Bernie Sanders for President!

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Bei den Vorwahlen der Demokratischen Partei in Iowa hat Senator Bernard („Bernie“) Sanders (Vermont) am 01. Februar 2016 mit Hillary Clinton gleichgezogen. Deren Bewerbungsreden wurden als technokratisch anmutende Zusagen gewertet, und nur das in diesem Bundesstaat übliche Dreierlos bei Stimmengleichheit entschied für die einstige „First Lady“ und Außenministerin…

Von Reiner Bernstein

Dagegen begeisterte der 74 Jahre alte Kandidat vor allem junge Amerikaner, die er gegen das „Washingtoner Kartell“ der Lobbyisten, Stichwort-Lieferanten und Egozentriker sowie das „große Geld“ zu Lasten des Mittelstandes und der „kleinen Leute“ verteidigen will. Gleichzeitig bietet er einen ethischen Gegenentwurf zu Evangelikalen und Bibeltreuen an.

Ob ihn sein erster Wahlerfolg ins Weiße Haus führen wird, ist wenig wahrscheinlich. Weiteren Aufschluss über seine endgültigen Chancen (Vizepräsident?) wird zunächst der „Super Tuesday“ am 01. März mit 15 Vorwahlen liefern. Das Ergebnis für den Zweitplatzierten – markiert dennoch eine Zäsur:

– Unter jungen Juden ist die Suche nach „unbeschriebenen Blättern“ eindeutig.

– Die inzwischen einheimisch gewordenen Einwanderer, ihre Kinder und Enkel verschaffen sich endgültig politischen Respekt. Sanders‘ Vater Eli kam 1921 aus Südpolen in die USA, die Vorfahren der Mutter aus Polen und Russland. Viele Verwandte wurden im „Holocaust“ ermordet. Dass er mit einer Katholikin verheiratet ist, gehört in den Trend zu „Mischehen“ .

Die Juden sind in Amerika „angekommen“. Die einstigen Ängste der Einwanderer, die im Zweiten Weltkrieg durch die Absage Franklin D. Roosevelts an eine Militäroperation gegen das deutsche Vernichtungslager Auschwitz einen nochmaligen Schub erhielten, sind trotz fortdauernder psychischer Belastungen dem Selbstbewusstsein gewichen.

Warnungen aus Israel

Vor wenigen Tagen warnte eine israelische Tageszeitung davor, dass ein jüdischer US-Präsident dem Antisemitismus Auftrieb geben könnte. Entscheidend ist jedoch, dass sich die Zeiten gründlich geändert haben: Condoleezza Rice und Colin Powell eroberten das „State Department“. Barack Obama gelang 2009 der Sprung ins Weiße Haus, und bei den jetzigen Vorwahlen bewerben sich zwei Senatoren kubanischer Herkunft um das höchste Amt. Die Ankündigung von Ted Cruz (Florida), nach seinem Sieg bei den Zentralwahlen am 04. November die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, verfängt nicht. „Bernie“ Sanders, außenpolitisch profillos, soll der Zwei-Staaten-Lösung nahestehen. Doch die Wahlen werden mit der Innenpolitik gewonnen.

Weltvolk oder verfasste Ethnokratie?

In Meinungsumfragen überwiegt unter vielen jungen Juden ein universalistisches gegenüber einem nationalpartikularen Weltbild. Programme wie „Birthright“, ihnen Israel als Endziel angeborener Zugehörigkeit zu vermitteln, verflüssigen sich. Stattdessen ist der alte interne Streit wieder aufgebrochen, ob mit dem politischen Zionismus die interterritoriale Komponente des lebendigen Judentums historisch zwingend durch die nationalstaatliche Souveränität überwunden sein soll.

Von diesen Debatten sind wir in Deutschland aus nachvollziehbaren Gründen weit entfernt. Der Rekurs auf das „christlich-jüdische Abendland“ ist so lange wohlfeil, solange dem Antisemitismus, dessen Ausmaß von Salomon Korn jüngst auf bis zu 25 Prozent bemessen wurde, nicht beigekommen ist. Bis dahin wird Israel zumindest virtuell jüdisches Zentrum bleiben. Es liegt mithin an der nichtjüdischen Bevölkerungsmehrheit, für „Normalität“ zu sorgen.

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