Ein Kunstprojekt als Motor von Koexistenz

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Die WIZO-Köln hatte eingeladen. Und bei der Eröffnung waren alle 130 Stühle im Versammlungsraum der Kölner Synagoge belegt. Vier Wände waren mit 28 großformatigen künstlerischen Bildern gestaltet, die nach dem Einführungsvortrag großen Anklang fanden…
Von Roland Kaufhold

Nach zweimonatiger Vorbereitung durch das engagierte elfköpfige Vorstandsteam der Kölner WIZO-Frauen war die Atmosphäre gleichermaßen engagiert wie ausgelassen. Von WIZO-Köln präsentiert wurde ein 2014 gestartetes Kunstprojekt aus Israel, an dem israelischen Jüdinnen, Musliminnen wie auch Christinnen gemeinsam beteiligt waren.

Bereits vier Jahre dauert das ambitionierte künstlerische Projekt in Israel. Neben der künstlerischen Kreativität soll über die multikulturellen Begegnungen von am Malen interessierten Frauen auch ein gemeinsamer Weg zum Frieden geschaffen werden. Mit „Women and their Olive Tree“ war diese nun abgeschlossene Malwerkstatt überschrieben. In den zurückliegenden fünf Jahren sind die Bilder bereits im Englischen Parlament, bei der UNO, bei den Vereinten Nationen in Genf, im Europäischen Parlament ausgestellt worden – und nun als Abschluss in Köln. Die verbliebenen, bisher noch nicht verkauften Kunstwerke werden nun noch fünf Wochen lang in der Synagogengemeinde Köln gezeigt und können dort erworben werden. Die Preise liegen zwischen 500 und 680 Euro. Die künstlerische Vermarktung hat das Kölner Auktionshaus Van Ham übernommen. Der Erlös fließt in das israelische Folgeprojekt „Olive Tree Tomorrow“. Alles spricht dafür, dass auch dieses multikulturelle Folgeprojekt gut starten wird.

2014 fanden sich erstmals Frauen aus Israel zu diesem außergewöhnlichen Malprojekt zusammen, mit unterschiedlichem Hintergrund: Es waren jüdische, muslimische und christliche Frauen. Aus der gemeinsamen künstlerischen Arbeit, fokussiert auf das Motto des für alle drei Religionen symbolreichen Olivenbaums, sollte auch eine soziale Gemeinsamkeit, ein gemeinsames Engagement erwachsen. Dass dieses Kunstprojekt gelungen ist zeigte sich eindrucksvoll in den mit unterschiedlichen künstlerischen Mitteln gestalteten Bildern von Olivenbäumen, wohl dem Sinnbild für Identität und Barmherzigkeit überhaupt, das tief in die verschiedenen Kulturen verankert ist.

An den Wänden zu bewundern waren die farbenprächtigen Abbildungen von Olivenbäumen, häufig eingebunden in die umgebende Natur oder die dörfliche Umgebung.

„Gleichbehandlung ist höchste Priorität“

Den Eröffnungsvortrag zur Kunstausstellung präsentierte Cornelia Eckhoff, politische Referentin von WIZO Deutschland, mit einem lebhaften Film- und Diavortrag. Mehrere Besuche in Israel sowie von verschiedenen WIZO- Projekten – WIZO ist die 1920 gegründete Women´s International Zionist Organisation, bei der sich heute weltweit 250.000 Frauen ehrenamtlich engagieren – hatten sie für die Arbeit für WIZO überzeugt. Seitdem ist sie mit Begeisterung dabei und hatte auch mit ihren zehn Kölner WIZO-Freundinnen mit viel Elan die Ausstellung nach Köln geholt. Gleichbehandlung aller Menschen ist für WIZO höchste Priorität, ergänzt durch ein hohes soziales Engagement für Kinder sowie für Familien in Israel. Cornelia Eckhoff hob das Engagement von Duddu Moatty sowie Shila Cassidy, einer Kunstlehrerin im in Nordisrael gelegenen Afula, hervor. Mit ihnen startete das multikulturelle Kunstprojekt. Rasch schloss sich die vierfache Mutter Hana aus dem arabischen Dorf Shagrat alZitun dem Projekt an, dann die Jüdin Ester Alexander. Die Teilnehmerzahl wuchs, getragen von dem gemeinsamen Willen, sich auch nicht durch politische Konflikte von dem Weg einer gemeinsamen friedlichen Zukunft abbringen zu lassen, rasch auf 35 an. In gleichem Maße wuchs in der Begegnung das wechselseitige Verständnis dafür, was man in seiner jeweiligen Religion und Kultur mit dem Olivenbaum verbindet. Das Mitbringen von hausgemachten Spezialitäten zu den Kursen durchbrach rasch alle Fremdheit, es folgten gemeinsam gestaltete Feiern, erzählte Cornelia Eckhoff in ihrer gewinnbringenden Art.

Diese gemeinsamen Erfahrungen seien nicht nur für Israel, sondern gleichermaßen für Deutschland und für Köln bedeutsam, hob sie abschließend hervor. Dies zeige in erschreckendem Maße der antisemitische rechtsradikale Anschlag in Halle.

„I took part in the Olive Tree project with Arab and Jewish woman and I am very proud of our work together“

Auf den Begleittafeln der Kunstwerke sowie in einem eigenen Katalog finden sich detailliertere Beschreibungen zu den Künstlerinnen. In ihnen spiegel sich die biografische und kulturelle Breite der engagierten Frauen: Mashchaz Ubuyeo Zuabi sagt über sich selbst: „I live in Kfar Nin. I took part in the Olive Tree project with Arab and Jewish woman and I am very proud of our work together.“ Neben der Selbstbeschreibung hängt ein gewaltiger Olivenbaum, zwischen seinen zwei Verzweigungen leuchtet eine Moschee.

Guila Cohen, 57, aus Nazareth malt seit sieben Jahren. Das Gestalten von Naturbildern begeistert sie: „I was glad to join the Olive Tree project because I see it as a natural continuation of the join life that Jews and Arabs lead in Israel.“ Ihre nachbarschaftliche Freundschaft zu arabische Frauen habe durch ihre Begegnungen eine größere Nähe erhalten.

Und Emma Gal, Mutter von vier Kindern und sechsfache Großmutter, blickt mit großer Befriedigung auf ihre neue künstlerische Tätigkeit und die hieraus erwachsenen Freundschaften: „I always thought, and I still do, that it is possible to live together, Jews and Arabs.“ Ihre Bilder seien durch ihren eigenen alten Olivenbaum in ihrem Garten inspiriert worden.

Den gesellschaftlichen Rahmen der Kunstausstellung – die verschiedenen Dimensionen der friedlichen und produktiven Koexistenz in Israel, beleuchtete im Anschluss der in Köln aufgewachsene Oren Osterer, ein Historiker und „Kind“ der Kölner Gemeinde, der heute als Politikberater in München wohnt. Von Osterer wurde auch die bundesweite Ausstellung „1948 – zur Entstehungsgeschichte Israels“ gestaltet, die noch bis zum 29.11. im Kölner Landgericht an der Luxemburger Straße (2. Etage) zu sehen ist. Musikalisch begleitet wurde der Abend durch ein eindrückliche musikalische Darbietung von Alber Lau, einem Young Steinway Artist.

Eine gekürzte Version dieses Beitrages ist in der Jüdischen Allgemeinen v. 07.11.2019 erschienen.