Was macht eigentlich Martin Hohmann?

0
152

Während noch die Auseinandersetzungen innerhalb der AfD um die antisemitischen Aussagen ihres Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon in Baden Württemberg toben, hat bislang kaum Aufmerksamkeit gefunden: Der ehemalige CDU-MdB Martin Hohmann ist Mandatsträger und Parteimitglied der AfD – was offenbar dort bislang Keinen gestört hat…

Von Armin Pfahl-Traughber

„Was macht eigentlich …?“ – so lautet eine Rubrik in vielen Zeitungen. Darin wird darüber berichtet, was frühere Prominente aus Kultur, Medien, Musik, Politik oder Sport heute so tun. Während in der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) immer noch eine heftige interne Auseinandersetzung um Wolfgang Gedeon, ein mit antisemitischen Aussagen aufgefallener MdL aus Baden Württemberg, tobt, hat eine andere Personale mit ähnlichen Kontexten bislang keine größere Aufmerksamkeit gefunden: Das ehemalige CDU-MdB Martin Hohmann war aufgrund von antisemitischen Aussagen aus seiner Partei ausgeschlossen worden. Nach vergeblichen Bemühungen, als Parteiloser und Unabhängiger sein Mandat zurück zu gewinnen, zog er sich immer mehr ins Privatleben zurück und hielt nur noch gelegentlich politische Reden. Ende 2015 tauchte er indessen bei der AfD in seiner Heimatstadt Fulda auf, kandidierte dann als zunächst noch Parteiloser für sie bei den Kommunalwahlen 2016 auf Listenplatz 1 und trat ihr danach auch als Mitglied bei.

Um diese Entwicklung politisch genauer einschätzen zu können, bedarf es eines Rückblicks auf die damalige Affäre und Hohmanns Aussagen: 2003 hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete eine Rede mit dem Motto „Gerechtigkeit für Deutschland“ zum Nationalfeiertag in seinem Wahlkreis Fulda gehalten. Die dortigen Aussagen, die formal über keine inhaltliche Stringenz verfügten, thematisierten eine Sicht auf die Deutschen als „Tätervolk“. Hierbei ging es um einen angeblichen Kollektivschuld-Vorwurf angesichts des Schweigens über die Shoah. Dagegen äußerte sich Hohmann mit Aussagen, wonach auch die Juden als ein „Tätervolk“ hätten gelten können. Denn nicht wenige Angehörige dieser religiösen Minderheit beteiligten sich, so der CDU-Bundestagsabgeordnete, auf der Seite der Bolschewisten an Menschheitsverbrechen. Als Beleg wies Hohmann in diesem Kontext auf Meinungsäußerungen von Henry Ford hin. Gleichwohl, so meinte er weiter, könne man ebenso wenig wie alle Deutschen auch alle Juden einem „Tätervolk“ zurechnen.[1]

Bei der Betrachtung derartiger Stellungnahmen muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass von einer „Kollektivschuld“ der Deutschen angesichts der Individualität von Schuld und daher auch von einem „Tätervolk“ nicht die Rede ist. Homann äußerte sich demnach im Sinne einer Manipulationstechnik gegen eine von ihm selbst konstruierte Meinungsäußerung, die er dann um so besser der Ablehnung oder dem Spott aussetzen wollte. Dabei nutzte Hohmann den Rekurs auf ein bekanntes antisemitisches Stereotyp, nämlich die Auffassung von einem „jüdischen Bolschewismus“. Mit Henry Ford als Quelle – der Automobilkonzernbegründer hatte mit „Der internationale Jude“ die nach den „Protokollen der Weisen von Zion“ wohl einflussreichste antisemitische Schrift veröffentlicht – ließ er endgültig seine judenfeindliche Einstellung erkennen. Aus der CDU-Führung unter Angela Merkel heraus kam es nach einem kurzen Zögern dann zu einem entschiedenen und schnellen Vorgehen, das in einem Ausschlussverfahren aus Fraktion und Partei mündete.

Bei der AfD tauchte Martin Hohmann dann im November 2015 auf. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete war aufgrund seiner erwähnten Rede 2004 als erst zweite Person in der Geschichte der CDU aus der Partei ausgeschlossen worden. Danach hatte Hohmann erfolglos als Parteiloser kandidiert und sich anschließend aus der Politik weitgehend zurückgezogen. Bei den Fuldaer Kommunalwahlen wollte er indessen als Kandidat der AfD auf dem ersten von 21 Listenplätzen des dortigen Kreisverbandes antreten. Hohmann erklärte dazu, er gehöre der Partei nicht an, empfinde aber eine Nähe zu ihr.[2] Da die AfD in Fulda ihn als Kandidaten nicht nur akzeptierte, sondern Hohmann auch den ersten Listenplatz zuwies, steht diese Entscheidung für ein politisches Bekenntnis zu seiner Person. Homanns frühere Aussagen waren inhaltlicher Gegenstand breiter Medienberichterstattung gewesen. Insofern konnte der dortigen Kreisverband hinsichtlich der Problematik kein Unwissen geltend machen. Dies galt dann auch für die Akzeptanz seiner Parteimitgliedschaft 2016.

Es könnte nun aber sein, dass Hohmann etwas aus den inhaltlichen Auseinandersetzungen gelernt hat und er sich von judenfeindlichen Positionen distanziert. 2012 führte er indessen ein Interview mit der früheren „Tagesschau“-Moderatin Eva Herman, die durch NS-verharmlosende Aussagen in die Kritik geraten war. Darin behauptete er, „eine gewisse Steuerung von interessierte Seite“ stünde hinter der Kritik an seiner Person und seiner Rede. Belege habe er dafür zwar nicht. Es sei aber offensichtlich, dass „einflussreiche Juden dunkle Kapitel jüdischer Geschichte lieber im Dunkeln belassen“[3] wollten. Derartige Äußerungen stehen in der Tradition von antisemitischen Verschwörungsvorstellungen, die sich übrigens schon in dem von Hohmann 2003 erwähnten Buch von Henry Ford finden. Auch die erwähnten Aussagen konnten der AfD in Hessen bzw. Fulda vor seiner Kandidatur und seinem Parteieintritt bekannt gewesen sein. In der Bilanz macht dies deutlich, die AfD hat nicht nur mit Wolfgang Gedeon in Baden-Württemberg ein Antisemitismus-Problem.

Prof. Dr. phil. Armin Pfahl-Traughber, Jg. 1963, ist hauptamtlich Lehrender an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl und gibt ebendort das „Jahrbuch für Extremismus- und Terrorismusforschung“ heraus. Er gehört außerdem dem Unabhängigen Expertenkreis Antisemitismus des Deutschen Bundestages an.

Foto oben: Martin Hohmann 2015, wikipedia, Autor: Ein schöner Name

[1] Ansprache des MdB Martin Hohmann zum Nationalfeiertag, 3. Oktober 2003, in: www.tagesschau.de.
[2] Vgl. jbe, Hohmann tritt als AfD-Kandidat an, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. November 2015, S. 2; Alina Leimbach, Rechtes Comeback, in: taz vom 2. November 2012, S. 2.
[3] Eva Hermann spricht mit Martin Hohmann, in: www.martinhohmann.de.