Soll die Synagoge aus Rimpar verschwinden?

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In Rimpar im Landkreis Würzburg existierte von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis 1942 eine Jüdische Gemeinde. Sie besaß eine 1792 erbaute und 1852 erweiterte Synagoge, eine Mikwe und ein Gemeindehaus mit Schulraum…

Von Israel Schwierz

Bereits 1819 wurde bei den „Hep-Hep-Unruhen“, die ihren Ursprung in Würzburg hatten, die Synagoge beschädigt. Beim Novemberpogrom 1938 wurden in Rimpar alle jüdischen Baulichkeiten demoliert. Selbst vor der 1922 neben dem Aron Hakodesch für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichteten steinernen Gedenktafel machte der Judenhass keinen Halt; sie wurde beschädigt.

Bis heute jedoch existiert das Synagogengebäude – ein ganz besonderes Bauwerk mit einem Chuppastein (= Hochzeitsstein) am Giebel und einem  recht ungewöhnlichen Türmchen links am Gebäude (hier war der Eingang zur Frauensynagoge)  – noch im Original. Die zerstörte Gedenktafel für die Gefallenen ist ebenso noch erhalten wie die farbig sehr schön ausgestaltete Decke. Das Gebäude befindet sich in Privatbesitz und wurde vom Eigentümer  viele Jahre lang als Hühnerstall und Lagerhalle genutzt. Der Zugang zu dem Bauwerk, das man lange Zeit von der vorbeiführenden Straße recht gut sehen konnte (was heute leider nicht mehr möglich ist), war fast unmöglich, da es vollkommen von anderen Gebäuden umschlossen ist, deren Eigentümer den Zugang zur Synagoge kaum gestatteten.

Wie kürzlich aus der hiesigen Presse zu erfahren war soll die Synagoge von Rimpar in nicht ferner Zukunft abgerissen und im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen im Landkreis Rhön-Grabfeld neu aufgebaut werden. So hat es der Gemeinderat  der Marktgemeinde Rimpar kürzlich einstimmig beschlossen. Diese Entscheidung kam für alle mehr als überraschend, besonders aber für den Kreis von Bürgern, der sich bereits seit längerer Zeit für eine Sanierung und damit für den Erhalt der Synagoge einsetzt. Diese Gruppe wurde erst gar nicht nach ihrer Meinung gefragt! „Ich war schockiert, als ich das gehört habe“, meinte entsetzt die Sprecherin der Gruppe, Rektorin i.R. Hannelore Mintzel, die zum Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses nicht in Rimpar war.

Zwar ist noch nicht sicher, dass der Gemeinderatsbeschluss auch tatsächlich umgesetzt wird, denn noch in diesem Monat wollen Experten aus Fladungen zusammen mit Vertretern der Behörden das Synagogengebäude besichtigen. Wie Bürgermeister Losert erklärte, ist die Gemeinde Rimpar von sich aus finanziell nicht in der Lage, die im Millionenbereich liegenden Kosten (bei einer möglichen Förderung von maximal nur 60 Prozent) für die Sanierung der Synagoge aufzubringen.  Trotzdem fordern verantwortungsvolle Bürger, die das wichtigste Zeugnis jüdischer Vergangenheit  (neben dem Gefallenendenkmal auf dem Ortsfriedhof, das auch Namen der jüdischen Gefallenen enthält) unbedingt erhalten wollen, seit langem die Sanierung und den Erhalt der Rimparer Synagoge. Hannelore Mintzel begründet das auch sehr eindrucksvoll: „Wir sollten uns unserer Vergangenheit stellen und sie nicht auf billige Art und Weise loswerden wollen.“

Bereits im Jahr 2008 fand sich in Rimpar ein Kreis zusammen, der 160 Unterschriften sammelte und sich für den Ankauf eines angrenzenden Grundstücks einsetzte. Leider scheiterte dieses Vorhaben an der damals und wohl heute auch noch prekären Finanzlage der Marktgemeinde. Allen Beteiligten war und ist klar, dass die Rimparer Synagoge in Bayern und darüber hinaus wegen ihrer Bauweise eine besondere Stellung einnimmt.  1996 keimte Hoffnung auf, dass sich alles zum Positiven wenden könnte, als die aus Rimpar stammende US-amerikanische Bankiersfamilie Lehman („Lehman Brothers“) den Ort besuchte. Leider zerschlug sich dieser Hoffnungsschimmer bald, denn so wertvoll war den Lehmanns die Synagoge im Ort ihrer Vorfahren dann doch auch nicht.

Die lange Zeit über, in der die einstige Synagoge – inzwischen kaum zugänglich – nicht mehr genutzt wurde, hat dem Gebäude freilich auch nicht gut getan.  Zwar hat der Eigentümer den Turm neu decken lassen, der frühere Gebetsraum kann inzwischen nicht mehr gefahrlos betreten werden. Die Decke droht einzustürzen, offen liegende Holzstreben wirken marode, überall sind Dreck und Spinnweben zu sehen.

Ganz besonders irritiert aber sind die Unterstützer der Synagoge durch die Tatsache, dass die Marktgemeinde Rimpar  trotz ihrer finanziellen Probleme ein leerstehendes Gebäude an der  Marktstraße erwerben konnte. Es ist schwer zu verstehen, dass für die Synagoge keine Mittel da waren und dass sie jetzt auch noch verschwinden soll. Unverständlich ist dieses Verhalten schon, zumal es in den letzten Jahren mehreren Gemeinden in Unterfranken auf sehr beeindruckende Weise gelungen ist, ihre ehemaligen Synagogen zu sanieren – z.B. in Urspringen, Arnstein, Wiesenbronn u.a.m. „Warum soll das ausgerechnet bei uns nicht möglich sein?“ fragt Frau Mintzel zu Recht. Es wäre sehr lobenswert und schön, wenn sich ihre Hoffnungen doch noch erfüllen würden – auf jeden Fall wünschen es ihr und ihren Mitstreitern alle Menschen guten Willens!

Photos: (c) Christian Will 

 

1 Kommentar

  1. Nein, dorthin gerade nicht, sie soll in der Gemeinde bleiben. Die frühere Rektorin Hannelore Mintzel fordert auf, sich der Vergangenheit zu stellen. Es gibt da eine doppelte sowie eine Gegenwart und eine Zukunft auch: die jüngere deutsche unheilvolle Geschichte (Gräueltaten an den Juden in deutschem Namen) und die Heilsgeschichte der Christen: sich erinnern der Ausrottung alles Jüdischen in Deutschland und die Tatsache, dass die Wurzeln des Christentums jüdische sind. Gründe genug für ein neues Denken und eine neue Sicht: keine störenden Brocken, sondern lebendige und in die Zukunft weisende Steine. Vorschlag: die Maurer in Rimpar tun sich zusammen und erklären es zu ihrer Ehrensache, die Synagoge zu erhalten. Damit würden sie ihrer Gemeinde und darüber hinaus den Deutschen und den Christen, sowie natürlich unseren jüdischen Mitbürgern etwas Großartiges antun: Zeichen der Versöhnung und der Hoffnung, und das Gebetshaus der Religion des Juden Jesus stünde in neuem Glanz da.
    Tote Steine? Derzeit wohl kein schöner Anblick. Aber sie sind noch voller Leben, ihnen könnte ein neuer Geist eingehaucht werden, die Steine sind nicht tot. So würde die Synagoge wieder eine Stätte des Gebetes – vielleicht von Juden und Christen gemeinsam, und vielleicht kämen eines Tages auch Muslime dorthin – und der Begegnung. Das wäre ein sagenhafter Gewinn für Rimpar, die Wiedereröffnung der Synagoge wäre ein wahres Fest für die Gemeinde, die Gesellschaft und die interreligiöse Begegnung.
    Das Geld freilich müsste beschafft werden, doch es gibt genug Fördertöpfe. Die Gemeinde Rimpar kann es kaum stemmen, aber am Geld scheitern darf es nicht, zumal der Umzug viel teurer käme. Und dieses Geld müsste ja auch aufgebracht werden. Eine solche Chance bekommt Rimpar nicht so schnell wieder, über den eigenen Schatten zu springen und ein großes Zeichen zu setzen. Und die katholische Kirche, derzeit in Schieflage, könnte sich gemeinsam mit der evangelischen ihrer Verantwortung neu besinnen und mithelfen, etwas Gutes zu tun. Und war die Synagoge samt Grundstück nicht einst jüdisches Eigentum?
    Lassen wir doch stets die Kirche im Dorf, die Synagoge aber auch, und gewiss auch die Moschee. Es sind Stätten des Gebets. Es geht um den Einen, selbst wenn die Religionen ihn unterschiedlich anrufen.

    Alfred Spall

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