärzeit ermitteln, in einer Gruppe Männer, die sich damals gegenseitig das Leben anvertraut haben und heute kaum noch etwas gemein haben. Dazu gehört auch Saras Lebensgefährte, David Shapiro, der damals in Bloks Einheit diente und heute kaum noch dessen Anblick ertragen kann. Oder der zwielichtige Shooting-Range-Besitzer Yoram, dem sich Blok nach wie vor verbunden fühlt. Für Sara ist es schwer, diese für sie immer noch fremde Welt zu durchschauen, zumal sie eine Wahrheit über David erfährt, die sie zutiefst erschüttert.

Di., 14. Apr · 23:40-01:10 · WDR
Der Tel-Aviv Krimi: Shiv’a

Sara Stein, Berliner Kriminalkommissarin mit jüdischen Wurzeln, ist inzwischen mit dem israelischen Musiker David Shapiro verheiratet und lebt in Israel. Noch bevor sie offiziell ihren Dienst im Kommissariat in Tel Aviv antritt, wird sie mit einem diffizilen Fall betraut: Chief-Inspektor Noam Shavit wurde ermordet in seiner Wohnung aufgefunden. Mord an einem Kollegen – eine heikle Sache, denn natürlich ist der Kollegenkreis persönlich getroffen. Dass dennoch objektiv ermittelt wird, soll Sara sicherstellen, und so wird sie Inspektor Jakoov Blok zur Seite gestellt. Eine Aufpasserin aus Deutschland? Kein leichter Anfang für Sara. Doch sie lässt sich nicht ins Bockshorn jagen. Sie verlässt sich wie immer auf ihren Instinkt und ihre eigenen Beobachtungen. Handelt es sich wirklich um einen Raubmord, wie es zunächst den Anschein hat? Das Opfer wurde mit einer Plastiktüte erstickt, am Tatort wurden die gleichen Faserspuren gefunden wie bei einem Raubmord, an dem Noam vor zwei Jahren gearbeitet hat und der ungeklärt blieb. Doch steckt deshalb der gleiche Täter hinter der Tat, wie Blok glaubt? Kann Sara ihm überhaupt vertrauen? Denn offensichtlich hat er etwas zu verbergen. Sara sucht die Wahrheit, unbeirrbar und ohne Rücksicht – auch, wenn sie selbst dabei in Gefahr gerät.